Alle Politik-Artikel vom 05. Juni 2003
11. September: Verdächtiger in Frankreich festgenommen

Marokkaner soll Kontakt zu Hamburger Drahtziehern gehabt haben11. September: Verdächtiger in Frankreich festgenommen

Paris (rpo). In Verbindung mit den Anschlägen vom 11. September 2001 ist ein mutmaßlicher Terrorist in Frankreich festgenommen worden. Er soll Kontakt zu der Hamburger El-Kaida-Gruppe gehabt haben.Der 34-jährige Marokkaner Karim Mehdi soll der terroristischen Hamburger El-Kaida-Gruppe nahe gestanden haben, die die Anschläge mitgeplant haben soll, hieß es nach Angaben aus Justizkreisen aus Paris am Donnerstag. Der Mann sei bereits am vergangenen Sonntag am Pariser Flughafen Charles de Gaulle festgenommen worden. Er sei aus Deutschland gekommen und habe zur französischen Insel La Réunion im Indischen Ozean weiterfliegen wollen.

Schröders Äußerungen zum Euro-Pakt stoßen auf Widerstand

Warnungen vor Lockerung des SparkursesSchröders Äußerungen zum Euro-Pakt stoßen auf Widerstand

Berlin (rpo). Die eigene Partei und die Wirtschaft lehnen die von Bundeskanzler Gerhard Schröder angedeutete Lockerung des Sparkurses ab. Rot-grüne Haushaltspolitiker rieten Schröder davon ab, die Sanierung der Staatsfinanzen hintan zu stellen. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Michael Rogowski, riet dem Kanzler: "Stärken Sie Ihrem Finanzminister bei der Haushaltssanierung den Rücken!" Schröder hatte am Mittwoch Bereitschaft erkennen lassen, den Sparkurs im Interesse der Konjunktur aufzuweichen und notfalls 2004 einen weiteren Verstoß gegen die Euro-Stabilitätskriterien in Kauf zu nehmen. Die Finanzminister der 16 Länder warnten den Kanzler davor, das Ziel schon jetzt aufzugeben. Nach 2002 und 2003 drohe Deutschland auch kommendes Jahr ein Verstoß gegen den Maastricht-Vertrag, betonten sie in einer gemeinsamen Erklärung. Die Vorgabe von weniger als drei Prozent Staatsdefizit sei einzuhalten, wenn Reformen angepackt, Ausgaben gekürzt und zwei Prozent Wachstum erreicht würden. Die Länder unterstützten damit Bundesfinanzminister Hans Eichel, der im Etat 2004 etwa 15 Milliarden Euro sparen will, damit Deutschland die Euro-Kriterien wieder schafft. Auch die Haushaltssprecher von SPD und Grünen, Walter Schöler und Antje Hermenau, hielten zu Eichel. Sie verwiesen auf die Gefahr, dass Schröders Aussagen von den anderen Bundesministern als Ermunterung betrachtet werden könnten, Eichels Bemühungen zu unterlaufen. "Jetzt den Sparkurs aufzugeben, hieße auch, den Kritikern der Reformagenda 2010 ein Stück Recht zu geben", sagte Schöler. Schließlich seien die Agenda-Gegner dafür, Schulden und Steuern zu erhöhen. "Der Druck muss im Kessel gehalten werden." Hermenau betonte, der Bund dürfe 2004 höchstens 22 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen, um die Euro-Kriterien zu erfüllen. Die Investitionen lägen etwa bei 26 Milliarden Euro. Das heiße, die Differenz bis zu einem verfassungswidrigen Haushalt betrage gerade einmal vier Milliarden Euro. Angesichts der Gesamtausgaben von 250 Milliarden Euro "halte ich es für politisch waghalsig", den Sparkurs wegen vier Milliarden Euro aufzugeben. "Da schießt man mit einer Kanone auf Spatzen."

Enger Freund glaubt nicht an Freitod

"Keiner, der sich aus dem Leben stiehlt"Enger Freund glaubt nicht an Freitod

Hamburg (rpo). Einer der engsten Freunde von Jürgen Möllemann glaubt nicht an den Selbstmord des FDP-Politikers. Darauf deutet seiner Ansicht nach die Tatsache hin, dass Möllemann keinen Abschiedsbrief hinterlassen habe. Uwe Tönningsen, Inhaber der einst von Möllemann mitbegründeten Firma "Agentur PR + Text" in Münster, verwies nach Rücksprache mit der Familie Möllemann darauf, dass der Liberale offenbar keinen Abschiedsbrief hinterließ, wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" und "Spiegel-Online" berichten. "So wie er gestrickt war, hätte er das getan", sagte Tönningsen. "Das ist keiner, der sich aus dem Leben stiehlt", sagte der Möllemann-Freund. Bei einem gemeinsamen Abendessen der Familien Möllemann und Tönningsen in der vergangenen Woche habe Möllemann auch von einem Fallschirmunfall beim Tandemspringen auf seinem Heimatflughafen berichtet. "Er wusste um das Risiko beim Springen, aber er war auch superpenibel bei der Vorbereitung", sagte Tönningsen. Freilich hätten die politischen Turbulenzen der letzten Monate Möllemann schwer zugesetzt: "Er war nicht mehr der Alte." Tönningsen hatte als ehemaliger FDP-Kreisvorsitzender Möllemann einst zu den Liberalen geholt. Seine Agentur hatte den umstrittenen Möllemann-Flyer zur Bundestagswahl gestaltet. Auch Der FDP-Vorsitzende von Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, sagte, Möllemann habe schon schwierigere Situationen überstanden. Ein möglicher Freitod mache für ihn keinen Sinn. Der Tod sei für ihn unfassbar. "Ich habe einen wahren Freund verloren." Kubicki galt stets als enger Gefährte und Freund Möllemanns. FDP-Vize Brüderle glaubt nicht an Selbstmord Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle glaubt nicht an einen Selbstmord Jürgen Möllemanns. Brüderle sagte am Donnerstagabend im ZDF, er könne den Schluss nicht nachvollziehen, dass Möllemann den Freitod gewählt habe. Möllemann sei ein "sehr vitaler und engagierter Mensch" gewesen. "Dieses Ende passt nicht zu dem Bild, dass ich von ihm hatte", sagte Brüderle. Er habe aber seit Monaten keinen Kontakt zu Möllemann mehr gehabt. Auch Brüderle zeigte sich sehr bestürzt über den Tod des ehemaligen FDP-Spitzenpolitikers und sprach Möllemanns Frau und Kindern seine Anteilnahme aus. Auch der Vorsitzende des FDP-Bezirks Münsterland, Heinz Wilhelm Steinmeier, sagte in der ARD, er traue Möllemann einen Selbstmord nicht zu. Er habe Möllemann zuletzt am vergangenen Sonntag gesprochen. Dabei habe er "ausgeglichen und mittig" gewirkt, und auch Scherze gemacht. "Er war gut drauf", sagte Steinmeier.

