Irak-Krieg: Getreue trotz Fehlinformationen weiter im AmtRegierung Bush: Kein Platz für Skeptiker
Washington (rpo). Schaut man sich das Umfeld der Regierung von US-Präsident George Bush einmal genauer an und vergleicht das jetzige Personal mit dem vor dem Irak-Krieg, so fällt auf: Diejenigen, die sich vor dem Feldzug kritisch geäußert haben, sind aus der Regierung verschwunden, die Ja-Sager sind nach wie vor da, auch wenn sie damals falsche Ratschläge erteilt haben.In Ungnade gefallen sind offenbar der frühere Wirtschaftsberater Lawrence Lindsey und der ehemalige Nahost-Gesandte und frühere General der Marineinfanterie Anthony Zinni. Sie äußerten Bedenken wegen der Kosten und der möglichen Folgen eines Kriegs - und haben ihre Stellung verloren. Wegen der offenbar unhaltbaren Informationen über ein Atomwaffenprogramm Saddam Husseins ist hingegen bislang noch niemand zur Rechenschaft gezogen worden. Und das, obwohl US-Präsident George W. Bush wegen einer entsprechenden Behauptung in einer Rede an die Nation Ende Januar zunehmend unter Druck gerät - schließlich waren die Beweise dafür schon damals innerhalb der Geheimdienste heftig umstritten. Dass Bush diese Zweifel nicht zu Ohren kamen, dafür haben CIA-Direktor George Tenet und Stephen Hadley, der Stellvertreter von Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, die Verantwortung übernommen. Beide hatten schon im Oktober Hinweise darauf, dass an den Berichten über Versuche Iraks, Uran aus Afrika zu beschaffen, etwas faul war. Beide haben sich inzwischen öffentlich dafür entschuldigt, dass diese Information trotzdem in Bushs Rede auftauchte. Inzwischen gilt als sicher, dass die Berichte auf gefälschten Dokumenten beruhten. Einige Beobachter sind überrascht, dass die Panne für Tenet und Hadley keine weiteren Konsequenzen hatte. Schließlich ist sie ein gefundenes Fressen für die Opposition. Aber Mitarbeiter des Weißen Hauses glauben, dass für Bush vor allem langjährige Treue zählt - und die hätten Tenet und Hadley aus seiner Sicht bewiesen. CIA-Chef Tenet wurde zwar von Bushs Vorgänger Bill Clinton eingestellt, er genießt aber die Wertschätzung eines besonders einflussreichen ehemaligen CIA-Chefs: Des ersten Präsidenten George Bush. Gerade in Sicherheitsfragen suche Bush junior häufig Rat bei seinem Vater, sagen Vertraute des Präsidenten. Auch Hadley hat bereits für Bush senior gearbeitet, ebenso seine Chefin Rice. Die Rücktrittsforderungen der Demokraten werde Bush deshalb überhören, glauben einige Experten. "Man kann nicht viel verlieren, wenn man seinem Chef treu ist", meint Stephen Hess von der Brookings Institution. Skeptiker sind dagegen in Washington eine aussterbende Art. Beispiel Zinni: Bushs ehemaliger Nahost-Beauftragter verärgerte das Weiße Haus, als er auf einer Konferenz im Oktober erklärte, in der Außenpolitik gebe es dringendere Themen als Irak. Zudem warnte Zinni, ein Krieg werde ein langes, schwieriges Nachspiel haben - sein Vertrag als Nahost-Gesandter wurde nicht verlängert. Ex-Regierungsberater Lindsey wurde im Dezember sogar entlassen, offiziell wegen Differenzen über den richtigen Kurs in der Wirtschaftspolitik. Allerdings hatte er sich bereits im September den Unmut des Weißen Hauses zugezogen, als er die Kosten eines Kriegs gegen Irak auf 100 bis 200 Milliarden Dollar schätzte. Diese Vorhersage könnte sich erfüllen: Das Pentagon teilte vor zwei Wochen mit, allein bis zum Ende des Haushaltsjahres am 30. September würden sich die Kosten für den Krieg und seine Folgen voraussichtlich auf 58 Milliarden Euro summieren. Und US-Zivilverwalter Paul Bremer erklärte, allein zur Wiederherstellung von Wasser- und Stromversorgung in Irak seien 29 Milliarden Dollar erforderlich.