Einkaufen in der Corona-Krise Wie Geschäfte sich und Kunden schützen

Wesel · Durch-die-Tür-Bedienung, Drive-in, Markierungen auf den Böden vor den Kassen: Um die Ansteckungsgefahr in Zeiten von Corona zu minimieren, haben sich Apotheker und Händler einiges einfallen lassen.

 Diane Terhürne und Stefan Enk vom neuen Drive-in des Weseler Gemüse-Großhändlers Knorth bringen die Ware direkt ins Auto. „Die Nachfrage ist groß“, so Enk.

Diane Terhürne und Stefan Enk vom neuen Drive-in des Weseler Gemüse-Großhändlers Knorth bringen die Ware direkt ins Auto. „Die Nachfrage ist groß“, so Enk.

Foto: Klaus Nikolei

Michael Jilek hat die Reißleine gezogen. In seiner Apotheke am Marktplatz in Büderich ist seit Donnerstagmorgen nur noch der Nachtschalter in Betrieb. Das bedeutet in diesem Fall eine Durch-die-Tür-Bedienung. Die sich zu den Seiten aufziehenden Scheiben der Pforte öffnen sich nur für einen Spalt. So weit, dass man ein Rezept durchreichen und dann eine Tüte in Empfang nehmen kann. Unten durch. Denn zusätzlich ist eine Scheibe installiert, um den Luftkontakt zwischen dem Kunden und dem selbstverständlich einen Mundschutz tragenden Apothekenmitarbeiter zu unterbrechen. „Ich hatte keine Lust mehr, nur zu reagieren, dem Coronavirus hinterherzulaufen“, sagt Jilek, Sprecher der Apotheker in Wesel. Er orientiert sich an der Checkliste eines norditalienischen Kollegen, die er gern schon längst von den hiesigen Behörden bekommen hätte. Von der hierzulande betriebenen Salamitaktik hält er wenig. Man hätte früher rigoros gegen die Ausbreitung des Coronavirus vorgehen sollen, sagt Jilek.

Seit Anfang der Woche hatte es in der Büdericher Apotheke Polycarbonatscheiben auf jedem Verkaufstisch gegeben. Aber das reiche eben nicht, sagt Michael Jilek. Auch hatte er sich „den Mund fusselig geredet“, um Kundschaft um Abstand zu bitten. Auch bei der Durchreich-Methode. Seine Mitarbeiterinnen kamen auf die Idee, mit Kreide auf dem Bürgersteig Markierungen anzubringen. Nun scheint es zu klappen, die Kundschaft allmählich den Ernst der Lage verstanden zu haben. Dabei stellt Jilek fest, dass doppelt so viel Andrang herrscht wie an normalen guten Tagen. 80 Prozent mache Standardversorgung aus. Die Menge der Verschreibungen nehme zu, die der verschriebenen Großpackungen ebenso. „Die Leute holen auf Vorrat und die Ärzte machen mit, damit die Patienten nicht so oft zur Apotheke gehen müssen “, sagt Jilek.

 Melanie Voss reicht Medikamente unter der Schutzscheibe hindurch.

Melanie Voss reicht Medikamente unter der Schutzscheibe hindurch.

Foto: Michael Jilek

Um in erster Linie ihre Mitarbeiter vor einer Ansteckung durch Krankheitskeime zu schützen, haben auch zahlreiche Geschäftsleute in Wesel reagiert und unterschiedliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen.

Heim Hagebaumarkt Stewes beispielsweise hat Marktleiter Marcel Kirsch dafür gesorgt, dass die Kunden nicht zu nah an den Infobereich am Eingang herantreten, wo das Personal zusätzlich durch Acrylglas-Konstruktionen geschützt ist. Gelbschwarze Klebestreifen auf dem Boden markierten seit einigen Tagen die Zone, die nicht betreten werden soll. „Es halten sich zwar nicht alle Kunden daran, aber mittlerweile sind es immer mehr“, sagt Kirsch. Auch an den Kassen sorgen Markierungen dafür, dass sich die Kunden nicht knubbeln. Kirsch – so wie alle Mitarbeiter trägt auch er Handschuhe – ist stolz darauf, dass das Weseler Ordnungsamt jüngst bei einer Kontrolle die Vorkehrungen als „vorbildlich einstuft hat“.

 Im Hagebaumarkt sollen Kunden den gekennzeichneten Bereich vor dem Infoschalter nicht betreten.

Im Hagebaumarkt sollen Kunden den gekennzeichneten Bereich vor dem Infoschalter nicht betreten.

Foto: Klaus Nikolei

Mit Handschuhen und sogar Mundschutz sind Diane Terhürne und Stefan Enk ausgestattet. Sie betreuen den neu eingerichteten Obst- und Gemüse-Drive-in des Großhandels Knorth, Am Schepersfeld. „Wir beliefern Kliniken, Heime und normalerweise auch Caterer in ganz NRW. Weil die jetzt, so wie viele Restaurants, Bestellungen storniert haben, verkaufen wir unsere Ware nun an Endverbraucher im Drive-in. Und das läuft wirklich sehr gut“, sagt Stefan Enk, der normalerweise bei Knorth im Vertrieb tätig ist.

 Im Weseler Biomarkt ist der Bereich vor den Bedientheken durch ein Dekoband abgetrennt. Kunden und Verkaufspersonal bleiben so auf Abstand.

Im Weseler Biomarkt ist der Bereich vor den Bedientheken durch ein Dekoband abgetrennt. Kunden und Verkaufspersonal bleiben so auf Abstand.

Foto: Klaus Nikolei

Nur wenige Hundert Meter entfernt befindet sich in Schepersfeld der Bio-Supermarkt von Josef Koplin. Filialleiterin Karin Hellweg hat vor der Kasse auf einem Hocker das Schild mit dem Schriftzug „Bitte Abstand halten“ platziert. Der Bereich unmittelbar vor der Käse- und der Backwaren-Bedientheke ist abgesperrt. Statt Flatterband hat Karin Hellweg ein grasgrünes Dekoband zwischen zwei Holzhocker gespannt. „Das sieht einfach schöner aus“, sagt sie. Alle Mitarbeiter tragen Schutzhandschule, Desinfektionsmittel stehen bereit. Wie bei den Discountern ist auch im Biomarkt die Nachfrage nach Mehl riesig. „Viele lassen sich Getreide bei uns mahlen. Auch bei uns wird gehamstert.“ Wobei man im Biomarkt mittlerweile dazu übergegangen ist, alle Waren nur noch in haushaltsüblichen Mengen abzugeben. „Wir sprechen die Kunden höflich an, dass sie beispielsweise nur für den Eigenbedarf Toilettenpapier oder andere Dinge kaufen können“, betont die Filialleiterin. Aus diesem Grund gibt es im Biomarkt auch noch das heiß begehrte Toilettenpapier, das in vielen anderen Märkten restlos ausverkauft ist.

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