Alle Politik-Artikel vom 28. Juli 2003
Misstrauensvotum gegen italienischen Justizminister

Castelli will Ermittlungen gegen Berlusconi blockierenMisstrauensvotum gegen italienischen Justizminister

Rom (rpo). Weil er angeordnet hat die Steuerbetrugs-Ermittlungen gegen Ministerpräsident Silvio Berlusconi einzustellen, haben die italienischen Oppositionsparteien ein Misstrauensvotum gegen Justizminister Roberto Castelli beantragt.Castelli will die Mailänder Staatsanwälte unter Bezug auf das neue Immunitätsgesetz stoppen. Auch im Regierungslager herrscht seit dem Vorstoß des Liga-Nord-Politikers Unruhe. Eine christdemokratische Partei drohte, die Koalition zu verlassen, sollte Castelli die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Steuerbetrügereien der Berlusconi-Firma Mediaset in den 90er Jahren nicht zulassen. Nach Ansicht der Partei schützt das neue Immunitätsgesetz Berlusconi und vier weitere Spitzenpolitiker nur vor Gerichtsverfahren, nicht jedoch vor Ermittlungen. Die Debatte über das Misstrauensvotum soll am Dienstagnachmittag im Senat beginnen. Sollte Castelli abgewählt werden, könnte die Regierung zwar mit einem neuen Minister weiter regieren. Dennoch wäre ein erfolgreicher Abwahlantrag ein schwerer Schlag für Berlusconi, der die Regierung seit zwei Jahren führt.

Seehofer: Gesundheitskompromiss droht zu scheitern

Warnung an Partei- und FraktionsführungenSeehofer: Gesundheitskompromiss droht zu scheitern

München (rpo). Politiker aller Parteien haben die Debatte um die Gesundheitsreform neu entfacht. Inzwischen schlagen die Wellen so hoch, dass der Unions-Sozialexperte Horst Seehofer befürchtet, dass der unlängst ausgehandelte Kompromiss als erster gemeinsamer Nenner zu scheitern droht. Nach der massiven Kritik der vergangenen Tage an der geplanten Gesundheitsreform fürchtet Seehofer ein Scheitern des Kompromisses. "Wir stehen uneingeschränkt zu dem Kompromiss. Aber wenn nun Partei- und Fraktionsführungen anfangen, diesen wieder in Frage zu stellen, ist das ein gefährliches Spiel", warnte der CSU-Politiker - Unions- Verhandlungsführer bei den Gesprächen zwischen Regierung und Opposition - im "Münchner Merkur" (Dienstag). Am Wochenende hatte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering die Ausgliederung des Zahnersatzes aus dem Leistungskatalog der Kassen mit den Worten kritisiert: "Die Zahnlücken sind die von Frau Merkel. Das sind nicht unsere!" Der Konsens sei mit den Parteispitzen abgesprochen gewesen, sagte Seehofer. "Den Punkt Zahnersatz hat sogar (Bundeskanzler) Gerhard Schröder ausgehandelt." Der CSU-Politiker warnte die rot-grüne Regierung: "Wenn das so weiter geht, könnte eine Stimmung entstehen, die den Konsens in Gefahr bringt. Herr Müntefering sollte sein Spiel nicht weiterspielen."

Rekordzahl an Gefangenen in den USA

2,2 Millionen Menschen hinter GitternRekordzahl an Gefangenen in den USA

Washington (rpo). In den USA sitzen soviele Menschen hinter Gittern wie nie zuvor. Die Zahl der Häftlinge hat im vergangenen Jahr mit fast 2,2 Millionen einen neuen Höchststand erreicht. Dabei sei die Zahl der registrierten Verbrechen 2002 sogar leicht gesunken, berichteten US-Medien am Montag aus Studien des Justizministeriums und des Bundeskriminalamtes FBI. In den vergangenen Jahren sei vor allem die Zunahme der Gewaltkriminalität, auch bei Frauen, Ursache für die Zuwachsraten, hieß es. Die Zahl der Gefangenen in Bundes-, Staats- oder Gemeindegefängnissen stieg den Angaben zufolge 2002 im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozent. Dies bedeute den höchsten Zuwachs seit 1999. Einer von 143 Amerikanern befindet sich demzufolge in Gefangenschaft, in Deutschland ist es einer von weit über 1100. Von den 25 bis 29- jährigen Schwarzen in den USA befinden sich 10,4 Prozent im Gefängnis - von den weißen Vergleichsgruppe waren es lediglich 1,2 Prozent. Die hohe Zahl der Gefangenen sei auch deshalb bemerkenswert, schreibt die "New York Times", weil viele Bundesstaaten aus Geldmangel neuerdings versuchten, mit Bewährungsstrafen und vorzeitigen Entlassungen die Kosten für den Strafvollzug zu senken. Die Kosten werden in den USA vom Justizministerium mit 40 Milliarden Dollar (knapp 35 Milliarden Euro) angegeben. Ein Gefangener koste pro Jahr etwa 20 000 Dollar. Eine Ursache für die hohe Zahl der Gefangenen ist auch, dass in den USA für zahlreiche Verbrechen erheblich höhere Strafen als in Deutschland verhängt werden. Kalifornien hat mit über 794 Gefängnisinsassen auf 100 000 Einwohner die relativ höchste Zahl von Inhaftierten, die Bundesstaaten Maine und Minnesota mit 141 die relativ niedrigsten Quoten.

Irakische Islamisten wollen Guantanamo befreien

Neue Video-Botschaft bewaffneter KämpferIrakische Islamisten wollen Guantanamo befreien

Kairo (rpo). Im arabischen Sender El Arabija ist am Montag ein neues Video bewaffneter irakischer Kämpfer ausgestrahlt worden. Die Männer machten klar, dass sie sich dem Kampf gegen das US-Militär im Lande verschrieben haben - zudem wurde die Befreiung der muslimischen Gefangenen auf Guantanamo als Ziel genannt.Der arabische Nachrichtensender El Arabija hat am Montag das Amateurvideo einer bewaffneten Gruppierung ausgestrahlt, die sich nach eigenen Angaben dem Kampf gegen die US-Besatzungsmacht im Irak verschrieben hat. In dem Video sind bewaffnete vermummte Männer mit Panzerfäusten und Maschinengewehren zu sehen. Ihr Ziel sei außerdem die Befreiung der muslimischen Gefangenen im US-Gefängnis von Guantanamo auf Kuba sowie in den Gefängnissen Ägyptens, Pakistans, Marokkos und Indiens, erklärt einer der Männer. Die Gruppe sunnitischer Muslime nennt sich selbst in dem Video "Vereinigung fundamentalistischer Gotteskrieger" (Gamaat el Salafija el Mudschahida).

