Alle Politik-Artikel vom 16. Juni 2003
Internationaler Strafgerichtshof vereidigt Chefankläger

Argentinier Ocampo will Skeptiker von Unabhängigkeit überzeugenInternationaler Strafgerichtshof vereidigt Chefankläger

Den Haag (rpo). Der argentinische Jurist Luis Moreno Ocampo ist als erster Chefankläger vom Internationalen Strafgerichtshof als erster Chefankläger vereidigt worden. Damit ist der Weg für Prozesse gegen Kriegsverbrecher aus der ganzen Welt frei. Ocampo legte am Montag vor den 18 Richtern des Gerichtshofs im Friedenspalast in Den Haag seinen Amtseid ab. Seit der Gründung des IStGH gingen in Den Haag bereits 400 glaubwürdige Hinweise auf Kriegsverbrechen ein. Moreno Ocampo erklärte, er werde sein Amt als Chefankläger "ehrenwert, ehrlich, unbefangen und gewissenhaft" ausüben und die Vertraulichkeit aller Ermittlungen respektieren. Unter den Gästen waren die Ehefrau des niederländischen Thronfolgers Prinz Willem Alexander, die in Argentinien geborene Prinzessin Maxima, sowie die Chefanklägerin der UN-Tribunale für Jugoslawien und Ruanda, Carla Del Ponte, und der US-Ankläger der Nürnberger Prozesse, Benjamin Ferencz. Ohne direkte Nennung der USA erklärte Moreno Ocampo, eines seiner wichtigsten Ziele sei es, Skeptiker von der Unabhängigkeit des IStGH zu überzeugen. Der Gerichtshof werde nur gegen schwerste Verletzungen des Völkerrechts vorgehen und hauptsächlich als Informationsmittler bei internationalen Untersuchungen dienen. "Das Gericht ist eine Ergänzung zu den nationalen Systemen", betonte Moreno Ocampo. Er plane, in diesem Jahr 52 Mitarbeiter einzustellen und deren Zahl bis 2004 zu verdoppeln. Der 50-jährige Moreno Ocampo wurde im April in New York einstimmig von der Versammlung des IStGH gewählt. Nach seinem Jura-Abschluss 1978 arbeitete er zunächst als Verteidiger. 1980 war er stellvertretender Staatsanwalt im Verfahren gegen neun ehemalige argentinische Militärkommandeure, denen Folter und Mord während der 70er und 80er Jahre vorgeworfen wurden. 2001 vertrat er in einem Prozess gegen Mitglieder der chilenischen Geheimpolizei deren Opfer. Ein Jahr später setzte er sich für die Auslieferung des ehemaligen SS-Hauptsturmführers Erich Priebke nach Italien ein. Nach Ansicht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch muss Moreno Ocampo politischem Druck widerstehen und erst dann Anklage erheben, wenn die Ermittlungen vollständig abgeschlossen sind. "Wir erwarten, dass er unempfindlich für jede unangemessene Einflussnahme ist", sagte Richard Dicker vom Programm Internationale Gerechtigkeit bei Human Rights Watch. Die Vereinigten Staaten boykottieren den IStGH mit der Begründung, dass US-Friedenssoldaten willkürlicher Strafverfolgung ausgesetzt sein könnten. Erst am Donnerstag verlängerte der UN-Sicherheitsrat die Immunität für amerikanische Blauhelmsoldaten um ein Jahr. Gleichzeitig bemühen sich die USA auch um bilaterale Verträge zur Umgehung der Gerichtsbarkeit des IStGH. Auch Russland und China erkennen das Gericht nicht an. Der Gerichtshof schreitet nur ein, wenn ein Land nicht willens oder fähig ist, selbst gegen Verdächtige vorzugehen.

Weder Hamas noch Scharon zu Gewaltverzicht bereit

Gespräche unter ägyptischer Vermittlung vorerst gescheitertWeder Hamas noch Scharon zu Gewaltverzicht bereit

