Alle Politik-Artikel vom 14. Juni 2003
Griechenland droht Türkei mit EU-Verbot

Veto gegen angestrebten BeitrittGriechenland droht Türkei mit EU-Verbot

Athen (rpo). Die Spannungen zwischen Griechenland und der Türkei spitzen sich zu. Griechenland hat der Türkei mit einer Blockade des von Ankara angestrebten EU-Beitritts gedroht. Wenn der Streit um den Luftraum zwischen den beiden Ländern weiter eskaliere, werde das EU-Mitglied Griechenland Beitrittsverhandlungen zwischen Brüssel und Ankara verhindern, sagte der griechische Verteidigungsminister Yannos Papantoniou am Samstag. "Wir empfehlen den Türken, sich mit Griechenland auszusöhnen und ihr feindliches Verhalten aufzugeben", sagte Papantoniou dem privaten Radiosender Flash. Am Montag hatten sich türkische Kampfjets einem griechischen Passagierflugzeug über der Ostägäis so weit genähert, dass dessen Anti-Kollision-System aktiviert wurde. Die beiden Nachbarstaaten streiten seit Jahrzehnten über den Grenzverlauf und die Hoheitsrechte in der Ägäis. Griechenland wirft der Türkei immer wieder vor, seinen Luftraum zu verletzen. Die türkische Regierung hofft, dass die EU Ende nächsten Jahres offiziellen Verhandlungen über einen Beitritt des Landes zustimmt.

Schröder begrüßt Ja der Tschechen

Zustimmung zum EU-BeitrittSchröder begrüßt Ja der Tschechen

Berlin (rpo). Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat die klare Zustimmung der Tschechen für den Beitritt zur Europäischen Union begrüßt. Auch Außenminister Joschka Fischer (Grüne) wertete das Ja als "ermutigendes Signal"."Tschechien hat mit dem eindeutigen Votum seiner Bevölkerung eine historische Chance ergriffen. Ich freue mich sehr darüber, dass der persönliche Einsatz der tschechischen Regierung und unserer europäischen Freunde durch das Ergebnis des Referendums belohnt worden ist", heißt es in einer am Samstag in Berlin veröffentlichten Erklärung des Kanzlers. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Tschechien würden durch den Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union neu gestärkt, erklärte Schröder. "Ich freue mich auf eine enge Zusammenarbeit im Geiste der gegenseitigen Solidarität und der gemeinsamen Verantwortung für die Zukunft Europas." Außenminister Joschka Fischer (Grüne) erklärte in Berlin, das Abstimmungsergebnis sei zusammen mit den positiven Ergebnissen der Referenden in den anderen Beitrittsländern ein "ermutigendes Signal für die beiden noch ausstehenden Referenden in Estland und Lettland im September". Das Statistische Amt in Prag teilte am Samstagabend mit, 77,3 Prozent der Wähler hätten sich für den EU-Beitritt entschieden. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis stimmten 22,7 Prozent gegen die EU-Mitgliedschaft ab dem 1. Mai 2004.

Fischer warnt vor Arbeitslosigkeit

Agenda 2010 darf nicht scheiternFischer warnt vor Arbeitslosigkeit

Cottbus (rpo). Vor einem Anstieg der Arbeitslosenzahl auf fünf Millionen hat Bundesaußenminister Joschka Fischer gewarnt. Er sprach sich klar für die Reform der sozialen Sicherungssysteme aus. Beim Sonderparteitag der Grünen in Cottbus am Samstag rief Fischer die rund 800 Delegierten eindringlich auf, die Agenda 2010 der Regierung zu unterstützen. Er räumte ein, die notwendige Sanierungsarbeit "ist schmerzhaft und wird wehtun". Fischer appellierte an die Basis, die Herausforderung der Reformen anzunehmen und sie nicht der Opposition zu überlassen. Es gehe nicht nur um die notwendige Erneuerung, sondern auch um eine neue Perspektive für Rot-Grün, mahnte er. Wenn die Reform nicht gelinge, werde "am Ende nichts übrig bleiben außer Kürzen und Streichen", sagte Fischer. Als Schlüssel der Reform nannte er die Senkung der Lohnnebenkosten. Indirekt sprach er sich auch gegen eine stärkere steuerliche Belastung der Reichen aus. "Wer soll denn investieren, wenn nicht die, die es haben", fragte der Minister. Wenn aber nicht investiert werde, bestehe die Gefahr, dass die Arbeitslosigkeit weiter steige und damit die öffentlichen Haushalte noch stärker belastet würden. "Es wird alles viel schlimmer, wenn es nicht gelingt, die Investitionen nach oben zu bringen."