Saudi-Arabien weist US-Terrorvorwürfe zurück

Acht Tote bei Razzia in El KassimSaudi-Arabien weist US-Terrorvorwürfe zurück

Riad (rpo). Die USA hatten Saudi-Arabien zuletzt vorgeworfen, nicht genug im Kampf gegen den Terrorismus zu unternehmen. Nun hat der saudische Verteidigungsminister die Vorwürfe zurückgewiesen und wie zum Beweis haben Sicherheitskräfte am Montag ein Versteck schwer bewaffneter Militanter erstürmt. Acht Menschen kamen dabei ums Leben. Prinz Sultan hat die Vorwürfe zurückgewiesen, sein Land habe die Anschläge auf das World Trade Center vom 11. September 2001 finanziert. Die amtliche saudische Nachrichtenagentur SPA zitierte den Minister am Sonntagabend mit den Worten, dass es sich hierbei um "reines Gerede" handele. Die USA hatten in einem Bericht entsprechende Anschuldigungen erhoben und dem Land zudem vorgeworfen, nicht genug im Kampf gegen den Terrorismus zu unternehmen. Der saudische Botschafter in Washington, Prinz Bandar bin Sultan, hatte bereits am Donnerstag erklärt, das für die Anschläge verantwortlich gemachte Terrornetzwerk El Kaida wolle Saudi-Arabien ebenso wie die USA zerstören: "Warum sollten wir einen Kult unterstützen, der versucht uns zu töten?" Die offizielle Version des US-Berichts, die am Donnerstag veröffentlicht wurde, beschuldigte Saudi-Arabien, nicht genug im Kampf gegen den Terrorismus zu unternehmen. In einem inoffiziellen Vorabdruck hieß es, ein Großteil der Unkosten von zweien der Attentäter vom 11. September sei von einem mutmaßlichen Helfer übernommen worden, der den USA bekannt, aber noch auf freiem Fuß sei. Er habe Zugang zu "offenbar unbegrenzten Finanzmitteln aus Saudi-Arabien" gehabt. Osama bin Laden, der mutmaßliche Kopf von El Kaida, wurde in Saudi-Arabien geboren, das Land hat seine Staatsbürgerschaft inzwischen jedoch aufgehoben. Außerdem stammten 15 der 19 Attentäter vom 11. September aus dem arabischen Land.Acht Tote bei Razzia in El KassimBei der Erstürmung eines Verstecks schwer bewaffneter Militanter im Norden Saudi-Arabiens sind am Montag sechs der Gesuchten sowie zwei Sicherheitskräfte getötet worden. Wie das Innenministerium mitteilte, ereignete sich die Schießerei in El Kassim 350 Kilometer nördlich der Hauptstadt Riad. Die Männer, nach denen gefahndet worden sei, seien mit Handgranaten und Schusswaffen ausgerüstet gewesen. Ob es sich um mutmaßliche El-Kaida-Terroristen handelte, war zunächst nicht bekannt. Nach Berichten des staatlichen Rundfunks umstellte die Polizei zunächst einen Bauernhof, in dem die gesuchten Männer vermutet wurden. Erst seien Kinder und Frauen vom Hof in Sicherheit gebracht worden, anschließend sei es zum Feuergefecht gekommen. Neben den Getöteten seien acht Polizisten und einer der Verdächtigen verletzt worden. Vier Männer seien verhaftet worden, weil sie die Gesuchten versteckt hätten, hieß es weiter. Nach den Anschlägen in Riad vom 12. Mai mit 34 Toten haben die saudiarabischen Sicherheitskräfte zahlreiche Razzien gegen mutmaßliche Terroristen unternommen. Vergangene Woche gaben die Behörden bekannt, dass bei einer der Aktionen 16 mutmaßliche El-Kaida-Terroristen festgenommen wurden. Bei der damaligen Razzia wurden 20 Tonnen Sprengstoff sichergestellt. Ein Bericht des amerikanischen Kongresses aus der vergangenen Woche unterstellt der Regierung des Königreiches, den Terrorismus im Land nicht hart genug zu bekämpfen. 15 der 19 Flugzeugentführer vom 11. September 2001 stammten aus Saudi-Arabien.

Syrischer Außenminister poltert gegen "dümmste" US-Regierung

Heftige Angriffe gegen Präsident BushSyrischer Außenminister poltert gegen "dümmste" US-Regierung

Kairo (rpo). Mit markigen Worten, die andernorts locker den Rücktritt einleiten würden, hat der syrische Außenminister der US-Regierung Dummheit und üble Hintergedanken im Nahost-Friedensprozess unterstellt.Faruk el Scharaa meint, die Regierung von Präsident George W. Bush sei die "gewaltätigste und dümmste" amerikanische Regierung, die es je gegeben habe. So zumindest zitierte ihn die arabische Zeitung "Al-Hayat" am Montag. Sie glaube, "dass jedes Gesetz, das im Kongress verabschiedet wird, quasi vom Himmel gesandt ist". Gleichzeitig räumte er ein, dass Washington derzeit großen Druck auf die syrische Regierung ausübe, um seine Ziele in der Region durchzusetzen. Außerdem versuche die Bush-Regierung, einen Keil zwischen Libanon und seine Schutzmacht Syrien zu treiben, fügte der Minister hinzu. Washington habe kürzlich erstmals Bedingungen genannt, unter denen Syrien, das bisher vom Friedensplan des Nahost-Quartetts ausgeschlossen war, doch noch einen Platz im neuen Friedensprozess finden könnte. Dies könne jedoch nur bedeuten, dass die Amerikaner entweder die Absicht hätten, Syrien durch diese Bedingungen endgültig auszuschließen oder dass sie durch eine Beteiligung Syriens davon ablenken wollten, dass sie "die Sache der Palästinenser fallen lassen wollen".