Gaza (rpo). Die Aussichten auf einen Waffenstillstand zwischen Israel und militanten Palästinensern sind trübe. am Montag vorerst gescheitert. Weder die radikale Palästinenserorganisation Hamas noch der israelische Ministerpräsident Scharon erklärten sich zu einem Gewaltverzicht bereit. Dennoch rechnete die Palästinensische Autonomiebehörde mit einer baldigen Waffenstillstandserklärung der militanten Gruppen. Ministerpräsident Mahmud Abbas wollte sich noch im Laufe des Tages mit ihren Vertretern treffen. Scharon erklärte am Montag, seine Regierung werde weiterhin "jeden Urheber des Terrorismus und jeden Gesetzesbrecher verfolgen und fassen, zu jeder Zeit und an jedem Ort, bis zum Sieg." Vor dem Parlament bekräftigte der Ministerpräsident, dass Israel zum Zwecke des Friedens zu "schmerzhaften Zugeständnissen" an die Palästinenser bereit sei, fügte jedoch hinzu: "Wir werden nichts geben, solange Terror, Gewalt und Aufwiegelung andauern." Umgekehrt machten Vertreter militanter Palästinenserorganisationen bei einem Treffen mit ägyptischen Vermittlern den Verzicht auf Anschläge davon abhängig, dass Israel die gezielte Tötung von Extremisten einstellt. Die Vermittler hatten vergeblich mit einer entsprechenden Zusage der USA geworben und wollten sich um eine verbindlichere Garantie aus Washington bemühen, wie ein ägyptischer Beamter mitteilte. Die US-Botschaft in Tel Aviv lehnte eine Stellungnahme dazu ab. Der israelische Außenminister Silvan Schalom und ein führender Hamas-Funktionär sprachen sich indessen grundsätzlich gegen einen Waffenstillstand aus. Es sei Aufgabe der palästinensischen Sicherheitskräfte, die Milizen aufzulösen, sagte Schalom dem israelischen Rundfunk. Für die Hamas erklärte Ismail Abu Schanab, es sei nicht die Zeit für einen Waffenstillstand. Der palästinensische Außenminister Nabil Schaath zeigte sich dagegen optimistisch, dass Hamas und andere Gruppen bald eine Waffenstillstandserklärung abgeben würden. "Ich hoffe, dass wir schon morgen Antworten von ihnen bekommen werden", sagte Schaath bei einem Treffen mit den EU-Außenministern in Luxemburg. Auch Informationsminister Nabil Amr erklärte: "Wir sind optimistisch, bald eine Einigung zu erreichen." "Das wäre uns allen zu wünschen", sagte der deutsche Außenminister Joschka Fischer in einer Stellungnahme. Der griechische Außenminister und amtierende EU-Ratspräsident Georgios Papandreou versicherte, die EU werde alles in ihrer Macht Stehende tun, damit der Friedensplan des Nahost-Quartetts umgesetzt wird. Israelis und Palästinenser setzten unterdessen ihre Sicherheitsgespräche fort. Am Sonntagabend trafen sich Vertreter beider Seiten in Gaza-Stadt, um Einzelheiten eines Teilabzugs der israelischen Truppen aus den palästinensischen Autonomiegebieten zu erörtern. Der Friedensplan sieht vor, dass Israel sich schrittweise auf die Positionen zurückzieht, die es vor Beginn der Intifada im September 2000 innehatte. Aschrawi ruft zum Frieden auf Die palästinensische Abgeordnete Hanan Aschrawi rief zu einem Ende der Gewalt im Nahen Osten auf. Frieden sei keine Schande, sondern ein ultimatives Menschenrecht, sagte die frühere Kabinettsministerin am Sonntagabend an der Amerikanischen Universität in Kairo.

Bericht: Möllemann aktivierte Notfallsystem nicht

Wichtiger Hinweis auf SelbstmordBericht: Möllemann aktivierte Notfallsystem nicht

Berlin (rpo). Analysen haben ergeben, dass der frühere FDP-Spitzenpolitiker Jürgen Möllemann vor seinem tödlichen Fallschirmabsprung das automatische Rettungssystem nicht aktiviert hat. Dies sei ein wichtiger Hinweis auf einen Selbstmord des Politikers, berichtet der "Tagesspiegel". Zunächst war weder bei dem Hersteller Airtec noch bei der zuständigen Essener Staatsanwaltschaft eine Auskunft zu erhalten. Möllemann war am 5. Juni in den Tod gestürzt. Die Öffnungsautomatik mit Namen "Cypres" hätte in einer Höhe von 225 Metern, vier Sekunden vor dem Aufprall, den Reserveschirm geöffnet und einen ungebremsten Absturz Möllemanns verhindert. Die Untersuchungen ergaben laut "Tagesspiegel" jedoch, dass Möllemann den entsprechenden Taster vor dem Flug nicht betätigte. Weltweit sei noch kein Fall bekannt, bei dem das System im Notfall nicht funktioniert habe. In die Ermittlungen zum Tod Möllemanns ist auch die Bundesgrenzschutz-Eliteeinheit GSG 9 eingeschaltet worden. Sie nimmt das Video von dem letzten Sprung des Politikers unter die Lupe. Die Filmaufnahmen zeigten jedoch nicht den entscheidenden Moment, in dem sich der Hauptschirm von der Ausrüstung gelöst habe, sagte der Essener Oberstaatsanwalt Wolfgang Reinicke. Erst in einigen Wochen werde mit einem abschließenden Bericht gerechnet, sagte Reinicke. Die FDP-Führung macht sich keine Vorwürfe wegen des Umgangs der Partei mit Möllemann in den vergangenen Monaten. Das FDP-Präsidium billigte am Montag in Berlin die Haltung von Parteichef Guido Westerwelle in der Diskussion um Möllemann. Diese war nach Westerwelles Worten "alternativlos". Seit dem Tod Möllemanns gibt es Vorwürfe gegen Westerwelle und die FDP-Führung, sie hätten ihr früheres Mitglied zu hart angegriffen. Westerwelle sagte: "So tragisch auch das ist, was in der letzten Woche passiert ist, so tragisch auch das menschliche Schicksal ist, so sehr habe ich mich selber auch geprüft, was man hätte anders machen können." Nach den Hinweisen auf massive Gesetzesverstöße seines früheren Stellvertreters habe er nach Recht und Gesetz dies aber nicht unter den Teppich kehren können. Er hätte sich selber strafbar gemacht und "die Partei in die Gefahr des politischen und finanziellen Ruins getrieben", sagte Westerwelle. "Das ist eine schwierige, auch menschlich ganz schwierige, zehrende und auch zerrende Situation, in der man sich befindet ... aber eine echte Alternative hatte ich jedenfalls nicht", beurteilte Westerwelle seine Position in der Diskussion um Möllemann. "Verwunderlich" ist für Westerwelle, wie viele Kommentatoren und Beobachter, "die ein halbes Jahr geschrieben haben, man sei nicht entschieden und hart genug gewesen, jetzt schreiben, man sei zu hart gewesen."

