Wegen Spionage-Vorwürfen Kanadischer Geschäftsmann in China zu elf Jahren Haft verurteilt

Dandong · Einen Tag nach dem Todesurteil eines Landsmannes muss ein kanadischer Geschäftsmann in China für elf Jahre wegen Spionage-Verdachts in Haft. Premierminister Trudeau verurteilt dies scharf.

 Kanadas Premierminister Justin Trudeau während einer Pressekonferenz (Archivbild).

Kanadas Premierminister Justin Trudeau während einer Pressekonferenz (Archivbild).

Foto: AFP/ANDREJ IVANOV

Der kanadische Geschäftsmann Michael Spavor ist wegen des Vorwurfs der Spionage in China zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Ein Gericht in der Stadt Dandong im Nordosten Chinas erklärte Spavor am Mittwoch laut einer Mitteilung der "Spionage und der illegalen Weitergabe von Staatsgeheimnissen" für schuldig. Das Urteil gilt als schwerer Schlag für die Beziehungen zwischen Kanada und China. Kanadas Premierminister Justin Trudeau bezeichnete es als "absolut inakzeptabel und unrechtmäßig".

Der kanadische Botschafter in China, Dominic Barton, sagte nach der Urteilsverkündung: "Wir verurteilen diese Entscheidung auf das Schärfste." Laut dem Diplomaten hat Spavor die Möglichkeit, in Berufung zu gehen. "Das wird er mit seinen Anwälten besprechen", sagte Barton.

Aus Solidarität mit Kanada hatten sich am Mittwoch rund 50 Diplomaten aus 25 Ländern in der kanadischen Botschaft in Peking versammelt, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Der Geschäftsmann selbst dankte allen in einer Botschaft nach der Urteilsverkündung für die Unterstützung und erklärte: "Ich bin guten Mutes. Ich möchte nach Hause."

Premierminister Trudeau kritisierte die Gerichtsentscheidung scharf: "Dem Urteil für Herrn Spavor gingen mehr als zweieinhalb Jahre willkürlicher Inhaftierung, ein Mangel an Transparenz im Gerichtsverfahren und ein Prozess, der nicht einmal die vom internationalen Recht geforderten Mindeststandards erfüllte, voraus."

Spavor war im Dezember 2018 zusammen mit seinem Landsmann Michael Kovrig - einem ehemaligen kanadischen Diplomaten - festgenommen worden. Im Juni vergangenen Jahres wurden die beiden der Spionage angeklagt, ihre Prozesse fanden im März statt. Spavors Gerichtsverhandlung dauerte nur drei Stunden. Beobachter waren nicht zugelassen.

Seine Familie hatte beteuert, dass Spavor unschuldig sei und als Geschäftsmann viel für den Aufbau "konstruktiver Beziehungen" zwischen Kanada, China und Nordkorea getan habe.

Michael Spavor ist Nordkorea-Experte und hat sich mehrfach mit dem Regierungschef Kim Jong Un getroffen und zum Beispiel die Besuche des ehemaligen amerikanischen Basketballspielers Dennis Rodman in Pjöngjang organisiert. Dank seiner Kontakte zu Nordkoreas Führungsriege spielte der Kanadier die Rolle eines Vermittlers zwischen ausländischen Gesprächspartnern und den Behörden des international isolierten Landes.

Das Vorgehen der chinesischen Behörden gegen Kovrig und Spavor sorgt seit geraumer Zeit für diplomatischen Streit zwischen Kanada und China. Ihre Festnahme Ende 2018 war als Vergeltungsmaßnahme für die Inhaftierung der chinesischen Huawei-Spitzenmanagerin Meng Wanzhou in Kanada wenige Tage zuvor gewertet worden - und als Druckmittel gegen die Regierung in Ottawa.

Peking hatte die Festnahme Mengs als "politisches" Manöver angeprangert und Ottawa aufgefordert, die Führungskraft "unverzüglich freizulassen". Gleichzeitig hatte China bestritten, die beiden inhaftierten Kanadier als Verhandlungsmasse zu benutzen.

Die Finanzchefin des chinesischen Technologieriesen war auf Betreiben der USA bei einer Zwischenlandung im kanadischen Vancouver festgesetzt worden. Washington wirft ihr Verstöße gegen die Iran-Sanktionen vor und verlangt ihre Auslieferung an die USA. Mengs Auslieferungsverfahren ist inzwischen weit fortgeschritten. Die letzte Anhörung vor Gericht ist für den 20. August angesetzt.

Mit einer Entscheidung in dieser Sache ist allerdings erst in einigen Monaten zu rechnen. Im Falle einer Berufung könnte das Verfahren noch mehrere Jahre dauern.

Das Urteil im Fall Spavor erging einen Tag, nachdem ein chinesisches Gericht das Todesurteil gegen Robert Lloyd Schellenberg bestätigt hatte. Der Kanadier wurde wegen Drogenhandels verurteilt.

(june/AFP)
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