Ärger um Interview-Sendetermin "Besser als die ARD hat noch niemand den #Snowden versteckt"

Düsseldorf · Dem NDR gelingt es, Edward Snowden für das weltweit erste TV-Interview vor die Kameras zu holen. Doch nicht etwa das, was der Whistleblower zu sagen hatte, beschäftigt die Netzwelt nach der Ausstrahlung in der ARD - sondern die Frage, warum der Sender das Interview so gut versteckt hatte. Die Kritik ist groß.

 Edward Snowden im Gespräch mit dem Autoren Hubert Seipel.

Edward Snowden im Gespräch mit dem Autoren Hubert Seipel.

Foto: NDR/Knut Sodemann

Es war eigentlich ein klassischer Sonntagabend in der ARD. Um 20.15 Uhr lief wie gewohnt der "Tatort", dann folgte die wöchentliche Diskussionsrunde bei Günther Jauch. Wäre da nicht das exklusive Interview mit Edward Snowden gewesen, das der NDR-Autor Hubert Seipel in Russland führte. Doch das zeigte die ARD nicht etwa zur besten Sendezeit, sondern erst am sehr späten Abend. Das Kuriose: In Jauchs Talkshow wurde bereits über das Interview diskutiert, obwohl es erst im Anschluss zu sehen war.

Die Netzwelt reagierte entsprechend irritiert. "Nur, damit ich das richtig verstehe: Man diskutiert ein Interview, das wir noch nicht gesehen haben, das aber danach kommt", schrieb etwa ein User bei Twitter. Und Micky Beisenherz, unter anderem Autor für das Dschungelcamp, bemerkte bei dem Kurznachrichtendienst: "Das Interview kommt dann tatsächlich erst um 23:05 Uhr. Besser als die ARD hat noch niemand den #Snowden versteckt." Und selbst Marina Weisband, frühere Geschäftsführerin der Piraten, die als Gast bei Jauch mitdiskutierte, bemerkte bei Twitter: "Gestern bei #Jauch hätte ich es cooler gefunden, das #Snowden Interview vorher sehen und danach darüber reden zu können."

Auch der Mediendienst kress.de bemerkt auf seiner Webseite: "Die Starrheit des Programmschemas verlangte offenbar, dass man wie gewohnt um 21:45 Uhr erst am "Günther Jauch"-Talk festhielt. Das Bizarre dabei: 4,75 Mio Gesamtzuschauer, darunter 890.000 14- bis 49-Jährige (7,2%), diskutierten darin die Bedeutung der Snowden-Thesen, die man erst nach Ablauf der Sendung im Wortlaut zu hören bekam. Kein Ruhmesblatt für den öffentlich-rechtlichen Informations- und Meinungsbildungsanspruch."

Die Sache mit den Auslandsrechten

Doch nicht nur die Sendezeit selbst, sondern auch die Rechtelage rund um das Interview werfen bei manchem Fragen auf. Denn aus dem Ausland war das Gespräch nicht zu sehen. Und auch im Original-Ton konnten die Sender das Interview nicht anbieten. Die Begründung des Senders: Man verfüge nicht über die erforderlichen Rechte. Entsprechend groß war auch der Unmut der Internetuser.

"Die rechtliche Beschränkung des #Snowden Interviews ist doch wohl nicht euer Ernst. Das ist mehr als peinlich und ärgerlich!", bemerkt etwa ein User bei Twitter. Dass man es nur in Deutschland sehen könne, sei "ja maximal lächerlich", bemerkt ein anderer. Und ein weiterer Twitterer schreibt: "Liebe @ard, dass ihr als *Sendeanstalten* das #snowden ding wg urheberrecht nicht ganz, weltweit und im orig verbreitet bekommt ist traurig."

Der NDR jedenfalls scheint schon im Vorfeld geahnt zu haben, dass einige Fragen aufgrund des Sendetermins aufkommen werden. Denn bereits einen Tag vor der Ausstrahlung hat der Sender auf seiner Webseite die wichtigsten Fragen rund um das Interview auf seiner Webseite beantwortet. Man habe, so heißt es dort, den nächsten erreichbaren Sendetermin gewählt, "auf dem eine Begleitung durch eine politische Gesprächssendung möglich ist", und das sei eben der Sonntagabend mit dem Jauch-Talk gewesen, zumal man nach dem "Tatort" möglichst viele Menschen erreiche.

NDR: Kernaussagen schon bei Jauch zu sehen

"Wir betrachten den Abend als Zusammenhang. Wir haben also um 21.45 Uhr bei 'Günther Jauch' begonnen, uns ausführlich mit dem Interview zu beschäftigen." Schließlich habe man die Kernaussagen des Whistleblowers auch schon in der Talkshow gezeigt. Auf die eigene Frage, warum nicht erst das Interview gezeigt werde und anschließend darüber diskutiert wurde, wie es sonst üblich ist, kann der Sender keine wirklich befriedigende Antwort geben.

Auch warum der Sender nicht die Auslandsrechte und die Rechte für die Ausstrahlung des Originaltons besitzt, wird in dem Fragenkatalog nicht beantwortet. Das Online-Medienmagazin dwdl.de hat deshalb beim Sender nachgehakt und bekam via Twitter die Antwort, dass die englischsprachigen Rechte bei der Produktionsfirma lägen — CineCentrum. Diese sei aber eine 100prozentige Tochter des NDR. Und so fragt das Online-Magazin: "Zu welchen Konditionen verkauft eigentlich eine NDR-Tochter dem eigenen Mutterhaus ein Interview?"

Der NDR und auch die ARD beschränkten sich übrigens am Montagmorgen bei Twitter damit, noch einmal auf das Interview zu verweisen. Denn das ist zumindest online abrufbar.

(das)
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