Alle Politik-Artikel vom 29. Juni 2003
Friedmann-Affäre: Angriff auf Juden?

Jüdische Vertreter sehen Anzeichen für AntisemitismusFriedmann-Affäre: Angriff auf Juden?

Mainz (rpo). Die Berichterstattung einiger deutscher Medien über den Drogenverdacht gegen Michel Friedman hat Vertreter jüdischer Organisationen erschreckt. Sie sehen in der Berichterstattung einiger deutscher Medien über den Drogenverdacht gegen Michel Friedman Anzeichen für Antisemitismus. Friedman sei "in einer Vorverurteilung buchstäblich hingerichtet" worden, sagte die Vizepräsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, gegenüber dem ARD-Magazin "Report Mainz" (Sendetermin Montag, 30.6., 21.00 Uhr). Die Gemeindemitglieder in München fühlten einen "gewissen Angriff nicht nur auf Michel Friedman, sondern auch auf die Juden in der Bundesrepublik Deutschland." Auch der Generalsekretär des Europäischen Jüdischen Kongresses, Serge Cwajgenbaum, äußerte sich in der Sendung besorgt darüber, "ob Antisemitismus nicht länger ein Tabu in Deutschland und Europa ist". Er sei beschämt, dass niemand die "einseitige und aggressive" Medienkampagne gestoppt habe. Der Präsident der Israelischen Kultusgemeinde in Wien, Ariel Muzicant, erwartet mehr als eine Entschuldigung. "Man kann nicht das Leben und den guten Ruf eines Menschen vernichten und dann einfach zur Tagesordnung übergehen."

Auch Fatah-Bewegung erklärt Gewaltstopp

Israel zieht Truppen aus Gazastreifen abAuch Fatah-Bewegung erklärt Gewaltstopp

Jerusalem (rpo). Der Nahost-Friedensprozess kommt in Bewegung. Nachdem bereits die militanten palästinensichen Gruppen Hamas und Islamischer Dschihad ihren Gewaltverzicht erklärt hatten, zog am Sonntagabend die Fatah-Bewegung von Präsident Jassir Arafat ab. Aus israelischen Militärkreisen verlautete ebenfalls am Abend, der Rückzug aus dem Norden des Gazastreifens habe begonnen. Damit werde eine Vereinbarung umgesetzt, die Verantwortung über Sicherheit in dem Autonomiegebiet wieder an die palästinensische Autonomiebehörde zu übergeben. Der Rückzug langer Panzer- und Militärkolonnen aus Beit Hanun wurde im israelischen Fernsehen gezeigt. Israelische Einheiten hatten den Ort nach Angriffen auf eine gegenüberliegende israelische Stadt vor einigen Wochen besetzt. In einer Mitteilung der Fatah hieß es, entsprechend einer ägyptischen Initiative werde die Organisation alle militärischen Aktionen für sechs Monate einstellen. Das Zentralkomitee habe dem zugestimmt. Hamas-Führer Abdel Asis Rantisi hatte wenige Stunden zuvor in Gaza erklärt, der Gewaltverzicht von Hamas und Islamischem Dschihad solle ab Sonntag für drei Monate gelten. Beide Gruppen seien übereingekommen, "Militäroperationen gegen den zionistischen Feind auszusetzen". Rantisi bekräftigte die Forderungen der palästinensischen Organisationen nach einem Ende der israelischen Militärschläge sowie einer Freilassung palästinensischer Gefangener. Isrealischer Außenminister skeptischDer israelische Außenminister Silvan Schalom kommentierte die Erklärungen skeptisch: "Beim nächsten Terroranschlag sagen die Verantwortlichen, es habe sich um eine Einzeltat gehandelt. Wenn wir von einer tickenden Zeitbombe erfahren und dagegen vorgehen sagen sie, wir hätten die Waffenruhe sabotiert."Vor dem Beginn des Truppenabzugs hatte sich US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice in Jerusalem mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon getroffen. Dabei sei es neben dem Truppenrückzugs um die Freilassung palästinensischer Häftlinge und einen möglichen Wiederaufbau des 2001 von Israel zerstörten Flughafens im Gazastreifen gegangen, berichtete der israelische Rundfunk. Am Samstag war Rice mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas zusammengetroffen und hatte ihn zu einer Unterredung mit US-Präsident George W. Bush nach Washington eingeladen, wie aus der Umgebung von Abbas verlautete. Es hieß, dieser habe die Einladung angenommen. Abbas werde schon in wenigen Tagen in die USA fliegen. Im Weißen Haus wurde der Besuch allerdings zunächst nicht bestätigt. Die EU begrüßte die israelisch-palästinensische Einigung auf einen Truppenrückzug aus Bethlehem und dem Gazastreifen. Dies sei ein wichtiger Schritt für die Umsetzung des internationalen Friedensplans, hieß es in einer Erklärung der griechischen EU-Präsidentschaft am Sonntag. Zugleich wurden beide Seiten aufgerufen, "die nötige Umsicht und Verantwortung zu zeigen, damit diese ersten positiven Schritte zum angestrebten Ziel des Friedens und der Stabilität im Nahen Osten führen".

Gesundheitsreform: Zeitplan steht

Merkel: Will keine ShowGesundheitsreform: Zeitplan steht

Berlin (rpo). Ob die unterschiedlichen Lager in den Gesundheitsfragen zueinander finden, ist ungewiss. Immerhin haben sich die Unterhändler der Bundesregierung und der Opposition in ersten Verhandlungen auf einen Fahrplan geeinigt.Nachdem Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel in der vergangenen Woche den Weg für die Verhandlungen freigemacht hatten, trafen sich die Unterhändler zu einer Unterredung im Gesundheitsministerium. Im Mittelpunkt der ersten Gesprächsrunde stand die Diskussion über den Zeitplan. Vereinbart wurde, mit den eigentlichen Verhandlungen am 4. Juli zu beginnen, um noch im selben Monat die Eckpunkte einer gemeinsamen Reform vorzulegen, teilte der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Klaus Vater, mit. Die Gesprächspartner hofften, im August einen Gesetzentwurf erstellen zu können. Details werden geheim gehaltenÜber Details haben die Parteien Stillschweigen vereinbart. Unions- Verhandlungsführer Horst Seehofer (CSU) hatte Rot-Grün zuvor aber bereits in einem Interview aufgefordert, ihren ursprünglichen Zeitplan aufzugeben, der eine Verabschiedung der Reform im Bundestag am 8. Juli vorgesehen hatte. An der Sitzung nahmen neben ihm und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) weitere Experten der rot-grünen Koalition und der Union teil. Nachdem die ersten Sondierungsgespräche zunächst ohne die FDP stattgefunden hatten, saß nun auch der FDP-Gesundheitsexperte Dieter Thomae mit am Tisch. Wann die eigentlichen Verhandlungen beginnen, war zunächst offen. Derzeit liegen die Positionen von Regierung und Union noch weit auseinander. Die Regierungsseite lehnt den Unions-Vorschlag ab, den Zahnersatz aus dem Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung zu streichen und in eine private Pflichtversicherung zu überführen. Die Union hält dagegen nichts davon, die Finanzierung des Krankengeldes allein den Versicherten zu überlassen. CDU und CSU sind auch gegen das von Schmidt geplante Institut für Qualitätssicherung. Seehofer hatte im Vorfeld harte Verhandlungen angekündigt. Zunächst werde "zu jedem Thema eine grundlegende Diskussion" geführt. Nach der ersten Verhandlungsrunde, die bis zum 12. Juli läuft, werde man die Erfolgsaussichten abschätzen: "Man wird dann eher beurteilen können, ob es eine Chance auf eine Einigung gibt, oder ob die Positionen zu weit auseinander liegen."