Verschärfte Kontrollen bei Gen-Lebensmitteln

Weg für Abkommen über Biosicherheit freiVerschärfte Kontrollen bei Gen-Lebensmitteln

Nairobi (rpo). Genetisch veränderte Lebensmittel können verschärft kontrolliert werden. Als 50. Staat hat die Inselgruppe Palau dem UN-Abkommen über Biosicherheit zugestimmt. Damit kann das Abkommen am 11. September in Kraft treten, wie das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) mit Sitz in Nairobi am Samstag mitteilte. "Dieses Abkommen verbietet genetisch veränderte Organismen nicht, aber es macht ihre Verwendung sicherer", sagte UNEP-Leiter Klaus Töpfer. Das Abkommen über Biosicherheit gibt Ländern, die Bedenken gegen den Import von genetisch veränderten Organismen (GVO) hegen, mehr Möglichkeiten, diese Produkte zurückzuweisen als bisher. Nach den geltenden Bestimmungen der Welthandelsorganisation (WTO) darf die Einfuhr eines Produkts nur auf Grund eines wissenschaftlich erwiesenen Risikos verboten werden. Das Abkommen über Biosicherheit gestattet ein Importverbot auch dann, wenn wissenschaftliche Gewissheit über die Sicherheit des Produkts nicht möglich erscheint und es über mögliche schädliche Auswirkungen nicht genug Informationen gibt. Die EU verfährt praktisch schon seit fünf Jahren nach dieser Devise. 1998 verhängte die Gemeinschaft aus Sorge vor möglichen Gesundheitsrisiken ein Moratorium für die Einfuhr gentechnisch veränderter Nahrungsmittel und Saatkörner. Die US-Regierung bereitet nach Berichten aus Washington allerdings eine Klage gegen dieses Moratorium vor. Als einer der größten Getreide-Exporteure weltweit haben die USA auch das Abkommen über Biosicherheit nicht ratifiziert, obwohl sie es im Jahr 2000 nach anfänglichem Widerstand auf der Konferenz von Cartagena in Kolumbien unterzeichneten. Kritik an dem Abkommen kommt auch aus Kanada, Australien, Argentinien, Chile und Uruguay.

Sicherheitsgespräche aufnehmen

Israel bietet Truppenrückzug anSicherheitsgespräche aufnehmen

Jerusalem (rpo). Trotz der blutigen Unruhen mit 60 Toten in der vergangenen Woche gehen Israel und die Palästinenser einen Schritt aufeinander zu. Sie wollen die gemeinsamen Sicherheitsgespräche wieder aufnehmen. Nach israelischen Medienberichten ist die israelische Armee zu einem Abzug aus dem Gazastreifen bereit, falls der palästinensische Sicherheitsminister Mohammed Dahlan im Gegenzug dort die Kontrolle übernimmt. Anschläge und Raketenbeschuss auf israelische Ziele im Gazastreifen und den angrenzenden Gebieten müssten verhindert werden. Die palästinensische Seite forderte von Israel, den ersten Schritt zu machen und ihre Liquidierungsaktionen gegen militante Extremisten einzustellen. Hamas-Mitglieder waren in den vergangenen Tagen vorrangiges Ziel von Tötungsversuchen der israelischen Armee. Bei den Angriffen waren 25 Menschen getötet worden, von denen lediglich sieben mutmaßliche Exremisten waren. Rantisi selbst überstand am Dienstag einen israelischen Raketenangriff nur leicht verletzt. Besorgt über die schweren Zusammenstöße dieser Woche äußerte sich der Weltsicherheitsrat am Freitagabend (Ortszeit) in New York. Das höchste UN-Gremium mahnte Israel und die Palästinenser, ihre Pflichten im Rahmen des Nahost-Friedensplans zu erfüllen. Druck der USA und ÄgyptensNach einem Bericht der israelischen Zeitung "Haaretz" kommt die Wiederaufnahme der israelisch-palästinensischen Sicherheitszusammenarbeit auf Druck der USA und Ägyptens zu Stande. In den vergangenen Tagen sind insgesamt mehr als 50 Palästinenser und Israelis bei Attentaten und Militäraktionen ums Leben gekommen. Am Freitagabend wurden bei einem neuen israelischen Raketenangriff auf das Auto eines militanten Hamas-Aktivisten in der Stadt Gaza mindestens zwei Menschen getötet, darunter auch ein Kind. 22 Menschen wurden nach Augenzeugenberichten verletzt. Der palästinensische Minister Jassir Abed Rabbo sagte am Samstag nach einem Treffen mit Palästinenserpräsident Jassir Araft: "Wir sind voll und ganz bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber das hängt davon ab, inwieweit Israel bereit ist, seine Verpflichtungen im Rahmen des Nahost-Friedensplans zu erfüllen." Er forderte eine Zusage Israels, seine Militärangriffe auf Palästinenser zu beenden. Die USA müssten dies garantieren. Die jüngste Eskalation der Gewalt hatte am vergangenen Sonntag mit einem Überfall militanter Palästinenser auf einen Armeeposten in nördlichen Gazastreifen begonnen, bei dem vier Soldaten starben. Die Lage verschärfte sich mit dem Kampfhubschrauberangriff auf das Fahrzeug von Hamas-Führer Rantisi. Dabei starben eine Frau und ihre kleine Tochter sowie ein Leibwächter Rantisis, 30 Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Rantisi kündigte Vergeltung an. Am Mittwoch wurden 17 Israelis bei einem Selbstmordanschlag in einem Bus in Jerusalem getötet. Bei einem israelischen Raketenangriff auf ein führendes Hamas-Mitglied in Gaza starben am selben Abend acht Palästinenser.

