Kirchen, Gewerkschaften und Grüne üben KritikClement fliegt Feiertags-Diskussion um die Ohren
Frankfurt/Main (rpo). Ein großes Echo hat Wirtschaftsminister Wolfgang Clement auf seinen Vorschlag geerntet, die Zahl der Feiertage in Deutschland zu reduzieren. Allerdings dürfte das Echo Clement kaum erfreuen, hagelt es doch Kritik von Kirchen, Gewerkschaften und Grünen.IG-Metall-Chef Klaus Zwickel erklärte, so würde kein einziger neuer Arbeitsplatz entstehen. Wer mit der Forderung nach längeren Arbeitszeiten die Hoffnung nach mehr Wachstum verbinde, erzähle Unsinn. Auch die Grünen, Kirchenführer und Wirtschaftsexperten kritisierten die von Clement angestoßene Diskussion. Zwickel erklärte, Clement wolle damit nur vom absehbaren Misserfolg der Agenda 2010 ablenken. Längere Arbeitszeiten seien "Gift für die Konjunktur". Der weitere Anstieg der Arbeitslosigkeit sei damit vorprogrammiert. In der gegenwärtigen Situation müsse vielmehr die lahmende Binnenkonjunktur durch mehr öffentliche und private Investitionen angekurbelt werden, sagte der Gewerkschaftschef in Frankfurt am Main. Die Haushaltsexpertin der Grünen im Bundestag, Christine Scheel, bezeichnete die Diskussion darüber als "Quatsch". In den Bundesländern, in denen es mehr Feiertage gebe, sei die Arbeitslosigkeit geringer als woanders, sagte Scheel im ARD-Morgenmagazin. Deutschland liege hier im unteren Mittelfeld. Es mache keinen Sinn, die Wirtschaft dadurch anzukurbeln, indem man Feiertage abschaffe. Kirchen: Feiertage nicht der Wirtschaftslage opfernKritik kam auch vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann. "Die kirchlichen Feiertage sind zu wichtig, als dass man einfach je nach Kassenlage oder wirtschaftlicher Konjunktur über sie verfügen dürfte", sagte der katholische Geistliche der "Saarbrücker Zeitung". Feiertage seien kein Eigentum der Kirchen und auch nicht der Politik, sondern sie gehörten den Menschen. Die Gesellschaft erfahre in diesen Tagen, dass Produktion und Rentabilität nicht den Sinn des Leben ausmachten, erklärte Lehmann. Der Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW), Gustav Horn, sagte der Nachrichtenagentur AP, die Diskussion lohne sich nicht. Ein zusätzlicher Arbeitstag bringe höchstens verschwindend geringes Mehrwachstum. Zudem sei es eine Milchmädchenrechnung, von mehr Arbeitszeit mehr Wachstum zu erwarten. Dies funktioniere nur in Boomzeiten, wenn die Nachfrage nach Arbeit hoch sei. In der aktuellen Flaute führe dies nur zu einem Überangebot an Arbeit, sagte Horn. Handwerkspräsident will Weihnachten nicht antastenClement hatte in einem "Stern"-Interview die hohe Zahl der Feiertage in Deutschland kritisiert. "Wer unseren Feiertagskalender mit dem anderer Staaten vergleicht, der kann auch ins Grübeln kommen", sagte er. "Wir sind, was Urlaubszeit, Feiertage und Arbeitszeit angeht, zweifelsohne an der Grenze angelangt." Rückendeckung erhielt der SPD-Politiker von Handwerkspräsident Dieter Philipp. Der forderte in der Tageszeitung "Die Welt" weniger bezahlte Feiertage. Zudem seien diese so zu organisieren, dass keine Brückentage mehr möglich seien. Kaum ein anderes Land leiste sich so viel Freizeit wie Deutschland. Mit der Vermeidung "unproduktiver Brückentage" könne ein Anfang gemacht werden, sagte Philipp. Diese störten gerade kleine Betriebe und legten oft ganze Verwaltungen lahm. "Aber wir müssen auch über die Abschaffung bezahlter Feiertage nachdenken", erklärte der Handwerkspräsident. Kirchliche Hochfeste wie Weihnachten sollten aber unberührt bleiben.