Steuersenkung: NRW-Regierung dagegen

Bundesland fehlen fast zwei Milliarden EuroSteuersenkung: NRW-Regierung dagegen

Düsseldorf (rpo). Das Vorziehen der Steuerreform stößt nicht nur bei der Opposition auf Kritik. Auch die SPD-geführte NRW-Regierung ist gegen den geplanten Schritt der Bundesregierung. Es gebe bisher keine Antworten, wie die Länder und Kommunen die zusätzlichen Einnahmeausfälle verkraften sollten, sagte Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) am Sonntag in Düsseldorf. Durch die Beschlüsse des Bundeskabinetts werde es für die Landesregierung nahezu unmöglich, einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen. "Wir werden uns jetzt ganz genau ansehen, ob das zu akzeptieren ist", sagte Dieckmann. Auf das Land und die Kommunen in Nordrhein-Westfalen kommen durch das Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform nach Angaben der Landesregierung Einnahmeausfälle von 1,7 bis 1,8 Milliarden Euro zu. Dieckmann sagte weiter: "Noch ist nicht alles verloren." Die Beschlüsse des Bundeskabinetts ging jetzt ins Gesetzgebungsverfahren. In diesem Prozess könnten die Bundestagsabgeordneten ihre Erfahrungen aus den Wahlkreisen, in denen es erhebliche Steuerausfälle geben werde, einbringen.

Irak: US-Truppen starten Großoffensive

Neue Angriffe auf alliierte SoldatenIrak: US-Truppen starten Großoffensive

Camp Boom/Bagdad (rpo). Nach einer Reihe von Angriffen auf ihre Soldaten haben die US-Streikräfte im Irak am Sonntag eine Großoffensive gegen verbliebene Aufständische gestartet. Die Aktion soll mehrere Tage dauern und erstreckt sich über den Zentralirak.Damit sollen die anhaltenden Angriffe auf alliierte Soldaten gestoppt werden, teilten die Streitkräfte mit. Die mehrtägige Militäraktion namens "Desert Sidewinder" (Seitenwinder-Klapperschlange) erstrecke sich über Zentralirak, von der iranischen Grenze bis nördlich von Bagdad. "Wir gehen mit einer überwältigenden Kampfkraft vor, so dass unsere Gegner nicht an Gegenwehr denken werden", sagte Oberstleutnant Mark Young in Camp Boom 50 Kilometer nordöstlich von Bagdad. In Chalis, 70 Kilometer nördlich der irakischen Hauptstadt, wurde ein Mann verhaftet, der nach Armeeangaben junge Kämpfer für Angriffe gegen US-Soldaten rekrutierte. In der sunnitischen Stadt Dodschima durchsuchten die Truppen mehrere Häuser mutmaßlicher Anhänger von Saddam Hussein, in denen sich Waffenlager befunden haben sollen. Die Angriffe auf die Besatzungstruppen haben in den vergangenen Tagen zugenommen. Am Sonntagmorgen wurde bei einem neuen Überfall auf einen US-Militärkonvoi ein irakischer Zivilist getötet. Zwei Soldaten wurden verletzt. Der Vorfall ereignete sich laut Militärangaben im Südwesten Bagdads auf der Straße zum Flughafen. Festnahmen habe es nicht gegeben. Kurz zuvor hatten Gegner der amerikanischen Besetzung eine US-Patrouille westlich von Bagdad mit Granaten beschossen. Nach Militärberichten gab es keine größeren Schäden. Die Angreifer flohen. Am Samstag waren zwei seit drei Tagen vermisste US-Soldaten nördlich von Bagdad tot aufgefunden worden. Eine US-Militärkolonne wurde am späten Freitagabend im schiitischen Bagdader Viertel Thaura angegriffen - ein Soldat wurde getötet, vier weitere und ein als Dolmetscher arbeitender irakischer Zivilist wurden Militärangaben zufolge verletzt. Insgesamt stieg die Zahl der im Krieg und danach getöteten US-Soldaten auf 201. Davon kamen 63 nach dem am 1. Mai erklärten Ende der Kampfhandlungen ums Leben. Saddams Schicksal trägt zur Instabilität beiNach Einschätzung von US-Zivilverwalter Paul Bremer trägt das ungeklärte Schicksal des gestürzten irakischen Präsidenten zu den andauernden Angriffen bei. Furcht vor einer Rückkehr Saddam Husseins an die Macht halte die Iraker von der Zusammenarbeit mit den Alliierten ab, sagte er am Sonntag. "Es ist wichtig, dass wir ihn ergreifen oder töten." Weil Irak seit 30 Jahren keine Erfahrung mit der Demokratie habe, sei es schwierig, eine Übergangsregierung zu bilden, sagte Bremer weiter. Er kündigte eine Konferenz für den kommenden Monat an, um mit der Ausarbeitung einer Verfassung zu beginnen. Nach seinen Angaben arbeiten derzeit 240 Krankenhäuser im Land wieder. Die Hauptstadt Bagdad werde 18 bis 20 Stunden pro Tag mit Strom versorgt. Bericht über Schüsse auf deutschen GeschäftsträgerAuch der deutsche Geschäftsträger in Bagdad, Claude Robert Ellner, wurde angegriffen. Nach Informationen der "Bild am Sonntag" eröffneten Unbekannte zwei Mal kurz hintereinander das Feuer auf den ungepanzerten Wagen des Diplomaten. Der Vorfall habe sich bereits vor einer Woche ereignet. Personenschützer der GSG-9 hätten zurückgeschossen. Ellner sei nicht verletzt worden. Das Auswärtige Amt wollte den Bericht zunächst nicht kommentieren.

Spekulationen um Fischers EU-Ambitionen

Schröder bereitet angeblich Kabinettsumbildung vorSpekulationen um Fischers EU-Ambitionen

Frankfurt/Main (rpo). Der mögliche Wechsel von Außenminister Fischer nach Brüssel sorgt weiter für Spekulationen. Nach Medieninformationen bereitet Bundeskanzler Schröder bereits eine Kabinettsumbildung vor. Sollte Fischer den neuen Posten des EU-Außenministers annnehmen, würde das Auswärtige Amt wohl an die SPD fallen.Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" bereitet Bundeskanzler Gerhard Schröder bereits die Neubesetzung einiger Ministerien vor. Regierungssprecher Bela Anda dementierte den Zeitungsbericht umgehend als "Märchen". Der Zeitung zufolge soll das Auswärtige Amt bei einem Wechsel Fischers nach Brüssel das Auswärtige Amt an die SPD fallen, da die Grünen keinen geeigneten Nachfolger für Fischer haben. Die Grünen sollten womöglich mit dem Finanzministerium entschädigt werden, das dann Ex-Parteichef Fritz Kuhn übernehmen könnte. Eine Ablösung von Finanzminister Hans Eichel werde "immer wahrscheinlicher", schrieb die Zeitung weiter. Eichel gelte in der Koalition als angeschlagen und nicht mehr durchsetzungsstark. Günter Verheugen neuer Außenminister?Als Nachfolger für Fischer werde der EU-Erweiterungskommissar und langjährige SPD-Außenpolitiker Günter Verheugen gehandelt. Verheugen selbst sagte in einem Interview des "Tagesspiegel am Sonntag", er halte eine Diskussion um die Besetzung des EU-Außenministerpostens für verfrüht. Im Gespräch für das deutsche Außenamt ist nach einem Bericht des Berliner "Tagesspiegel" auch Verbraucherministerin Renate Künast von den Grünen. Schröders Sprecher Anda dementierte den Bericht entschieden. "In Neuhardenberg hat ein großer Reformer gewirkt, Grimms Märchen sind hier nicht geschrieben worden", erklärte er am Samstagabend. Für den "Spiegel" ist die Position des Bundeskanzlers zu einem Wechsel Fischers noch reichlich unklar. Einerseits habe er zwar Fischer mehrfach als "glänzende Besetzung" gepriesen und damit die Spekulationen erst richtig angeheizt. Andererseits habe er sich aber auch ausdrücklich für eine zweite Amtszeit von Günter Verheugen als EU-Kommissar ausgesprochen. Da nach dem Nizza-Vertrag jedes Mitgliedsland aber nur noch einen Kommissar entsenden, wäre damit kein Platz für Fischer, es sei denn, der Posten des EU-Außenminister würde von dieser Regelung ausgenommen. EU-Kommissionspräsident Romano Prodi lehnte Spekulationen um einen Wechsel Fischers ebenfalls als verfrüht ab. "Ich bewundere Joschka Fischers europäisches Engagement und seine politischen Fähigkeiten sehr, aber ich glaube, dass es zu früh ist, jetzt schon über Kandidaten für diese Position zu spekulieren", sagte Prodi der "Bild am Sonntag". Zugleich betonte Prodi seine grundsätzlich positive Einstellung zu dem Amt: "Ein europäischer Außenminister ist eine wichtige Neuerung. Wir brauchen eine effektivere Stimme, um die europäische Außenpolitik in der Welt zu vertreten." Zu den wichtigsten Verantwortlichkeiten dieses Ministers werde es gehören, eng mit der Kommission und mit allen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, "um eine wirklich gemeinsame europäische Politik zu schaffen". In diesem Zusammenhang werde es sehr wichtig sein, "dass der Rat mit Mehrheitsvotum bestimmte Ziele der Außenpolitik festlegen kann", betonte der EU-Kommissionspräsident.

