Protest vor Kretschmers Gartenzaun Corona-Demonstranten statten Sachsens Ministerpräsidenten Besuch ab

Großschönau · Mehrere Personen haben Sachsens Ministerpräsident Michael Kretzschmer vor seinem Privatgrundstück einen Besuch abgestattet und so ihren Frust gegen die Corona-Regeln geäußert. Der Regierungschef hörte zu und diskutierte mit ihnen - am eigenen Gartenzaun.

 Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer.

Foto: dpa/Robert Michael

Eine Gruppe von etwa 30 Menschen hat am Sonntagmorgen vor dem Privatgrundstück des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) in Großschönau gegen die Corona-Maßnahmen protestiert. Nach Polizeiangaben sprach der CDU-Politiker mit den etwa 30 Menschen am Gartenzaun. Nach etwa 15 Minuten endete die Debatte und alle Personen verließen den Ort.

„Es war für mich keine bedrohliche Situation. Es ist mir wichtig mit den Menschen zu reden, in der Hoffnung, sie zu überzeugen“, sagte Kretschmer der Deutschen Presse-Agentur. Als jedoch eine Frau demonstrativ ein Halstuch in den Farben der Reichskriegsflagge über ihren Mund zog, sei für ihn eine Grenze erreicht gewesen. „Dann habe ich das Gespräch abgebrochen. Das ging zu weit“, sagte der 45-Jährige. Betroffen habe ihn bei dem Gespräch gemacht, dass die protestierenden Menschen vor seinem Haus, einen „derartigen Unwillen zeigen, Realitäten zur Kenntnis zu nehmen.“

Eine Vielzahl der versammelten Menschen trug laut Polizei keinen Mund-Nasen-Schutz und hielt nur teilweise die erforderlichen Abstände ein. Die Beamten stellten die Identitäten der noch Anwesenden fest. Zudem wurde eine Anzeige wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz gestellt.

Zuvor hatte Sachsens Ministerpräsident rückblickend Fehler in der Corona-Politik vom Herbst eingeräumt. Die Landespolitik sei damals aufgrund der allgemeinen Stimmung zu zögerlich mit harten Maßnahmen gegen die Pandemie gewesen, sagte Kretschmer der in Chemnitz erscheinenden „Freien Presse“ (Samstag).

Sachsen und Thüringen haben derzeit die bundesweit höchsten Inzidenzwerte. In Sachsen lag die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz laut Robert Koch-Institut am Samstag bei 339, in Thüringen bei 289. Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte in dieser Woche eingeräumt: „Die Kanzlerin hatte recht und ich hatte unrecht.“

In der Rückschau wäre es besser gewesen, das Land deutlich früher herunterzufahren, „auch wenn das bestimmt viel Unverständnis in der Bevölkerung ergeben hätte“, sagte nun auch der sächsische Regierungschef. Am 14. Oktober hatten sich die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) getroffen und sich einem von der Kanzlerin angestrebten härteren Kurs zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie verweigert.

Kretschmer sagte der „Freien Presse“, erst durch den Besuch mehrerer Kliniken in Sachsen am 11. Dezember sei ihm die Dramatik bewusst geworden: „Mir war nicht klar, dass das Personal in Aue schon seit sechs Wochen vor meinem Besuch am Limit arbeitete.“, Kretschmer fügte hinzu: „Ich hätte mir gewünscht, dass ich früher gewarnt worden wäre.“ Auf Vermerke allein dürfe man sich nicht verlassen, „dann geht es schief“, betonte er.

Am Freitagabend hatte das sächsische Kabinett wegen der anhaltend hohen Infektionszahlen den Corona-Lockdown bis zum 7. Februar verlängert. Neben zahlreichen Geschäften, der Gastronomie sowie den Kultur- und Sporteinrichtungen bleiben die Schulen, Internate und Kitas weiterhin geschlossen.

Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) erklärte am Sonntag in Dresden, dass es weiterhin eine Vielzahl von Corona-Infektionen in Alten- und Pflegeeinrichtungen gebe. Konkret seien 266 Einrichtungen mit 860 betroffenen Mitarbeitern und 1.979 betroffenen Bewohnern zu verzeichnen. Köpping mahnte zur regelmäßigen Testung der Beschäftigten: “Ich appelliere eindringlich an die Verantwortung der Träger und Heimleitungen, die Testungen wie angeordnet durchzuführen.„

“Wir wollen, dass die Mobilität eingeschränkt wird", betonte am Freitagabend Sachsens stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD). Zugleich kritisierte er, dass in sächsischen Unternehmen zu häufig die Corona-Schutzregeln nicht eingehalten würden.

(mja/dpa)
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