Wermelskirchen Der Abschied von den Schülern und dem Leseclub rückt näher

Wermelskirchen · Marie-Louise Lichtenberg (64) unterrichtet seit 1976 in Wermelskirchen. Im Sommer geht sie in Ruhestand. Die Schüler wird sie sehr vermissen.

 Ganz in ihrem Element: Marie-Louise Lichtenberg mit Schülern des Leseclubs der Hauptschule.

Ganz in ihrem Element: Marie-Louise Lichtenberg mit Schülern des Leseclubs der Hauptschule.

Foto: Hertgen

Marie-Louise Lichtenberg kann auf ein erfülltes Berufsleben zurückblicken. Die 64-jährige Lehrerin, gebürtig aus Trier, kam 1976 nach Wermelskirchen, wo sie bis heute voller Leidenschaft unterrichtet. Im Sommer Lichtenberg, die mit ihrem Leseclub mehr als 1000 Schüler mit ihrer Begeisterung für Literatur angesteckt hat, in Pension. "Ich habe noch genug Zeit, um mich mit dem Gedanken anzufreunden", sagt sie.

Wenn Lichtenberg ihren beruflichen Werdegang Revue passieren lässt, schimmern ihre Augen und sie lächelt herzlich: "Ich würde immer wieder Lehrerin werden", sagt sie. Den Wunsch dazu fasste sie bereits in der ersten Klasse. "Ich habe ziemlich schnell Lesen und Schreiben gelernt. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie mich meine Lehrerin damals an die Tafel bat, um Wörter aufzuschreiben, die meine Mitschüler abschreiben sollten."

Marie-Louise Lichtenberg studierte in Bonn Germanistik, Kunst und Wirtschaft, bevor sie nach Wermelskirchen an die damalige Hauptschule Ost kam. "Ich kannte die Stadt nicht, obwohl ich später erfuhr, dass schon mein Opa 1934 in Wermelskirchen war, als die Autobahn gebaut wurde." Ihr Großvater baute einige Brunnen in der Stadt. Lichtenberg: "Es muss Schicksal gewesen sein, dass ich am Ende hier hergekommen bin." Nach ihrer Elternzeit kehrte sie 1983 in ihren Beruf zurück, lehrte zwölf Jahre lang an der Schwanenschule, die damals ebenfalls eine Hauptschule war, bis 1995 Schwanen- und Ostschule zur Städtischen Hauptschule zusammengeführt wurden.

Lichtenberg bemühte sich schon früh, ihre Schüler für Kultur zu begeistern: "Ich hatte schon immer viele Projekte. Den Zirkus Picobello zum Beispiel, eine sehr erfüllende Arbeit. Dann bin ich sechs Jahre lang einmal im Monat mit meinen Schülern ins Theater gegangen." Untypisch für Hauptschüler. Mit solchen Vorurteilen hatte Lichtenberg in ihrem Berufsleben schon oft zu kämpfen, wobei sie immer wieder betont: "Es ist kein Geheimnis, dass jeder Mensch für etwas brennt, man muss es nur aus den Kindern herauskitzeln können, indem man auf sie eingeht und sie fördert."

Nur so hat es Lichtenberg geschafft, in ihrem Leseclub "Do it - read a book", deutschlandweit der erste Leseclub an einer Hauptschule, so viele Kinder für Literatur zu begeistern. "Anfangs galt der Leseclub als uncool, mittlerweile weiß ich, dass er überall sehr gut angesehen wird und es bei den Schülern auch cool ist, dabei zu sein." Es ist ein freiwilliges Angebot, dass über 70 Schüler nutzen. Sie treffen sich regelmäßig in ihrem Leseclub-Raum, der mittlerweile weit über 1000 Bücher (Verlagsgeschenke) beherbergt, um über aktuelle Jugendliteratur zu diskutieren.

Zudem laden sie sich Autoren zum Gespräch ein, fahren zur Frankfurter Buchmesse und vergeben selbstständig seit 13 Jahren den Wermelskirchener Kinder- und Jugendliteraturpreis. Ein Umstand, der alleine Lichtenberg zu verdanken ist. Den Leseclub wird ab Sommer ihre Kollegin Birgit Redicker übernehmen. "Sie ist eine gute Nachfolgerin. Ich gebe den Club in gute Hände", sagt Lichtenberg. Dadurch würde es ihr nicht so schwerfallen, loszulassen. Dennoch klingt etwas Wehmut mit. "Auch wenn ich selbst sieben Enkelkinder habe, die Kinder hier werde ich am meisten vermissen", sagt die 64-Jährige.

(sebu)
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