Motorsport Gemeinsam über Stock und Stein

Dabringhausen · Christiane und Hans-Werner Bauss haben im Gespannsport nahezu alle Titel geholt. Mittlerweile gehen sie auf die Rente zu.

 Vertrauen, Training und Erfahrung: Christiane und Hans-Werner Bauss setzen sich heute gegen Konkurrenz durch, die 20 bis 40 Jahre jünger ist..

Vertrauen, Training und Erfahrung: Christiane und Hans-Werner Bauss setzen sich heute gegen Konkurrenz durch, die 20 bis 40 Jahre jünger ist..

Foto: Bauss

Es sind diese Momente im Gelände, in denen sich die Hindernisse vor ihnen auftürmen: Beton, Steilhänge, Steine. Dann müssen Christiane und Hans-Werner Bauss nicht lange überlegen. Dann weiß er genau, wieviel Gas das Trial-Gespann braucht und sie bewegt sich instinktiv auf der filigranen Maschine. „Da geht es um Nuancen“, sagt Christiane Bauss.

Die meisten Hindernisse nehmen die beiden Gespann-Sportler aus Dabringhausen in dieser stillen Übereinkauft fehlerlos – das beweist ihre Erfolgsbilanz, die so ziemlich jeden Titel aufführt, den es in der Szene zu holen gibt. „Das braucht absolutes Vertrauen“, sagt die heute 61-Jährige. Denn wenn die rund 90 Kilogramm schwere Maschine in Höchstgeschwindigkeit durchs Gelände rast, dann ist jede Bewegung entscheidend. „Dann muss jeder wissen, was er tut“, erklärt Hans-Werner Bauss. Setzt sie als Beifahrerin die Füße auf den Boden ist das Rennen gelaufen, jede seiner Fußberührungen wird von den Wettkampfrichtern gezählt. Werden es mehr als fünf, ist das Team disqualifiziert. So weit allerdings kommt es bei Ehepaar Bauss so gut wie nie: Denn wenn sie ihren Arm um ihren Mann legt, das Gespann ins Gelände startet, die Hindernisse vor ihnen aufragen, dann beginnt eine Art Dialog in Körpersprache. Das haben die beiden perfektioniert – und sind heute mit Abstand das älteste, aber nach wie vor auch das erfolgreichste Trial-Gespann in Deutschland.

„Mir wurde dieser Sport in die Wiege gelegt“, erzählt Hans-Werner Bauss. Sein Vater war als Gespannfahrer unterwegs. Er selbst stieg mit zehn Jahren ein, sieben Jahre später trat er zum ersten Rennen an – und fuhr eine beispiellose Karriere mit Enduro-Gespannen. „Schweiß, Beulen und Knochenbrüche“, sagt er heute, „bei diesem Sport muss man an seine Grenzen gehen.“

 Hans-Werner und Christiane Bauss: Partner im Leben und im Sport.

Hans-Werner und Christiane Bauss: Partner im Leben und im Sport.

Foto: Bauss

Irgendwann stand dann eine junge Frau vor seiner Tür, die eine Beratung für den Kauf eines Motorrads suchte. „Ein Motorrad habe ich damals nicht gekauft, aber kurze Zeit später haben wir geheiratet“, erzählt Christiane Bauss lachend. Und sie begleitete ihn zu den Wettkämpfen im Gespann – bis sie irgendwann selbst als Beifahrer aufstieg. „Wir fuhren eine Zeit lang gegeneinander“, erzählt das Paar. Als sie aus gesundheitlichen Gründen schweren Herzens ausstieg, er später auch seine Enduro-Karriere beendete, eröffneten sich neue Wege.

Irgendwann begann er, in der Garage eines der leichteren Trial-Gespanne zu bauen. „Mit wem willst du denn fahren?“, fragte sie damals und er zuckte nur mit den Schultern. „Ich wusste, dass sie aufsteigt, wenn es so weit sein würde“, sagt der 65-Jährige heute schmunzelnd. Und sie stieg auf. „Wir mussten hart trainieren“, erzählen die beiden. Aber endlich kehrten sie gemeinsam ins Gespann zurück.

„Es ist diese besondere Faszination, zu zweit unterwegs zu sein“, sagt sie, „der eine kann nicht ohne den andern.“ Das sei als Ehepaar noch mal eine besondere Herausforderung, ergänzt er. Verkneife man sich bei anderen Sportpartnern schon mal das eine oder andere Wort, beiße man dem eigenen Partner gegenüber seltener die Zähne zusammen. Aber den beiden gelang ein Kunststück: Der Stress der Strecke blieb auf der Strecke, Zuhause schalteten sie ab – und freuten sich gemeinsam an den Erfolgen, an gelungenen Rennen, dem nahezu perfekten Zusammenspiel.

„Mit der Zeit wird man ruhiger“, erzählt er und dann guckt er lachend seine Frau an. Denn wenn er inzwischen bei Hindernissen auch mal aussetzen will, dann neigt sie dazu, es trotzdem zu versuchen. „Die wildeste aller Frauen“, hat der Präsident des Motorsportverbandes sie neulich genannt, erzählt er – und man meint einen leisen Stolz herauszuhören.

Aber auch Christiane Bauss weiß, dass Unfälle heute mehr wehtun als früher, dass die Genesung länger dauert. Denken sie ans Aufhören? „Nein“, sagen beide, „aber wir planen nur noch von Jahr zu Jahr.“ Die große Familie der Gespannsportler zu verlassen, auf das Adrenalin des Sports zu verzichten, das den Kopf so schön frei macht: Das können sich beide nur schwer vorstellen.

Tochter Manuela Aring (33) fährt inzwischen ähnlich erfolgreich wie ihre Eltern im Gespann. Gemeinsam brechen sie zu Wettkämpfen in ganz Europa auf. Und immer mal wieder kommen Sportler auf Christiane und Hans-Werner Bauss zu und fragen sie nach Rat. Deswegen wechseln sie zuweilen schon auf die Trainer-Seite. Vielleicht sei das auch eine Möglichkeit, dem Gespannsport noch länger treu zu bleiben, sagen die beiden – und dann beginnen sie in den Erinnerungsfotos zu blättern.

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