Lebensrettende Maßnahme in Wermelskirchen Der automatisierte Retter, der alles erklärt

Wermelskirchen · Die Angst, leblosen Personen zu helfen, ist groß. Dabei zählen gerade die ersten Minuten, bis der Rettungsdienst eintrifft. Herzmassage, aber auch der Laien-Defibrillator können Menschenleben retten. In Wermelskirchen gibt es fünf öffentlich zugängliche Defis.

 Assistenzärztin Claudia Böker mit dem Laien-Defibrillator. Bei geöffnetem Deckel beginnt das Gerät, den Ersthelfer einzuweisen.

Assistenzärztin Claudia Böker mit dem Laien-Defibrillator. Bei geöffnetem Deckel beginnt das Gerät, den Ersthelfer einzuweisen.

Foto: Udo Teifel

„Ruhig bleiben“, sagt die laute männliche Stimme. So laut, dass man erst einmal erschrickt. Die Stimme ist nicht zu überhören. Auch im Gewühl nicht. „Ruhig bleiben und den Notruf 112 anrufen.“ So beginnt ein Gerät zu sprechen, wenn man es öffnet und einschaltet. Wer das in der Hand hält, ist bereit zu helfen. Angst vor dem Gerät braucht niemand zu haben. Denn wer sich überwunden hat, es einzusetzen, hat bereits einen wichtigen Schritt getan: Einen leblosen Menschen zu retten. Mit einem Laien-Defibrillator.

Der Kardiologe und Facharzt für Innere Medizin, Arne Scholz, Oberarzt am Krankenhaus, arbeitet nicht mit diesem Laien-Gerät. Die Profis haben natürlich Defibrillatoren, die nicht alles erklären müssen. Doch das technische Gerät ist nicht die erste Wahl, wenn plötzlich ein Menschen zusammenbricht. „Hier muss zuerst geklärt werden, ob er sich in einer lebensbedrohlichen Situation befindet“, erklärt der Facharzt die Vorgehensweise. Also ansprechen. Wenn die bewusstlose Person nicht reagiert, auch nicht auf Reize, unbedingt auch die Atemwege überprüfen. „Wenn die Person auch nicht atmet, unbedingt mit einer Herzdruckmassage beginnen.“ Das ist der erste Schritt. Und sicher der anstrengendste, vor dem sich viele Laien fürchten.

 Oberarzt Arne Scholz zeigt bei Winfried Miotk, wie man eine Herzdruckmassage richtig ansetzt. Die steril verpackten Elektroden-Pflaster sind für das Foto nicht angelegt worden.

Oberarzt Arne Scholz zeigt bei Winfried Miotk, wie man eine Herzdruckmassage richtig ansetzt. Die steril verpackten Elektroden-Pflaster sind für das Foto nicht angelegt worden.

Foto: Udo Teifel

Vorher, oder parallel durch einen zweiten Helfer, sollte unbedingt der Notruf 112 an eine Rettungsleitstelle abgesetzt werden. „Mit möglichst wenigen Unterbrechungen sollte dann die Herzmassage erfolgen“, so Scholz. Denn bis der Notarzt kommt, vergehen meistens fünf bis zehn Minuten. „Und die sind lebensentscheidend.“

 Mit solchen Hinweis-Schildern wird im Rathaus angezeigt, wo ein Defibrillator hängt.

Mit solchen Hinweis-Schildern wird im Rathaus angezeigt, wo ein Defibrillator hängt.

Foto: UdoTeifel/Udo Teifel

In immer mehr öffentlichen Gebäuden hängen Aufbewahrungsschränke mit Laien-Defibrillatoren. Scholz: „Diese Geräte sind ganz einfach zu bedienen. Einfach nur den Anleitungen befolgen.“ Das Gerät, das einem kleinen Werkzeugkasten ähnelt, öffnen, und schon ertönt diese Stimme. Scholz: „Sie erklärt dem Ersthelfer genau, wie er die Elektroden und den Schocker anzuwenden hat.“

 Dieser Laien-Defibrillator hängt im Sanitätsraum in der Schwanenhalle.

Dieser Laien-Defibrillator hängt im Sanitätsraum in der Schwanenhalle.

Foto: Udo Teifel

Schritt für Schritt wird der Ersthelfer nun geleitet. Er braucht keine Angst haben, etwas falsch zu machen. Er muss die Elektroden-Pflaster aufkleben. Es wird genau erklärt, wo sie angebracht werden. Und dann überprüft der Laien-Defibrillator den Herzrhythmus, schreibt also ein EKG, und gibt weitere Anweisungen – bis ihn zum Schock, wenn ein Herzkammerflimmern oder –flattern vorliegt.

 Die beiden Elektroden-Pflaster sind steril verpackt.

Die beiden Elektroden-Pflaster sind steril verpackt.

Foto: Udo Teifel

Für den Oberarzt steht aber die Herzdruckmassage an erster Stelle. Und: „Je früher dann ein Defibrillator eingesetzt wird, umso besser ist die Prognose des Patienten.“ Er kennt die Angst vieler Menschen einzugreifen. Zu helfen, wenn eine Person bewusstlos ist. Dabei seien schon viele Menschen vom Rettungsdienst ins Krankenhaus eingeliefert worden, die zwar richtig gelagert worden seien, aber wo eine Herzdruckmassage besser geholfen hätte. „Sie waren leblos, wurden aber nicht reanimiert“, berichtet er. Denn: Nach drei bis fünf Minuten können irreparable Hirnschäden eintreten. „Und findet keine Herzdruckmassage statt, wird die Prognose deutlich schlechter.“

 Dieser Defibrillator hängt im Foyer des Rathauses.

Dieser Defibrillator hängt im Foyer des Rathauses.

Foto: UdoTeifel/Udo Teifel

Er weiß, dass eine Herzdruckmassage anstrengend sei: 100-mal in der Minute, bis zu sechs Zentimeter tief in den Brustkorb. „Rippenbrüche durch einen Ersthelfer sind die geringste Sorge.“ Hier unterstützt, wenn vorhanden, der Laien-Defibrillator, aber im Wechsel mit dem Gerät muss die Massage erfolgen, bis der Rettungsdienst eintrifft. Deshalb, wenn mehrere Helfer da sind, abwechseln, so Scholz’ Empfehlung. Und der Defi fordert den Ersthelfer auch zwischendurch auf, die Massage zu stoppen, damit ein neues EKZ geschrieben werden kann. Und danach gibt die laute Stimme neue Anweisungen.

Claudia Böker, Assistenzärztin am Krankenhaus und in der Ausbildung zum Facharzt Innere Medizin/Gastroenterologie, hat auch als Rettungsassistentin vor ihrem Studium viele solcher Einsätze schon erlebt. Und auch noch eine andere Erfahrung gemacht. „In Deutschland traut man sich viel zu wenig, leblosen Personen zu helfen. Das ist zum Beispiel im Nachbarland Niederlande ganz anders.“ Dort würden nicht nur Laien regelmäßig auch an diesen Geräten ausgebildet, auch in den Schulen ist die Erste Hilfe ein Thema. „Schüler lernen, wie man bewusstlose Menschen anspricht, wie man ihnen hilft.“

Beide Mediziner betonen, dass eine umfangreiches Reanimationstraining gerade von Laien wichtig sei, um dem Herztod zu begegnen. Böker sagt, dass besonders eine breitere Ausbildung ein großes Wissen in die Bevölkerung trage, wie man sich richtig verhalte. Das könne Leben retten. Für die Assistenzärztin ist jedenfalls klar: „Diese automatisierten externen Defibrillatoren sind ziemlich cool.“

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