Pentagon-Berater Perle: Keine US-Militärpläne im Mittleren Osten

Hoffnung auf friedlichen Regimewechsel in IranPentagon-Berater Perle: Keine US-Militärpläne im Mittleren Osten

Berlin (rpo). Die USA haben nach Angaben von Pentagon-Berater Richard Perle derzeit keine militärischen Pläne gegen den Iran. Die USA setzten vielmehr auf einen friedlichen Regimewechsel. In einem Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" (Dienstag-Ausgabe) sagte Perle: "Eine kleine, korrupte und brutale Clique von Mullahs hat im Iran die Macht an sich gerissen. Sie widersetzt sich allen Reformen, sie schließt Zeitungen und unterdrückt die Meinungsfreiheit." Derzeit bestehe eine gute Chance für einen friedlichen Regimewechsel in Teheran. Dabei setzten die USA auf die Bevölkerung und die Studenten. "Ich glaube nicht, dass irgendjemand im Augenblick an eine Militäraktion gegen den Iran oder auch gegen Syrien denkt", sagte Perle. "Wir haben keinen militärischen Masterplan für den Mittleren Osten. Wir benutzen militärische Gewalt nur, wenn alle friedlichen Mittel erschöpft sind. Das war im Irak der Fall." Im benachbarten Irak müsse der Westen die politische Ausgangsbasis dafür schaffen, dass sich das Land eine neue Verfassung geben könne. "Diese Verfassung darf jedoch nicht einer neuen Diktatur den Weg bereiten ... Natürlich wird es Kritik geben, dass wir unsere Werte von Freiheit und Demokratie anderen aufzwingen. Aber das stört mich nicht", sagte Perle. Der Pentagon-Berater zeigte sich überzeugt, dass im Irak noch Massenvernichtungswaffen gefunden würden. "Die Waffen sind sehr gut versteckt. Um sie zu finden, brauchen wir spezifische Informationen von Leuten, die diese Waffenprogramme organisiert haben. Wir müssen ein öffentliches Klima schaffen, damit diese Leute den Mut finden, ihr Wissen preiszugeben." Bei der Beweisführung seien "kleinere Fehler gemacht" worden. Man habe aber nicht versucht, die Öffentlichkeit bewusst zu täuschen. Perle kritisierte noch einmal die Haltung von Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Irak-Konflikt. "Niemand hat Bundeskanzler Schröder gebeten, deutsche Truppen in den Irak zu schicken. Trotzdem hielt er es für richtig, Anti-Kriegs-Gefühle der Bevölkerung zu nutzen, um seine Wahlchancen zu erhöhen." Dies sei eine "pubertäre Attacke" auf die Führungsmacht der westlichen Welt gewesen.

Walfangkommission für Schutz der Meeressäuger

Künast für Rettung der Tiere durch sanften TourismusWalfangkommission für Schutz der Meeressäuger

Berlin (rpo). Premiere für die Internationale Walfangkommission (IWC): Die Organisation hat sich erstmals ausdrücklich für den Schutz der Meeressäuger eingesetzt - gegen die Stimmen von Walfangnationen wie Japan und Norwegen. Mit 25 zu 20 Stimmen setzten sich am Montag die Befürworter der "Berlin-Initiative" gegen den teils heftigen Widerstand von Walfangnationen wie Japan und Norwegen durch. Verbraucherministerin Renate Künast wertete den Beschluss als großen Erfolg. Umweltschützer sprachen von einem historischen Tag für die Wale. Künast sagte: "Damit wird der Walschutz als ein Kernanliegen der IWC anerkannt und erhält einen deutlich höheren Stellenwert als bisher." Jetzt komme es darauf an, die Resolution, die auch Kleinwale und Delfine einschließe, mit Leben zu erfüllen. Vorgesehen sei die Bildung eines speziellen Walschutz-Ausschusses. Außerdem solle sich der Wissenschaftliche Ausschuss des IWC stärker mit Schutzfragen befassen, zum Beispiel mit dem Schutz der Tiere vor schädlichen Umwelteinflüssen, Schiffsverkehr und Fischerei. Besonders wichtig nannte WWF, dass künftig alle diese Bedrohungen für die Wale bekämpft werden sollen. Greenpeace nannte die Verabschiedung einen ersten Schritt, aus der Fangkommission eine Schutzkommission zu machen. Bei der Eröffnung der 55. Tagung der Walfangkommission hatte Künast dafür plädiert, die Wale durch sanften Tourismus vor dem Aussterben zu retten. "Die beste Art, Wale zu nutzen, ist nicht die Harpune, sondern die Fotokamera", sagte die Grünen-Politikerin. Auf der Tagung brach der Streit zwischen Gegnern und Befürwortern der Waljagd unter den 51 Mitgliedstaaten der Kommission wieder auf. Seit 1986 gibt es ein Verbot des kommerziellen Walfangs, das nur mit Dreiviertelmehrheit aufgehoben werden könnte. In das Moratorium sind Kleinwale wie Delfine und Tümmler nicht einbezogen. Japan unterläuft das Verbot durch so genannten wissenschaftlichen Walfang. Auch Island will sich daran beteiligen. Norwegen hat Einspruch gegen das Moratorium eingelegt und betreibt offen Jagd auf Minkwale. Die Ministerin sagte, niemand solle zum Schutz durch Walbeobachtung gezwungen werden. Am wissenschaftlicher Walfang, wie ihn Japan betreibt, übte Künast Kritik. Er sei "schlicht und einfach" eine Ausrede, "um Walfleisch und Walspeck zu essen". Die Norweger hielten Künast vor: "Vom Zugucken wird man nicht satt." Niemand bezweifele, dass Walbeobachtungsfirmen dort existieren könnten, wo es bereits prosperierenden Tourismus gebe. Viele der Walfänger lebten aber in abgelegenen Gegenden, in die sich kaum ein Tourist verirre. In Norwegen seien in dieser Saison bereits 400 Minkwale gefangen worden, teilte Bjorn Hugo Bendiksen, Vizepräsident der norwegischen Walfänger-Vereinigung mit. Die Jahresquote von 711 Minkwalen sei weniger als ein Prozent des regionalen Bestands, der auf 107.000 Tiere geschätzt werde.300.000 Tiere verenden als "Beifang"Künast beteiligte sich an einer WWF-Aktion und "rettete" beherzt mit einer Heckenschere einen Pappwal, der sich in ein großes Netz verheddert hatte. Die Umweltschützer wollten mit der Aktion darauf aufmerksam machen, dass jährlich rund 300.000 Wale, Delfine und Tümmler qualvoll als so genannter Beifang in den Netzen der Fischerei verenden.