Steuerreform: Warnung an Union vor Blockadehaltung

Steuerzahler-Präsident kritisiert "Verschuldungsdrink"Steuerreform: Warnung an Union vor Blockadehaltung

Berlin (rpo). Die Uneinigkeit der Union in Sachen Steuerreform macht der Partei zu schaffen. Jetzt warnen such Gesamtmetall und FDP die Partei vor einer möglichen Blockadehaltung im Bundesrat.Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser forderte CDU und CSU in der "Berliner Zeitung" (Montagausgabe) zur konstruktiven Unterstützung der Steuerreform auf. FDP-Vize Walter Döring erklärte im ARD-Morgenmagazin: "Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht darauf, dass die Steuerreform endlich kommt." CSU-Chef Edmund Stoiber hatte am Wochenende erklärt, die Union sei "nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen für den unseriösesten Bundeshaushalt, den es in der Geschichte der Bundesrepublik bisher gegeben hat". Er schloss nicht aus, dass "erstmals in der Geschichte des Landes der Bundesrat Einspruch gegen den Bundeshaushalt einlegen wird". Lediglich Einspruch gegen HaushaltTatsächlich verhindern könnte eine Mehrheit der Länderkammer lediglich das Vorziehen der letzten Stufe der Steuerreform und die damit verbundenen Entlastungen von 15,5 Milliarden Euro, die die Bundesregierung überwiegend durch neue Schulden finanzieren will. Gegen den Bundeshaushalt kann der Bundesrat lediglich Einspruch einlegen, der dann vom Bundestag mit Mehrheit zurückgewiesen werden kann. Kannegiesser erklärte, angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage in Deutschland erwarte "die Bevölkerung, dass Parteipolitik in den Hintergrund tritt". Der Verbandschef lobte gleichzeitig die Reformbemühungen der rot-grünen Regierung. Sie habe mit ihren Entscheidungen zum Vorziehen der Steuerreformstufe, mit der Agenda 2010 und mit den Mini-Jobs "endlich Mut bewiesen, auf das richtige Schlachtfeld zu gehen". Döring wandte sich gegen Stoibers Überlegung, den Bundeshaushalt und die vorgezogenen Steuerentlastungen im Bundesrat zu blockieren. Die Äußerungen des CSU-Vorsitzenden seien Bestandteil des bayerischen Landtagswahlkampfes. Dies sei unverantwortlich. Döring betonte, dass ein Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 ohne Neuverschuldung nicht möglich sei. Vorrang gelte jedoch dem Subventionsabbau. In der Sache erhielt Stoiber am Montag Unterstützung von Steuerzahler-Präsident Karl Heinz Däke. Im Kölner "Express" schrieb Däke, aus dem "Finanzierungsmix" aus Privatisierungserlösen und Neuverschuldung sei ein "Verschuldungsdrink" geworden. Jede Milliarde Euro neue Schulden bedeute etwa 50 Millionen Euro zusätzliche Zinsen, die die Haushalte über Jahre belasteten. Die voraussichtliche gesamte Neuverschuldung im nächsten Jahr werde etwa 720 Millionen Euro an Zinsen kosten. Mit halbherzigen Maßnahmen sei nun nichts mehr zu machen. Jetzt gehe es ums Ganze. Die Hälfte an den Staat Das Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler veröffentlichte am Montag eine Studie, nach der die Belastung der meisten Arbeitnehmerhaushalte mit direkten Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen trotz Steuerreform in den nächsten Jahren zu hoch sein wird, wenn die Politik nicht gegensteuert. Besonders krass ist die Situation demnach für Single-Haushalte: Ein Lediger mit Durchschnittseinkommen von 27.060 Euro müsse in diesem Jahr mehr als die Hälfte (50,3 Prozent) seines Bruttoverdienstes an den Staat abführen. Bei einer Lohn- oder Gehaltserhöhung müsse er von jedem zusätzlichen Euro sogar fast zwei Drittel an den Fiskus abgeben.

Wo verstecken die USA Saddams Top-Gefolgsleute?

Schicksal ungewiss - Amnesty protestiertWo verstecken die USA Saddams Top-Gefolgsleute?