Politstratege und "Quartalsirrer"

Das Achterbahn-Leben MöllemannsPolitstratege und "Quartalsirrer"

Münster (rpo). Sein politisches Leben glich einer Achterbahn-Fahrt: Jürgen W. Möllemann galt als Kämpfer, Stehaufmännchen und Spielernatur, aber auch als Intrigant und "Quartalsirrer".Seine wechselvolle politische Karriere hat Jürgen Möllemann so manchen mehr oder weniger rühmlichen Beinamen eingebracht. Der ehrgeizige Sohn eines Augsburger Polsterermeisters hatte es - auch mit Hilfe seines Talents im Umgang mit den Medien - vom Lehrer bis zum Bundesminister und Vizekanzler gebracht. Und sich zum Schluss seiner Karriere mit einem Flugblatt selbst ein Bein gestellt. Seine über Jahre auch in Wahlkämpfen zur Schau getragene Leidenschaft für den Fallschirmsport markierte am Donnerstag auf schreckliche Weise das Ende einer schlagzeilenträchtigen politischen Achterbahnfahrt des 57-Jährigen.Das frühere CDU-Mitglied Möllemann trat 1970 der FDP bei und wurde schon zwei Jahre später in den Bundestag gewählt, dem er bis zu seinem Tod ununterbrochen angehörte. 1982 wurde er unter seinem politischen Ziehvater Hans-Dietrich Genscher Staatsminister im Auswärtigen Amt, 1987 Bundesbildungsminister und 1991 Wirtschaftsminister. Bis 1993 war Möllemann acht Monate lang sogar Vizekanzler unter Helmut Kohl. Seine Begeisterung für die Politik reichte sogar in die eigene Familie. Möllemanns Ehefrau Carola, mit der er zwei erwachsene Töchter hat, ist FDP-Kreisvorsitzende und Stadträtin in Münster.Beißender Spott der Kollegen Lange Zeit musste der gelernte Lehrer Möllemann zum Teil mit beißendem Spott seiner Politiker-Kollegen leben. Der frühere bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß titulierte den Wahl- Westfalen einst höhnisch als "Riesenstaatsmann Mümmelmann." Die FDP- Politikerin Irmgard Adam-Schwaetzer, deren Wahlniederlage der als hintergründiger Strippenzieher bekannte Möllemann auf einem Parteitag betrieben haben soll, wurde noch deutlicher: "Intrigantes Schwein", lautete ihr Urteil. Hermann-Otto Solms von der FDP nannte Möllemann einmal einen "Quartalsirren."In seiner Heimatstadt Münster genoss der häufig als Polit-Clown abgestempelte Möllemann dagegen hohes Ansehen. Bis heute wird ihm dort hoch angerechnet, dass er 1992 den West-Ost-Wirtschaftsgipfel und damit Politprominenz von Weltruf in seine Heimatstadt holte. Der damalige sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow war persönlicher Gast Möllemanns. Im Münsteraner Vereinsleben war der begeisterte Karnevalist Möllemann eine feste Größe. Als Mitglied im Aufsichtsrat des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 bewies er Begeisterungsfähigkeit für den Sport.Doch schon wenige Jahre nach seinen größten Triumphen begann der lange Abstieg des bei Journalisten ebenso begehrten wie verhassten Schlagzeilenlieferanten. 1994 musste er nach langen Querelen mit dem damaligen Parteivorsitzenden Klaus Kinkel sogar den Landesvorsitz für die FDP in Nordrhein-Westfalen abgeben. Schon 1996 erlangte das politische Stehaufmännchen das Amt wieder und führte die flügellahme FDP 2000 mit enormem persönlichen Einsatz zu einem beachtlichen Wahlergebnis von fast zehn Prozent bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen.Schon als Siegertyp gefeiert, schoss Möllemann anschließend über das Ziel hinaus. Sein viel zu ehrgeiziges "Projekt 18", mit dem er die FDP und damit sich selbst wieder in Regierungsverantwortung auf Bundesebene hieven wollte, scheiterte 2002 kläglich. Mit einem Flugblatt, in dem er die Politik Israels und den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, angriff, wollte er sein Projekt retten. Das Flugblatt wurde ihm politisch zum Verhängnis. Im März musste er schließlich die FDP verlassen, um einem Ausschlussverfahren zuvor zu kommen. Die Antwort auf die Frage, ob die diffuse Finanzierung des Flugblatts mit dem Tod Möllemanns zusammenhängt, wird er vermutlich mit ins Grab nehmen.

Landtag flaggt Halbmast

Erinnerung an "Vollblutpolitiker" - Gedenken im BundestagLandtag flaggt Halbmast

Düsseldorf (rpo). Nach der Nachricht vom Tod von Jürgen Möllemann haben Bundestag und der Düsseldorfer Landtag auf Halbmast geflaggt. Parlamentspräsident Ulrich Schmidt erinnerte an einen "Vollblutpolitiker" und die beruflichen Stationen des ehemaligen FDP-Politikers.Mit Möllemann verliere der Landtag einen Vollblutpolitiker, der über Jahrzehnte auf Landes- und Bundesebene gewirkt habe, sagte der Präsident. Schmidt erinnerte an Möllemanns Amtszeit als Staatsminister im Auswärtigen Amt, als Bundesbildungs- und schließlich als Wirtschaftsminister. In Nordrhein-Westfalen hatte er die FDP bei den Landtagswahlen 2000 mit fast zehn Prozent Stimmenanteil aus der außerparlamentarischen Opposition in den Düsseldorfer Landtag zurück geführt. Im März war Möllemann nach massivem Druck aus den eigenen Reihen aus der Partei ausgetreten und hatte seitdem als fraktionsloser Abgeordneter im Landtag gesessen. "Es verschlägt mir an sich die Sprache in dieser tragischen Situation, die uns hier ereilt hat", sagte Schmidt. Der Landtag drücke Möllemanns Angehörigen sein tiefstes Mitgefühl aus. Die Fahnen vor dem Landtag wurden ebenso wie vor dem Bundestag auf Halbmast gesetzt. Nach einer 45-minütigen Unterbrechung setzte das Parlament mit reduzierter Tagesordnung seine Beratungen fort.Auch Bundestag gedenkt MöllemannAuch der Bundestag hat am Donnerstag seines langjährigen FDP-Abgeordneten Jürgen Möllemann gedacht. Die Abgeordneten drückten der Familie Möllemanns ihr "tief empfundenes Beileid" aus. Die amtierende Parlamentspräsidentin Susanne Kastner sagte vor dem Plenum, die Kritik der vergangenen Monate an Möllemann dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass er in den drei Jahrzehnten seiner Zugehörigkeit zum Bundestag "sehr viel Anerkennung" erhalten habe. Möllemann, der seit der siebten Wahlperiode (1972) bis auf eine kurze Unterbrechung zwischen Juni 2000 und Oktober 2002 dem Bundestag angehörte, habe in seiner ganzen Parlamentszeit "wichtige politische Positionen" in Bund und Land eingenommen, sagte Kastner weiter.