77 Prozent der Tschechen für EU-Beitritt

Wahlbeteiligung liegt bei rund 55 Prozent77 Prozent der Tschechen für EU-Beitritt

Prag (rpo). Die Tschechen haben klar für den EU-Beitritt ihres Landes gestimmt. Wie das Statistische Amt in Prag nach Auszählung von 99,8 Prozent der Stimmen mitteilte, entschieden sich in einem zweitägigen Referendum 77,3 Prozent dafür. 22,7 Prozent der Wähler stimmten gegen die EU-Mitgliedschaft ab dem 1. Mai 2004. Das vorläufige amtliche Endergebnis sollte am Abend feststehen. An dem ersten Referendum in der Geschichte Tschechiens beteiligten sich 55,2 Prozent etwa acht Millionen Wahlberechtigten. Anders als in anderen Kandidatenländern gab es in Tschechien aber keine Bedingung für eine Mindestbeteiligung. Die Europäische Kommission dankte den Tschechen für ihr Ja zum Beitritt. "Tschechien nimmt den Platz ein, der ihm immer gebührte", sagte der ständige Vertreter der EU- Kommission in Prag, der Spanier Ramiro Cibrian. In Malta, Slowenien, Ungarn, Litauen, der Slowakei und Polen hat sich die Bevölkerung bereits in Referenden für einen EU-Beitritt ausgesprochen. Volksabstimmungen folgen noch in Estland (14. September) und Lettland (20. September). Auf Zypern, das im kommenden Jahr ebenfalls EU-Mitglied wird, wird nicht abgestimmt. Mitglieder der sozial-liberalen Regierung in Prag nahmen das Ergebnis mit Jubel auf. Ministerpräsident Vladimir Spidla sprach von einem "historischen Moment" und dankte allen, die ihre Stimme abgegeben haben. "Aus den Zahlen geht klar hervor, dass Tschechien Ja gesagt hat und sich die Menschen für den Beitritt entschieden haben", sagte der Sozialdemokrat. Außenminister Cyril Svoboda sprach von einem "Erfolg für alle Tschechen". Nach Angaben der Agentur SC&C waren landesweit unter den Befürwortern sehr viele Studenten und Unternehmer "und überraschend viele Senioren".

Nord- und Südkorea stellen Schienenverbindungen wieder her

Bahnbetrieb seit Korea-Krieg unterbrochenNord- und Südkorea stellen Schienenverbindungen wieder her

Seoul (rpo). In Korea ist der Bahnbetrieb über die Grenze wieder aufgenommen worden. Bei Zeremonien im West- und Ostteil der demilitarisierten Zone zwischen Süd- und Nordkorea montierten Techniker unter dem Applaus von etwa 100 Delegierten die Gleise für die grenzüberschreitenden Strecken. Beide Staaten wollen noch innerhalb dieses Jahres den Bahnbetrieb über die Grenze wieder aufnehmen, der durch den Korea-Krieg (1950-53) zum Erliegen gekommen war. Die Feierlichkeiten für die Wiederherstellung der Strecken waren bereits für den März geplant, wurden jedoch wegen des Irak-Konfliktes und des Atomstreits mit dem kommunistischen Nordkorea verschoben. Die Schienenstrecken sind neben dem gemeinsamen Tourismusprojekt im Geumgang-Gebirge an der nordkoreanischen Ostküste die sichtbarsten Symbole der Annäherung beider Koreas. Die Gyeongeui-Eisenbahnlinie im Westen soll einmal Seoul über die nordkoreanische Hauptstadt Pjöngjang mit Shinuiju im Nordwesten Nordkoreas verbinden. Während auf südkoreanischer Seite der größte Teil des Streckenabschnitts fertig gestellt ist, sind die Bauarbeiten in Nordkorea kaum vorangeschritten. Unterdessen einigten sich beide Koreas am Samstag darauf, Ende Juni für einige Tage wieder direkte Kontakte zwischen getrennt lebenden Familien zuzulassen. Nach Angaben des Rot-Kreuz-Verbandes in Seoul sind die neuen Zusammenführungen von Hunderten von Verwandten aus beiden Teilen der Halbinsel für den 27. Juni bis zum 2. Juli am nordkoreanischen Geumgang-Gebirge geplant. Im Streit um das nordkoreanischen Atomwaffenprogramms dringen die USA auf eine Ausweitung künftiger Gespräche mit dem kommunistischen Staat auf weitere Länder. Vor allem die Teilnahme Südkoreas und Japans sei "unbedingt notwendig", hieß es in einer am Samstag in Seoul veröffentlichten Erklärung zum Abschluss eines Koordinierungstreffens der USA, Südkoreas und Japans in Honolulu (US- Bundesstaat Hawaii). An den ersten Gesprächen zwischen den USA, China und Nordkorea im April in Peking hatte Südkorea auf Wunsch Pjöngjangs nicht teilgenommen.