Hamas und Islamischer Dschihad erklären Angriffsstopp

Gewaltverzicht soll drei Monate geltenHamas und Islamischer Dschihad erklären Angriffsstopp

Gaza (rpo). Im Gazastreifen haben sich zwei militante Palästinenserorganisationen bereit erklärt, ihre Angriffe auf Israel vorübergehend einzustellen. Führer der Hamas und des Islamischen Dschihad erklärten am Sonntag, die Waffenruhe werde drei Monate andauern.Die Waffenruhe solle ab Sonntag gelten, sagte Hamas-Führer Abdel Asis Rantisi. Die beiden Gruppen seien übereingekommen, "Militäroperationen gegen den zionistischen Feind auszusetzen". Rantisi bekräftigte zugleich die Forderungen der palästinensischen Organisationen auf ein Ende der israelischen Militärschläge sowie eine Freilassung palästinensischer Gefangener. Die Fatah-Bewegung werde vermutlich in Kürze eine Erklärung abgeben, sagte Rantisi weiter. Ursprünglich war eine gemeinsame Erklärung aller drei Organisationen erwartet worden. Der palästinensische Kabinettsminister Jassir Abed Rabbo hatte aber zuvor erklärt, auf seiten der Fatah-Bewegung gebe es noch offene Fragen zum genauen Wortlaut der Erklärung.Israelische und palästinensische Offiziere erörterten am Sonntag Einzelheiten eines ersten israelischen Rückzugs aus dem Gazastreifen. Nach israelischen Berichten könnte sich die Armee am Montag aus dem Norden des Gazastreifens zurückziehen. Der israelische Befehlshaber für den Gazastreifen, Brigadegeneral Gad Schamni, und der palästinensische General Abdel Rasik el Medscheida besprachen die Wiederöffnung der Fernstraße, die den Gazastreifen von Nord nach Süd durchzieht. Gespräche über einen israelischen Rückzug aus Bethlehem im Westjordanland sollen in dieser Woche folgen. Die US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice erörterte mit der israelischen und der palästinensischen Führung, wie die Umsetzung des internationalen Friedensplans vorangetrieben werden kann. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon informierte Rice über geplante Maßnahmen, die Beschränkungen für Palästinenser zu lockern. Dazu gehören die Entlassung palästinensischer Häftlinge und die Erlaubnis, den 2001 von Israel zerstörten Flughafen von Gaza-Stadt wieder aufzubauen. Rice übte Kritik an der im Bau befindlichen acht Meter hohen Mauer, die Kern-Israel vom Westjordanland trennen und das Einsickern von Selbstmordattentäter verhindern soll. Das könne als Vorwegnahme der endgültigen Grenzziehung interpretiert werden. Mitglieder des israelischen Sicherheitskabinetts erwiderten nach Angaben von Radio Israel, die Mauer sei aus Sicherheitsgründen unverzichtbar und unverhandelbar. Seit der Gazastreifen eingezäunt sei, habe es von dort keine Infiltrationen gegeben, sagte Außenminister Benjamin Netanjahu. Rice war Samstagabend in der Region eingetroffen und hatte zunächst in Jericho mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas, Außenminister Nabil Schaath und Sicherheitsminister Mohammed Dachlan gesprochen. Dabei lud sie Abbas zu einem Besuch im Weißen Haus nach Washington ein. Hatem Abdel Kadder, der Fatah-Führer im Westjordanland, sagte vor der Presse, zwischen den verschiedenen militanten Gruppierungen gebe es Meinungsverschiedenheiten über den Text einer Waffenruhe- Erklärung. Einige wollten keinen Text, der als Annahme des internationalen Friedensplans interpretiert werden könne. Die Al-Aksa-Märtyrerbrigaden, der bewaffnete Arm der Fatah- Bewegung, bestehen auf der Freilassung aller palästinensischen Häftlinge durch Israel. Die Palästinensische Volksbefreiungsfront PFLP und die Demokratische Befreiungsfront DFLP lehnen eine Waffenruhe ab, doch sagte der PFLP-Vertreter im Gazastreifen, Kajed el Ghoul, man wolle sie dennoch respektieren, um inner- palästinensischen Zwist zu vermeiden.

Gesundheitsreform: Regierung und Union suchen Konsens

Seehofer, Schmidt und Ländervertreter beraten in BerlinGesundheitsreform: Regierung und Union suchen Konsens

Berlin (rpo). In der Frage der Refom des deutschen Gesundheitswesens stehen die Zeichen zwischen Regierung und Union auf Konsens. In Berlin treffen sich Spitzenvertreter beider Seiten, um die Möglichkeiten einer gemeinsam getragenen Reform auszuloten. Verhandlungsführer sind für die CDU/CSU der Sozialexperte Horst Seehofer und für die Regierung Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Zu den Teilnehmern gehören auch je drei Vertreter unionsgeführter und SPD-regierter Bundesländer. Vor Beginn des Treffens gab es optimistische Stimmen aus dem Unionslager über die Möglichkeit einer grundsätzlichen Einigung bis Mitte Juli. CDU-Chefin Angela Merkel, die sich mit Bundeskanzler Gerhard Schröder auf das gemeinsame Vorgehen verständigt hatte, erklärte, die Fachpolitiker sähen gute Chancen für eine Einigung. "Wenn es am Ende dann noch den einen oder anderen Knackpunkt gibt, kann man die auf der Ebene der Partei- und Fraktionsvorsitzenden entscheiden", erklärte Merkel. Auch CSU-Landesgruppenchef Michael Glos sah im "Straubinger Tagblatt" (Samstagausgabe) "gute Chancen, dass wir am Ende zu einem tragfähigen Kompromiss gelangen", obwohl es in einzelnen Sachpositionen noch erhebliche Unterschiede gebe. Seehofer forderte Schmidt auf, das Gesetzgebungsverfahren für ihre Gesundheitsreform zu stoppen. "Es wäre eigenartig, wenn die Regierungskoalition auf der einen Seite über eine Zukunftsreform verhandelt, und auf der anderen Seite ihre Gesundheitsreform im Bundestag verabschiedet", sagte der CSU-Politiker der "Passauer Neuen Presse" (Samstagausgabe). Seehofer kündigte an, bei den Gesprächen mit Schmidt werde zunächst zu jedem Thema eine grundlegende Diskussion geführt. Nach der ersten Verhandlungsrunde, die bis zum 12. Juli laufen solle, werde man die Erfolgsaussichten abschätzen: "Man wird dann eher beurteilen können, ob es eine Chance auf eine Einigung gibt, oder ob die Positionen zu weit auseinander liegen", sagte er.

Özdemir gelingt politisches Comeback bei den Grünen

Ein Jahr nach der Bonusmeilen-AffäreÖzdemir gelingt politisches Comeback bei den Grünen

Ehingen (rpo). Nur ein Jahr nach seinem erzwungenen Rückzug aus der Politik hat Grünen-Politiker Cem Özdemir sein Comeback gefeiert. Nachdem er 2002 wegen der Bonusmeilen-Affäre zurückgetreten war, nominierte ihn nun der baden-württembergische Parteitag auf die Liste für die Europawahl.Der Landesparteitag der baden-württembergischen Grünen nominierte ihn am Sonntag in Ehingen mit klarer Mehrheit als Kandidaten für das Europaparlament. Die endgültige Liste der Partei wird auf einem Bundesparteitag im Herbst aufgestellt. Özdemir sagte, er möchte die Grünen zur Europapartei machen. Der Deutsche türkischer Abstammung sprach sich auch für eine weitere Annäherung der Türkei an Europa aus. Özdemir war das prominenteste Opfer der so genannten Bonusmeilen-Affäre. Als Konsequenz daraus hatte er bei der Bundestagswahl im vergangenen September sein Mandat nicht angenommen.

