Fall „Neugeboren“ So wird der Bremer „Tatort“ mit drei neuen Kommissaren

Bremen · Das neue Team startet mit dem Fall „Neugeboren“. Die personelle Konstellation ist interessant, das Debüt dennoch etwas anstrengend. Deutschlehrer werden ein Problem bekommen.

 BKA-Expertin Linda Selb (Luise Wolfram, M.) erläutert Mads Andersen (Dar Salim) und Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer), welche Spuren sie am Tatort gefunden hat.

BKA-Expertin Linda Selb (Luise Wolfram, M.) erläutert Mads Andersen (Dar Salim) und Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer), welche Spuren sie am Tatort gefunden hat.

Foto: dpa/Christine Schroeder

Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) kommt aus Bremerhaven nach Bremen und will es allen zeigen. Und deshalb gehen ihre Mundwinkel nach oben, als sie vor einer Leiche steht und feststellt: „Das war kein Selbstmord, das war ein Tötungsdelikt.“ „Und das freut dich?“, fragt ihr Kollege Mads Andersen (Dar Salim). Ja, das freut sie, denn sie wirft sich direkt in die Aufgabe. Während Liv neu anfängt, steht der Däne vor dem Absprung. Zurück nach Kopenhagen will er, immer den nächsten Zug nehmen. Wäre da nur nicht der tote Drogendealer. Und so lässt er Zug um Zug fahren.

„Neugeboren“ heißt der erste Fall des neuen Bremer Teams, zu dem noch die BKA-Ermittlerin Linda Selb (Luise Wolfram) gehört. Der Frischling, der Wikinger und die Besserwisserin müssen aber nicht nur das Tötungsdelikt klären, sondern auch ein aus einer Klinik verschwundenes Neugeborenes suchen. Dessen Mutter macht einen emotional überforderten Eindruck, außerdem hat eine junge Frau in der Sozialsiedlung, in der der Drogendealer wohnte, auch ein Kind bekommen, das sie allein entbunden hat.

Das Team, das unterschiedlicher nicht sein könnte, rauft sich schnell zusammen und ermittelt in einem sozial benachteiligten Milieu. Kinder sind dort ein Statussymbol, ein Zeichen dafür, dass die Teenagermütter immerhin etwas auf die Reihe kriegen, wenn sie schon Schule oder Ausbildung schmeißen. Die Freundin des Ermordeten hat schon zwei Kinder („Dabei ist die Große noch nicht mal von ihm“) und träumt von einer Karriere als Sängerin, die in einer Castingshow beginnt. Dass ihr Partner mit Drogen dealte, war für sie kein Problem. „Er wollte uns halt was bieten, hätte  er arbeiten sollen, oder was?“, fragt sie und reckt ihr Smartphone in die Höhe. „Das neueste Modell.“

Alles zusammengenommen ist das schon eine sehr klischeebehaftete Darstellung von Armut. Weniger abwertend wurde das Thema erst kürzlich zum Beispiel in dem Fall „Sabine“ aus der Rostocker „Polizeiruf“-Reihe abgebildet, in dem sich eine hart arbeitende und schlecht bezahlte Frau gegen das System stellt.

Die Bremer Kommissare sind drei spannende Typen, über die sicher noch viel zu erzählen sein wird. Zum Beispiel, wie der Däne Mads bei der deutschen Polizei gelandet ist und warum Livs erste Leiche ausgerechnet ihr Vater war. Ihr Debüt ist allerdings ein wenig sperrig, dem neuen Personal muss man sich noch annähern. Zwar ist der Weg zur Aufklärung spannend, aber so ganz trifft der Fall nicht den richtigen Ton. Zwischen ein paar witzigen Dialogen tauchen immer wieder künstlich wirkende Sätze auf wie „Der Tod ist ein linkshändiger Aushilfswichser“ oder „Das Leben fängt scheiße an und hört scheiße auf – und dazwischen tut es so, als gebe es Kuchen.“ Diese Gossenphilosophie ist eine Herausforderung für Deutschlehrer  und andere Sprachpuristen. Die müssen auch angesichts anderer Aussagen stark sein. Der Tatverdächtige erklärt sein Motiv mit dem Lückentext „Der muss doch tot, Mann“. Und auf die Frage, wo die Tatwaffe sei, antwortet er: „Hab sie in die Weser.“ Stellt sich die Frage, ob das in seiner Authentizität gelungen ist oder nur ein weiteres Klischee.

„Tatort: Neugeboren“, Das Erste,
Mo., 20.15 Uhr

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