Neue Taktik für US-Soldaten im Irak

Angeblich von Saddam Hussein verfasster Brief aufgetauchtNeue Taktik für US-Soldaten im Irak

Bagdad (rpo). Im Irak herrscht nach der gewalttätigen Phase der letzten Tage gespannte Ruhe. US-Soldaten gehen davon aus, dass sie künftig bewaffnete Anhänger des gestürzten Regimes aus ihrem Versteck locken müssen, um sie dann aus Panzern und Kampfhubschraubern zu beschießen. Bei einer Londoner Zeitung ging derweil ein Brief ein, der vom früheren irakischen Staatschef Saddam Hussein stammen soll. Am Freitag war eine amerikanische Panzerpatrouille bei Balad nördlich von Bagdad überfallen worden, wobei nach Angaben des US-Oberkommandos Mitte 27 Angreifer getötet wurden. Diese Zahl wurde später allerdings von Offizieren vor Ort in Frage gestellt, die von fünf bis sieben Toten sprachen. Ebenfalls am Freitag wurden auch US-Truppen in der nordirakischen Stadt Mossul zwei Mal mit Granaten beschossen. Berichte über Verletzte lagen nicht vor. Aus einem Gefängnis westlich von Bagdad versuchten am Samstag mehrere Häftlinge auszubrechen. US-Truppen verhinderten dies und erschossen dabei nach eigenen Angaben einen Mann. Sieben Gefangene wurden verletzt, zwei von ihnen schwer. Ein Militärpolizist wurde leicht verletzt. In dem angeblichen Schreiben Saddam Husseins, das das Blatt "Al-Quds Al-Arabi" am Samstag veröffentlichte, werden Ausländer aufgerufen, Irak bis zum 17. Juni zu verlassen. Andernfalls könne ihr Überleben nicht garantiert werden. Eine neue Phase des irakischen Widerstands - der Befreiungskampf - habe begonnen. Über die Authentizität des Schreibens herrschte Unklarheit. Es handelte sich bereits um den fünften an die Zeitung gerichteten Brief, der angeblich von Saddam Hussein geschrieben wurde. Unterdessen beklagen Archäologen abermals den Verlust antiker Kulturgüter infolge der Wirren des Irak-Kriegs. Das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zitierte die Direktorin des Bagdader Nationalmuseums, Nawala el Mutawalli, mit der Aussage, dass mehr als 10.000 Objekte gestohlen worden seien. Darunter befänden sich 47 großteilige Meisterwerke wie die älteste Kupferstatue der Welt aus dem Jahre 2250 vor Christus. Zudem sind nach Angaben von Archäologen überall im Lande Raubgräber am Werk. Dadurch drohten zahlreiche Kunstschätze zerstört zu werden.

CDU stellt Bedingungen für Vorziehen der Steuerreform

Verzicht auf neue SchuldenCDU stellt Bedingungen für Vorziehen der Steuerreform

Berlin (rpo). Führende Politiker von CDU und Grünen haben ihre Bedingungen für die Zustimmung zum Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform von 2005 auf 2004 genannt. So sollen beispielsweise Subventionen abgebaut und Schulden vermieden werden.CDU-Chefin Angela Merkel und der hessische Ministerpräsident Roland Koch verlangten am Samstag nicht nur die Umsetzung der Reformen im Gesundheitswesen und auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch die Streichung von Subventionen. Dies forderten auch die Grünen. FDP-Vize Rainer Brüderle warf CDU, SPD und Grünen daraufhin einen "diffusen Chaos-Kurs" vor. Am Freitag hatte Bundesfinanzminister Hans Eichel das Vorziehen der für 2005 geplanten Entlastung um 18 Milliarden Euro unter der Voraussetzung erwogen, dass die Agenda 2010 umgesetzt, radikal Subventionen abgebaut und ein verfassungskonformer Bundeshaushalt 2004 aufgestellt werden könnten. Merkel machte sich diese Bedingungen zu eigen. "Das Vorziehen ist aus Sicht der Union nur dann möglich, wenn vorher der notwendige Spielraum dafür erarbeitet wird", sagte sie laut "Welt am Sonntag". Eichel müsse die Reformen umsetzen und einen verfassungsgemäßen Haushaltsentwurf für 2004 vorlegen. Dem Finanzminister warf sie vor, er stehe vor einem finanzpolitischen Scherbenhaufen. Koch wollte ein Vorziehen der Steuerreform nur mittragen, wenn die Bundesregierung keine neue Schulden macht. "Bei aller Sympathie für Steuersenkungen" nannte der CDU-Politiker in derselben Zeitung auch die Umsetzung der Reformen als weitere Bedingung. Der Generalsekretär der Christdemokraten, Laurenz Meyer, forderte in der "Rheinischen Post", die verfügbaren Einkommen müssten steigen. Beim Subventionsabbau signalisierte er Gesprächsbereitschaft. Der Finanzexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Meister, bezweifelte im "Mannheimer Morgen", dass Eichel im Haushalt 2004 die notwendigen Kürzungen durchsetzen könne. Grüne: Eigenheimzulage und Kilometergeld kürzen Bundesumweltminister Jürgen Trittin sprach sich für das Vorziehen der Steuerreform aus. Er regte im Bremer "Kurier am Sonntag" den Abbau "umweltschädlicher Subventionen" wie der Eigenheimzulage und der Entfernungspauschale an. Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, stellte ebenfalls die Zustimmung zum Vorziehen der Steuerreform unter den Finanzierungsvorbehalt. Es käme nur in Frage, "wenn die Steuerausfälle zum Beispiel durch Streichung von Subventionen ausgeglichen werden", sagte sie in der "Bild"-Zeitung und nannte auch die Kohlesubventionen. Brüderle warf den anderen Bundestagsparteien Zögern vor. Steuersenkungen seien jetzt unverzichtbar. Die damit erreichbare spürbare Entlastung "wirkt der herrschenden Verunsicherung entgegen und kurbelt die Wirtschaft an", meinte er. Die "Großkoalitionäre aus der CDU, aus SPD und Grünen" sollten Schluss machen mit der Hinhalte- und Verunsicherungstaktik. Vor einem "Nullsummenspiel" bei der Steuerreform warnte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Sein Konjunkturexperte Andreas Cors nannte in der "Kölnischen Rundschau" und der "Neuen Presse" Hannover ein Vorziehen der dritten Stufe "einen wichtigen Impuls", um die Wirtschaft anzukurbeln.