Chronologie: Von Karsli bis zum Parteiaustritt

Der Streit zwischen Möllemann und der FDPChronologie: Von Karsli bis zum Parteiaustritt

Frankfurt/Main (rpo). Die Auseinandersetzung von Jürgen Möllemann mit Parteichef Guido Westerwelle und der so genannte Antisemitismus-Streit drohten zeitweise die Partei zu spalten Mit der Entscheidung, aus seiner Partei auszutreten, beendete der einstige stellvertretende Bundesvorsitzende und nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der deutschen Liberalen einen fast ein Jahr währenden, erbitterten Machtkampf in der FDP. Seine Auseinandersetzung mit Parteichef Guido Westerwelle und der so genannte Antisemitismus-Streit drohten zeitweise die Partei zu spalten und trugen maßgeblich zu dem schlechten Bundestagswahlergebnis der FDP im vergangenen Herbst bei. Westerwelle verlor als Folge der Auseinandersetzungen in seiner Partei spürbar an Autorität. 15. März 2002 - Der nordrhein-westfälische Grünen-Politiker Jamal Karsli wirft in einer Pressemitteilung der israelischen Armee vor, gegen die Palästinenser "Nazi-Methoden" anzuwenden. 23. April - Nach heftiger Kritik an seinen Äußerungen teilt Karsli der überraschten Grünen-Fraktion im Düsseldorfer Landtag seinen Austritt mit. Er kündigt zugleich an, in die FDP eintreten zu wollen. 16. Mai - Karsli wird von der nordrhein-westfälischen FDP als Mitglied aufgenommen. Der Beitritt löst bei vielen Liberalen Entsetzen und Proteste aus. Der Zentralrat der Juden fordert die FDP auf, Karsli aus der Partei auszuschließen. Möllemann greift den Vizepräsidenten des Zentralrats, Michel Friedman, an: "Ich fürchte, dass kaum jemand den Antisemiten, die es in Deutschland gibt und die wir bekämpfen müssen, mehr Zulauf verschafft als Herr Scharon und in Deutschland Herr Friedman - mit seiner intoleranten, gehässigen Art." 17. Mai - Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth stellt wegen Volksverhetzung, übler Nachrede und Verleumdung Strafantrag gegen Möllemann. 18. Mai - FDP-Chef Guido Westerwelle fordert Karsli auf, die FDP wieder zu verlassen. Die FDP-Ehrenvorsitzenden Hans-Dietrich Genscher und Otto Graf Lambsdorff stellen sich gegen Möllemann. 21. Mai - Das Magazin "Stern" zitiert Möllemann mit den Worten: Wer wie Friedman "als angeblicher Sachwalter des Zentralrats der Juden Kritiker der Politik Israels niedermacht, wer wie er mit Gehässigkeiten um sich wirft, mit unverschämten Unterstellungen arbeitet - Antisemitismus und so weiter -, der schürt Unmut gegen die Zielgruppe, die er zu vertreten vorgibt". 22. Mai - Karsli verzichtet auf einen Beitritt zur FDP, bleibt aber Mitglied der Düsseldorfer Landtagsfraktion der Liberalen. Möllemann verbindet seine Stellungnahme zu Karslis Verzicht erneut mit scharfer Kritik: "Ich wiederhole meinen leider gefestigten Eindruck, dass die Politik von Herrn Scharon und der unerträgliche, aggressiv-arrogante Umgang von Herrn Friedman mit jedem Scharon-Kritiker leider geeignet sind, antiisraelische und antisemitische Ressentiments zu wecken." 25. Mai - Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, wertet Möllemanns Erklärung, Juden seien mit ihren Äußerungen selbst für Antisemitismus verantwortlich, als "die größte Beleidigung, die eine Partei in der Geschichte der Bundesrepublik nach dem Holocaust ausgesprochen" habe. 28. Mai - Möllemann lässt erstmals Bereitschaft zum Einlenken erkennen. Er erklärt, dass er seine Äußerungen über Friedman besser hätte überdenken müssen. 29. Mai - In einem offenen Brief an Spiegel räumt Möllemann Fehlverhalten ein, ohne sich allerdings dafür zu entschuldigen. Spiegel reichen die Versöhnungssignale Möllemanns nicht aus. 2. Juni - Westerwelle bekräftigt das Festhalten seiner Partei an seinem Stellvertreter. 6. Juni - Möllemann gibt den Verzicht Karslis auf Mitarbeit in der FDP-Fraktion bekannt. Außerdem entschuldigt sich der nordrhein-westfälische FDP-Chef für seine Angriffe auf Friedman: "Diese Äußerung im Zorn habe ich als Fehler öffentlich bedauert. Sollte ich damit die Empfindungen jüdischer Menschen verletzt haben, möchte ich mich bei diesen entschuldigen." 17. September - Möllemann greift Friedman fünf Tage vor der Bundestagswahl in einem israelkritischen Flugblatt mit Millionenauflage erneut scharf an. FDP-Chef Westerwelle reagiert mit zurückhaltender Kritik und nennt das Vorgehen Möllemanns im Wahlkampf "nicht vernünftig". 22. September - Mit 7,4 Prozent der Zweitstimmen bleibt das Ergebnis der FDP bei der Bundestagswahl deutlich hinter den Erwartungen zurück. 23. September - Westerwelle setzt sich im Machtkampf an der FDP-Spitze durch. Möllemann erklärt seinen Rücktritt vom Amt des stellvertretenden Bundesvorsitzenden, nachdem seine neuerlichen antiisraelischen Äußerungen und Angriffe gegen den Zentralrat der Juden weitgehend für die Wahlschlappe verantwortlich gemacht worden waren. 24. September - Die Altliberale Hildegard Hamm-Brücher tritt wegen der Möllemann-Affäre aus der FDP aus. 6. Oktober - Wegen einer akuten Herzerkrankung Möllemanns wird der für den darauf folgenden Tag geplante Sonderparteitag in Wesel kurzfristig abgesagt. 20. Oktober - Möllemann erklärt seinen sofortigen Rücktritt als Partei- und Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen. 24. Oktober - Die Bundespartei verklagt Möllemann auf Preisgabe seiner anonymen Geldquelle für 840.000 Euro. Außerdem fliegen zwei auf das Büro Möllemann zurückgeführte Barspenden an FDP-Bundestagskandidaten auf. 29. Oktober - Die FDP-Bundestagsfraktion verweigert Möllemann einen Platz in einem der Bundestagsausschüsse. Gleichzeitig wählt die Düsseldorfer FDP-Landtagsfraktion den 47 Jahre alten Rechtsanwalt Ingo Wolf zum Nachfolger Möllemanns als Fraktionschef. 4. November - Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf leitet gegen Möllemann ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes auf Verstoß gegen das Parteiengesetz ein. 20. November - Möllemann lässt der Staatsanwaltschaft Düsseldorf erklären, dass er die umstrittene Summe selbst in Kleinbeträge gestückelt in die Parteikassen geschleust hat. 25. November - Die FDP-Spitze fordert den ehemaligen Parteivize Möllemann ultimativ zum Parteiaustritt auf. Falls er die FDP nicht freiwillig bis zum 2. Dezember verlässt, werde ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet. 28. November - Die Staatsanwaltschaft Münster eröffnet wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen den früheren Partei-Vize. 2. Dezember - Die FDP vollzieht den Bruch mit ihrem früheren Parteivizechef: Bundesvorstand und Bundestagsfraktion setzen ein Verfahren zum Ausschluss Möllemanns aus Partei und Fraktion in Gang. 9. Dezember - Nach der Bundes-FDP leitet auch der Landesverband der Liberalen in Nordrhein-Westfalen ein Parteiausschlussverfahren ein. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft beschließt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue und des Betruges gegen den früheren liberalen Spitzenpolitiker. 26. Dezember - Möllemann meldet sich mit einer handschriftlichen Presseerklärung zum drohenden Krieg in Irak auf der politischen Bühne zurück. 8. Januar 2003 - Vor dem Landgericht Münster gibt Möllemann eine eidesstattliche Erklärung über die Finanzierung seines umstrittenen Wahlkampf-Flugblatts ab. Möllemann wiederholt darin seine öffentliche Auskunft, die Gelder stammten komplett aus seinem Privatvermögen. 4. Februar - Möllemann darf Mitglied der Landtagsfraktion seiner Partei in Nordrhein-Westfalen bleiben. Bei der Abstimmung der Abgeordneten wird die für einen Ausschluss notwendige Mehrheit von 16 Stimmen knapp verfehlt. 11. Februar - Die FDP-Bundestagsfraktion schließt Möllemann mit großer Mehrheit aus. 10. März - Die nordrhein-westfälische FDP-Landtagsfraktion kündigt ein neues Ausschlussverfahren gegen ihren früheren Vorsitzenden an. Sie reagiert damit auf dessen überraschende Ankündigung, er wolle sein Bundestagsmandat entgegen früherer Zusagen nun doch "vorerst" behalten. 17. März - Möllemann tritt aus der FDP aus. 5. Juni - Die Staatsanwaltschaften Düsseldorf und Münster durchsuchen an verschiedenen Orten im Bundesgebiet Büros und Wohnräume Möllemanns. Zuvor hatte der Deutsche Bundestag die Immunität des seit seinem Ausscheiden aus der FDP fraktionslosen Abgeordneten einstimmig aufgehoben. Möllemann stirbt am Mittag bei einem Fallschirmsprung in der Nähe des Flughafens Loemühle bei Marl.

