Fortschritt der Impfkampagne Lauterbach hält Auffrischung bei starker Delta-Ausbreitung für nötig
Exklusiv | Düsseldorf · Eine neue Studie macht Hoffnung, dass die Impfungen mit mRNA-Impfstoffen lange Zeit wirken. Doch Gesundheitsexperten sind skeptisch, dass die Wirksamkeit hoch genug bleibt. Sie schließen Auffrischungsimpfungen weiterhin nicht aus - und haben Forderungen an die Bundesregierung.
Neue Studiendaten aus den USA haben gezeigt, dass der Schutz durch eine Covid-19-Impfung lange anhält. Ein Forscherteam der Washington University School of Medicine konnte nachweisen, dass der Körper auch viele Monate nach einer Impfung mit dem Präparat von Biontech noch spezifische Antikörper gegen Sars-Cov-2 bildet. Die Studie hat die Hoffnung genährt, dass bei den mRNA-Impfstoffen keine regelmäßige Auffrischungsimpfung notwendig ist. Doch deutsche Gesundheitspolitiker verschiedener Parteien stellten in Frage, ob die Daten ausreichen, um Auffrischungsimpfungen generell auszuschließen.
So bestätigte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zwar, dass sich die Bildung von spezifischen Antikörpern auch viele Monate nach der Impfung noch feststellen ließe. Das spreche sehr dafür, dass die Impfstoffe lange wirken, so Lauterbach. „Die relevante Frage ist aber, ob sie lange gut genug wirken.“ Es sei gut möglich, dass die mRNA-Impfstoffe den „wichtigen Teil ihrer Wirksamkeit“ verlieren, sagte der SPD-Gesundheitspolitiker. Somit könne die Studie nicht beantworten, ob und wann Auffrischungsimpfungen notwendig sein werden. „Es kann durchaus sein, dass in sechs Monaten diejenigen, die bereits zu Beginn dieses Jahres geimpft wurden, eine Auffrischung benötigen“, sagte Lauterbach. Die Impfwirkung lasse besonders bei Älteren und Vorerkrankten nach, also der Gruppe mit den höchsten Risiken. „Eine geringere Impfwirkung wäre hier nicht vertretbar“, so Lauterbach.
Auch der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen nimmt bei den Booster-Impfungen die Risikogruppen in den Blick. „Es wäre Aufgabe der Bundesregierung durch Forschungsförderung, transparente Aufklärungsarbeit und funktionierende Krisenkommunikation hier für weitergehende Erkenntnisse und eine klare Definition dieser Personengruppen zu sorgen, um zielgerichtete Booster-Impfungen jetzt vorzubereiten“, forderte Dahmen. Zugleich geht er derzeit nicht davon aus, dass bereits im Herbst „breitflächige Auffrischungsimpfungen“ notwendig sein werden.
Mit Blick auf die US-Studie mahnte Dahmen an, zwischen unterschiedlichen Schutzfunktionen zu unterscheiden. Es lägen zwar „ermutigende, wissenschaftliche Daten für einen längerfristigen Eigenschutz geimpfter Menschen für die mRNA-Impfstoffe“ vor - „allerdings ist noch unklar, ob auch der Schutz davor, andere Menschen nicht anstecken zu können, gleich lang erhalten bleibt“. Auch hier sei es „dringend erforderlich“, dass die Bundesregierung für eine bessere Datengrundlage sorge, etwa indem mit jedem PCR-Test erfasst werde, ob die getestete Person geimpft oder erkrankt war. „So könnten wir systematisch für alle Impfstoffe in Deutschland frühzeitig feststellen, wann unterschiedliche Schutzfunktionen nachlassen“, so der Grünen-Politiker.