Steuerrefom: Stoiber sagt Nein

CSU-Chef nennt Gegenfinanzierung unseriösSteuerrefom: Stoiber sagt Nein

Berlin (rpo). Bereits kurz nach dem Beschluss der Bundesregierung, die dritte Stufe der Steuerreform auf 2004 vorzuziehen, deutet sich massiver Widerstand aus den Reihen der Union an. CSU-Chef Edmund Stoiber lehnte die Pläne des Regierung ab, weil er die Gegenfinazierung für unseriös hält."Mit Sicherheit stimmen wir so, wie das vorgelegt ist, nicht zu", sagte der CSU-Vorsitzende am Sonntag in einem ARD-Interview. "Wir halten das für eine völlig falsche Politik, auf der einen Seite Entlastungen zu propagieren und auf der anderen Seite Entlastungen durch Steuererhöhungen an anderer Stelle zu finanzieren." Stoiber reagierte damit auf die Ankündigung von Bundeskanzler Gerhard Schröder, das Vorziehen der dritten Steuerreformstufe auf 2004 durch Subventionsabbau und Privatisierungserlöse, aber auch durch eine höhere Neuverschuldung zu finanzieren. Schröder habe keinen seiner Pläne konkretisiert, weder die kalkulierten Privatisierungserlöse noch die höheren Schulden, sagte der CSU-Chef. Vor allem aber habe er offen gelassen, wie Länder und Kommunen, die ohnehin "aus dem letzten Loch" pfiffen, die Steuerausfälle verkraften sollten. Stoiber wies darauf hin, dass den Ländern rund sieben Milliarden, den Kommunen zwei bis drei Milliarden Steuerausfälle drohen, wenn die Entlastungen der Bürger auf 2004 vorgezogen werden. "So kann man nicht Glaubwürdigkeit neu erringen", betonte der CSU-Chef. "Wir wollen Entlastungen, aber nicht durch Pump, nicht durch Steuererhöhungen auf anderer Seite." Koch unterstützt Stoibers KursEbenfalls gegen das Vorziehen der Steuerreform hat sich der hessische Ministerpräsident Roland Koch ausgesprochen. Der CDU-Politiker sagte am Sonntagabend im ZDF, man müsse sich fragen, ob Steuersenkungen wirklich das geeignete Mittel seien, um die Konjunktur anzukurbeln. Die Bundesregierung müsse dann wesentlich mehr Schulden machen. Höhere Schulden seien aber schon ohne das Vorziehen der Steuerreform unausweichlich. Koch warf Bundesfinanzminister Hans Eichel vor, an unrealistischen Wachstumszahlen festzuhalten. Bundeskanzler Gerhard Schröder warf er "Panikregierung" vor. Die Unsicherheit unter den Menschen sei nach den Beschlüssen der Agenda 2010 größer als zuvor, sagte Koch. Die Bundesregierung ist beim Vorziehen der Steuerreform auf die Zustimmung der Union angewiesen, weil die unionsgeführten Länder diesem Projekt im Bundesrat zustimmen müssen. Am Samstag hatte auch CDU-Chefin Angela Merkel bereits massive Bedenken gegen die Pläne der Regierung angemeldet. Die FDP will ein Vorziehen der Steuerreform in Bundestag und Bundesrat hingegen unterstützen. "Die Steuerreform vorzuziehen, ist der richtige Weg", sagte FDP-Chef Guido Westerwelle am Sonntag in Berlin. Gleiches gelte für den Subventionsabbau. "Wenn daraus allerdings neue, höhere Schulden werden, dann wäre es falsch." Die Opposition müsse diesen Punkt noch "wegverhandeln". Die Union warnte er vor "Blockade-Reflexen". Das Kabinett hatte bei einer Klausur in Neuhardenberg beschlossen, die letzte Steuerreformstufe vorzuziehen.

Annan fordert Friedenstruppe für Liberia

UN-Generalsekretär warnt vor TragödieAnnan fordert Friedenstruppe für Liberia

Monrovia/Genf (rpo). Angesichts des anhaltenden Bürgerkrieges in Liberia hat sich UN-Generalsekretär Kofi Annan für den Einsatz einer internationalen Friedenstruppe in dem westafrikanischen Land ausgesprochen. Liberias Präsident Charles Taylor hatte um interntaionale Hilfe gebeten.Der UN-Sicherheitsrat müsse schnellstens den Einsatz einer solchen Truppe beschließen, rief Annan das Gremium auf. Die Soldaten würden gebraucht, um eine "große menschliche Tragödie" zu verhindern und das Land zu stabilisieren. Er sei sehr besorgt über die schweren Verstöße gegen die am 17. Juni vereinbarte Waffenruhe. Die westafrikanischen Staaten sagten bereits eine 5.000 Mann starke Friedenstruppe zu, sobald der Waffenstillstand greife. Auch Frankreich habe seine Unterstützung zugesichert, erklärte der ghanaische Präsident John Kufuor in Accra, wo sich der französische Außenminister Dominique de Villepin am Wochenende aufhielt. Beide Politiker forderten die Kriegsparteien in Liberia zu einem Waffenstillstand auf. In einer Radioansprache am Freitagabend bat der liberianische Präsident Charles Taylor die USA um Hilfe für sein vom Bürgerkrieg zerrissenes Land. "Wir bitten die internationale Gemeinschaft und besonders die Vereinigten Staaten, alles zu tun, was in ihrer Macht steht, um Liberia und den Liberianern aus diesem Schlamassel herauszuhelfen", sagte Taylor. Erst am Donnerstag hatte US-Präsident George W. Bush den früheren Milizenführer Taylor zum Rücktritt aufgefordert. De Villepin kritisierte diese Äußerung. In einem solchen Konflikt "hilft eine Diktatur von außen niemandem", sagte der französische Außenminister. Vielmehr müssten die Nachbarländer aufgerufen werden, mit Unterstützung anderer Länder Verantwortung zu übernehmen. Taylors Ankündigung von vergangener Woche, er wolle noch bis zum Ende seiner Amtszeit im Januar an der Macht bleiben, hatte zu den jüngsten Gefechten geführt. Die Rebellen betrachteten diese Ankündigung als eine Verletzung früherer Rücktrittszusagen. Sie kämpfen seit drei Jahren gegen Taylor und brachten bislang mindestens 60 Prozent des Landes unter ihre Kontrolle. Auch auf die Hauptstadt Monrovia stießen sie mehrmals vor, wurden nach Regierungsangaben am Freitag jedoch wieder zurückgeschlagen. Nach dem Rückzug der Rebellen aus Monrovia kehrte am Samstag erstmals seit einer Woche gespannte Ruhe ein. Die Aufständischen erklärten, sie hätten einen einseitigen Waffenstillstand ausgerufen und sich aus freien Stücken zurückgezogen. In den vorangegangenen Tagen waren bei Artilleriegefechten zwischen Regierungstruppen und Rebellen rund 500 Menschen getötet worden. In einer Ansprache nach einer Siegestour durch die von den schweren Kämpfen halbzerstörte Stadt sagte Taylor: "Ich sehne mich nach Frieden und würde alles dafür tun." Er deutete erneut die Möglichkeit eines Rücktritts an, machte jedoch keine festen Zusagen.

Ende der NRW-Koalitionskrise in Sicht

Noch Streit um Kohlebergbau und VerwaltungsreformEnde der NRW-Koalitionskrise in Sicht