Internationale Razzia an 13 Orten

Immunität gegen Möllemann war aufgehobenInternationale Razzia an 13 Orten

Düsseldorf (rpo). Die Durchsuchungen von Büros und Wohnungen Möllemanns an insgesamt 25 Stellen in 13 Orten im Bundesgebiet sowie in Luxemburg, Spanien und Liechtenstein wurden von den Staatsanwaltschaften Münster und Düsseldorf durchgeführt.Nach Angaben des Düsseldorfer Staatsanwalts Johannes Mocken standen die Aktionen im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren gegen Möllemann wegen Steuerhinterziehung und Verstoß gegen das Parteiengesetz, Betrug und Untreue. An den Durchsuchungen waren neun Staatsanwälte und etwa 100 Beamte des Landeskriminalamtes in Düsseldorf sowie der Steuerfahndung in Münster beteiligt. Beamte der Staatsanwaltschaft und der Steuerfahndung betraten das Haus Möllemanns am Mittag, nachdem dessen Immunität als Abgeordneter in Berlin aufgehoben worden war.Die Durchsuchungen bei Jürgen Möllemanns waren Teil einer umfangreichen und vielschichtigen Auseinandersetzung Möllemanns mit der Justiz. Die Welle von Ermittlungen gegen den früheren FDP-Spitzenpolitiker kam ins Rollen, nachdem Möllemann wegen seines umstrittenen Wahlkampf-Flugblattes mit kritischen Äußerungen zu Israels Regierungspolitik in die Schlagzeilen geraten war. Im März aus der FDP ausgetretenDer 57-jährige leidenschaftliche Fallschirmspringer, der unter Kanzler Helmut Kohl Bundeswirtschaftsminister war, war im März aus der FDP ausgetreten. Der frühere nordrhein-westfälische Landesvorsitzende zog damit die Konsequenz aus einer heftigen Auseinandersetzung mit der Parteiführung, die sich am so genannten Antisemitismus-Streit entzündet hatte: Nur wenige Tage vor der Bundestagswahl im September 2002 hatte Möllemann mit einem Flugblatt seinen beigelegt geglaubten Streit mit dem Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, mit einer Flugblattaktion wieder aufleben lassen. Kurz nach der Wahl erklärte er seinen Rücktritt vom Amt des stellvertretenden Bundesvorsitzenden, nachdem sein Flugblatt für die Wahlschlappe der FDP verantwortlich gemacht worden war. Die Bundes- und die Landespartei leiteten später Verfahren zum Ausschluss Möllemanns aus Partei und Fraktion der FDP ein. Diesem Ausschluss kam Möllemann mit seinem Austritt zuvor. Er blieb aber als Fraktionsloser Mitglied in Bundestag und nordrhein-westfälischem Landtag. Bis zuletzt hatte der dreifache Familienvater mit der Gründung einer eigenen Partei geliebäugelt. Die Staatsanwaltschaft Münster ermittelte gegen Möllemann wegen Steuerhinterziehung. Das Verfahren drehte sich um die Abhebung von einer Million Euro von einem Möllemann-Konto bei einer Luxemburger Bank im Frühjahr 2002. Die Staatsanwaltschaft hatte den Verdacht, dass das Geld nicht ordnungsgemäß versteuert worden sein könnte. Illegale Parteispenden transferiert? Bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf liefen drei Ermittlungsverfahren gegen Möllemann wegen Verstoßes gegen das Parteiengesetz, Untreue und Betrugs. Der Abgeordnete im Bundes- und Landtag wurde unter anderem verdächtigt, illegale Parteispenden angenommen und transferiert zu haben. Im ersten Verfahren ging es um die rund 840 000 Euro zur Finanzierung des umstrittenen Wahlkampf- Flugblatts. Das zweite Verfahren beschäftigte sich mit Spenden aus den Jahren 1999 und 2000 zur Finanzierung des Landtagswahlkampfs 2000. Im dritten Verfahren spielten Spenden aus den Jahren 1996 und 2001 in geringerer Höhe eine Rolle. Auf zivilrechtlicher Ebene hätte sich Möllemann am 16. Juni vor dem Landgericht Münster erneut mit einer Auskunftsklage seiner früheren Partei konfrontiert gesehen. Die FDP wollte die Auskunft über die Verwendung der Spendengelder von 1999 und 2000 erkämpfen. Mit einer ersten Klage im Januar war Möllemann zu einer eidesstattlichen Versicherung zur Herkunft der 840 000 Euro gezwungen worden. Nach seinen Angaben stammte das Geld aus seinem Privatvermögen. Zwei bereits angelaufenen Parteiausschlussverfahren der FDP war Möllemann durch seinen Austritt am 17. März zuvorgekommen.

Politiker reagieren mit Bestürzung

Westerwelle: "Tiefes Mitgefühl für seine Familie"Politiker reagieren mit Bestürzung

