Verbrechen von 1988 Iraner steht in Schweden wegen Kriegsverbrechen vor Gericht

Stockholm · Die mutmaßlichen Taten gehen zurück auf den Krieg zwischen dem Irak und dem Iran. Der heutige Präsident Raisi spielte damals eine unrühmliche Rolle.

 Unterstützer der People's Mojahedin Organization of Iran protestieren am ersten Tag des Prozesses gegen einen iranischen Staatsbürger vor dem Stockholmer Bezirksgericht.

Unterstützer der People's Mojahedin Organization of Iran protestieren am ersten Tag des Prozesses gegen einen iranischen Staatsbürger vor dem Stockholmer Bezirksgericht.

Foto: dpa/Stefan Jerrevang

In Schweden hat am Dienstag der Prozess gegen einen iranischen Staatsbürger wegen schwerer Kriegsverbrechen begonnen. Die Staatsanwaltschaft warf Hamid Nuri vor, im Sommer 1988 als Mitarbeiter eines Gefängnisses außerhalb der iranischen Stadt Karadsch an Gräueltaten beteiligt gewesen zu sein. Nuri wurde im November 2019 bei der Einreise in Stockholm festgenommen. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

Die mutmaßlichen Taten ereigneten sich in der letzten Phase des Krieges zwischen dem Iran und dem Irak. Der damalige geistliche Führer Ajatollah Chomeini gab nach Angaben der schwedischen Staatsanwaltschaft damals den Befehl, alle Häftlinge in iranischen Gefängnissen zu exekutieren, die Anhänger der iranischen Oppositionsgruppe MEK waren. Aufgrund dieser Anordnung wurden auch im Gefängnis Gohardascht in der Nähe von Karadsch zwischen dem 30. Juli und dem 16. August 1988 zahlreiche Häftlinge hingerichtet.

„Zusammen mit anderen Tätern im Gefängnis hat (Nuri) an Massenexekutionen teilgenommen und wird verdächtigt, einer sehr großen Zahl von Gefangenen, die mit den Mudschaheddin sympathisierten, absichtlich das Leben genommen zu haben“, hieß es in der Anklageschrift. Wegen weiterer Tötungen im August und September, die laut dem schwedischen Strafgesetz nicht als Teil eines bewaffneten Konflikts zu betrachten sind, muss sich Nuri auch wegen Mordes verantworten, wie die Staatsanwaltschaft erklärte.

Nachdem Chomeini 1988 einen von der UN vermittelten Waffenstillstand akzeptiert hatte, stürmten Mitglieder der MEK, die von Saddam Hussein aus dem Irak schwer bewaffnet wurden, in einem Überraschungsangriff über die iranische Grenze. Der Iran konnte den Angriff zwar abwehren, doch war er der Auslöser für Scheinverurteilungen und Hinrichtungen von politischen Gefangenen und Kämpfern. Unter den Getöteten waren auch viele MEK-Mitglieder.

Der Prozess gegen Nuri begann wenige Tage nach dem Amtsantritt des neuen iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi. Raisi war als Ankläger an der so genannten Todeskommission beteiligt, die zum Ende des Krieges zwischen dem Iran und dem Irak im Jahr 1988 bis zu 5000 Menschen hinrichtete.

(june/dpa)
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