Washington (rpo). Das wohl derzeit berühmteste Kartenspiel der Welt enthält 55 Karten mit den meistgesuchten Köpfen des gestürzten irakischen Regimes. 35 davon konnten die Amerikaner bereits festnehmen. Doch sie verraten niemandem wo sich die Gefangenen befinden und unter welchen Bedingungen sie verhört werden und untergebracht sind.Paul Wolfowitz schilderte am Sonntag im US- Fernsehsender NBC ausführlich die Gräuel in Gefängnissen und Folterkammern unter der Diktatur des Saddam-Regimes. Der Fund von Massengräbern, Berichte von Amnesty International und viele Zeugenaussagen machen die Worte des stellvertretenden US- Verteidigungsministers plausibel. Aber wie Wolfowitz halten sich seine Kollegen in der Regierung und Militärs sehr bedeckt, wenn es um gefangene Iraker in amerikanischem Gewahrsam geht. Vor allem das Schweigen über Aufenthaltsort und Schicksal der Top- Gefolgsmänner Saddam Husseins, unter ihnen der ehemalige Außenminister Tarik Asis, hat Fragen aufgeworfen. Von den 55 meistgesuchten Spitzenleuten des Regimes - vereinigt im berühmten Spielkarten-Set der US-Militärs - sind derzeit 35 in Gefangenschaft. 16 Männer werden noch gesucht, zwei, die Söhne Saddams, sind tot, zwei andere Topleute sollen auch bei Kämpfen getötet worden sein. Noch ist völlig unklar, ob es Kriegsverbrecherprozesse geben wird. Amnesty forderte vor wenigen Tagen von der USA, dass alle Gefangenen das Recht auf Kontakte mit ihren Anwälten und Angehörigen bekommen müssten. Insbesondere über die Situation der prominentesten Gefangenen, die nach US-Angaben intensiven Verhören unterzogen werden, ist kaum etwas bekannt. Amnesty verlangte in einem Memorandum, dass nach 100 Tagen der Besatzung nun die Versprechungen auf Menschenrechte erfüllt werden müssten. Das Papier zitiert Zeugen, die von unmenschlichen Haftbedingungen, Misshandlungen und Folter berichten: Schlafentzug, Fesselung in schmerzvoller Position oder das Quälen mit Licht oder Geräuschen wurden genannt. Auch der UN-Beauftragte für den Irak, Sergio Vieira de Mello, mahnte jüngst die Einhaltung der Menschenrechte an. Die Amerikaner nehmen die Vorwürfe ernst, auch wenn sie offiziell kaum reagieren. Ein Beleg ist die Aufnahme von Ermittlungen gegen vier US-Militärpolizisten, die im größten irakischen Lager, Bucca im Süden des Landes, Gefangene geschlagen und sogar Arme gebrochen haben sollen. Bestritten wurde in Washington, dass einige irakische Gefangene gar in den US-Stützpunkt Guantanamo verlegt worden sollen. Hier sind etwa 600 Personen - die meisten als Taliban-Kämpfer oder Mitglieder des Terrornetzwerks El Kaida verdächtigt- eingesperrt. Die Inhaftierten in Guantanamo werden von den USA nicht als Kriegsgefangene behandelt. Sie stehen damit weder unter dem Schutz der Genfer Konvention noch dürfen sie - weil nach US-Ansicht exterritorial - die Grund- und Bürgerrechte der Menschen in den USA beanspruchen. Medienberichten zufolge sollen mutmaßliche Terroristen oder ranghohe El-Kaida-Mitglieder in Dritt-Ländern wie Pakistan oder Saudi-Arabien - unter Mitwirkung oder zumindest Duldung der Amerikaner - auch monatelang gefoltert werden. Noch tut die US-Regierung von George W. Bush wenig, diese Vorwürfe zu entkräften. Dabei droht ihr aber - wie schon bei der Begründung des Waffengangs gegen Saddams Irak - ein wachsendes Legitimationsproblem. Immerhin wurde der Krieg auch mit der Begründung geführt, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte in den Irak zu bringen. Darauf verwies auch Wolfowitz immer wieder. Nun drohen Washington immer lautere Fragen nach der Lage der Gefangenen im Irak.

Priester: Hasenhüttl präzisiert sein Wort "Eichmann-Gehorsam"

"Kein Vergleich mit dem NS-Regime"Priester: Hasenhüttl präzisiert sein Wort "Eichmann-Gehorsam"

Hamburg (rpo). Der von seinem Amt suspendierte katholische Priester und Theologieprofessor Gotthold Hasenhüttl hat seine Eichmann-Äußerung präzisiert. Hasenhüttl hatte davon gesprochen, katholische Bischöfe verlangten von ihren Priestern einen "Eichmann-Gehorsam".Im ARD-Morgenmagazin stellte Hasenhüttl am Montag klar, dass er "keinen Vergleich mit dem NS-Regime oder der furchtbaren Judenvernichtung" habe anstellen wollen. Er habe lediglich sagen wollen, dass niemals der Gehorsam über das eigene Gewissen oder die ethische Verantwortung gestellt werden dürfe. Der SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann hatte sich während seines Prozesses vor einem israelischen Gericht darauf berufen, die Befehle zur Judenvernichtung im Gehorsam ausgeführt zu haben. Eichmann wurde 1961 zum Tode verurteilt und 1962 hingerichtet. Hasenhüttl sagte im ARD-Morgenmagazin, ihm sei während seiner Ausbildung in Rom immer wieder eingeschärft worden, niemals "Eichmann-Gehorsam" zu leisten. In seinem Streit mit der katholischen Kirche um das ökumenische Abendmahl hofft der Theologe auf eine friedliche Einigung mit dem Vatikan. Er könne allerdings nicht versprechen, nie wieder evangelische Christen zum Abendmahl einzuladen, erklärte er. Hasenhüttl war in der vergangenen Woche vom Trierer Bischof Reinhard Marx als Priester suspendiert worden, weil er am Rande des Ökumenischen Kirchentages in Berlin in einem katholischen Gottesdienst mit Protestanten das Abendmahl zelebriert hatte. Der 69-Jährige legte jedoch Widerspruch beim Vatikan ein, womit das Dekret des Trierer Bischofs bis zu seiner Überprüfung aufgeschoben ist.

Regierung Bush: Kein Platz für Skeptiker

Irak-Krieg: Getreue trotz Fehlinformationen weiter im AmtRegierung Bush: Kein Platz für Skeptiker