Düsseldorf (rpo). Auf den Tod von Jürgen Möllemann reagierten Politiker mit großer Bestürzung. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle hat nach dem Tod seines früheren Stellvertreters Jürgen Möllemann dessen Familie seine Anteilnahme und sein "tiefes Mitgefühl" ausgesprochen.Er wünsche Möllemanns Frau und dessen Töchtern Kraft, sagte Westerwelle am Donnerstag in Berlin. Die FDP wisse auch um die "politischen Verdienste" Möllemanns. Weitere Angaben wollte Westerwelle nicht machen. Der FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher hat seinen früheren Parteifreund Jürgen Möllemann als "Kämpfer" gewürdigt. Als sich die Wege zwischen ihm und Möllemann nach der Bundestagswahl politisch trennten, "habe ich das als schmerzlich empfunden", sagte Genscher am Donnerstag in der "n-tv"-Sendung "Maischberger". Genscher galt als politischer Ziehvater von Möllemann. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Politiker aller Parteien drückten den Angehörigen des früheren Vize-Kanzlers ihr Mitgefühl aus. Der erbittert geführte Streit in der FDP um die Person Möllemanns spiegelte sich trotz des dramatischen Tods in den Reaktionen von einigen Spitzen-Liberalen wider. Der Bundestag unterbrach am Donnerstag seine Sitzung und gedachte des langjährigen Abgeordneten der Liberalen, der zahlreiche Debatten des Bundestages mit geprägt hatte. Die amtierende Parlamentspräsidentin Susanne Kastner (SPD) sagte vor dem Plenum, die Kritik der vergangenen Monate an Möllemann dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass er in den drei Jahrzehnten seiner Zugehörigkeit zum Bundestag "sehr viel Anerkennung" erhalten habe. Die Fahnen rund um den Bundestag und im Regierungsviertel wurden auf Halbmast gesetzt. Kanzler Schröder sagte in Frankfurt: "Ich habe Herrn Möllemann wirklich gut gekannt und ich habe ihn als Mensch geschätzt, gerade auch dann, wenn er es einem nicht besonders leicht gemacht hat." Kubicki lässt Kritik an FDP erkennenDer FDP-Vorsitzende von Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, der mit Möllemann freundschaftlich verbunden war, ließ in seiner ersten Reaktion auch Kritik am Vorgehen der Parteiführung erkennen. "Jürgen Möllemann hat für den politischen Liberalismus mehr geleistet als viele von denen, die ihn schließlich am Ende seiner politischen Karriere persönlich verdammten. Er wird mir und uns fehlen." Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) zeigte sich "sehr schockiert". "Jenseits von allen politischen Meinungsverschiedenheiten gilt mein Beileid seiner Familie", sagte er in Brüssel. Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) erklärte "bei aller Umstrittenheit seiner Person hat er als mein Vorgänger im Bereich der Bildungs- und Hochschulpolitik wichtige Impulse gegeben". Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel äußerte sich bestürzt: "Ich habe Herrn Möllemann im Kabinett als einen engagierten Bildungs- und Wirtschaftspolitiker kennen gelernt. Auch wenn es in den letzen Jahren sicherlich politische Differenzen gab, war er in allem, was er tat, ein Vollblutpolitiker." Auch die Grünen äußerten sich entsetzt. Vor allem in Nordrhein-Westfalen löste der Tod Betroffenheit aus. Der Ministerpräsident des Landes, Peer Steinbrück (SPD), würdigte Möllemann als "politische Begabung" und als "glänzenden Rhetoriker". Er habe allerdings seine Talente "nicht immer so eingesetzt, wie es politisch richtig gewesen wäre". Die Landtagsfraktion, der Möllemann knapp drei Jahre angehörte, äußerte tiefes Bedauern. Möllemanns Nachfolger als Fraktionsvorsitzender Ingo Wolf sagte, Möllemann habe sich mit ganzer Kraft für die Partei eingesetzt. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Walter Döring hat "mit tiefer Trauer und Bestürzung" auf den Tod seines langjährigen Parteikollegen und politischen Gegners Jürgen Möllemann reagiert. "Bei aller Auseinandersetzung, die wir mit ihm hatten, bleiben seine Verdienste für die FDP unbestritten", sagte Döring am Donnerstag.Der frühere Bundesaußenminister Klaus Kinkel hat sich bestürzt geäußert über den Tod des früheren FDP-Politikers Jürgen W. Möllemann. "Das ist wirklich traurig und ganz schlimm - vor allem auch für die Familie", sagte der FDP-Politiker dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitagausgabe) zufolge. Kinkel galt als einer der Hauptkritiker Möllemanns innerhalb der FDP. Dieser wiederum hatte ihm vorgeworfen, er sei als damaliger Bundesaußenminister dafür verantwortlich gewesen, die deutsch-arabischen Beziehungen auf einen Tiefpunkt gebracht zu haben. Der stellvertretende Ministerpräsident Michael Vesper (Grüne) würdigte das politische Ausnahmetalent Möllemann. "Es ist schrecklich, wenn jemand so aus dem Leben geht."

Bestürzung über Tod von Möllemann

"Schrecklich, wenn jemand so aus dem Leben geht"Bestürzung über Tod von Möllemann

Düsseldorf (rpo). Auf den Tod von Jürgen Möllemann reagierten Politiker aus allen Fraktionen des Düsseldorfer Landtags mit großer Bestürzung. Der Landtag unterbrach am Donnerstagmittag seine Plenarsitzung. Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) sprach in einer ersten Reaktion von einer bestürzenden Nachricht. Der stellvertretende Ministerpräsident Michael Vesper (Grüne) würdigte das politische Ausnahmetalent Möllemann. "Es ist schrecklich, wenn jemand so aus dem Leben geht."NRW-Innenminister: "Ein Leben in Licht und Schatten"Nach dem Tod des früheren FDP-Politikers Jürgen Möllemann hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) an die politische Lebensleistung des Abgeordneten erinnert. "Es war ein buntes Politiker-Leben, das nicht nur zuletzt geprägt war von Licht und Schatten", sagte Behrens am Donnerstag im Düsseldorfer Landtag. Der Innenminister erinnerte aber auch daran, dass Möllemann in den vergangenen Monaten "durch sein Verhalten dem Antizionismus in die Hände gearbeitet" habe. "Ich habe ihn nicht mehr verstanden."

Vor einem Jahr: Möllemann springt in den Tod

Politiker hat sich vom Fallschirm selbst befreitVor einem Jahr: Möllemann springt in den Tod

Münster (rpo). Die Nachricht löste sowohl unter Politikern als auch unter vielen Bürgern Bestürzung aus. Am 5. Juni 2003 ist Jürgen Möllemann in den Tod gesprungen. Nach seinem Fallschirmabsturz hält die Polizei heute einen Selbstmord des 57-Jährigen für "sehr wahrscheinlich". Wir rollen den Fall noch einmal auf und zeigen, wie Möllemann vom Spitzenpolitiker zum Außenseiter wurde.Die Leiche des getöteten Politikers Jürgen Möllemann konnte nach Angaben der Essener Staatsanwaltschaft unmittelbar nach dem Absturz identifiziert werden. Die genaue Todesursache war zunächst unklar, sagte der Essener Oberstaatsanwalt Wolfgang Reinicke vor einem Jahr in Recklinghausen. Möllemann hat keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Eine Sprecherin des Flughafens Loemühle sagte, Möllemann sei in einer Gruppe von zehn Springern aufgestiegen. Er habe nach Aussagen seiner Mitspringer als Vorletzter abspringen wollen und das auch getan. Möllemann habe nach Beobachtung seiner Kameraden ganz normal am Hauptschirm gehangen. Dieser habe sich aber plötzlich in großer Höhe gelöst. Ein Reserveschirm habe sich aber nicht geöffnet. Möllemann habe den bereits geöffneten Hauptschirm abgeworfen und den Reserveschirm nicht geöffnet, sagte der Chef des Fallschirmclubs Marl, Thomas Vilter. "Wir sind hier am Flugplatz Loemühle gestartet und auf einer Höhe von 4000 Metern mit zehn Mann ganz normal abgesprungen", schilderte Vilter. "Ich war in einer Fünfer-Gruppe. Wir haben also einen ganz normalen Formationssprung gemacht." Möllemann sei als Einzelspringer hinterher gesprungen. "Was wir bis jetzt zusammenfassend sagen können: Er hat an einem voll intakten Fallschirm gehangen, und der ist auch ganz normal aufgegangen." Möllemann habe in 1500, 1600 Metern Höhe den Schirm aufgemacht. "Und zu einem Zeitpunkt, der mir nicht klar ist, aber der ausreichend hoch war, hat er dann den Hauptschirm abgeworfen. Eine Störung war von hier aus, vom Boden aus, nicht zu erkennen." Der Hauptschirm müsse abwerfbar sein, weil man sonst die Reserve nicht richtig aktivieren könne, sagte Vilter. Es könne immer sein, dass der Hauptschirm mal eine Störung habe. "Aber normalerweise zieht man dann ja auch die Reserve. Und das ist unterblieben. Die Sprecherin der Bezirksregierung Münster, Ulla Lütke-Hermölle, sagte, nach Zeugenaussagen sei Möllemann schon den Vormittag über ziemlich einsilbig gewesen. Möllemann schlug etwa 500 Meter von dem Flughafen Marl-Loemühle entfernt auf einem Feld auf. Der Sprung sei bereits tags zuvor geplant gewesen, wurde aber wegen der Wetterlage verschoben. Der tödliche Sprung ist etwa eine Viertelstunde nach Aufhebung der Immunität des Abgeordneten erfolgt. Mit der Entscheidung im Bundestag fiel der Startschuss für die Durchsuchung von Büros und Wohnungen Möllemanns an insgesamt 25 Stellen in 13 Orten im Bundesgebiet sowie in Luxemburg, Spanien und Liechtenstein. Nach Angaben des Düsseldorfer Staatsanwalts Johannes Mocken standen die Aktionen im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren gegen Möllemann wegen Steuerhinterziehung und Verstoß gegen das Parteiengesetz, Betrug und Untreue. Der 57-jährige Möllemann hat eine Frau und drei Kinder hinterlassen.

