Corona in Afrika Impf-Beauftragter enttäuscht über ausbleibende Impfstoff-Lieferungen

Nairobi · Nur ein Prozent der 1,3 Milliarden Bewohner Afrikas sind vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Und die Aussicht, dass diese Zahl rasch steigt, ist gering. Dabei steckt Afrika mitten in einer neuen Corona-Welle.

   In Afrika bleibt der Impfstoff Mangelware. Nur sehr wenige Menschen sind vollständig geimpft.

In Afrika bleibt der Impfstoff Mangelware. Nur sehr wenige Menschen sind vollständig geimpft.

Foto: dpa/Themba Hadebe

Die Afrikanische Union fühlt sich von Europa bei der Versorgung mit Corona-Impfstoffen im Stich gelassen. „Nicht eine Dosis, nicht eine Ampulle hat eine europäische Fabrik in Richtung Afrika verlassen“, sagte der AU-Sondergesandte für die Beschaffung von Corona-Impfstoffen, Strive Masiyiwa, am Donnerstag. Nach Zusagen der europäischen Staaten für Impfstoff-Spenden seien schlicht keine Lieferungen erfolgt.

Hätten die Staats- und Regierungschefs Afrikas im vergangenen Dezember gewusst, dass es so kommen würde, hätten sie möglicherweise andere Entscheidungen getroffen und sich nicht auf solche Zusagen verlassen. Viele wohlhabende Staaten würden sich einfach zurücklehnen und sagen, die versprochenen Impfstoffe würden kommen, aber es passiere nichts. „Wir als Afrikaner sind enttäuscht.“

Masiyiwa äußerte sich auch enttäuscht über die Impfinitiative Covax, die eigentlich bei der Verteilung von Impfstoffen für Menschen in ärmeren Ländern helfen soll. Diese habe entscheidende Informationen nicht weitergegeben, unter anderem die, dass wichtige Spender ihre Zusagen nicht einhalten.

Covax habe versprochen, bis zum Jahresende 700 Millionen Dosen nach Afrika zu liefern, sagte Masiyiwa. Mitte des Jahres seien es insgesamt nur 65 Millionen, weniger als 50 Millionen davon über Covax. Sprecher der Impfinitiative reagierten zunächst nicht auf Anfrage nach einem Kommentar.

Nur ein Prozent der afrikanischen Bevölkerung von 1,3 Milliarden Menschen sei vollständig geimpft, sagte der Leiter der Gesundheitsbehörde Africa CDC, John Nkengasong. Und gerade jetzt greife das Virus wieder aggressiv um sich. Mehrere Länder melden überfüllte Krankenhäuser, fehlenden Sauerstoff und eine zunehmend kritische Lage vor allem in ländlichen Gebieten. „Wir sind sehr weit weg von unserem Ziel. Wir wollen nicht als Covid-Kontinent gesehen werden...Die Stadien (in Europa) sind voller junger Leute, die jubeln und sich umarmen, und wir in Afrika können das nicht tun.“

Ein kleiner Lichtblick sei, dass kommende Woche die ersten von den USA zugesicherten Lieferungen mit Vakzinen von Johnson & Johnson und Biontech/Pfizer erwartet würden, sagte Nkengasong.

Geplant sei gewesen, dass über Covax 20 Prozent der Impfdosen beschafft werden, die Afrika braucht, sagte der Impf-Beauftragte Masiyiwa. Der Rest sollte von den Nationen Afrikas kommen, die auch bereits 400 Millionen Impfdosen gekauft hätten. Doch es seien Impfungen für 800 Millionen Afrikaner - meist mit zwei Dosen - nötig, um zumindest 60 Prozent der Bewohner des Kontinents zu impfen. Egal, ob ein afrikanisches Land über das Geld verfüge oder nicht, es sei wegen der Knappheit der Impfstoffe und den fehlenden Exporten der Industrienationen und Indiens unmöglich gewesen, an mehr Impfstoffe zu kommen, sagte Masiyiwa.

Er beklagte auch, dass die Afrikaner von Europa bei der verzweifelten Suche nach Impfstoff im Kreis geschickt worden seien. Die Europäer hätten Geld an Covax gegeben, das wiederum Impfstoff in Indien bestellt habe. Aber die dort hergestellte Version des Vakzins von Astrazeneca werde in der EU gar nicht voll anerkannt, sagte Masiyiwa. „Es ist offensichtlich, wo das Problem liegt.“

(june/dpa)
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