Corona in Europa WHO macht Fußball-EM für steigende Infektionszahlen verantwortlich
Kopenhagen · Erstmals seit zehn Wochen verzeichnet die Weltgesundheitsorganisation für Europa wieder steigende Corona-Fallzahlen. Diese Trendwende sei angetrieben von „Reisen, Lockerungen und Zusammenkünften“ - und von der Fußball-EM. Um eine neue Welle zu verhindern, brauche es Disziplin.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) macht die Menschenmassen bei der Fußball-EM für den Wiederanstieg bei den Corona-Zahlen in Europa verantwortlich. Das Zusammentreffen vieler Fans aus verschiedenen Ländern und Regionen in den Stadien, aber auch beim Public Viewing in Kneipen und Bars treibe derzeit das Infektionsgeschehen wieder in die Höhe, erklärte die WHO am Donnerstag. Nach einem zehnwöchigen Rückgang seien die Ansteckungszahlen in Europa in der vergangenen Woche um zehn Prozent gestiegen. Auslöser seien die Menschenmengen in den Gastgeberstädten der Euro 2020, Reisen und die Lockerung der Kontaktbeschränkungen. Eine neue Corona-Welle sei unvermeidlich, wenn Vorsicht und Wachsamkeit aufgegeben würden.
"Wir müssen viel mehr als nur die Stadien betrachten", sagte die leitende Krisenexpertin der WHO, Catherine Smallwood." Es gehe auch darum, wie die Menschen dorthin kommen, ob sie etwa in überfüllten Bussen unterwegs seien oder in vollen Bars und Kneipen die Spiele verfolgen. "Es sind diese kleinen, kontinuierlichen Ereignisse, die die Ausbreitung des Virus vorantreiben", sagte Smallwood. Die Furcht vor einer neuen Corona-Welle im Herbst bestehe weiter. "Aber was wir jetzt sehen, ist, dass sie sogar noch früher kommen könnte."
Bundesinnenminister Horst Seehofer kritisierte in diesem Zusammenhang den europäischen Fußballverband Uefa wegen der weiteren anstehenden EM-Spiele in London, wo die Halbfinals und das Endspiel stattfinden sollen. "Ich halte diese Position der Uefa für absolut verantwortungslos", sagte der CSU-Politiker in Berlin. Es sei vorgezeichnet, dass ein Fußballspiel mit 60.000 Zuschauern das Infektionsgeschehen befördere, vor allem in einem Land, das bereits stark von der hochansteckenden Delta-Variante betroffen sei. Dabei verwies er auch auf einen Vorfall mit infizierten Fans aus Schottland, die zum Spiel gegen England in London waren. Die schottischen Behörden hatten am Mittwoch mitgeteilt, dass von den Tausenden Fans, die zu dem Spiel gegen England am 18. Juni nach London gereist waren, fast 2000 mit dem Coronavirus infiziert waren. Knapp 400 von ihnen seien unter den rund 20.000 Zuschauern im Wembley-Stadion gewesen, andere hätten das Spiel im Stadtzentrum verfolgt.
Die Uefa erklärte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Schutzmaßnahmen an den Austragungsorten "vollständig mit den Vorschriften der zuständigen lokalen Gesundheitsbehörden übereinstimmen".