FDP warnt Union vor BlockadeUnion kritisiert Steuersenkungen - SPD: Aufbruchstimmung
Frankfurt/Main (rpo). Die geplanten Steuersenkungen treffen bei der Union auf heftige Kritik. Der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers fordert die Bundesregierung gleich zum Rücktritt auf. Die SPD ist zuversichtlich, dass von dem Schritt eine Aufbruchstimmung in Deutschland ausgeht.Hessens Ministerpräsident Roland Koch stellte am Sonntagabend Steuererleichterungen als Mittel zur Konjunkturbelebung generell in Frage. Der nordrhein-westfälische CDU-Chef Jürgen Rüttgers forderte den Rücktritt der Bundesregierung. Der Handwerks-Zentralverband (ZDH) lobte dagegen den Beschluss des Kabinetts. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle hat die Unionsparteien erneut vor einer Blockade von Steuersenkungen gewarnt. "Die Union hat ohne die FDP keine Mehrheit im Bundesrat. Die FDP will Steuersenkungen erreichen und sie wird eine Blockade verhindern", sagte Westerwelle der dpa am Montag vor einer Sitzung des Bundesvorstands der Partei in Berlin. Eine weitere Schuldenaufnahme könne und müsse verhindert werden, fügte er hinzu. Von den 69 Bundesratsstimmen stammen 23 von Länderkoalitionen mit den Liberalen.Der Bund der Steuerzahler lobt die Entscheidung der Bundesregierung, die dritte Stufe der Steuerreform auf 2004 vorzuziehen. "Der Schritt, den die Regierung wagt, könnte den Ruck hervorrufen, auf den wir seit langem warten", sagte der Präsident der Organisation, Karl Heinz Däke, dem Konstanzer "Südkurier" (Dienstag). Däke forderte die Union auf, ihre ablehnende Haltung aufzugeben. Es gehe "jetzt wirklich ums Ganze". Parteipolitik und Gruppeninteressen müssten zurücktreten. Däke lehnt aber eine höhere Neuverschuldung ab.Das Vorziehen der dritten Steuerreformstufe mit einer Entlastung der Bürger um 25 Milliarden Euro wird nach Auffassung der SPD Aufbruchstimmung in Deutschland verbreiten. Jetzt müssten alle gemeinsam am Aufschwung mitarbeiten, forderte SPD- Generalsekretär Olaf Scholz am Montag nach einer Abstimmung des SPD- Präsidiums im Umlaufverfahren in Berlin. "Bremser" würden nicht gebraucht, sagte Scholz auch an die Adresse der Union. Von der Kabinettsklausur am Sonntag im brandenburgischen Neuhardenberg gehe ein "Signal des Aufbruchs und der Zuversicht" sowie ein Schub für die ganze Regierung aus. Sie sei bereit, Vorschläge der Bundesländer zum Subventionsabbau zu prüfen. "Abstraktes Reden" darüber müsse aber aufhören, sagte Scholz auf die Frage nach den konkreten SPD-Vorstellungen. Nähere Angaben machte er dazu nicht. "Wenn ein Kanzler nach zwei Tagen Klausur vor das deutsche Volk tritt und sagt, er will die Steuersenkung vorziehen, weiß aber nicht, wie er es bezahlt (..), dann haben wir es mit einer Regierung zu tun, die einräumt, dass sie am Ende ist", sagte Rüttgers in einem Interview der "Kölnischen Rundschau" (Montagausgabe). "Das Beste wäre, die Regierung würde abtreten", fügte er hinzu. Die geplante Gegenfinanzierung der vorgezogenen Steuerreform über weitere Neuverschuldung sei grundgesetzwidrig. Rüttgers empfahl der Union daher, eine Verfassungsklage anzustrengen. Koch kritisierte, dass die Bundesregierung wesentlich mehr Schulden machen müsse. Dies sei schon ohne das Vorziehen der Steuerreform unausweichlich, sagte der Ministerpräsident im ZDF. Er warf Bundesfinanzminister Hans Eichel vor, an unrealistischen Wachstumszahlen festzuhalten. Niedersachsens CDU-Ministerpräsident Christian Wulff hat seine Kritik am geplanten Vorziehen der Steuerreform bekräftigt. "Schröders Milliardengeschenk lenkt davon ab, dass er ohnehin keinen verfassungsgemäßen Haushalt hinbekommt", sagte Wulff der Hannoverschen "Neuen Presse" (Montag). Er fügte hinzu: "Da werden Menschen 2004 18 Milliarden Euro einmalig geschenkt, aber anderswo Jahr für Jahr - etwa bei der Abschaffung des Kilometergeldes für Berufspendler oder der Eigenheimzulage - mehr Milliarden weggenommen." ZDH-Generalsekretär Hanns-Eberhard Schleyer ermahnte Union und Regierung, jetzt an einem Strang zu ziehen. Das Vorziehen der Steuerreform könne einen Stimmungsumschwung in der Wirtschaft einleiten, sagte Schleyer der "Berliner Zeitung" (Montagausgabe). Notwendig sei nun, dass auch spürbare Reformen der sozialen Sicherungssysteme folgen, erklärte Schleyer. Müntefering erwartet Zustimmung im BundesratSPD-Fraktionschef Franz Müntefering erwartet von der Union Zustimmung für das Vorziehen der Steuerreform. Im Deutschlandradio Berlin sagte er am Montag, verantwortungsbewusste Politiker müssten sich immer für neue Wachstumsimpulse einsetzen. "Warten wir mal ab, was das Ergebnis sein wird, wenn der Nebel sich ein bisschen verzieht", sagte er. Auch im Bundesrat würden SPD- und unionsregierte Länder den Sinn der Maßnahme sehen. Anfängliche Skepsis müsse nun gemeinsam aufgehoben werden, erklärte Müntefering. Beim Subventionsabbau müsse man aufpassen, "dass wir den Menschen nicht aus der einen Tasche das Geld nehmen, das wir ihnen in die andere geben." Ziel der Bundesregierung sei es, einen positiven Trend in der Konjunktur zusätzlich zu fördern. "Das Ganze ist auch ein Stück Prinzip Hoffnung, was wir da machen."Wirtschaftsweiser Wiegard skeptisch Dagegen erwartet der Chef der Wirtschaftsweisen, Wolfgang Wiegard, dass dies das Wirtschaftswachstum nicht nennenswert ankurbeln wird. Die Wachstumsprognose der Regierung von zwei Prozent für 2004 sei "reichlich optimistisch", sagte Wiegard dem Berliner "Tagesspiegel" (Montagausgabe). Ob es eine höhere Nachfrage geben werde, hänge davon ab, ob die Bürger das zusätzliche Geld ausgeben würden oder aus Angst vor zukünftigen Steuererhöhungen nun vermehrt sparen würden.