Althaus neuer thüringischer Ministerpräsident

Zum Nachfolger von Bernhard Vogel gewähltAlthaus neuer thüringischer Ministerpräsident

Erfurt (rpo). CDU-Landesparteichef Dieter Althaus ist neuer Ministerpräsident von Thüringen. Der Landtag wählte den 44-Jährigen am Donnerstag in Erfurt im ersten Wahlgang zum Nachfolger des zurückgetretenen Bernhard Vogel.Der 44-jährige Althaus erhielt im ersten Wahlgang die erforderliche absolute Mehrheit. Für ihn votierten 47 Landtagsabgeordnete; 34 stimmten gegen ihn, zwei enthielten sich. Die CDU-Fraktion verfügt im Erfurter Landtag mit 49 von insgesamt 88 Mandaten über die absolute Mehrheit. Althaus tritt die Nachfolge des 70-jährigen Vogel an, der nach mehr als elfjähriger Amtszeit am Vormittag offiziell seinen Rücktritt erklärt hatte. Vogel hatte auf dem CDU-Parteitag in Gera vor knapp zwei Wochen überraschend seinen Rücktritt angekündigt, um seinem Wunschnachfolger die Chance zu geben, sich bis zur Landtagswahl 2004 zu profilieren. Althaus ist Lehrer für Mathematik und Physik. Fünf Jahre vor der Wiedervereinigung trat er in die CDU-Blockpartei ein. Mit der Wahl zum Mitglied des ersten Thüringer Landtags begann für den Vater zweier Kinder eine steile Karriere: Von 1992 bis 1999 war er Kultusminister, danach übernahm er den Vorsitz der CDU-Fraktion im Erfurter Landtag. Seit November 2000 ist er auch Landesvorsitzender der thüringischen Christdemokraten.

Georgien: Zwei Deutsche unter entführten UN-Beobachtern

Unbekannte schlugen an Waffenstillstandslinie zuGeorgien: Zwei Deutsche unter entführten UN-Beobachtern

Tiflis (rpo). In Georgien sind sechs Militärbeobachter der Vereinten Nationen entführt worden - darunter befinden sich auch zwei deutsche Soldaten. Das bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Donnerstag in Berlin. Die Militärbeobachter sind an der Waffenstillstandslinie zur abtrünnigen Teilrepublik Abchasien entführt worden. "Offenbar handelt es sich um abchasische Entführer", sagte Bundesverteidigungsminister Peter Struck am Donnerstag vor Journalisten in Berlin. "Wir sind dabei, über die Möglichkeiten, die wir haben, das Schicksal unserer Soldaten zu erfragen." Dies sei die dritte Entführung von UN-Beobachtern in drei Jahren, sagte ein Sprecher der abchasischen Führung in Suchumi der Agentur Interfax. "Die letzten beiden Male sind die Geiseln nach Verhandlungen wieder frei gekommen." Über die Identität der deutschen Soldaten gab es zunächst keine Angaben. Derzeit sind, wie es in Berlin hieß, elf Soldaten in Georgien stationiert. Die meisten sind Sanitätssoldaten, einige Mitglieder des Teams sind erfahrene Militärbeobachter mit guten Landeskenntnissen. Der Einsatz wird von den UN geleitet. Die Teilrepublik Abchasien am Schwarzen Meer hatte sich in zwei Kriegen 1992 bis 1994 von Georgien abgespalten. Der Waffenstillstand wird von der UN-Mission UNOMIG überwacht.

Bush: "Werden die Wahrheit ans Licht bringen"

US-Präsident rechtfertigt Entscheidung zum Irak-KriegBush: "Werden die Wahrheit ans Licht bringen"

Doha (rpo). US-Präsident George W. Bush hat nach der wachsenden Kritik den Irak-Krieg erneut als gerechtfertigt verteidigt: "Wir werden die Wahrheit ans Licht bringen", sagte Bush am Donnerstag in einer Rede vor rund 3.000 US-Soldaten in Katar.Das Golfemirat war die letzte Station auf Bushs Nahostreise, die ihn zuvor zu einem Dreiergipfel mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon und dem palästinensischen Regierungschef Mahmud Abbas nach Jordanien geführt hatte. Der jüngste Fund mutmaßlicher mobiler Waffenlabore in Irak beweise, dass der gestürzte irakische Staatschef Saddam Hussein über verbotenes Gerät verfügt habe, sagte Bush auf dem Stützpunkt Camp As Sajilijah. "Wir haben dafür gesorgt, dass Irak nicht mehr als Waffenlager für Terrororganisation dienen kann." Vor seiner Abreise aus Jordanien hatte der Präsident erklärt: "In Irak ist ein Diktator entmachtet worden, der den Terror unterstützt und Konflikt gesät hat. Jetzt entsteht dort eine gerechtere und demokratischere Gesellschaft." Treffen mit Franks und BremerBush traf in Katar zunächst mit dem Oberbefehlshaber der amerikanischen Truppen in der Golfregion, General Tommy Franks, und dem US-Zivilverwalter in Irak, Paul Bremer, zusammen. Im Mittelpunkt der Gespräche stand der Wiederaufbau Iraks, wie aus Delegationskreisen verlautete. Im Anschluss traf der US-Präsident auch mit dem Emir von Katar, Scheich Hamad Bin Chalifa El Thani, zusammen, dem er für langjährige Verbundenheit dankte. "Sie sind ein zuverlässiger Freund der USA gewesen, und dafür sind wir sehr dankbar", sagte Bush. Auf seinem Flug vom jordanischen Akaba nach Doha äußerte sich Bush zufrieden über den Verlauf seiner Nahost-Mission. "Dem Nahen Osten steht ein großartiger und hoffnungsvoller Wandel bevor", sagte er vor Journalisten. "Es ist ein Fortschritt. Die ersten Zeichen des Friedens sind zu sehen, sobald sich die Menschen für den Frieden entscheiden." In Akaba waren Israel und die Palästinenser jeweils auf wesentliche Forderungen der Gegenseite eingegangen: Abbas versprach ein entschlossenes Vorgehen gegen Gewalt, und Scharon kündigte die Auflösung jüdischer Siedlungen an.Iraker tötet US-Soldaten in FalludschaEin unbekannter Angreifer hat am Donnerstagmorgen in der irakischen Stadt Falludscha einen US-Soldaten getötet und fünf weitere Amerikaner verletzt. Das berichtete das US-Zentralkommando in Kuwait. In Falludscha war es seit dem Einmarsch der US-Armee bereits mehrfach zu Auseinandersetzungen und Kämpfen zwischen amerikanischen Soldaten und Irakern gekommen. Die Einwohner der westlich von Bagdad gelegenen Stadt hatten die US-Soldaten bereits Ende April zum Verlassen der Stadt aufgefordert. Am vergangenen Wochenende hatte die US-Armee zusätzliche Truppen in die Unruheregion um Falludscha und Ramadi geschickt.