EU droht Nicht-Abrüstungsländern erstmals mit Gewalt

Gemeinsame Erklärung der AußenministerEU droht Nicht-Abrüstungsländern erstmals mit Gewalt

Luxemburg (rpo). Gegen Länder, die Abrüstungsverpflichtungen ignorieren und Massenvernichtungswaffen verbreiten, hat die Europäische Union zum ersten Mal mit Gewalt gedroht. Bei einem gewaltsamen Vorgehen wegen unerlaubter atomarer, biologischer oder chemischer Waffen sollte der UN-Sicherheitsrat eine entscheidende Rolle spielen. Das erklärten die EU-Außenminister am Montag in Luxemburg. Vor einem Gewalteinsatz als letztem Mittel müssten Präventivmaßnahmen und Sanktionen gescheitert sein. "Der Erwerb von Massenvernichtungswaffen oder damit verbundenen Materialien durch Terroristen würde eine zusätzliche Bedrohung für das internationale System mit möglicherweise unkontrollierbaren Folgen bedeuten", schrieben die Außenminister in einer Erklärung. Im Gegensatz zu den USA verzichten die Europäer jedoch darauf, "Schurkenstaaten" namentlich an den Pranger zu stellen. Der Beauftragte für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, werde an diesem Donnerstag den Staats- und Regierungschefs der EU bei ihrem Gipfel in Nordgriechenland Grundzüge der neuen EU-"Sicherheitsdoktrin" vorstellen, berichteten EU- Diplomaten. Dabei gehe es auch um Bedrohungen, die von Terroristen und "gescheiterten Staaten" wie etwa Afghanistan ausgehen können. "Wir zeigen, dass die EU handeln kann", sagte ein Diplomat. Dies zeige auch der von der Union geführte Einsatz von 1500 Soldaten im vom Bürgerkrieg erschütterten Nordosten Kongos. Dies ist die erste große Militäraktion der Europäer. Die EU schloss sich in Luxemburg früheren US-Forderungen nach strengeren Kontrollen des iranischen Atomprogramms an. Die Regierung in Teheran solle das Zusatzprotokoll der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) unterzeichnen und umsetzen, heißt es in einer Erklärung. "Dies wäre ein deutlicher Schritt, Irans friedliche Absichten im Hinblick auf das Atomprogramm zu zeigen." Das iranische Nuklearprogramm gebe "Anlass zu großer Sorge", sagte Bundesaußenminister Joschka Fischer am Rande des Treffens. Fischer schloss sich der Hoffnung des palästinensischen Ministers für internationale Zusammenarbeit, Nabil Schaath, nach einer baldigen Waffenruhe im Nahen Osten an. "Nabil Schaath, den ich sehr schätze, ist westlich näher dran. Und wenn er diese Hoffnung hat, kann ich nur hoffen, dass sie Wirklichkeit wird." Schaath sagte am Rande des Treffens: "Es gibt eine Bewegung hin zur Einleitung eines völligen Waffenstillstandes." Er berichtete von "sehr ernsthaften Verhandlungen" mit der militanten Hamas-Organisation. Zu der von Frankreich ünterstützten Idee einer Friedenstruppe für die Krisenregion sagte Schaath: "Falls nichts anderes Erfolg hat, könnte dies eine Möglichkeit sein, um Leben zu retten." Die EU schloss die von UN-Generalsekretär Kofi Annan angeregte Entsendung einer bewaffneten Friedenstruppe als Puffer zwischen Israelis und Palästinensern nicht aus. "Wenn die Zeit gekommen ist, könnten wir das ernsthaft erwägen", sagte der Vorsitzende der Außenministerrunde, der griechische Ressortchef Giorgos Papandreou. Israel hatte die Friedenstruppe abgelehnt.