Düsseldorf (rpo). Nach dem Verzicht der SPD auf das Prestige-Objekt Metrorapid stehen die Chancen für den Fortbestand der rot-grünen Koalition in Düsseldorf. Ministerpräsident Steinbrück zeigte sich am Sonntag trotz verbleibender Streitpunkte optimistisch, dass man mit den Grünen weiter regieren könne.Der stellvertretende Ministerpräsident und Verkehrsminister Michael Vesper (Grüne) äußerte am Wochenende die Hoffnung, dass es nun zu einer "gütlichen Einigung" kommt. Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) geht davon aus, dass "wir spätestens am Dienstag klar sind". Auch SPD-Chef Harald Schartau glaubt an die Zukunft der Koalition. Der Grünen-Politiker Vesper lobte im Deutschlandradio nach Angaben des Senders ausdrücklich die Entscheidung Steinbrücks, auf den Metrorapid wegen erheblicher Finanzierungsrisiken zu verzichten. Selten hätten sich die Grünen in den letzten Jahren in einem Großkonflikt "so deutlich und lupenrein durchgesetzt". Auch Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) lobte Steinbrücks Verzicht auf den Metrorapid als "vernünftige, nachhaltige Politik". Auch das unerwartete Bekenntnis des Ministerpräsidenten zur Gaskrafttechnik zeige, dass sie die SPD in die richtige Richtung bewege, sagte Trittin der "Welt am Sonntag". Allerdings gibt es in Düsseldorf nach Einschätzung von Vesper noch "tief greifende Dissenspunkte", die ausgeräumt werden müssten, ehe die Koalition wieder auf die Beine kommen könne. Vesper bezog sich dabei auf ein 16-seitiges Papier Steinbrücks, in dem Positionen der Sozialdemokraten dargelegt sind. Umstritten zwischen SPD und Grünen sind in erster Linie die Steinkohle-Subventionen, die von der SPD verlangte einschneidende Verwaltungsreform, der Ausbau des Flughafens Düsseldorf und der Bau mehrerer Autobahnabschnitte. Beobachter gingen aus, dass nun ein zähes Ringen um die verbliebenen Streitpunkte einsetzt. Die Fortsetzung der Verhandlungen von SPD und Grünen über diese Fragen war für (den heutigen) Sonntagabend geplant. Nach einer weiteren Gesprächsrunde am Montag könnte es nach Steinbrücks Worten am Dienstag zu abschließenden Beratungen kommen. Der nordrhein-westfälische SPD-Chef Schartau zeigte sich ebenfalls zuversichtlich: "Die rot-grüne Koalition im Land wird halten. Voraussetzung dafür ist, dass wir uns wie Erwachsene benehmen und uns nicht mehr in der Öffentlichkeit streiten", sagte er der "Bild am Sonntag". Berliner SPD-Prominenz soll eingegriffen haben Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" sollen der SPD-Vorsitzende und Bundeskanzler Gerhard Schröder, Fraktionschef Franz Müntefering und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement auf Steinbrück eingewirkt haben, die rot-grüne Koalition in Düsseldorf nicht über Gebühr zu belasten. Am Mittwoch vergangener Woche seien dann in einer Nachtsitzung im Kanzleramt die Eckpunkte der SPD für die Einigung festgelegt worden. Ergebnis sei schließlich gewesen, dass Steinbrück am Freitag das Aus für den Metrorapid verkündet habe. Laut "Spiegel" hat auch der Vor-Vorgänger Steinbrücks in der Düsseldorfer Staatskanzlei, Bundespräsident Johannes Rau, Einfluss auf den Ministerpräsidenten genommen. In einem einstündigen Vier-Augen-Gespräch in der Bonner Villa Hammerschmidt habe Rau das Konfliktmanagement Steinbrücks kritisiert, heißt es in dem Magazin.

Justizministerin weist Angriffe wegen Friedman zurück

Strafanzeigen wegen Beleidigung nicht ausgeschlossenJustizministerin weist Angriffe wegen Friedman zurück

München (rpo). Nach der heftigen Kritik an den Berliner Ermittlungsbehörden im Fall Friedman hat sich die zuständige Landesjustizministerin Karin Schubert zur Wehr gesetzt. Sie stehe voll hinter den Ermittlern und werde notfalls Anzeige wegen Beleidigung erstatten, so Schubert.Sie stehe hinter der Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren gegen den TV-Moderator und stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, bekräftigte die SPD-Politikerin im "Focus". Die Berliner Staatsanwaltschaft erwägt nach Angaben Schuberts Strafanzeigen wegen Beleidigung gegen den "Zeit"-Herausgeber Michael Naumann und den Berliner Filmproduzenten Artur Brauner. Die Behauptung Naumanns, die Ermittlungen gegen Friedman seien das Werk eines "durchgeknallten Staatsanwalts" seien "gelinde gesagt ziemlich kühn". Sie könne sich nicht vorstellen, dass der ehemalige Kulturstaatssekretär Insiderwissen darüber habe, wie die Berliner Staatsanwaltschaft arbeite. Den Vorwurf Brauners, im Fall Friedman agierten "braun gefärbte Juristen", nannte die Senatorin eine "ungeheuerliche Behauptung". Zur Öffentlichkeitsarbeit der Behörden sagte Schubert, auch Kritiker aus den Parteien könnten "nicht ermessen, ob unsere Informationspolitik im richtigen Verhältnis zu unseren Erkenntnissen steht". Die Maßnahmen gegen Friedman seien selbstverständlich angemessen gewesen. Die Justiz kam im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen einen ukrainisch-polnischen Menschenhändlerring, der Callgirls vermittelt haben soll, auf Friedman als möglichen Kunden. Politikerinnen von Union und FDP forderten unterdessen im "Focus", Kunden von Menschenhändlerringen strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper sagte dem Blatt: "Wer zu Prostituierten geht, bei denen man vermuten muss, dass dahinter Verbrechen wie Menschenhandel stehen, sollte bestraft werden." Die CDU-Rechtsexpertin Ute Granold sagte dem Nachrichtenmagazin: "Da ist eine Lücke im Gesetz, die geschlossen gehört. Es wäre sinnvoll, dafür einen eigenen Straftatbestand zu schaffen." Die Berliner Justizsenatorin Schubert äußerte sich skeptisch, ob dafür eine Mehrheit zu bekommen sei. Gleichwohl sollte man eine Verantwortung der Freier durchaus in Erwägung ziehen. Granold sagte: "Wenn Männer die Dienste nicht in Anspruch nähmen, hätten wir auch das Leid der Frauen nicht."

Koch fordert Transrapid für Hessen

Verbindung von Frankfurt zum Flughafen Hahn im HunsrückKoch fordert Transrapid für Hessen

Wiesbaden (rpo). Nachdem die NRW-Landesregierung das Projekt Metrorapid beerdigt hat, will nun Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) auf den Zug aufspringen. Er möchte die Stadt Frankfurt und den Flughafen Hahn mit der Magnetschwebebahn verbinden.Zwischen dem Frankfurter Hauptbahnhof, dem Frankfurter Flughafen und dem Flughafen Hahn im Hunsrück könnte ein Transrapid seine Vorteile voll ausspielen, erklärte der CDU-Politiker am Sonntag in Wiesbaden: "Wir brauchen eine überzeugende Referenzstrecke, um die Exportchancen des Transrapid, der weltweit führenden Technologie für Magnetschwebebahnen, zu sichern." Auf dieser Strecke sei ein hohes Verkehrsaufkommen zu erwarten, und "vor allem wäre der Transrapid als Hochgeschwindigkeitsverbindung im Zusammenhang mit dem Luftverkehrsknoten Frankfurt ein nationales Vorzeigeprojekt für die Integration der Verkehrsströme", erklärten Koch und sein Wirtschaftsminister Alois Rhiel: "Hierbei würden nicht nur die beiden Flughäfen mit dem Transrapid verbunden, sondern auch der ICE am Frankfurter Flughafen sowie mit dem Hauptbahnhof Frankfurt der verkehrsreichste Bahnknoten Deutschland und schließlich der Nahverkehr des gesamte Ballungsraums einbezogen." Es sei im nationalen Interesse, der Transrapid-Technologie und dem Transrapid-Produktionsstandort Kassel die Zukunft zu sichern. Weder der Metrorapid in Nordrhein-Westfalen noch die Verbindung des Münchner Flughafens mit München eigneten sich als vollgültige Anwendung für den Transrapid. Deshalb wäre es nicht sinnvoll, den Anteil der Transrapidmittel des Bundes für das Münchner Projekt zu erhöhen, erklärte der CDU-Politiker. Zugleich warnte Koch davor, die für den Metrorapid vorgesehenen Bundesmittel umzuwidmen: "Das Aus für den Metrorapid darf auch kein Anlass dafür sein, dass der Bund die Transrapidmittel kassiert." Am Freitag hatte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück den Verzicht auf den Bau der Magnetschwebebahn zwischen Düsseldorf und Dortmund mitgeteilt. Zur Begründung verwies der SPD-Politiker auf Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Milliarden-Projekts sowie unzureichende Finanzzusagen seitens der Industrie und der Bahn AG. Er hätte die Investitionen von drei Milliarden Euro gern im Land gehabt. Das Projekt sei aber nicht realisierbar gewesen.