Feuergefecht im Kongo

Franzosen wurden von Miliz angegriffenFeuergefecht im Kongo

Bunia (rpo). Im Nordosten Kongos ist es am Samstag zu einer kurzen Schießerei zwischen französischen Soldaten der neuen EU- Friedenstruppe und unbekannten afrikanischen Kämpfern gekommen. Über Verletzungen oder Verluste bei den Angreifern wurde nichts bekannt.Der Zwischenfall ereignete sich am Samstagmorgen während einer Militärpatrouille etwa sechs Kilometer südlich der Provinzhauptstadt Bunia, wie der französische Oberst Gerard Dubois mitteilte. Das Feuergefecht habe etwa 20 Minuten angehalten. Opfer auf französischer Seite habe es nicht gegeben, von Toten oder Verletzten unter den Angreifern sei nichts bekannt. Ein Kommandeur der Volksgruppe der Hema erklärte, für den Überfall seien Kämpfer vom Stamm der Lendu verantwortlich. Die Hema hätten gegen ihre "traditionellen Feinde" vorgehen wollen, doch die Franzosen hätten sie daran gehindert. Kurze Zeit später seien die französischen Truppen dann selbst von den Lendu unter Feuer genommen worden. Unterdessen lagen der UN-Mission in Kongo Berichte von mehreren Massengräbern in Bunia vor, wie Sprecher Manodje Mounoubai erklärte. Kämpfer der Hema-Miliz UPC hätten die UN-Truppen jedoch daran gehindert, die betreffenden Orte aufzusuchen und den Berichten nachzugehen. Hema und Lendu liefern sich seit Monaten erbitterte Kämpfe in der nordostkongolesischen Provinz Ituri, wobei die Hema Bunia kontrollieren. Im Auftrag der EU sollen rund 1.400 internationale Friedenssoldaten der Gewalt ein Ende bereiten.

CDU will Reform des Grundgesetzes

Föderale Zuständigkeit soll ausgeweitet werdenCDU will Reform des Grundgesetzes

Berlin (rpo). Die CDU arbeitet offenbar an einer radikalen Reform des Grundgesetzes, um den Wettbewerb der Länder untereinander zu fördern. Ein Verfassungsentwurf führender Unionsjuristen, unterstützt von Parteichefin Angela Merkel, sieht eine deutliche Ausweitung der föderalen Zuständigkeiten vor. Das schreibt das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner neuen Ausgabe. Der Entwurf soll am kommenden Wochenende auf der CDU- Vorstandsklausur präsentiert werden. So soll die Höhe der Sozialhilfe künftig allein von den Ländern festgelegt werden. Auch die Beamtenbesoldung und der gesamte Bildungsbereich, einschließlich des Hochschulbaus, sollen zur alleinigen Angelegenheit der Länder werden. Diese sollen unter anderem entscheiden dürfen, ob sie Studiengebühren erheben wollen und wie die Universitäten ihre Studenten aussuchen. Im Gegenzug wollen die Reformer die Macht des Bundesrates deutlich einschränken. Verordnungen des Bundes sollen künftig weitgehend ohne Zustimmung der Länderkammer erlassen werden können. Weil die Zentralgewalt den Ländern zudem keine Vorschriften über die Umsetzung der Gesetze mehr machen dürfte, würden viele zustimmungspflichtigen Regelungen entfallen. Der frühere Bundesratsdirektor Georg-Berndt Oschatz, einer der Mitautoren des Papiers, schätzt laut "Spiegel", dass sich so der Anteil der zustimmungspflichtigen Gesetze von derzeit 60 Prozent um mindestens die Hälfte reduzieren ließe. Das Papier sehe zudem vor, die so genannte Mischfinanzierung, die Aufteilung der Kosten zwischen dem Bund und einem Land, ersatzlos zu streichen. Bürde der Bund den nachgeordneten Instanzen teure Aufgaben auf - etwa einen Kindergartenplatz für jedes Kind -, müsse er für die Kosten künftig selbst aufkommen.

"Ich habe zu Jürgen Möllemann gestanden"

Westerwelle äußert sich zum Tod des früheren FDP-Politikers"Ich habe zu Jürgen Möllemann gestanden"