Washington (rpo). Schaut man sich das Umfeld der Regierung von US-Präsident George Bush einmal genauer an und vergleicht das jetzige Personal mit dem vor dem Irak-Krieg, so fällt auf: Diejenigen, die sich vor dem Feldzug kritisch geäußert haben, sind aus der Regierung verschwunden, die Ja-Sager sind nach wie vor da, auch wenn sie damals falsche Ratschläge erteilt haben.In Ungnade gefallen sind offenbar der frühere Wirtschaftsberater Lawrence Lindsey und der ehemalige Nahost-Gesandte und frühere General der Marineinfanterie Anthony Zinni. Sie äußerten Bedenken wegen der Kosten und der möglichen Folgen eines Kriegs - und haben ihre Stellung verloren. Wegen der offenbar unhaltbaren Informationen über ein Atomwaffenprogramm Saddam Husseins ist hingegen bislang noch niemand zur Rechenschaft gezogen worden. Und das, obwohl US-Präsident George W. Bush wegen einer entsprechenden Behauptung in einer Rede an die Nation Ende Januar zunehmend unter Druck gerät - schließlich waren die Beweise dafür schon damals innerhalb der Geheimdienste heftig umstritten. Dass Bush diese Zweifel nicht zu Ohren kamen, dafür haben CIA-Direktor George Tenet und Stephen Hadley, der Stellvertreter von Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, die Verantwortung übernommen. Beide hatten schon im Oktober Hinweise darauf, dass an den Berichten über Versuche Iraks, Uran aus Afrika zu beschaffen, etwas faul war. Beide haben sich inzwischen öffentlich dafür entschuldigt, dass diese Information trotzdem in Bushs Rede auftauchte. Inzwischen gilt als sicher, dass die Berichte auf gefälschten Dokumenten beruhten. Einige Beobachter sind überrascht, dass die Panne für Tenet und Hadley keine weiteren Konsequenzen hatte. Schließlich ist sie ein gefundenes Fressen für die Opposition. Aber Mitarbeiter des Weißen Hauses glauben, dass für Bush vor allem langjährige Treue zählt - und die hätten Tenet und Hadley aus seiner Sicht bewiesen. CIA-Chef Tenet wurde zwar von Bushs Vorgänger Bill Clinton eingestellt, er genießt aber die Wertschätzung eines besonders einflussreichen ehemaligen CIA-Chefs: Des ersten Präsidenten George Bush. Gerade in Sicherheitsfragen suche Bush junior häufig Rat bei seinem Vater, sagen Vertraute des Präsidenten. Auch Hadley hat bereits für Bush senior gearbeitet, ebenso seine Chefin Rice. Die Rücktrittsforderungen der Demokraten werde Bush deshalb überhören, glauben einige Experten. "Man kann nicht viel verlieren, wenn man seinem Chef treu ist", meint Stephen Hess von der Brookings Institution. Skeptiker sind dagegen in Washington eine aussterbende Art. Beispiel Zinni: Bushs ehemaliger Nahost-Beauftragter verärgerte das Weiße Haus, als er auf einer Konferenz im Oktober erklärte, in der Außenpolitik gebe es dringendere Themen als Irak. Zudem warnte Zinni, ein Krieg werde ein langes, schwieriges Nachspiel haben - sein Vertrag als Nahost-Gesandter wurde nicht verlängert. Ex-Regierungsberater Lindsey wurde im Dezember sogar entlassen, offiziell wegen Differenzen über den richtigen Kurs in der Wirtschaftspolitik. Allerdings hatte er sich bereits im September den Unmut des Weißen Hauses zugezogen, als er die Kosten eines Kriegs gegen Irak auf 100 bis 200 Milliarden Dollar schätzte. Diese Vorhersage könnte sich erfüllen: Das Pentagon teilte vor zwei Wochen mit, allein bis zum Ende des Haushaltsjahres am 30. September würden sich die Kosten für den Krieg und seine Folgen voraussichtlich auf 58 Milliarden Euro summieren. Und US-Zivilverwalter Paul Bremer erklärte, allein zur Wiederherstellung von Wasser- und Stromversorgung in Irak seien 29 Milliarden Dollar erforderlich.

Stoiber: Ja zu Steuerreform - Nein zu Haushaltsentwurf

Stopp der Gesundheitsreform-Debatte gefordertStoiber: Ja zu Steuerreform - Nein zu Haushaltsentwurf

München (rpo). CSU-Chef Edmnd Stoiber ist weiter bereit, die vorgezogene Steuerreform mitzutragen. Am Haushaltsentwurf der Bundesregierung lässt er hingegen kein gutes Haar.Beides müsse klipp und klar unterschieden werden, sagte Bayerns Ministerpräsident am Montag in München. Eine vorgezogene Steuerreform könne der wirtschaftlichen Depression in Deutschland entgegen wirken. Der Haushaltsansatz dagegen sei "unmöglich". Ob die Ministerpräsidenten der CDU den Haushalt im Bundesrat ablehnen würden, sei aber eine "andere Frage". Weiter fordert Stoiber ein Ende der vielstimmigen Diskussion um die Gesundheitsreform. Bevor über weitere Schritte debattiert werde, solle zunächst der vergangene Woche erzielte Kompromiss umgesetzt werden, sagte Stoiber am Montag in München vor eine Sitzung des CSU-Vorstands in München. Die Bürgerinnen und Bürger verstünden die Diskussion nicht. "Entweder wir akzeptieren den Kompromiss mit allen seinen Schwächen und Verbesserungsmöglichkeiten oder wir lassen es bleiben."

Gericht: Kein Schadenersatz wegen Geiselnahme

Hinterbliebene hatten Stadt Moskau verklagtGericht: Kein Schadenersatz wegen Geiselnahme

Moskau (rpo). Die Angehörigen der bei der Geiselnahme in dem russischen Musical-Theater Getöteten sind vor Gericht gescheitert, Schadenersatz einzuklagenDie Klagen richteten sich gegen die Stadt Moskau. Das Gericht erklärte, diese sei nicht zu Schadenersatzzahlungen für immaterielle Schäden verpflichtet. Die Stadt hat Zahlungen für konkrete Schäden nicht ausgeschlossen. Tschetschenische Geiselnehmer hatten am 23. Oktober das Moskauer Musical-Theater gestürmt und hunderte Menschen als Geiseln genommen. Bei der gewaltsamen Befreiung kamen neben den 41 Geiselnehmern auch 129 ihrer Opfer ums Leben, weil sie das bei dem Sturmangriff eingesetzte Gas einatmen mussten. Der Rechtsanwalt hatte sich bei seiner Klage auf ein Gesetz berufen, wonach ein Terroropfer Schadenersatz von der Region bekommen kann, in der sich der Angriff ereignete. Anwälte der Stadt erklärten, das beziehe sich nur auf materielle Schäden. Einem Fernsehbericht zufolge soll ein anderer Anwalt kürzlich umgerechnet fast 44.000 Euro Schadenersatz für seinen Mandanten erreicht haben.

