Wermelskirchen Inklusion = große Ratlosigkeit

Wermelskirchen · Der Besuch von behinderten Kindern an Regelschulen soll schon ab 1. August 2013 Gesetz werden. Die Kosten bleiben wieder einmal an der Stadt hängen. Wie die Inklusion umgesetzt werden soll, weiß noch niemand.

 Die neu gebaute Pestalozzischule bleibt trotz der Inklusion als Kompetenzzentrum für Kinder mit besonderem Förderbedarf bestehen und an Wichtigkeit sogar noch zunehmen.

Die neu gebaute Pestalozzischule bleibt trotz der Inklusion als Kompetenzzentrum für Kinder mit besonderem Förderbedarf bestehen und an Wichtigkeit sogar noch zunehmen.

Foto: Hans Dörner

Kinder und Jugendliche mit den unterschiedlichsten Behinderungen sollen höchstwahrscheinlich schon ab 1. August 2013 auch in Wermelskirchen den Rechtsanspruch auf den Besuch einer Regelschule erhalten. Die Inklusion soll Gesetz werden, so will es die rot-grüne Landesregierung.

Die Stadt Wermelskirchen muss dann aber dafür sorgen, dass auch alle Schulen in jeder Hinsicht barrierefrei umgebaut und eingerichtet werden sowie das notwendige, zusätzlichen sonderpädagogischen Fachpersonal erhalten. Und wieder steht die Stadt, genauso wie bei der Problematik, dem Gesetzesanspruch gemäß Kindergartenplätze für unter Dreijährige zu schaffen, unter demselben Zeit- und Finanzdruck. Schulamtsamtsleiterin Birgit Ludwig-Schieffers bestätigt dies.

"Die Stadt ist noch bei Null"

Wieder einmal laufe alles darauf hinaus, dass das Land zwar "die Musik", in diesem Falle die Inklusion, "bestelle", also gesetzlich verordne. Die Stadt solle dann aber dafür zahlen. Die Schulamtsleiterin hat übrigens erst gestern durch die Zeitung davon erfahren, dass das Inklusionsgesetz schon zum neuen Schuljahr gelten soll. Sie gibt zu, dass deshalb auch große Ratlosigkeit herrsche: "Es scheint nur so viel klar, dass die Kosten wieder mal an den Kommunen hängen bleiben sollen", beklagt die Amtsleiterin.

Sie könne zwar noch keinerlei konkrete Aussagen dazu machen, ob und welche bauliche Veränderungen an den Schulen anstünden und welche Einrichtung zusätzlich nötig werden. Aber so viel sei klar: "Inklusion und Barrierefreiheit löst in den Köpfen der Menschen immer nur die Gedanken an Rampen und Aufzüge für Rollstuhlfahrer aus. Aber das ist zu kurz gegriffen", weiß Ludwig-Schieffers.

Denn der größte Teil der behinderten Schüler habe ganz andere Beeinträchtigungen, die im emotionalen, sozialen, sprachlichen oder kognitiven Bereich liegen. Da werde ihrer Ansicht nach wohl mehr die Fachlichkeit der Lehrer gefragt, als dass bauliche Maßnahmen in Betracht gezogen werden müssten. Aber die Schulamtsleiterin gibt zu: "Wir sind noch absolut bei Null." Die Inhalte für die Inklusion in den Schulen müssten erst noch erarbeitet werden. Bisher gebe es vorbereitend eben nur die Förderstunden für behinderte Kinder an den Regelschulen.

Die Pestalozzischule bleibt

Mit dem Inklusionsgesetz wird die Pestalozzischule vor Ort aber keinesfalls überflüssig. Im Gegenteil: "Wir werden künftig mehr Kinder mit höherem Beratungs- und Förderbedarf bekommen", prognostiziert Heike Holzki, die Leiterin des Kompetenzzentrums Förderschule. Bereits seit dem neuen Schuljahr hat die Pestalozzischule sechs Sonderpädagogen an Hauptschulen und einer Realschule im Nordkreis zur Vorbereitung der Inklusion abgestellt. Sie rechne aber damit, dass "ihr" Kompetenzzentrum als Förderzentrum bzw. Stützpunkt für die Inklusion erhalten bleibe. Dies habe die Schulaufsicht bereits signalisiert.

"Wir werden künftig die Kinder eher zur temporären Förderung bei uns haben", sagt Holzki. So könne es sein, dass ein Kind zeitweilig wieder aus der Regelschule herausgenommen werde, um gesondert gefördert zu werden, oder in der Pestalozzischule auf die Regelschule vorbereitet werde. "Es wird sehr flexible Lösungen geben, die sehr auf die jeweiligen Schüler eingehen", kündigt Holzki an. Derzeit besuchen 168 Kinder und Jugendliche die Förderschule und werden von 30 Lehrern betreut.

(RP/rl)
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