US-Armee sucht in Afghanistan nach El-Kaida- und Talibankämpfern

Nach einem tödlichen Angriff auf US-SoldatenUS-Armee sucht in Afghanistan nach El-Kaida- und Talibankämpfern

Kabul/London (rpo). Die US-amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan haben zu einem weiteren Schlag gegen versprengte Taliban- und El-Kaida-Kämpfer ausgeholt. Im Osten des Landes rückten Spezialkräfte mit Luftunterstützung gegen islamistische Terroristen vor.Die Einheiten seien unterstützt von Kampfflugzeugen in der Provinz Paktia unterwegs, berichtete die private afghanische Nachrichtenagentur AIP. Bei Zusammenstößen mit mutmaßlichen islamischen Terroristen war in der Region am Freitag ein US-Soldat getötet worden. AIP berichtete unter Berufung auf Einwohner von Surmat rund 20 Kilometer südwestlich der Provinzhauptstadt Gardes, die US-Soldaten durchkämmten in der Region jedes Dorf, durchsuchten Häuser und nähmen Verdächtige fest. Das Gebiet gilt als mögliches Rückzugsgebiet für versprengte Mitglieder der Terrororganisation El Kaida von Osama bin Laden sowie des 2001 von den USA entmachteten Taliban-Regimes. In den vergangenen beiden Monaten haben es in Afghanistan auch die Angriffe auf Soldaten der internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) und Mitglieder von Hilfsorganisationen zugenommen. Großbritannien schickt nun erstmals Soldaten nach Afghanistan, die außerhalb der Hauptstadt Kabul eingesetzt werden sollen. Die 60 Soldaten würden Anfang Juli in Masar-i-Scharif im Norden ankommen, berichtete am Samstag der Sender BBC. Sie sollten dort die Autorität der Regierung in Auseinandersetzungen mit lokalen Kriegsherren stärken. In der nördlichen Provinz Samangan gab es nach UN-Angaben am Freitag und Samstag erneut Zusammenstöße zwischen ethnischen Gruppen. Der UN-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Lakhdar Brahimi, geht davon aus, dass auch deutsche Soldaten künftig außerhalb von Kabul eingesetzt werden. "Die Deutschen sind sehr mutig; sie sind nur vorsichtig - das ist normal", sagte der 69-jährige Algerier der "Welt am Sonntag". "Aber ich hoffe und bin überzeugt davon, dass sie ihre Bedenken überwinden werden." Die Bundeswehr hatte kürzlich untersucht, ob ein Einsatz auch in der westafghanischen Stadt Herat in Frage komme, doch schienen die Bedenken dagegen zu überwiegen. Unter Berufung auf einen Bericht westlicher Sicherheitsdienste meldete das Blatt weiter, zunehmend würden inzwischen militärisch nicht geschützte Ziele angegriffen. Dadurch gerieten insbesondere Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und ihre einheimischen Helfer in das Fadenkreuz der militanten Opposition. Ziel solcher Angriffe sei es, die Arbeit der Hilfsorganisationen einzuschränken. Die Bevölkerung solle so gegen die internationale Gemeinschaft und die Übergangsregierung von Präsident Hamid Karsai mobilisiert werden.

Grüne attackieren Struck vor Wehrpflicht-Entscheidung

Beer wirft Struck Reformblockade vorGrüne attackieren Struck vor Wehrpflicht-Entscheidung

Berlin (rpo). In der rot-grünen Regierungskoalition gibt es weiter Streit um die Zukunft der Wehrpflicht in Deutschland. Kurz vor den entscheidenden Gesprächen gibt es wieder heftige Kritik an Verteidigungsminister Peter Struck aus den Reihen der Grünen.Die Grünen attackierten Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) und forderten erneut die Abschaffung des Dienstes an der Waffe gefordert. Die Grünen-Vorsitzende Angelika Beer warf Struck am Sonntag im Deutschlandfunk vor, "in die alte Bequemlichkeit der Reformblockade" gerutscht zu sein. Struck will im Gegensatz zu den Grünen und Teilen seiner Partei den neunmonatigen Wehrdienst erhalten und lehnt eine Umwandlung der Bundeswehr in eine Berufsarmee bis 2006 kategorisch ab. Am Dienstag will sich die SPD-Fraktion mit der Frage beschäftigen. Auch dort gibt es kritische Stimmen gegen die Linie von Struck. Beer warf Struck mangelnde Veränderungsbereitschaft vor. "Alle Zeichen stehen eigentlich auf Reformkurs mit strukturellen Veränderungen in allen Politikbereichen." Nur die Verteidigung hinke hinterher. Das könne man sich auf Dauer nicht leisten. Beer betonte, angesichts der aktuellen Haushaltslage müsse es jetzt bei der Bundeswehr um "radikale Reformen" gehen. "Das würde bedeuten Standortschließungen, das würde bedeuten Personalreduzierung, das würde bedeuten Abschaffung der Wehrpflicht", sagte die Grünen-Chefin. Der Riss läuft mitten durch's KabinettStruck hatte sich in der vergangenen Woche zuversichtlich gezeigt, dass die SPD-Fraktion die Wehrpflicht bestätigen werde. Eine schnelle Entscheidung sei nötig, weil Wehrpflichtige, Bundeswehr, Zivildienstleistende und Wohlfahrtsverbände Klarheit bräuchten. In der SPD hatten sich kürzlich unter anderem Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD), mehrere Landesvorsitzende und die Jusos gegen die Wehrpflicht ausgesprochen. Schmidt hatte erklärt: "Die Wehrpflicht ist nicht mehr das richtige Modell für Deutschland." Im Koalitionsvertrag war die Überprüfung der Wehrpflicht bis 2006 vereinbart worden. Abgeordnete beider Fraktionen bemühen sich seit längerem um eine Einigung hinter den Kulissen. Auch Beer betonte, die Wehrpflicht sei ein Auslaufmodell. "Das wird auch Herr Struck noch zur Kenntnis nehmen müssen." Die Bundeswehr müsse ohnehin umgebaut werden. "Dadurch gibt es dann keine Wehrgerechtigkeit mehr", sagte Beer. Sie spielte damit darauf an, dass bei einer verkleinerten Armee ohnehin nicht alle Wehrfähigen eines Jahrgangs eingezogen werden müssten. Dadurch entsteht die Situation, dass einige zur Armee müssen, andere aber von dem Dienst verschont bleiben.

Irak: Bush gerät unter Druck

Immer mehr Tote und von Saddam keine SpurIrak: Bush gerät unter Druck

Washington (rpo). Angesichts der steigenden Verluste der US-Truppen im Irak wächst auch der Druck auf Präsident George W. Bush. Das die Suche nach Ex-Diktator Saddam Hussein bislang erfolglos blieb, schmälert das Ansehen des Präsidenten zusätzlich. Langsam hinterlassen die täglichen Todesmeldungen aus dem Irak ihre Spuren. Zwar zeigen Umfragen in den USA weiterhin eine starke Unterstützung für Präsident George W. Bushs Irak-Politik, doch mit jedem Tag werden die Fragen bohrender. In den Gängen des Pentagons fällt inzwischen immer häufiger das bisher verpönte Wort vom "Guerillakrieg", hinter dem Saddam Hussein oder seine Anhänger vermutet werden. Auch Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der die Anschläge bisher heruntergespielt hat und dabei auch schon mal darauf verwies, dass es statistisch gesehen in Washington mehr Morde als in Bagdad gebe, hat inzwischen einen Richtungswechsel vollzogen. Zwar sieht er noch immer keinen zentral organisierten Widerstand gegen die US- Besatzungstruppen, doch wird er in seiner Wortwahl vorsichtiger. Auf die Frage, ob es sich um einen Guerillakrieg handelt, antwortete der Minister am Wochenende: "Ich weiß nicht, ob ich dieses Wort benutzen würde." Der designierte neue Oberbefehlshaber der US-Truppen im Irak, John Abizaid, bringt die Priorität der Amerikaner auf den Punkt: "Wir müssen wissen, was mit Saddam Hussein ist, damit die Leute, die zu seinem Zirkel gehörten und die Gewalt gegen unsere Truppen unterstützen, wissen, dass sie keine Zukunft haben." Abizaid äußerte sich bei einer Anhörung im Senat zugleich überzeugt, dass die US- Truppen noch eine ganze Zeit im Irak bleiben müssen, und das eine schwierige Zeit vor ihnen liegt. Furcht vor TeufelskreislaufVor allem fürchten die US-Militärs, dass sie in einen Teufelskreislauf geraten. So besteht die Gefahr, dass sie mit jedem Vorgehen gegen mutmaßliche Attentäter die Bevölkerung mehr gegen sich aufbringen. "Je länger das so weiter geht, desto gewalttätiger wird es", prophezeite der pensionierte General Carlton Fulford in der "Washington Post". "Wir haben das in Libanon und in Somalia gesehen - und der Irak ist eine weit größere Herausforderung, als es diese beiden Länder waren." Präsident Bush zeigt sich bisher von den fast täglichen Attacken nach außen unbeeindruckt. Er verweist auf den großen Erfolg der US- Truppen im Krieg gegen den Irak und auf die neuen Freiheiten, die das irakische Volk nun habe. Saddam Hussein werde über kurz oder lang gefasst, meint der Präsident. Doch Beobachter verweisen darauf, dass Bush für seine demokratischen Kritiker angreifbar bleibt, solange Saddam nicht gefasst ist. Sie können ihm vorwerfen, weder in Afghanistan, wo sowohl Terroristenführer Osama bin Laden als auch Taliban-Führer Mullah Mohammed Omar entkommen konnten, noch im Irak die Aufgabe erfüllt zu haben. Das könne Bush ebenso wie die Zweifel an der Richtigkeit seiner Darstellung der vom Irak ausgehenden Gefahr bis zur nächsten Wahl verfolgen. Angesichts der Probleme rät Charles Pena vom angesehenen Cato- Institut zum schnellen Abzug der Amerikaner aus dem Irak. Je länger die USA dort blieben, desto mehr Iraker wendeten sich gegen die Besatzer. Deshalb müsse Bush so schnell wie möglich den Befehl zum Abzug geben, bevor sich die Lage noch verschlimmere. Auch Debbie Brigham aus North Carolina, deren Mann im Irak dient, hofft, dass die Truppen bald abgezogen werden. Bei jeder neuen Todesmeldung aus dem Irak zucke sie zusammen, sagt sie im Fernsehsender CNN. Und vor laufenden Kameras öffnet sie einen Brief ihres Mannes, der schreibt, er wolle nur noch Hause kommen und den ganzen Mist hinter sich lassen.