Ministerium: Steueramnestie kommt 2004

Sie soll bis 2005 geltenMinisterium: Steueramnestie kommt 2004

Berlin (rpo). Bei der geplanten Steueramnestie auf Schwarzgeld ist nun geplant, dass sie das gesamte Jahr 2004 und möglicherweise bis in das Jahr 2005 hinein gilt. Das bestätigte am Montag ein Sprecher des Finanzministeriums.Das Bundeskabinett will an diesem Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf von Finanzminister Hans Eichel (SPD) verabschieden. Danach sollen im gesamten nächsten Jahr 25 Prozent auf Schwarzgeld bezahlt werden, um es "steuerehrlich" zu machen. Gleichzeitig sollen die Überprüfungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung "maßvoll verbessert" werden. Geprüft werde noch, wie weit diese Regelung auch 2005 gelten soll, sagte Ministeriumssprecher Jörg Müller. Bei der Prüfung gehe es um einen "sinnvollen Anschluss" an die Zinsabgeltungsteuer. Diese soll nach bisherigen Planungen zum 1. Januar 2005 in Kraft treten, spätestens aber im Jahresverlauf, und wiederum in den europäischen Kontext eingepasst werden. Denn parallel dazu startet zum 1. Januar 2005 die einheitliche grenzüberschreitende Zinsbesteuerung in der EU. Nach der EU-Zinssteuer-Richtlinie wird in zwölf Mitgliedstaaten ein automatischer Informationsaustausch über Kapitalerträge von Nicht-Gebietsansässigen eingeführt. Drei Mitgliedstaaten erheben dann eine Quellensteuer, die bis 2011 schrittweise von 15 auf 35 Prozent ansteigt. Damit soll der Steuerflucht und der Steuerhinterziehung in der EU Einhalt geboten werden. Unabhängig von diesem Datum wird derzeit auch noch nach Regelungen mit Drittstaaten wie der Schweiz gesucht. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte zugesichert, die Rückholung von Kapital aus dem Ausland "so weit es geht zu anonymisieren". Bei der Regelung für die Zinsabgeltung wird derzeit auch darüber nachgedacht, diese auf alle Formen von Kapitalerträgen auszudehnen. Dies beträfe dann unter anderem auch Dividenden und Erträge aus Beteiligungsverkäufen. Zunächst war geplant die Steueramnestie in der zweiten Jahreshälfte 2003 beginnen zu lassen, und in diesem Zeitraum 25 Prozent zu erheben, um Schwarzgeld über die "Brücke zur Steuerehrlichkeit" zu bringen. In der ersten Jahreshälfte 2004 sollten dann 35 Prozent bei der Rückführung von Schwarzgeld erhoben werden.

Irak: US-Soldaten bei Anschlag verletzt

Linienbus und Militärkonvoi beschossenIrak: US-Soldaten bei Anschlag verletzt

Bagdad (rpo). Nördlich von Bagdad hat es einen neuen Anschlag gegeben. Unbekannte haben einen Linienbus mit Granaten angegriffen und einen Militärkonvoi beschossen. Das teilten die US-Streitkräfte mit. Auch ein Militärkonvoi sei beschossen worden. Dabei seien mindestens vier Amerikaner verletzt worden. Ziel des Angriffs, bei dem der Linienbus getroffen wurde, seien offenbar auch US-Soldaten gewesen, sagte ein Militärsprecher. Der Bus sei zum Zeitpunkt des Anschlags an Fahrzeugen der 4. Infantriedivision vorbeigefahren. Über Opfer in dem Bus gebe es noch keine Informationen, hieß es weiter. Zwei der verletzten Amerikaner seien in kritischem Zustand. Der Anschlag ereignete sich den Angaben zufolge bereits am Sonntag rund 25 Kilometer nördlich von Bagdad.

FDP macht sich wegen Möllemann keine Vorwürfe

Westerwelle rechtfertigt Umgang mit Ex-FührungsmitgliedFDP macht sich wegen Möllemann keine Vorwürfe

Berlin (rpo). FDP-Vorsitzender Guido Westerwelle hat die Haltung der Partei gegenüber Jürgen Möllemann als "alternativlos" bezeichnet. Wegen des Todes des 57-Jährigen mache sich die Parteispitze keine Vorwürfe. Das FDP-Präsidium billigte am Montag in Berlin die Haltung von Parteichef Guido Westerwelle in der Diskussion um Möllemann. Diese war nach Westerwelles Worten "alternativlos". Möllemann war am 5. Juni bei einem Fallschirmsprung in den Tod gestürzt. Seitdem gibt es Vorwürfe gegen Westerwelle und die FDP-Führung, sie hätten ihr früheres Mitglied zu hart angegriffen. In die Ermittlungen zum Tod Möllemanns ist jetzt auch die Bundesgrenzschutz-Eliteeinheit GSG 9 eingeschaltet worden. Sie nimmt das Video von dem letzten Sprung des Politikers unter die Lupe. Die Filmaufnahmen zeigten jedoch nicht den entscheidenden Moment, in dem sich der Hauptschirm von der Ausrüstung gelöst habe, sagte der Essener Oberstaatsanwalt Wolfgang Reinicke. Erst in einigen Wochen werde mit einem abschließenden Bericht gerechnet, sagte Reinicke. Bei den Ermittlungen zum Tod Möllemanns deuten viele Indizien auf Selbsttötung. Selber geprüftWesterwelle sagte: "So tragisch auch das ist, was in der letzten Woche passiert ist, so tragisch auch das menschliche Schicksal ist, so sehr habe ich mich selber auch geprüft, was man hätte anders machen können." Nach den Hinweisen auf massive Gesetzesverstöße seines früheren Stellvertreters habe er nach Recht und Gesetz dies aber nicht unter den Teppich kehren können. Er hätte sich selber strafbar gemacht und "die Partei in die Gefahr des politischen und finanziellen Ruins getrieben", sagte Westerwelle. "Das ist eine schwierige, auch menschlich ganz schwierige, zehrende und auch zerrende Situation, in der man sich befindet ... aber eine echte Alternative hatte ich jedenfalls nicht", beurteilte Westerwelle seine Position in der Diskussion um Möllemann. Gegen den früheren NRW-Parteichef hatte die FDP Ausschlussverfahren aus Partei und den Fraktionen in Berlin und Düsseldorf eingeleitet. "Verwunderlich" ist für Westerwelle, wie viele Kommentatoren und Beobachter, "die ein halbes Jahr geschrieben haben, man sei nicht entschieden und hart genug gewesen, jetzt schreiben, man sei zu hart gewesen." Es war die erste Sitzung des FDP-Präsidiums nach dem Tod des ausgetretenen früheren Partei-Vize. Möllemann war am Freitag - acht Tage nach seinem tödlichen Fallschirmsprung - in seiner Heimatstadt Münster beerdigt worden.