Hamburg (rpo). Erstmals hat sich der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle zu den Vorwürfen nach dem Tod von Jürgen Möllemann geäußert. Die Klagen von Familie und Parteispitze wies er zurück und beteuerte, dass er so lange wie möglich zu Möllemann gehalten habe. "Ich habe zu Jürgen Möllemann gestanden, so lange es irgend zu vertreten war", sagte Westerwelle der "Bild am Sonntag". Zugleich bestritt er, unangemessen hart gegen den ehemaligen Parteifreund vorgegangen zu sein: "Ich habe zugelassen, dass Schaden an meinem persönlichen Ansehen entstand, um Schaden von meiner Partei abzuwenden." Vor einem Jahr habe er den Bundesvorstand dazu veranlasst, Möllemann im Antisemitismus-Streit eine Rüge auszusprechen, sagte Westerwelle. Zugleich habe er aber dafür gesorgt, dass der Bundesvorstand weiter zum damaligen Parteivize gestanden habe: "Ich habe mit aller Kraft meine Partei zusammengehalten, die Jürgen Möllemann zu sprengen drohte." Als nach der Bundestagswahl im September Hinweise aufgetaucht seien, dass Möllemann bei der Finanzierung seines israel-kritischen Faltblatts gegen das Gesetz verstoßen habe, habe es jedoch keine Alternative zum Vorgehen der Parteiführung gegeben. "Ich konnte und durfte derart massive Hinweise auf Gesetzesverstöße nicht unter den Teppich kehren. Daran möchte ich manche Kommentatoren erinnern, die heute leichtfertig Vorwürfe erheben", betonte der FDP-Chef. Er äußerte sich noch immer erschüttert über den Tod des 57-Jährigen und erklärte, er werde die tiefe Trauer der Familie respektieren. Möllemann, der am 5. Juni bei einem Fallschirmsprung ums Leben gekommen war, war am Freitag in Münster beigesetzt worden. Die Familie hatte darauf gedrängt, dass Westerwelle der Beerdigung fernbleibt. Die Witwe Carola Möllemann-Appelhoff gibt der FDP-Spitze Mitschuld am Tod ihres Mannes. Westerwelle betonte: "Jeder fühlende Mensch hat eine Ahnung, was jetzt in den Köpfen und Herzen der Familie Möllemann vorgehen muss." Ihn selbst habe der Tod des früheren FDP-Politikers ernster und nachdenklicher gemacht: "Er macht mir bewusst, wie das Leben im grellen Licht der Öffentlichkeit Menschen prägen kann. Er macht mir bewusst, dass ein Leben in der Öffentlichkeit einen festen inneren Kompass braucht", sagte der Parteivorsitzende.

Bütikofer fordert Reform-Mut

Sonderparteitag II: Grüne tagen in CottbusBütikofer fordert Reform-Mut

Berlin/Cottbus (rpo). Sie wollen aus Cottbus ein Signal senden: Mit einem Appell zu mehr Reform-Mut hat der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer seine Partei auf die von der Bundesregierung geplanten Einschnitte im Sozialwesen eingeschworen. Zur Eröffnung des zweitägigen Sonderparteitags im brandenburgischen Cottbus sagte Bütikofer am Samstag, es reiche nicht aus, Reformen nur zu fordern: "Man muss sie auch anpacken." Von dem Parteitag müsse das Signal ausgehen, dass die Grünen die "Partei der Reformpolitik" seien. Von dem Treffen, das unter dem Motto "Sozial in die Zukunft - Hier wird umgebaut" stand, wurde keine Blockade der von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Mitte März angekündigten Reformagenda erwartet. Die SPD hatte dem umstrittenen Kanzler-Kurs vor zwei Wochen ebenfalls auf einem Sonderparteitag mit 90 Prozent zugestimmt. Angesichts der steigenden Arbeitslosenzahlen und der Krise der Sozialsysteme sagte Bütikofer: "Soziale Sicherung gibt es in Zukunft nur durch den Mut zum Wandel". Die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme befinde sich in einer "verhängnisvollen Abwärtsspirale", die durchbrochen werden müsse. Die Reformen müssten aber über die "Agenda 2010" noch hinausgehen. Nötig sei eine "grüne Agenda Plus". Die Grünen müssten dabei beweisen, dass sie "geschlossen und verlässlich" seien. Vor Beginn der Bundesdelegiertenkonferenz hatte Bütikofer betont, der Sonderparteitag sei keine reine Unterstützungsaktion für Bundeskanzler Schröder. "Wir machen das nicht für Gerhard Schröder, sondern für das Land und die Politik, für die wir stehen." Die Grünen ließen sich nicht als Anhängsel der SPD definieren, sagte er an die Adresse parteiinterner Kritiker. Bütikofer unterstützte die von Finanzminister Hans Eichel (SPD) erwogene vorzeitige Steuerentlastung, als deren Voraussetzung Regierung und Union den Abbau von Subventionen nennen. Dies sei "ein denkbarer Weg für wirtschaftliche Impulse". Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) zeigte sich in der Zeitung "Die Welt" optimistisch, "dass wir eine solide und breite Mehrheit für unsere Arbeit in der Koalition bekommen". Zugleich warnte er die Koalition davor, die Menschen "ständig mit neuen, nebulösen" Reformankündigungen zu verunsichern. Trittin wandte sich damit indirekt gegen Äußerungen auch von Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, die weiter gehende Reformen bei Gesundheit und Rente verlangt hatte. Hauptdiskussionspunkte des Parteitags sind ähnlich wie bei der SPD vor zwei Wochen die Absicherung des Krankengeldes durch die Versicherten allein, die verkürzte Zahlung von Arbeitslosengeld für Ältere und die Senkung der Arbeitslosenhilfe auf das niedrigere Niveau der Sozialhilfe (Arbeitslosengeld II). Eine Reihe von Anträgen fordert die Wiedereinführung der Vermögensteuer und die Reform der Erbschaftsteuer, um Begüterte stärker an der Belastung zu beteiligen. Zu den Sozialreformen lagen rund 120 Anträge vor. Der Parteilinke Winfried Hermann betonte seine grundsätzliche Zustimmung zur Reformagenda. Weder wolle man sie scheitern lassen, noch die rot-grüne Regierung stürzen, sagte der Bundestagsabgeordnete der "Thüringer Allgemeinen" (Erfurt).