Saddams Chef der "Jerusalem-Armee" festgenommen

Chalifa el Rawi war Rang 30 auf der US-ListeSaddams Chef der "Jerusalem-Armee" festgenommen

Kuwait-Stadt/Kairo (rpo). Chalifa el Rawi stand auf Rang 30 der US-Liste: Die US-Armee hat nach eigenen Angaben den ehemaligen Kommandeur der irakischen Jerusalem-Armee, Ajad Futih Chalifa el Rawi, festgenommen. Das berichtete das US-Zentralkommando in Kuwait am Mittwochabend. Die Jerusalem-Truppe, der nach offiziellen Angaben des alten irakischen Regimes sieben Millionen "Freiwillige" angehörten, war von Präsident Saddam Hussein gegründet worden, um "Jerusalem zu befreien".Den meisten der Männern und Frauen, die dort eine Art militärische Grundausbildung erhielten, war jedoch von Anfang an klar gewesen, dass dies eine Volksarmee für den nächsten US-Angriff werden sollte. Die Teilnahme an der Ausbildung war zwar theoretisch freiwillig. Praktisch fühlten sich viele Iraker jedoch von der regierenden Baath-Partei zur Teilnahme gezwungen.

Anschläge auf Scharon befürchtet

Neues Treffen mit Abbas angesetztAnschläge auf Scharon befürchtet

Jerusalem (rpo). Nach dem Dreier-Gipfel im jordanischen Akaba befürchtet der israelische Inlandsgeheimdienst Anschlagsversuche auf Premier Scharon oder ranghohe Minister. Scharon und sein palästinensischer Kollege Mahmud Abbas wollen sich schon bald wieder treffen. Das Treffen soll die Umsetzung des Nahost-Friedensplans gewährleisten. Dies berichteten israelische Medien am Donnerstag. Am Vortag hatten beide Seiten unter dem Druck von US-Präsident George W. Bush bei einem Gipfeltreffen in Akaba den Grundstein für die Verwirklichung des Plans gelegt, der ein Ende der Gewalt und die Schaffung eines unabhängigen Palästinenserstaates innerhalb von drei Jahren vorsieht. Der israelische Nachrichtendienst "y-net" berichtete am Donnerstag, beide Seiten wollten in den kommenden Tagen ihre Sicherheitsgespräche wieder aufnehmen. Auch eine Zusammenkunft des israelischen Verteidigungsministers Schaul Mofas und des palästinensischen Sicherheitschefs Mohammed Dachlan sei geplant. Israels Armee will den Berichten zufolge kommende Woche mit der von Scharon angekündigten Räumung nicht genehmigter Kleinsiedlungen im Westjordanland beginnen. Aus israelischen Sicherheitskreisen verlautete, bei der Räumung würden gewalttätige Reaktionen der radikalen Siedler befürchtet, die sogar Schusswaffen gegen Soldaten einsetzen könnten. Der Inlandsgeheimdienst Schin Beth befürchtete zudem Anschlagsversuche auf Scharon oder ranghohe Minister. Hinter geschlossenen Türen hätten extremistische Siedler geäußert, Scharon müsse "den gleichen Weg gehen wie (der 1995 von einem jüdischen Fanatiker ermordete Ministerpräsident Izchak) Rabin". Angesichts dieser Befürchtungen müsse der Personenschutz für Scharon und seiner Minister voraussichtlich verschärft werden.

Anschlag auf russischen Armeebus: 15 Tote

Selbstmordattentat nahe TschetschenienAnschlag auf russischen Armeebus: 15 Tote

Moskau (rpo). Nahe Tschetschenien in Südrussland sind bei einem Bombenanschlag einer Selbstmordattentäterin auf einen Armeebus mindestens 15 Menschen getötet worden.Ein blutiger Selbstmordanschlag hat den russischen Bemühungen um eine Befriedung der Kaukasus-Region erneut einen Rückschlag versetzt: Eine Frau zündete am Donnerstag eine Bombe in einem Bus der russischen Streitkräfte und riss mindestens 15 Menschen mit in den Tod. Die Täterin kam ebenfalls ums Leben. Mehr als 30 Soldaten und zivile Mitarbeiter wurden verletzt, drei von ihnen schwer. Der Mannschaftsbus musste auf dem Weg von Mosdok in Nordossetien zum nahe gelegenen Luftwaffenstützpunkt Prochladny an einem geschlossenen Bahnübergang halten. In dieser Situation habe sich eine als Krankenschwester gekleidete Frau dem Fahrzeug genähert, sagte ein Sprecher des nordossetischen Innenministeriums. Sie habe das Fahrzeug betreten und den Sprengsatz gezündet. Sechs Menschen waren sofort tot, neun weitere erlagen im Krankenhaus ihren Verletzungen. In dem Bus waren mehr als 40 Soldaten und Beschäftige des Luftwaffenstützpunkts Prochladny. Unter den Toten waren auch mehrere Frauen. In Mosdok befindet sich das Hauptquartier der russischen Streitkräfte für den Einsatz in Tschetschenien. Mehr als drei Jahre nach der Einnahme der tschetschenischen Hauptstadt Grosny dauert der Guerillakrieg tschetschenischer Separatisten weiter an. Bei zwei Selbstmordanschlägen im Mai kamen in Tschetschenien mindestens 78 Menschen ums Leben. Der russische Präsident Wladimir Putin ließ sich von Generalstaatsanwalt Wladimir Ustinowüber den neuen Anschlag unterrichten. Nach desen Angaben kamen 16 Menschen ums Leben. Ein russischer Militärsprecher in Wladikawkas sprach jedoch von insgesamt 18 Toten.

Rüttgers fordert Rücktritt von Steinbrück

NRW-Ministerpräsident verteidigt seinen KursRüttgers fordert Rücktritt von Steinbrück