Philippinen: Vertrauter von Ex-Präsident festgenommen

Verdacht auf Verwicklung in MeutereiPhilippinen: Vertrauter von Ex-Präsident festgenommen

Manila (rpo). Das Scheitern einer Meuterei von 300 Soldaten auf den Philippinen bezeichnete Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo als einen "Sieg der Demokratie". Am Montag wurde ein enger Vertrauter von Ex-Präsident Joseph Estrada festgenommen.In dessen Haus nahe Manila seien bei einer Razzia Waffen, Munition und rote Armbinden gefunden worden, wie sie die Aufständischen benutzt hätten, teilte die Polizei mit. Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo bereitete sich unterdessen auf ihre jährliche Rede zur Lage der Nation vor, die sie am (heutigen) Montag vor beiden Kammern des Parlaments halten wollte. Der festgenommene Ramon Cardenas war Mitglied im Kabinett des vor zweieinhalb Jahren zurückgetretenen Estrada. Dieser steht derzeit vor Gericht, weil er sich während seiner Amtszeit um vier Milliarden Pesos (rund 65 Millionen Euro) bereichert haben soll. Estradas Anwälte bestritten am Montag, dass ihr Mandant etwas mit dem Aufstand am Wochenende zu tun hatte. Arroyo bezeichnete das Ende der Meuterei als "Triumph für die Demokratie". Die nationale Sicherheit und politische Stabilität seien in keiner Weise beeinträchtigt. Es wurde erwartet, dass die Präsidentin in ihrer Rede bekräftigt, weiterhin die volle Kontrolle über das Land zu haben. Die rund 300 Aufständischen hatten vorübergehend ein Wohn- und Einkaufszentrum in Manila besetzt und vermint. Sie forderten den Rücktritt der Regierung. Am Sonntagabend gaben sie auf und kehrten in ihre Kasernen zurück. Arroyo kündigte Ermittlungen auf der Basis des Kriegsrechts an. Die mutmaßlichen Anführer, fünf Offiziere, müssten mit besonders schweren Konsequenzen rechnen. Sie wurden am Montag verhört. Wie ein Armeesprecher sagte, wurden die anderen beteiligten Soldaten entwaffnet und in den Kasernen eingesperrt.

Vor Scharons USA-Besuch: Israel öffnet die Gefängnistore

Berichte: 540 Palästinenser sollen freikommenVor Scharons USA-Besuch: Israel öffnet die Gefängnistore

Jerusalem (rpo). Israel erleidet derzeit die größte Wirtschaftkrise seit Staatsgründung. Da ist man auf Gelder aus den USA mehr denn je angewiesen. Vor diesem Hintergrund dürfte auch die "Geste guten Willens" zu verstehen sein, hunderte palästinensische Gefangene freizulassen. Zum ersten Mal seit Beginn des blutigen Palästinenseraufstands hatte Israel am Wochenende mehrere Straßensperren im Westjordanland abgebaut oder für den allgemeinen Verkehr geöffnet. Scharons Kabinett hatte am Sonntag der Entlassung von rund 100 militanten Palästinensern aus israelischen Gefängnissen zugestimmt. Unter 540 seien auch 210 Aktivisten der militanten Bewegungen Hamas und Dschihad sowie 210 Mitglieder der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Jassir Arafat. 120 säßen wegen krimineller Delikte in israelischer Haft. Diese Maßnahme verlautete aus dem Umfeld Scharons, der an Dienstag mit US-Präsident George W. Bush für den Friedensprozess sprechen wird. Nach Angaben eines Armeesprechers können nach dem Abbau der Straßensperren Palästinenser erstmals seit Beginn der Intifada vor 33 Monaten "innerhalb von vier bis sechs Stunden" von Dschenin im Norden bis nach Hebron im Süden des Palästinensergebiets reisen. Bisher seien dafür bis zu 48 Stunden nötig gewesen. Israelische und palästinensische Räumfahrzeuge zerstörten am Morgen die Betonbefestigungen einer Straßensperre nordwestlich von Ramallah, die der Bevölkerung bisher den freien Zugang zu etwa 30 Dörfern sowie der Bir-Seet-Universität verwehrt hatte. Auch bei Ein- Arik im Westen Ramallahs sowie in Dschabel Sindak bei Hebron wurden Sperren entfern. Die Bevölkerung habe dadurch freien Zugang zu mehreren großen Orten in dem Gebiet. Israel hatte am Freitag den Abbau von Straßensperren angekündigt. Die israelischen Medien brachten die Entscheidung mit der USA-Reise Scharons in Verbindung. Israel steht seit Wochen unter starkem Druck Washingtons, die Lebensbedingungen der seit Jahren von der Außenwelt abgeschnittenen Palästinenser zu verbessern. Nach Angaben eines Armeesprechers kann sich die palästinensische Bevölkerung nach der Öffnung der Kontrollpunkte erstmals wieder "relativ frei" innerhalb der einzelnen Bezirke bewegen. Zwischen Nablus und Dschenin im Norden wurde der öffentliche Nahverkehr wieder aufgenommen. Im Rahmen der als "Gesten des guten Willens" bezeichneten Aktionen erteilte die Armee nach eigenen Angaben auch mehreren Tausend palästinensischen Frauen und Männern aus dem Westjordanland Arbeitsgenehmigungen für Israel. Insgesamt dürfen damit wieder etwa 25 000 Menschen aus den Autonomiegebieten in Israel arbeiten. Vor Beginn des blutigen Konflikts hatten hier bis zu 160 000 Palästinenser ihren Lebensunterhalt verdient. Bush hatte Israel zu weiteren "vertrauensbildenden Maßnahmen" gedrängt, um damit die Position des palästinensischen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas im Friedensprozess gegenüber seiner Bevölkerung zu stärken. Bush war am Freitag erstmals in Washington mit Abbas zusammengetroffen. Beobachter gehen davon aus, dass er Scharon am Dienstag zu weiteren Maßnahmen zu Gunsten der Palästinenser drängen wird. Der US-Präsident hatte nach dem Treffen mit Abbas den Bau der massiven, mauerähnlichen Befestigungsanlage auf palästinensischem Gebiet durch Israel kritisiert und angekündigt, er werde darüber mit Scharon sprechen. Radikale Palästinensergruppen nannten am Sonntag die am selben Tag vom Kabinett Scharon mit 14 zu 9 Stimmen beschlossene Entlassung von rund 100 militanten Häftlingen einen "billigen Werbetrick" Israels. Die Gefangenen sollen nach offiziellen Angaben zusätzlich zu den rund 500 Häftlingen entlassen werden, über deren Freilassung die Regierung bereits vor einer Woche entschieden hatte. Hamas und Dschihad forderten erneut die Entlassung aller rund 6000 in Israel festgehaltenen palästinensischen Gefangenen. Der palästinensische Informationsminister Nabil Amer begrüßte die Kabinettsentscheidung dagegen als "positive Geste".