Spanien entscheidet sich gegen US-Hubschrauber

Regierung will laut Bericht "Tiger"-KampfhubschrauberSpanien entscheidet sich gegen US-Hubschrauber

Madrid (rpo). Nach einem Zeitungsbericht wird sich Spanien bei seiner Neuanschaffung von Militär-Ausrüstung gegen einen US-Hubschrauber und für ein europäisches Modell entscheiden. Das berichtet die spanische Zeitung "El País". Spanien hat sich laut "El País" für das europäische Modell "Tiger" und gegen den amerikanischen "Apache"-Helikopter entschieden. Die konservative Regierung von Ministerpräsident José María Aznar habe nach mehr als einjährigem Zögern beschlossen, 24 "Tiger"-Hubschrauber zu kaufen, berichtete das Blatt am Montag. Das Volumen des Geschäfts betrage 1,3 Milliarden Euro. Die spanischen Streitkräfte hätten eigentlich den "Apache"-Helikopter des US-Herstellers Boeing bevorzugt, weil diese Maschinen in zahllosen Kampfeinsätzen erprobt sind. Madrid entschied sich nach Angaben des Blattes jedoch für die europäische Lösung, weil die europäischen Hersteller den Spaniern den Aufbau einer eigenen Hubschrauber-Industrie in Aussicht stellten. Die "Tiger"-Kampfhubschrauber werden von Eurocopter, einer Tochter des Rüstungs- und Flugzeugbau-Konzerns EADS, produziert. Die spanische Regierung hatte zeitweise erwogen, ihren Auftrag auf beide Hersteller aufzuteilen. Davon sei Madrid jedoch abgegangen, berichtete das Blatt. Für die Streitkräfte wäre es zu kompliziert gewesen, die Piloten für zwei verschiedene Hubschraubertypen auszubilden. Nach Angaben von "El País" wartet die Regierung nur noch auf einen geeigneten Anlass, ihre Entscheidung zu verkünden.

Fischer besorgt über iranisches Nuklearprogramm

EU-Außenminister bereiten Erklärung vorFischer besorgt über iranisches Nuklearprogramm

Luxemburg (rpo). Beim Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg hat sich der deutsche Außenminister Joschka Fischer besorgt über das iranische Nuklearprogramm geäußert. Gleichzeitig hob Fischer die Chance auf einen demokratischen Wandel in dem Land hervor. Die jüngsten Äußerungen aus Teheran gäben "Anlass zu großer Sorge", sagte Fischer am Montag beim Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg. "Gleichzeitig hat der Iran eine große Chance, einen friedlichen demokratischen Wandel herbeizuführen." Er hoffe, dass das Land diese Chance ergreifen werde, sagte Fischer. "Dieser Wandel liegt im Interesse des Landes, aber auch der iranischen Jugend." Die USA werfen Teheran vor, an der Entwicklung einer Atombombe zu arbeiten. Iran hat hingegen erklärt, sein Atomprogramm ausschließlich zur Stromerzeugung zu nutzen. Begleitet wird die Entwicklung von anhaltenden Protesten gegen die Machthaber in Teheran. Offenlegung gefordertDie Minister bereiteten eine Erklärung zum Thema Iran vor. In einem Entwurf dazu forderte die EU Teheran zur Offenlegung seines Nuklearprogramms auf. Iran müsse "alle Fragen im Zusammenhang mit seinem Nuklearprogramm ohne Verzögerung, vollständig und angemessen beantworten", hieß es darin. Das Land müsse dazu lückenlos mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zusammenarbeiten sowie ein Zusatzprotokoll abschließen und auch umzusetzen. "Dies wäre ein wichtiger Schritt, wenn der Nachweis geführt werden soll, dass Iran ... friedliche Absichten mit dem Nuklearprogramm verfolgt", hieß es weiter. Mit dem iranischen Programm befasste sich am Montag auch der IAEA-Gouverneursrat in Wien. Vor zehn Tagen war in einem UN-Bericht festgestellt worden, dass Iran seinen Verpflichtung zur Offenlegung seines Atomprogramms nicht nachgekommen sei. Besorgt äußerten sich die EU-Außenminister auch über die politische Situation in Iran. Die Aufnahme von Verhandlungen über engere Handelsbeziehungen hat die EU abhängig von iranischen Fortschritten in Bezug auf Menschenrechte, Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, Kampf gegen den Terrorismus und im Nahost-Friedensprozess gemacht. "Der Rat ist in Bezug auf diese Fragen weiterhin sehr besorgt", erklärten die Minister.