EU-Referendum in Tschechien fortgesetzt

Wahlbeteiligung Freitag recht niedrigEU-Referendum in Tschechien fortgesetzt

Prag (rpo). Nach Polen stimmt auch Tschechien über den Beitritt zur Europäischen Union ab. Die Volksabstimmung ist am Samstag fortgesetzt worden. Gestern lag die Wahlbeteiligung bei etwa 30 Prozent.Die Wahllokale öffneten um 08.00 Uhr und sollen um 14.00 Uhr schließen. Erste Ergebnisse wurden kurz danach erwartet. Das Meinungsforschungsinstitut SC&C befragte am Freitag Wähler nach der Stimmabgabe und erklärte, 83 Prozent hätten mit Ja gestimmt, 17 Prozent mit Nein. Das bindende Referendum ist das erste in der Tschechischen Republik, eine vorgeschriebene Mindestbeteiligung gibt es nicht. Sollte das Referendum scheitern, könnte in zwei Jahre erneut über eine EU-Mitgliedschaft abgestimmt werden. Wahlberechtigt sind 8,2 Millionen Bürger.

SPD-Basis stärkt Steinbrück den Rücken

Sonderparteitag der SPD in NRWSPD-Basis stärkt Steinbrück den Rücken

Bochum (rpo). Die nordrhein-westfälische SPD hat Ministerpräsident Peer Steinbrück den Rücken für die Verhandlungen mit den Grünen gestärkt. Die Parteibasis wünscht allerdings, dass die Koalition mit den Grünen fortgesetzt wird.Auf einem Sonderparteitag in Bochum beauftragten die Delegierten die Parteiführung mit großer Mehrheit, angesichts der dramatischen Wirtschafts- und Finanzkrise die Ziele der Landesregierung zu überprüfen und neu zu justieren. Die Grünen bekräftigten ihre Kritik an Steinbrücks Kurs. Außenminister Joschka Fischer warnte die SPD vor einem Machtverlust. Der Ministerpräsident verteidigte einen Konfliktkurs gegenüber den Grünen. Bei der gegenwärtigen Verfassung der rot-grünen Koalition drohe der SPD eine deutliche Niederlage bei der Landtagswahl 2005. Deshalb sei ein Politikwechsel dringend notwendig, erklärte Steinbrück: "Wir brauchen in Düsseldorf mehr Rot pur." Er beteuerte: "Es gibt kein Drehbuch für einen Koalitionswechsel, aber es darf auch keinen Blankoscheck für die Fortsetzung der Koalition geben." Derzeit biete die Koalition ein Bild der Zerrissenheit. "Wir überzeugen die Menschen im Land nicht, weil wir keinen Schwung mehr in den Laden bringen." Vorwurf der BlockadepolitikDen Grünen warf der Ministerpräsident eine Blockadepolitik bei den Themen Energie, Verkehr und Arbeitsplätze vor. Nur durch eine Neujustierung der Politik könne erreicht werden, dass die Wähler auch 2005 erneut der SPD ihre Stimme gäben. Deshalb sei jetzt ein Klärungsprozess notwendig, der ergebnisoffen geführt werden müsse. Er betonte, der Ausgang der Landtagswahl 2005 werde auch massive Auswirkungen auf die Bundestagswahl 2006 haben. Auch der Landesvorsitzende Harald Schartau warnte die Partei vor einer voreiligen Festlegung auf eine Fortsetzung der Koalition. Zwar schüttle sich die SPD in Nordrhein-Westfalen bei dem Gedanken an die FDP, doch werde sie sich noch mehr schütteln, wenn sie wegen ihrer Regierungspolitik die Wahlen verliere. Er betonte, dass die Koalitionsfrage nicht von der Parteiführung, sondern von einem Sonderparteitag in drei Wochen entschieden werde. In einer nur 45-minütigen Debatte nach Steinbrücks Rede ließen die meisten Delegierten allerdings deutliche Sympathien für eine Fortsetzung des derzeitigen Regierungsbündnisses in Düsseldorf und erhebliche Vorbehalte gegen die FDP als Koalitionspartner erkennen. Der Grünen-Landesvorsitzende Frithjof Schmidt erklärte nach dem SPD-Parteitag, dass es durchaus positive Signale von der Parteibasis gegeben habe. "Aber die Rede des Ministerpräsidenten hat sicher nicht zur Entspannung beigetragen." Beim Sonderparteitag der Grünen-Bundespartei in Cottbus betonte Parteichef Reinhard Bütikofer, man wolle, dass Rot-Grün weitergeht, "aber mit eigenständigem, vorwärts weisendem grünen Profil." Insbesondere kritisierte er, dass Steinbrück versuche, Umwelt und Wirtschaft gegeneinander auszuspielen. Außenminister Fischer erklärte, er fühle sich an die Krisen der rot-grünen Koalition in Hessen in den 80er Jahre erinnert. Damals hätten am Ende beide Parteien die Macht verloren, warnte er. SPD und Grüne wollen am nächsten Mittwoch bei einem Treffen des Koalitionsausschusses erneut nach Wegen aus der Krise suchen. Beide Parteien wollen Anfang Juli auf Sonderparteitagen den Ausgang des Klärungsprozesses beraten.