Steuerlast sinkt um 25 Milliarden

Kabinett beschließt Vorziehen der SteuerreformSteuerlast sinkt um 25 Milliarden

Neuhardenberg (rpo). Das Bundeskabinett hat das Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform auf 2004 endgültig beschlossen. Das bestätigte Bundeskanzler Gerhard Schröder. Damit sinkt die Steuerlast von Bürgern und Mittelstand um 25 Milliarden Euro.Das Kabinett beschloss am Sonntag nach dreitägiger Klausur im brandenburgischen Neuhardenberg, im Interesse von Konjunktur und Arbeitsmarkt die dritte Steuerreformstufe um ein Jahr auf 2004 vorzulegen. Die Gegenfinanzierung soll nicht vorrangig der Bürger, sondern der Staat übernehmen, und zwar durch einen Mix aus Privatisierung, Subventionsabbau und höherer Neuverschuldung. Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach von der größten Steuerentlastung der Nachkriegszeit und einer Doppelbotschaft an die Bevölkerung: "Einerseits wird der Haushaltskonsolidierung fortgesetzt und andererseits ein Aufbruchsignal für die Menschen in unserem Land gesetzt." Die Umsetzung der Agenda 2010 werde durch einen Schub für die Konjunktur begleitet. Die Einkommensteuerlast sinke ab 2004 um zehn Prozent, was für eine Stärkung der Kaufkraft und der Investitionen sorge, sagte Schröder. Jeder sehe dann, "dass Reformen gelegentlich wehtun, sich aber auch auszahlen". Laut Schröder sollen bis 2010 etwa 45 Milliarden Euro Subventionen abgebaut werden. Wo die Rentner belastet werden, ließ die Regierung weiter offen. Über eine Nullrunde soll erst im Herbst entschieden werden. Die dritte Stufe kostet 18 Milliarden EuroDie dritte Stufe kostet Bund, Ländern und Kommunen 18 Milliarden Euro. Wenn die Union im Bundesrat zustimmt, tritt die Neuregelung gemeinsam mit dem zweiten Entlastungsschritt in Kraft, der Steuerausfälle von sieben Milliarden Euro bringt, die schon gegenfinanziert sind. Der Eingangssatz der Einkommensteuer fällt dann von 19,9 auf 15 Prozent, der Spitzensatz von 48,5 auf 42 Prozent. Einkommensteuer zahlen sämtliche Beschäftigten und rund 80 Prozent aller deutschen Unternehmen. Laut Schröder entfallen zehn Milliarden Euro der Entlastung auf den Mittelstand, der Rest auf die Privathaushalte. Eichel setzt bei der Gegenfinanzierung keine Prioritäten. Seinen Angaben zufolge wird der Staat Vermögen - wie Telekom- oder Post-Aktien - nur verkaufen, wenn es sich lohnt. Die Regierung deutete an, falls der Subventionsabbau am Widerstand der Union scheitert, wolle sie das Projekt weitgehend mittels Krediten bezahlen. Weil der Bundeshaushalt 2004 dann doch verfassungswidrig wäre, kündigte Eichel an, das dritte Jahr in Folge die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu erklären. Deutschland könne sich kein weiteres Jahr Stagnation erlauben, sagte er. Das Kabinett billigte nach Detailänderungen grundsätzlich den umstrittenen Haushalt Eichels für 2004. Gegen scharfe Kritik der Union verteidigten Schröder und Eichel den Plan, Steuervergünstigungen wie die Pendlerpauschale und die Eigenheimzulage sowie direkte Finanzhilfen radikal zu kürzen. Der Kanzler appellierte an die Opposition, im Interesse des Landes dem "sehr, sehr ambitionierten Programm" der Regierung zuzustimmen. Die Länder müssten beim Subventionsabbau helfen. Laut Schröder wurde Gesundheitsministerin Ulla Schmidt beauftragt, dafür zu sorgen, dass der gesetzliche Krankenkassenbeitrag auf 13 Prozent sinkt und der an die Rentenkasse bei 19,5 Prozent stabil gehalten wird. Nach Angaben Eichels kann Deutschland trotz der zusätzlichen Steuerentlastung 2004 die Euro-Stabilitätskriterien halten, allerdings nur haarscharf. Er rechne mit einem Staatsdefizit von drei Prozent. Mehr erlaubt der Maastricht-Vertrag nicht.

Abbas zu Gesprächen nach Washington eingeladen

Gewaltverzichtserklärung verzögert sichAbbas zu Gesprächen nach Washington eingeladen

Jerusalem (rpo). Bei ihrem Treffen mit Mahmud Abbas hat die US-amerikanische Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice den palästinensischen Ministerpräsidenten zu Gesprächen nach Washington eingeladen. Die Unterzeichnung des Gewaltverzichts durch militante Gruppen verzögert sich unterdessen.Am Sonntag sprach Rice mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon über mögliche Schritte zur Vertrauensbildung. Die ursprünglich für Sonntag geplante Erklärung eines Gewaltverzichts militanter palästinensischer Gruppen kam jedoch zunächst noch nicht zustande. Auf seiten der Fatah-Bewegung des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat gebe es noch offene Fragen zum genauen Wortlaut der Erklärung, sagte Kabinettsminister Jassir Abed Rabbo. Er erwarte jetzt, dass die Erklärung am Montag gleichzeitig in Kairo, Ramallah und Gaza veröffentlicht werde. Darin wollen sich die militanten Organisationen verpflichten, zunächst für die Dauer von drei Monaten keine Anschläge gegen Israel mehr auszuführen. Die Fatah-Führung ist dem Vernehmen nach verärgert, dass die Verhandlungen über den Gewaltverzicht vor allem mit der Hamas-Bewegung und der Organisation Islamischer Dschihad geführt wurden. Ihre Mitglieder bestanden darauf, in die Erklärung einen Hinweis auf die "Road Map" aufzunehmen. Dieser Friedensplan mit der Gründung eines palästinensischen Staates bis 2005 wird von Hamas und Islamischem Dschihad jedoch abgelehnt. Die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) teilte am Sonntag mit, sie werde die Erklärung nicht unterzeichnen, wolle ihr aber auch nicht zuwiderhandeln. Widersprüchliche Signale kamen auch von den Al-Aksa-Brigaden, die wegen relativ selbstständiger Kommandogruppen kaum mit einer Stimme sprechen können. Nach dem Treffen von Rice mit Abbas hieß es in Jericho, der palästinensische Ministerpräsident habe die Einladung nach Washington angenommen. Abbas werde schon in wenigen Tagen in die USA fliegen. Im Weißen Haus wurde der Besuch allerdings zunächst nicht bestätigt. Bush hat es seit Beginn seiner Amtszeit abgelehnt, mit Präsident Arafat zusammenzutreffen und setzte diesen unter Druck, einen gemäßigten Ministerpräsidenten zu berufen. Bei den Gesprächen von Rice und Scharon ging es nach einem Bericht des israelischen Rundfunks um Details des geplanten Truppenrückzugs aus dem Gazastreifen, um die Freilassung palästinensischer Häftlinge und um einen möglichen Wiederaufbau des 2001 von Israel zerstörten Flughafens im Gazastreifen. Der Teilabzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen soll möglicherweise schon am Montag beginnen.