Chancen für Vorziehen der Steuerreform steigen

Kanzler nennt drei BedingungenChancen für Vorziehen der Steuerreform steigen

Berlin (rpo). Eine vorgezogene Steuerentlastung wird konkreter: Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Entlastung nun an drei Bedingungen geknüpft. Bundeskanzler Gerhard Schröder nannte dafür am Montag in Berlin drei Bedingungen: die Umsetzung der Agenda 2010, Subventionsabbau und einen "passenden Haushalt". "Dann würde ich das für wünschenswert halten", sagte er. Auch die Grünen schwenkten auf diese Linie ein. Die Union, die diesem Schritt im Bundesrat zustimmen muss, warnte davor, die Bürger durch die Hintertür neu zu belasten. Schröder zeigte sich erstmals öffentlich bereit, eine Vorverlegung der dritten und letzten Steuerreformstufe von 2005 auf 2004 in Erwägung zu ziehen. Das würde zusätzliche Steuerentlastungen von 18 Milliarden Euro bringen. Als erstes müsse aber die Agenda 2010 umgesetzt werden, meinte Schröder vor einer Sitzung des SPD-Präsidiums. Danach müsse ein Haushalt aufgestellt werden, der die Ziele der Agenda unterstütze. "Wenn dann noch Luft und Raum bleibt", sei er gerne zu einem Vorziehen der letzten Stufe bereit, "aber unter den Bedingungen und in der Reihenfolge". Schröder betonte, ein solcher Schritt müsse so solide finanziert werden, wie Finanzminister Hans Eichel sich das vorstelle, also durch Subventionsabbau. "Wenn das konjunkturgerecht geht, also ohne Steuererhöhungen an anderer Stelle, dann kann man mit mir darüber reden." Die endgültige Entscheidung soll bis Ende Juni fallen. "Aber die Wahrscheinlichkeit ist größer geworden", sagte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering. Wenn ein Vorziehen des Entlastungsschritts möglich wäre, "wäre das gut". Auf breite Ablehnung stieß die Forderung des SPD-Linken Michael Müller, Besserverdienende vorerst nicht zu entlasten und den geltenden Spitzensteuersatz bis 2005 bei 48,5 Prozent zu halten. "Das Gesetz ist beschlossen", betonte Müntefering. Es noch einmal zu verändern, wäre illusionär. Ähnlich äußerten sich SPD-Generalsekretär Olaf Scholz und die Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel. Die dritte Stufe der Steuerreform sieht vor, den Spitzensteuersatz auf 48,5 auf 42 Prozent zu senken. Müller sagte laut "Financial Times Deutschland", mit dem Geld, dass durch den Verzicht auf die Senkung eingespart werde, könne ein Investitionsprogramm für Forschung, Bildung und Innovation bezahlt werden. Union warnt vor "Taschenspielertricks"Auch Grünen-Chefin Angelika Beer nannte den drastischen Abbau von Subventionen als Bedingung. Dabei müsse es aber um deutlich mehr als die von den Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) vorgeschlagenen Pauschalkürzungen gehen, sagte sie. Scheel verlangte im NDR, vor allem ökologisch schädliche Subventionen wie die Steinkohleförderung zu streichen. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer erklärte, "dass man bei der Steinkohle schneller runter gehen kann". Scholz wollte sich nicht konkret äußern. Die Union lehnte Kürzungen beim Bürger zur Gegenfinanzierung einer vorgezogenen Steuerreform strikt ab. Ausgaben müssten beim Staat selbst zurückgeführt werden. "Wenn der Bürger mehr in der Tasche haben soll, damit mehr Nachfrage entsteht, dann geht es darum, dass der Staat zunächst einmal spart", betonte Meyer im ARD-Morgenmagazin. Finanzexperte Friedrich Merz erklärte im MDR, er sei nur das Vorziehen, wenn die Bürger wirklich entlastet würden. Alles andere wäre ein "Taschenspielertrick"

Zehn-prozentige Eigenbeteiligung an Arztrechnungen

Unions-Fraktionsspitze billigt Gesundheits-BeschlussZehn-prozentige Eigenbeteiligung an Arztrechnungen

Berlin (rpo). Die Union-Fraktionsführung hat den von den Parteispitzen von CDU und CSU ausgehandelten Kompromiss zur Gesundheitsreform gebilligt. Demnach sollen Kassen-Patienten künftig zehn Prozent der Arztrechnung aus der eigenen Tasche zahlen und Kosten für Zahnersatz selbst tragen. Die Vorschläge seien mit großem Beifall, ohne Gegenstimme aufgenommen worden, hieß es am Rande einer Sitzung am Montagabend in Berlin. Der stellvertretende Fraktionschef Horst Seehofer (CSU) nahm nicht an der Sitzung teil. Seehofer hatte sich gegen den Vorschlag ausgesprochen, der am Morgen von CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber abgesprochen worden war. Am Mittwoch will sich der Bundestag mit der geplanten rot- grünen Gesundheitsreform befassen. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber verständigten sich am Montagmorgen telefonisch auf ein gemeinsames Gegenkonzept. CSU-Gesundheitsexperte Horst Seehofer hatte zuvor mit seiner Forderung nach einer Bürgerversicherung heftigen Streit in der Union entfacht. Seiner Vorstellung nach sollten alle - auch Beamte, Selbstständige und Politiker - in die Krankenversicherung einzahlen. Dies war bei der CDU auf heftige Ablehnung gestoßen. Private Zusatzversicherung für ZahnersatzWidmann-Mauz erklärte, die Unionspläne würden bereits im ersten Jahr ein deutlich höheres Einsparvolumen erreichen als die von Rot-Grün geplante Gesundheitsreform. Die Kosten für Zahnersatz sollten von den Versicherten künftig selbst getragen werden. Kassenmitglieder könnten sich für etwa 7,50 Euro im Monat für die Leistungen privat absichern, sagte die CDU-Gesundheitsexpertin. Die Union verspreche sich davon Einsparungen von 3,5 bis 4 Milliarden Euro pro Jahr. Wenn Versicherte in Zukunft zehn Prozent der Kosten für Arzt- und Krankenhausbehandlungen selbst tragen müssten, könnte die gesetzliche Krankenversicherung um sechs bis acht Milliarden Euro pro Jahr entlastet werden. Versicherte sollten allerdings nicht mehr als zwei Prozent ihres Bruttojahreseinkommens für die private Eigenbeteiligung zahlen müssen, sagte Widmann-Mauz. Die Behandlung kranker Kindern und die Krankheitsvorsorge seien von der Zehn-Prozent-Klausel ausgenommen. Ferne wolle die Union durch Abbau von Bürokratie bei Kassen und Krankenhäusern pro Jahr eine Milliarde Euro an finanziellem Spielraum für die defizitgeplagten Kassen gewinnen. Die Union erhofft sich von ihrem Konzept Einsparungen von knapp 20 Milliarden Euro und einen Beitragssatz von unter 13 Prozent. Momentan müssen die gesetzlich Versicherten durchschnittlich 14,3 Prozent ihres Bruttoeinkommens an die Krankenkasse entrichten. Zuvor hatte der CSU-Politiker Seehofer in der "Süddeutschen Zeitung" (Montagausgabe) die Vorschläge als unsozial abgelehnt mit der Begründung, die Union könne den Bürgern gleich eine Gehaltskürzung von zehn Prozent vorschlagen. Bei einer Privatisierungsorgie mache er nicht mit, zitierte ihn die Zeitung.