Möllemanns Todessprung gefilmt

Staatsanwaltsschaft hat Video analysiertMöllemanns Todessprung gefilmt

Berlin (rpo). Ein Fallschirmspringer-Kollege hat den Absturz von Jürgen Möllemann auf Video festgehalten. Der Film ist bereits mehrfach von der Staatsanwaltschaft Essen analysiert worden.Das berichtete das Magazin "Focus" am Samstag vorab. Nach mehrfacher Analyse des Bandes kommt für Oberstaatsanwalt Wolfgang Reinicke ein Fremdverschulden nicht in Frage. "Wir schließen aus, dass jemand vor dem Sprung auf Möllemann oder den Schirm eingewirkt hat", sagte er dem "Focus". Unterdessen wies FDP-Chef Guido Westerwelle Vorwürfe der Möllemann-Witwe zurück, die Parteispitze sei unangemessen hart mit ihrem früheren Vize-Chef umgegangen. Selbstmord als Ursache für Möllemanns Tod wird nach den neuen Erkenntnissen immer wahrscheinlicher. Auf einen möglichen Unfall gibt es bisher keine konkreten Hinweise. Der Film zeigt Möllemann beim Sprung aus der Maschine in 4000 Meter Höhe und dann kaum erkennbar beim Absturz - "als kleines schwarzes Pünktchen", wie Reinicke sagte. Das Band aufgenommen hat dem Magazin zufolge der englische Videofilmer Dave Littlewood. Westerwelle wehrt sich: FDP hatte keine AlternativeWesterwelle sagte in "Bild am Sonntag": Zum Vorgehen der Parteiführung "gab es keine Alternative". Zum Verhältnis zu seinem früheren Vertreter sagte er: "Ich habe zu Jürgen Möllemann gestanden, so lange es irgend zu vertreten war". Möllemanns Witwe hatte der FDP- Führung eine Mitschuld am Schicksal ihres Mannes gegeben. Westerwelle, der sich erstmals ausführlich zum Tod Möllemanns äußert, sagte: "Ich habe mit aller Kraft meine Partei zusammen gehalten, die Jürgen Möllemann zu sprengen drohte." Der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki erneuerte seine Kritik am Umgang mit Möllemann und warf Schatzmeister Günter Rexrodt im "Focus" vor, er habe sich "als Strafverfolger aufgespielt und mit seinem martialischen Auftreten die Stimmung gegen Jürgen zusätzlich angeheizt". Kubicki berichtet auch von Möllemann-Ideen, noch einmal aktiv zu werden. In Thüringen wollt er demnach Teile der Landes-FDP bei einer Neugründung unterstützen und mit ihnen bei der Landtagswahl 2004 antreten, aber nicht als Spitzenkandidat. Möllemann habe zudem mit seiner Frau Carola abgesprochen, 2005 Schluss mit der Politik zu machen und sich nach Gran Canaria zurückzuziehen. Möllemann war am Freitag - acht Tage nach seinem tödlichen Fallschirmsprung - in seiner Heimatstadt Münster beerdigt worden.

Hamas-Bewegung gesprächsbereit

Ein Friedensversuch mit BedingungenHamas-Bewegung gesprächsbereit

New York/Jerusalem (rpo). Die radikal-islamische Hamas-Bewegung ist überraschender Weise doch zu einem Waffenstillstand mit Israel bereit. Die am Samstag in Medienberichten gehegten Friedenshoffnungen wurden damit bestätigt. Der Gründer der radikal-islamischen Hamas-Bewegung, Scheich Ahmed Jassin, hat erklärt, seine Gruppierung sei bereit, unter bestimmten Bedingungen zeitweise auf Anschläge gegen Israel zu verzichten. "Wir sind dazu bereit, unseren Widerstand und unsere Selbstverteidigung für gewisse Zeit zu beenden, aber nur, wenn (Israels Ministerpräsident Ariel) Scharon sich verpflichtet, gewisse Bedingungen zu erfüllen, auf die sich die Hamas und die Palästinensische Autonomiebehörde verständigt haben", sagte der geistige Führer der Hamas-Bewegung (67) der dpa. Es könne nicht sein, dass die Hamas ihre Angriffe beende, während Israel die Besetzung palästinensischer Gebiete fortsetze, Palästinenser festnehme, töte und seine Siedlungen in den besetzten Gebieten noch ausbaue, sagte der an einen Rollstuhl gefesselte Hamas- Gründer. Als Voraussetzungen für eine Waffenruhe nannte er die Entlassung von Gefangenen, das Ende der gezielten Tötungen und den Abbau von Siedlungen. Wenige Stunden zuvor hatte Hamas-Sprecher Abdel Asis Rantisi noch eine Waffenruhe abgelehnt. Hamas hatte am vergangenen Wochenende die Gespräche mit der Palästinensischen Autonomiebehörde über die Voraussetzungen für eine Waffenruhe abgebrochen. Israelis und Palästinenser wollten noch am Samstagabend ihre Sicherheitsgespräche wieder aufnehmen.