Nigerianische Friedenstruppen nach Liberia

Soldaten sollen am Mittwoch eintreffenNigerianische Friedenstruppen nach Liberia

Washington/Monrovia (rpo). In Liberia tobt ein unvorstellbar grausamer Bürgerkrieg. Um die chaotische Situation zu bruhigen, sollen am Mittwoch erste Kontingente einer Friedenstruppe aus Nigeria in dem westafrikanischen Land eintrffen.Dies sagte der Exekutiv-Sekretär der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, Mohammed Chambas, am Sonntag dem US-Nachrichtensender CNN. Nigeria hatte sich bereit erklärt, zwei Bataillone als Vorauskommando einer größeren internationalen Streitmacht unter Beteiligung der ECOWAS nach Liberia zu entsenden. Der liberianische Präsident Charles Taylor hatte am Samstag seine Bereitschaft bekräftigt, das Land nach dem Eintreffen afrikanischer Friedenstruppen zu verlassen. In einer Rede an die Nation ließ er nach einem Bericht des britischen Senders BBC jedoch einen genauen Zeitpunkt weiterhin offen. Auch am Sonntag war es in der Hauptstadt Monrovia erneut zu heftigen Kämpfen zwischen Rebellen und Regierungssoldaten gekommen. Die USA wollen Kriegsschiffe zur Unterstützung einer westafrikanischen Friedenstruppe vor die Küste Liberias schicken. ECOWAS hatte am Mittwoch der Entsendung von 1400 nigerianischen Soldaten binnen einer Woche zugestimmt. Am Samstag wurden bei einem Granatenangriff auf eine mit Flüchtlingen überfüllte Kirche in Monrovia mindestens sechs Menschen getötet. Wie Augenzeugen weiter berichteten, wurden dabei etwa 20 weitere Menschen verletzt. Wer für den Einschlag verantwortlich war, blieb zunächst unklar. Angesichts der seit einer Woche in Monrovia zwischen Regierungstruppen und Rebellen tobenden Kämpfe hatten Hunderte von Bewohnern in dem Gotteshaus Zuflucht gesucht. Am Freitag waren mehrere Menschen getötet worden, als eine Schule in der Stadt unter Granatenbeschuss kam. Insgesamt kamen am Freitag nach unterschiedlichen Berichten bis zu 25 Menschen in Monrovia ums Leben.

Boris Jelzin: Fit, schlanker und nüchtern

Ex-Präsident verblüfft seine LandsleuteBoris Jelzin: Fit, schlanker und nüchtern

Moskau (rpo). Vor drei Jahren musste Boris Jelzin aus dem Kreml ausziehen. Während seiner Amtszeit als russischer Präsident sorgte er immer wieder für spektakuläre Auftritte. Aber auch jetzt ist das ehemalige Staatsoberhaupt noch immer für Überraschungen gut."Beeilt euch nicht, mir Denkmäler zu setzen, denn ich werde mindestens 100 Jahre alt", scherzte der von fünf Infarkten sowie Magengeschwüren und Lungenentzündungen geplagte 72-Jährige bei seinem Sommerurlaub Anfang Juli in Kirgisien. Jelzin hatte seine letzten Amtsjahre zu einem großen Teil in Krankenhäusern und Sanatorien verbracht, doch nun scheint der Mann aus dem Ural so fit wie schon lange nicht mehr. "Boris Jelzin ist nicht mehr wiederzuerkennen. Er ist kräftiger, schlanker und jünger geworden. Wie macht er das bloß?", fragte sich das Boulevardblatt "Komsomolskaja Prawda". Das Gesundheitsgeheimnis des Polit-Rentners scheint einfach: Jeden Tag gymnastische Übungen und offenbar weniger Alkohol als zu Amtszeiten im Kreml. "Ich habe in jüngster Zeit 20 Kilo abgenommen", berichtete Jelzin mit Stolz im vergangenen Sommer. So viel neue Energie blieb auch dem alten Freund Helmut Kohl nicht verborgen. "Der Boris Jelzin ist unglaublich gut in Form", wunderte sich der Altbundeskanzler bei einem Besuch in Moskau. Zwei Jahre nach seinem Rücktritt attestierte das Deutsche Herzzentrum in Berlin dem Patienten Jelzin eine "ausgezeichnete Gesundheit". Jelzin scheint die Erfolge, Sorgen und Nöte seiner Amtszeit weit hinter sich gelassen zu haben. Er war der Retter der russischen Demokratie. Er löste die Sowjetunion auf und trieb die Privatisierung der Wirtschaft voran. Zugleich ließ Jelzin aber auch mit Waffengewalt den Widerstand im Parlament brechen, ordnete einen katastrophal endenden ersten Tschetschenienkrieg an, entließ in seiner konfusesten Phase 4 Regierungen in 16 Monaten und verstrickte sich gegen Ende zunehmend in Korruptionsaffären seines Clans. Bis heute denkt die Mehrzahl der Russen eher mit Scham an Jelzins "große Momente" auf den Bühnen der Weltpolitik. Beim Staatsbesuch in Schweden 1997 forderte Jelzin die Atommächte "Frankreich, China, Deutschland und Japan" zum Abrüsten auf. Weder Deutsche noch Japaner besaßen aber Nuklearwaffen. Über die Jahre mussten mehrfach ranghohe Begegnungen abgesagt werden, weil Jelzin sich - gegen das Protokoll - schlafen gelegt hatte. Unvergessen ist bis heute der Fauxpas bei einer Zwischenlandung in Irland 1994, wo Jelzin den damaligen Premier Albert Reynolds treffen sollte. Während die Ehrenformation wartete, schlief Jelzin im Flugzeug weiter. Der rote Teppisch musste wieder eingerollt werden. Seine Leibwächter hätten ihn nicht geweckt, sagte Jelzin später in Moskau als Erklärung. Die "Komsomolskaja Prawda" enthüllte den Hintergrund für Jelzins spontanen Auftritt 1994 als Dirigent einer Musikkapelle beim Abschied der russischen Truppen aus Deutschland. Der Präsident habe in der Nacht zuvor keinen Schlaf gefunden, den damaligen Verteidigungsminister Pawel Gratschow zu sich gerufen und mit ihm bis zum Morgen Wodka getrunken. Entsprechend beschwingt absolvierte Jelzin dann das Pflichtprogramm in Deutschland. Auch im Ruhestand lieben Boris Jelzin und Ehefrau Naina das Reisen. In Armenien sorgte Jelzin zuletzt für Schlagzeilen, als eine örtliche Cognac-Destille Jelzins Gewicht mit Hochprozentigem aufwog und das Fass dem Russen schenkte. Jelzin-Verehrer errichteten in Kirgisien "dem ersten Präsidenten Russlands" sogar schon ein Denkmal. Während sein Erzfeind, der sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow, sich bis heute vergeblich um ein Comeback als Politiker bemüht, hat Jelzin dem Regierungsgeschäft endgültig den Rücken gekehrt. Der Rentner Jelzin vergnügt sich auf Tennisturnieren in Paris oder auf Panzerübungsgeländen im Südural. Seit Jelzin Gorbatschow 1991 zum Rücktritt zwang, haben die beiden Reformer nach Angaben Gorbatschows kein freundliches Wort mehr miteinander gewechselt. Je länger der junge und dynamische Präsident Wladimir Putin in Russland an der Macht ist, desto mehr gerät Boris Jelzin und dessen Lebenswerk in Vergessenheit. In einer Umfrage der Zeitschrift "Kommersant Wlast" schaffte es Jelzin in diesem Frühjahr nicht einmal mehr unter die zehn wichtigsten Personen der russischen Geschichte.

