Berliner Tatort "Alles hat seinen Preis" Und wieder Liebe als Mordmotiv

Düsseldorf · Spätestens, als auch Egons Eckkneipe dicht gemacht wird, um einem Matratzen-Discounter zu weichen, ist die Kritik an der knallharten Geschäftswelt wohl auch beim letzten Zuschauer angekommen. Im Berliner Tatort schien das Mord-Motiv lange Zeit Geld zu sein. Doch am Ende war's ein andere Klassiker: die enttäuschte Liebe.

Bilder aus "Tatort: Alles hat seinen Preis"
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Der Taxiunternehmer Klemke, dessen Betrieb in einem Hinterhof wirkt, als habe sich seit den 1970er-Jahren nicht daran geändert, ist tot: Er wird erschlagen an seinem Schreibtisch gefunden. Edith Welziehn (Renate Krößner). Als das Ermittler-Duo Till Ritter (Dominic Raacke) und Felix Stark (Boris Aljinovic) am Tatort eintrifft, verblüfft sie zunächst die Sekretärin: Edith Welziehn, großartig gespielt von Renate Krößner, denkt gar nicht daran, die Abrechnungen liegen zu lassen oder die Rufe der Taxifahrer ungehört. Während ihr Chef in seiner Blutlache am Schreibtisch liegt versucht sie, den Laden einfach weiterlaufen zu lassen.

Weit weniger geschockt wirkt da schon Kremkes erwachsene Tochter Dagmar (Nicolette Krebitz). Sie lebt inziwischen in Australien, will dort eine Tauchschule eröffnen. In Berlin ist sie nur zu Besuch — und natürlich, um ihren verwitweten Vater um das Startkapital zu bitten. Geldsorgen haben auch die Geschwister Ziska (Alwara Höfels) und Pit Zuckowski (Christian Blümel): Ihr liebevoll eingerichteter Delikatessenladen in einem von Kremkes Mietshäusern läuft nicht. Und hier kommt eine weitere Verdächtige ins Spiel: Die vermeintlich abgebrühte Bankerin Christa Meinecke (Tatjana Blacher). Alle vier hatten vor dem Tod des Taxiunternehmers Streit mit ihm.

Der Berliner Tatort "Alles hat seinen Preis" punktet mit sehr überzeugenden Schauspielern und guten Aufnahmen aus dem etwas muffigen Milieu des Mittelstandes. Doch die Geschichte zieht sich hin, es werden zu viele Nebenschauplätze eröffnet, als dass richtige Spannung aufkommen kann. So entpuppt sich die Bankerin schließlich als Schutzengel: Sie versorgt kleine, junge Unternehmer wie die Geschwister Zuckowski mit Krediten, die von den Konten ihrer wohlhabenden Kunden stammen. Schließlich soll ja in der Stadt die Vielfalt erhalten bleiben, die großen Discounter und Handelsketten dürften nicht die kleinen Läden im Viertel verdrängen. Und um auch die globale Wirtschaftskrise ins Gedächtnis der Zuschauer zu rufen, laufen im Radio von Ritter und Starks Dienstwagen laufend Nachrichten über den maroden Staatshaushalt Griechenlands.

Das ist alles ein bisschen viel für den Sonntagskrimi. Zumal am Ende das Motiv etwas plötzlich wieder im Privaten zu finden ist: Die Sekretärin Edith Welziehn musste ihren Traum begraben, mit ihrem Chef den Lebensabend zu verbringen. Dabei war sie seit Jahren Kremkes heimliche Freundin. Doch statt in das kleine Häuschen im Osten zu ziehen, das sich das Paar für den Ruhestand gekauft hatte, wollte der Taxiunternehmer lieber nach Australien auswandern, um mit seiner Tochter eine Tauchschule zu eröffnen. Hätte man diese Geschichte mehr beleuchtet und nicht versucht, auch noch so plakativ Sozialkritik zu üben — es hätte richtig spannend werden können.

(rm)
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