Düsseldorf (rpo). Während der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück vor dem Düsseldorfer Landtag am Donnerstag seinen Konfliktkurs gegenüber dem grünen Koalitionspartner entschieden verteidigt hat, forderte CDU-Chef Rüttgers den Rücktritt Steinbrücks und Neuwahlen.Der Sozialdemokrat sagte am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde zur Koalitionskrise, die Haushaltssituation des Landes sei so dramatisch wie nie zuvor. Das Wachstum im Lande sei unterdurchschnittlich, die Arbeitslosigkeit beklagenswert hoch. In dieser Situation müsse er als Ministerpräsident die Handlungsfähigkeit der Regierung sicherstellen. Die Koalition habe in den vergangenen Monaten immer wieder ein Bild der Zerrissenheit geboten und sich über eine Vielzahl von Themen vom Bundesverkehrswegeplan bis zum Metrorapid gestritten. "Und ich fürchte, dass wir weitere Themen bekommen könnten", sagte der Ministerpräsident. Dies lasse die Regierung unglaubwürdig erscheinen. "Das ist der Grund, warum ich das nicht treiben lassen kann und treiben lassen will", sagte Steinbrück. "Es geht darum Bremsklötze wegzuhauen", betonte der Sozialdemokrat. Sein Anliegen sei, die Weichen auf Vorrang für Arbeitsplätze zu stellen. "Ich möchte dass sich in diesem Land vieles verändert."Oppositionsführer Jürgen Rüttgers forderte dagegen angesichts der seit drei Wochen schwelenden rot-grünen Koalitionskrise den Rücktritt des Ministerpräsidenten. Es gebe nur einen sauberen Weg aus der Krise: Neuwahlen. "Tun Sie dem Land einen letzten Dienst. Machen Sie den Weg frei für einen neuen Anfang", verlangte der CDU-Politiker. Rüttgers betonte, in Nordrhein-Westfalen gebe es mehr als 900.000 Arbeitslose, mehr als 50.000 junge Menschen suchten eine Lehrstelle, die Zahl der Insolvenzen explodiere. Angesichts dieser katastrophalen wirtschaftlichen Lage erwarteten die Menschen, dass die Regierung handele. Doch stattdessen leiste sich das rot-grüne Bündnis eine Koalitionskrise. "Diese Regierung ist reif für die Abwahl", sagte der CDU-Landesvorsitzende. Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Sylvia Löhrmann machte keinen Hehl aus ihrem Unverständnis für das Vorgehen Steinbrücks. "Die Menschen in Nordrhein-Westfalen haben doch Recht, wenn sie nicht verstehen, warum wir jetzt drei Wochen lang eine Koalitionskrise hatten", sagte sie. Doch bekräftigte Löhrmann gleichzeitig die Bereitschaft der Umweltpartei zur Fortsetzung der Koalition. Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Düsseldorfer Landtag, Ingo Wolf, griff vor allem die Umweltpartei scharf an. "Die Grünen blockieren wo immer sie können", sagte er. Dabei sei ihnen die Zukunft der 18 Millionen Menschen im Lande weniger wichtig als die Frage nach dem Schutz von imaginären Feldhamstern in Aachen oder Lurchen am Flughafen Münster/Osnabrück.

Steuervorteile für Berufspendler könnten gekürzt werden

Bericht: Eichel will bei Beamten 200 Millionen einsparenSteuervorteile für Berufspendler könnten gekürzt werden

Berlin (rpo). Schlechte Nachrichten für Berufspendler: Laut einem Bericht der "Berliner Zeitung" müssen sie sich auf eine Kürzung ihrer steuerlichen Vorteile für die Fahrten zur Arbeit einstellen. Und auch die Beamten müssen sich auf deutliche Einschnitte gefasst machen.Die Finanzminister und -senatoren der 16 Bundesländer beraten heute (Donnerstag) in Berlin über ihre massiven Etat-Probleme. Hauptthema ist die durch Konjunkturschwäche, Steuerausfälle und Reformstau verschärfte Misere in den öffentlichen Haushalten. Wie dpa erfuhr, gibt es bei den Ländern Überlegungen, die Besoldungs-Anpassungen für Beamte möglicherweise um drei weitere Monate aufzuschieben, um auf Kürzungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichten zu können. Finanzminister Hans Eichel (SPD) will nach einem Bericht der in Hannover erscheinenden "Neue Presse" (Donnerstag) beim Weihnachts- und Urlaubsgeld der Bundesbeamten 200 Millionen Euro sparen. Diese Summe sei als "globale Minderausgabe" im Haushalt 2003 festgelegt, schreibt das Blatt. Nicht mehr für die ersten 50 KilometerÄnderungen an der Entfernungspauschale gehörten zum Katalog von Subventionskürzungen, über den die Finanzminister von Hessen und Nordrhein-Westfalen, Karlheinz Weimar (CDU) und Jochen Diekmann (SPD), derzeit streng vertraulich verhandelten, berichtet die "Berliner Zeitung" (Donnerstagausgabe). Vorgesehen sei, dass die Pauschale künftig nicht mehr für die ersten 50 Kilometer gelten solle. Das würde Bund, Ländern und Gemeinden Mehreinnahmen in Milliardenhöhe bringen, berichtet die Zeitung. Auch eine stufenweise Kürzung der Eigenheimzulage gehöre zu dem Kürzungskatalog. Voraussichtlich am 20. Juni wollen sich dem Bericht zufolge die Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) mit den Vorschlägen ihrer Finanzminister beschäftigen. Die Regierungschefs haben sich vorgenommen, die Subventionen innerhalb von drei Jahren um zehn Prozent zu kürzen. Die Bundesregierung hatte gestern (Mittwoch) in Berlin angekündigt, nicht nur die 15-Milliarden-Euro-Lücke im Bundeshaushalt 2004 verringern zu wollen, sondern darüber hinaus auch Wachstumsimpulse zu setzen. Spekulationen, einzelne Ressorts verweigerten sich dem von Finanzminister Eichel verfolgten Subventionsabbau, wurden nicht bestätigt. Wie die dpa in Berlin erfuhr, unterstützt der Kanzler die Sanierungsbestrebungen Eichels. Der Minister will eine Milliarde der 7,7 Milliarden Euro Subventions- Ausgaben einsparen. Im Finanzausschuss forderte Eichel, steuerliche Subventionen ganz abzuschaffen und begrenzt nur noch Finanzhilfen (Subventionsausgaben) zuzulassen. Er wolle die Steinkohle-Hilfen auch nach 2005 weiter abbauen. Dagegen möchte Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) noch über das Jahr 2010 hinaus an diesen Subventionen festhalten.

Vogel als Ministerpräsident zurückgetreten

Für Merkel als Kanzlerkandidatin ausgesprochenVogel als Ministerpräsident zurückgetreten

Erfurt (rpo). Bernhard Vogel ist am Donnerstag nach über elfjähriger Amtszeit offiziell als thüringischer Ministerpräsident zurückgetreten. Designierter Nachfolger ist der 44-jährige CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Dieter Althaus.Der 70-Jährige Vogel übergab am Donnerstag im Erfurter Landtag sein Rücktrittsgesuch an Landtagspräsidentin Christine Lieberknecht. Als seinen Nachfolger hatte er den 44-jährigen CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Dieter Althaus vorgeschlagen, der bereits am Dienstag von der Fraktion für das Amt nominiert worden war. Mit Vogels Amtszeit endete auch die aller Kabinettsmitglieder. Zuvor hatte Vogel eine positive Bilanz seiner Regierung gezogen. Zu den unleugbaren Erfolgen zählte er die Entwicklung Jenas zu der Region in Deutschland, deren technologische Leistungsfähigkeit die größten Fortschritte gemacht habe. Thüringen sei wieder ein Automobilland geworden; rund 223 Autobahnkilometer seien neu oder ausgebaut worden. Allerdings sei die Zahl von 209.000 Arbeitslosen (16,7 Prozent) im Mai 2003 unerträglich. Dennoch brauche Thüringen den Vergleich mit den alten Ländern nicht zu scheuen, sagte Vogel.Vogel für Merkel Getreu dem Motto "eine Hand wäscht die andere", hat der scheidende thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel sich für eine Kanzlerkandidatur von CDU-Chefin Angela Merkel ausgesprochen, falls es zu Neuwahlen kommen solte. Vogel ist Merkels Wuschkandidat für das Amt des Bundespräsidenten. Sie habe das erste Zugriffsrecht, sagte er der in Erfurt erscheinenden "Thüringer Allgemeine" (Donnerstagausgabe). Zudem habe ihr Verzicht auf eine Kandidatur vor der Bundestagswahl im September 2002 ihre Position in dieser Hinsicht "deutlich gestärkt".