Fünf Tote bei Suche nach Saddam

Ex-Diktator in der Nähe von Tikrit vermutetFünf Tote bei Suche nach Saddam

Bagdad (rpo). Die Schlinge um Saddam Husseins Hals zieht sich immer enger. Am Wochenende soll er den Amerikanern nur knapp entkommen sein. Bei einem Zwischenfall wurden am Sonntag fünf irakische Zivilisten getötet.Wie der amerikanische Radiosender Voice of America berichtete, feuerten US-Soldaten auf die Insassen von zwei Autos in der Nähe eines möglichen Verstecks von Saddam. Ziel der Operation war ein Haus eines einflussreichen irakischen Stammesfürsten. In Saddams Heimatstadt Tikrit sei der neue Sicherheitschef des ehemaligen Präsidenten den US-Soldaten nur knapp entkommen, berichtete der Nachrichtensender CNN. Es habe sehr verlässliche Geheimdienstinformationen gegeben, dass sich Saddam dort aufgehalten habe. Saddam sei "auf der Flucht". Es werde vermutet, dass er in der Gegend von Tikrit sei und alle zwei bis vier Stunden seinen Aufenthaltsort wechsele. Unterdessen gingen die Angriffe auf US-Soldaten im Irak weiter. Am Sonntag wurden bei einem Überfall auf eine Patrouille etwa 30 Kilometer südlich von Bagdad ein Soldat getötet und ein anderer verletzt.

Unmut über geplante Gesundheitsreform wächst

Die Diskussion geht weiterUnmut über geplante Gesundheitsreform wächst

Berlin (rpo). Gerade einmal eine Woche ist es her, dass sich die Verhandlungsgruppe aus Regierung und Opposition auf eine Formel für die Gesundheitsreform geeinigt hat, da ist bereits die Debatte über eine neue und noch weiter gehende Reform entbrannt.Der Unmut über die geplante Gesundheitsreform wächst. FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper verlangte am Montag neue Verhandlungen. Der CDU-Sozialexperte Hermann-Josef Arentz bezeichnete das Reformvorhaben als unzureichend. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ermahnte die Kassen, Eigeninitiative zu ergreifen und zu Gunsten ihrer Versicherten Bonusmodelle anzubieten. In der "Berliner Zeitung" (Montagausgabe) warb sie für ihr bei den Konsensverhandlungen gescheitertes Hausarztmodell. Schmidt forderte die Kassen auf, ihre Mitglieder auf freiwilliger Basis dafür zu belohnen, dass sie zuerst ihren Hausarzt konsultieren und sich von ihm zu einem Facharzt überweisen lassen. Ursprünglich wollte die Ministerin diese Regelung gesetzlich festschreiben, doch die Union sträubte sich dagegen, da sie die freie Arztwahl gefährdet sah. "Die Kassen können zum Beispiel demjenigen, der stets zuerst zum Hausarzt geht, die Praxisgebühr erlassen oder Zuzahlungen reduzieren", sagte die SPD-Politikerin in der Zeitung. Die Kassen hatten sich skeptisch geäußert, weil sie Mehrkosten befürchteten. Schmidt hatte hingegen argumentiert, die Versorgung könne dadurch verbessert und gleichzeitig Geld für Mehrfachuntersuchungen gespart werden. Schmidt kritisierte erneut die Haltung derjenigen Kassen, die mit den milliardenschweren Einsparungen der geplanten Reform zunächst Schulden abbauen und Rücklagen bilden wollen, statt die Beiträge für die Versicherten zu senken.Diskussion um BürgerversicherungCDU-Politiker Arentz äußerte sich im ARD-Morgenmagazin kritisch zur Einführung einer Bürgerversicherung, in die auch Beamte und Selbstständige einzahlen sollen. Der Chef der CDU-Sozialausschüsse (CDA) sagte, damit ginge der Wettbewerb zwischen privaten und gesetzlichen Kassen verloren. Die Versicherten müssten dann mit schlechteren Konditionen rechnen. Auch der Chef der nordrhein-westfälischen CDU, Jürgen Rüttgers, lehnte den Vorschlag im Deutschlandradio Berlin ab. Die "Financial Times Deutschland" berichtete, dass die Bürgerversicherung Menschen mit Einkommen zwischen 50.000 bis 120.000 Euro jährlich deutlich mehr belasten würde. Die Zeitung beruft sich dabei auf ein Gutachten der Rürup-Kommission zum Umbau der Sozialsysteme. FDP-Generalsekretärin Pieper forderte in der "Bild"-Zeitung neue Verhandlungen zur Lösung der langfristigen Probleme des Gesundheitssystems. Auch Grünen-Gesundheitsexpertin Birgitt Bender unterstützte dem "Bild"-Bericht zufolge diese Forderung. Bender hatte für ihre Partei an den Konsensverhandlungen teilgenommen.