SPD-Linke will Spitzenverdiener später entlasten

Steuerreform soll eigentlich vorgezogen werden, aber...SPD-Linke will Spitzenverdiener später entlasten

Hamburg (rpo). Nach ihrem Scheitern gegen die Agende 2010 von Bundeskanzler Schröder mischen die Linken seiner Partei jetzt in der Diskussion mit. Und haben gleich einen neuen Vorschlag: Bei der vorgezogenen Steuerreform sollen die Spitzenverdiener zunächst außen vorbleiben.SPD-Fraktionsvize Michael Müller sagte der "Financial Times Deutschland" (Montag): "Sollten wir im Zusammenhang mit der Steuersenkung ein konjunkturell sinnvolles Investitionsprogramm erarbeiten können, müssten wir zur Finanzierung notfalls auch sagen können: Die Besserverdienenden müssen noch ein Jahr auf ihre Steuersenkung warten." Rot-Grün will die dritte Stufe der Steuerreform von 2005 auf 2004 vorziehen. Er erwarte in den kommenden Wochen eine rege Debatte in der Partei, über die mögliche Reduzierung des Spitzensteuersatzes von 48,5 auf 42 Prozent, sagte Müller. Während die geplanten Steuersatzreduzierungen für untere und mittlere Einkommensklassen sinnvoll seien, könnte der gängige Spitzensteuersatz länger beibehalten werden, um ein Investitionsprogramm für Forschung, Bildung und Innovation zu finanzieren.

Seehofer: Unionspläne kommen Gehaltskürzung gleich

CDU/CSU streiten um GesundheitsreformSeehofer: Unionspläne kommen Gehaltskürzung gleich

Berlin (rpo). Im Streit um Gesundheitsreformen verschärft sich der Ton - und zwar innerhalb der Union. Denn der CSU-Experte Horst Seehofer hat die Pläne der Schwesterpartei CDU scharf angegriffen. Dann könne man den Bürgern auch gleich Gehaltskürzungen vorschlagen, polterte Seehofer.Vor einem Krisengespräch der Parteivorsitzenden kritisierte Seehofer die CDU-Vorschläge noch heftig. In der "Süddeutschen Zeitung" (Montag) nannte er die CDU- Pläne zur Privatisierung von Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen ein "organisiertes Entlastungsprogramm für Rot-Grün". Die Union könne den Bürgern "gleich Gehaltskürzungen von zehn Prozent vorschlagen". Die Fachleute der CDU wiesen die Vorwürfe zurück.Unionen in großer ZeitnotDie CDU-Vorsitzende Angela Merkel und Edmund Stoiber wollten spätestens aber am Montag, bei einem Telefongespräch nach einer gemeinsamen Linie suchen. "Dabei wird es zu einer Lösung kommen", zeigte sich ein CDU-Sprecher am Abend überzeugt. Bei einer Sitzung des Unions-Fraktionsvorstandes am Montagnachmittag ist das Konzept dann Hauptthema. CDU und CSU sind in großer Zeitnot. Denn der Gesetzentwurf der rot-grünen Regierung soll an diesem Mittwoch im Bundestag beraten werden. Die Bundesregierung will mit der Gesundheitsreform die Kassen um 13 Milliarden Euro entlasten. Im Streit über die Herausnahme der Zahlbehandlung aus der gesetzlichen Krankenversicherung verteidigte die CDU- Gesundheitspolitikerin Hildegard Müller den Kurs ihrer Partei. "Wir haben gerechnet und sind zu der Auffassung gekommen, dass es sozialer ist, über eine Teilprivatisierung nachzudenken", sagte sie der "Berliner Zeitung" (Montag). Seehofer ist aber strikt dagegen. Bürgerversicherung abgelehntWiderspruch kam von Müller auch gegen die so genannte Bürgerversicherung, für die sich Seehofer stark macht. Diese gehe mit ihrem Ziel, die gesetzliche Krankenversicherung auf Beamte und Angestellte auszuweiten, am Ziel vorbei. "Jeder, den wir hereinnehmen, hat auch Leistungsansprüche aus dem System - das ist eine Milchmädchenrechnung, auch wenn sie populär sein mag", sagte Müller. Auch ihr Kollege Andreas Storm (CDU) nannte es im "Tagesspiegel" (Montag) "völlig falsch, eine Bürgerversicherung zu fordern, die gegen alles steht, was die Union bisher einmütig gefordert hat". Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) zeigte sich im ZDF überzeugt, dass sich die Schwesterparteien noch einigen und der Regierung ein Alternativkonzept entgegenstellen. Merkel und CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer wollen sich an diesem Montag mit dem Leiter der CDU-Reformkommission, dem früheren Bundespräsidenten Roman Herzog, zu einer Abstimmung in Sachen Gesundheitsreform treffen.