Bisky neuer PDS-Chef

Vorstandswahlen: Dehm kandidiertBisky neuer PDS-Chef

Berlin (rpo). Die PDS hat Lothar Bisky auf ihrem Sonderparteitag zum neuen Vorsitzenden gewählt. Der 61-Jährige, der die Partei schon zwischen 1993 und 2000 führte, erhielt 78,2 Prozent der Stimmen. Am Sonntag wählen die Delegierten noch den erweiterten Vorstand.Unter seiner Führung will sich die Partei nach lähmenden Flügelkämpfen in der Bundespolitik zurückmelden und der Reformagenda von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Paroli bieten. Bisky löst Gabi Zimmer ab, der es nicht gelungen war, die zerstrittene Partei zu einen. Bisky, der mit seinem Wahlergebnis zufrieden war, erklärte in einer ersten Reaktion: "Ich bin Vorsitzender der PDS und nicht eines Flügels." Zu Gabi Zimmer sagte Bisky: "Ich bedauere, dass ich Dir nicht ein besseres Haus überlassen hatte." Sie habe viel getan, "dass die Partei am Leben bleibt." Nach den Querelen der vergangenen Monate hat Bisky für die Wahl des 20-köpfigen Parteivorstandes selbst eine ungewöhnlich umfangreiche Kandidatenliste vorgelegt. Damit will er einen handlungsfähigen Vorstand auf die Beine stellen, der loyal miteinander umgeht und inhaltliche Debatten wieder möglich macht. Auf der Kandidatenliste Biskys stehen zumeist in der Öffentlichkeit unbekannte Namen. Die führenden Vertreter der Flügel bat er eindringlich, für den Übergangsvorstand von einem Jahr nicht zu kandidieren. Um die 14 Positionen bewerben sich jedoch unabhängig von Biskys Empfehlung 28 Leute. Dehm widersetzt sich Zimmer und BiskyMit Spannung wird erwartet, ob der größte Widersacher von Ex-Parteichefin Gabi Zimmer, ihr Stellvertreter Diether Dehm, in den Vorstand gewählt wird. Bisky und Zimmer hatten ihn aufgefordert, nicht zu kandidieren, um den Neuanfang der Partei nicht zu belasten. Dehm will aber nicht verzichten. Am Mittag will Gregor Gysi eine Rede auf dem Parteitag halten. Bisky und Zimmer hatten das einstige Zugpferd der Partei gebeten, wieder aktiv in der PDS mitzuarbeiten. Bisky will die Partei 2006 wieder in den Bundestag führen und forderte Gysi zur Mithilfe auf. Der 55-Jährige hatte sich nach seinem Rücktritt als Berliner Wirtschaftssenator im Zuge der Flugmeilenaffäre des Bundestages vor knapp einem Jahr komplett aus der Politik zurückgezogen. Vor der Wahl hatten die Delegierten nach stundenlanger kontroverser Debatte mit großer Mehrheit einem Leitantrag für eine konkrete Reformpolitik und ein Ende der Flügelkämpfe zugestimmt. Die PDS bekennt sich darin klar sowohl zu parlamentarischer Opposition wie zu Regierungsbeteiligungen und Tolerierung. Als Stellvertreter Biskys kandidierten der Schweriner Umweltminister Wolfgang Methling (55), die sächsische Landtagsabgeordnete Katja Kipping (25) und die Brandenburger Landtagsabgeordnete Dagmar Enkelmann (47). Bisky war es nicht gelungen, für den engeren sechsköpfigen Vorstand einen Kandidaten aus Westdeutschland zu finden.

Schröder und Eichel präsentieren Ergebnisse der Kabinettsklausur

Endgültiger Beschluss über Steuersenkungen erwartetSchröder und Eichel präsentieren Ergebnisse der Kabinettsklausur

Neuhardenberg/Hamburg (rpo). Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel wollen am Sonntag die Ergebnisse der Kabinetts-Klausur auf dem Schloss Neuhardenberg bekannt geben. Im Mittelpunkt stehen dabei die geplanten Steuersenkungen, die am Morgen voraussichtlich endgültig beschlossen werden. Eichel will dafür ein umfassendes Konzept zur Gegenfinanzierung vorlegen. Darin will er voraussichtlich vor allem auf den weiteren Abbau von Subventionen und auf Privatisierungen setzen. Nachdem die Unionsspitze aber inzwischen ihre Ablehnung angekündigt hat, sinken die Chancen auf vorzeitige Steuersenkungen. Da ein Vorziehen zustimmungspflichtig ist, können CDU und CSU diesen Beschluss im Bundesrat blockieren. Nach Ansicht der Opposition sind solche Steuersenkungen wegen der Einnahmeverluste für Länder und Gemeinden nicht verkraftbar. Weiter wollen Schröder und Eichel mitteilen, welchen Sparbeitrag die Rentner leisten sollen. Ob dafür die Aussetzung der Rentenerhöhung im kommenden Jahr oder ein anderes Instrument in Frage kommt, blieb zunächst offen. Die Teilnehmer der Klausur von SPD und Grünen beraten seit Freitagabend unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf Schloss Neuhardenberg. Die haushaltspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Antje Hermenau, warnte davor, das geplante Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform mit neuen Schulden zu finanzieren. "Ein Vorziehen der Steuerreform über eine höhere Neuverschuldung zu finanzieren, ist falsch", sagte Hermenau der "Bild am Sonntag". "Wir als Grünen-Fraktion lehnen das ab." Der Regierungschef von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck (SPD), sprach sich für einen massiven Abbau von Subventionen aus. "Alle gehören auf den Prüfstand, ohne Ausnahme", forderte Beck im Interview der "Bild am Sonntag". "Der Abbau der Steinkohle-Zulage könnte wesentlich schneller als bisher vorgesehen passieren. Auch im Agrarbereich und beim Aufbau-Ost kann man rangehen." Bei der Pendler-Pauschale dürften aber nicht die flexiblen Menschen bestraft werden. "Wenn wir die Pendler-Pauschale ganz abschaffen, lohnt sich für einige die Fahrt zum Arbeitsplatz nicht mehr und sie bleiben zu Hause." Die von den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Hessen, Peer Steinbrück (SPD) und Roland Koch (CDU), vorgeschlagene pauschale Kürzung nach der Rasenmähermethode sei "fantasielos", sagte Beck. "Wir Politiker müssen schon den Mut aufbringen, jede einzelne Subvention zu prüfen." Unterdessen räumte Unionsfraktionsvize Friedrich Merz Fehler der CDU/CSU in der Reformdebatte ein. Er wolle nicht bestreiten, "dass wir in den vergangenen Tagen keine optimale Figur gemacht haben", sagte Merz der "Bild am Sontag". "Aber in der Sache liegen wir richtig." Den Vorwurf der stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Walter Döring und Rainer Brüderle, die Union sei regierungsunfähig, wies der CDU-Politiker zurück: "Von der FDP habe ich in den letzten Wochen kaum Vorschläge gehört, wie wir die Probleme unseres Landes lösen können." Merz wandte sich gegen Spekulationen, das Gespräch zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und CDU-Chefin Angela Merkel zur Gesundheitspolitik sei Vorbote einer großen Koalition: "Regierung und Opposition müssen miteinander reden können, das ist ein ganz normaler Vorgang. Aber wir gehen nicht in eine große Koalition." Die Abwesenheit von CSU-Chef Edmund Stoiber bei dem Gespräch in Berlin wollte Merz nicht als besonderen Vorgang werten: "Frau Merkel muss als Oppositionsführerin mit dem Kanzler sprechen dürfen ohne Aufpasser."