100 Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs Große Gedenkfeier in der Partnerstadt Maaseik

Maaseik/Wegberg · Hermann-Josef Heinen vom Historischen Verein Wegberg berichtet von der Gedenkfeier zum Ende des I. Weltkriegs vor 100 Jahren.

 5000 Besucher verfolgten gespannt die Aktivitäten der 100 Akteure, die sich historisch authentisch gekleidet in die Rolle der belgischen, französischen, schottischen und deutschen Soldaten begeben hatten.

5000 Besucher verfolgten gespannt die Aktivitäten der 100 Akteure, die sich historisch authentisch gekleidet in die Rolle der belgischen, französischen, schottischen und deutschen Soldaten begeben hatten.

Foto: Heinen/Historischer Verein

Im belgischen Maaseik fand jetzt eine große Gedenkfeier anlässlich der Beendigung des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren statt. Genau genommen gedachte man des Rückzugs von 70.000 bis 100.000 deutschen Soldaten von Belgien nach Deutschland.

„Von Entwaffnung bis entwaffnend“ – treffender hätte der Projekttitel nicht gewählt werden können. Er deutet an, dass der Geist der Verbrüderung und des gegenseitigen Verständnisses im Vordergrund stehen sollte, denn: Frieden kann es nur geben, wenn alle Generationen über die Zeiten und Grenzen hinweg daran mitwirken.

Am Morgen des 11. November 1918 unterzeichneten der Staatssekretär Matthias Erzberger und Marschall Ferdinand Foch den Waffenstillstand von Compiègne. Dieser war zunächst auf 36 Tage begrenzt, beendete jedoch faktisch den Krieg. Er sah die Räumung der von der deutschen Armee besetzten Gebiete binnen 14 Tagen vor.

Die in Belgien stationierten deutschen Truppen konnten bei ihrem Abzug nur an wenigen Stellen die Maas überqueren, beispielsweise über die Maasbrücke bei Maaseik nach Roosteren, damals noch selbstständige Gemeinde. Das Problem: Die Maas ist Grenzfluss zu den Niederlanden, und diese waren damals neutral, also nicht in das Kriegsgeschehen verwickelt. Um in den Selfkant zu gelangen, mussten die Soldaten folglich „das schmalste Stück“ der Niederlande durchqueren. So zogen dann vom 14. bis zum 23. November 1918 70.000 bis 100.000 deutsche Soldaten durch Maaseik, über die Maasbrücke in die Niederlande und dort über Roosteren und Susteren zur deutschen Grenze bei Isenbruch.

An der Vorbereitung der Gedenkveranstaltung waren alle drei Gemeinden beteiligt: die Stadt Maaseik in Belgien, die heutige Gemeinde Echt-Susteren in den Niederlanden und die Gemeinde Selfkant in Deutschland. Eine Projektgruppe fand sich zusammen, und bereits am Montag, 12. März, erfolgte mit der Enthüllung des Logos und dem Hissen der Flagge auf der Pater Sangers-Brücke der Startschuss für das Projekt.

Dabei wurde die Idee des Kunstwerks „Twee Limburgen, een volk“, das 1999 in das Geländer der Brücke eingesetzt wurde und die historische Verbindung zwischen der belgischen und niederländischen Provinz Limburg symbolisiert, zusammen mit dem Brückenbogen in das Logo und in die Flagge eingearbeitet.

Bereits seit Anfang September war in Maaseik eine Freiluftausstellung zu besichtigen. Sie bestand aus 23 Ausstellungstafeln mit Informationen und Fotos aus der Besatzungszeit und vom Abzug der deutschen Truppen.

An einigen Schaufenstern auf der Bosstraat waren außerdem Plakate aus der Zeit während des Krieges und danach zu sehen. Sie vermittelten einen Eindruck über die Umstände und materiellen Einschränkungen, die die Maaseiker Bevölkerung zu jener Zeit und auch lange danach, noch in Friedenszeiten, erleben musste.

Anlässlich dieser Ausstellung wurden für das Glockenspiel des alten Maaseiker Rathauses sechs Lieder aus der Kriegszeit 1914-1918 bearbeitet. Täglich von 9 bis 20 Uhr konnte man eine Abfolge von je drei Liedern zur vollen und halben Stunde hören.

Schätzungsweise 5000 Besucher verfolgten gespannt und mit großem Interesse die Aktivitäten der 100 Akteure, die sich historisch authentisch gekleidet in die Rolle der belgischen, französischen, schottischen und deutschen Soldaten begeben hatten. Die Besucher konnten auf dem Drageta-Gelände an der Maas hautnah erleben, unter welchen Umständen die Soldaten in ihren Unterständen lebten, und auch der Laufgrabenkrieg wurde dramatisch vor Augen geführt. Hierzu waren realistische Laufgräben des Ersten Weltkriegs ausgehoben worden: 1,50 Meter tief, mit Stacheldrahtverhauen bewehrt und mit Unterständen zum Schlafen. Einige hart gesottene Reenactors haben sogar bei frostigen Temperaturen dort auf einer Lage Stroh übernachtet. Geert Thissen, Mitorganisator von der Gemeinde Echt-Susteren: „Alles, um so nah wie möglich an der Wirklichkeit zu bleiben, so wie die Soldaten die Zeit des Krieges erlebt haben.“

Ein Großteil der deutschen Akteure war aus Dresden angereist und gehörte zum Arbeitskreis Sächsische Militärgeschichte. „Ewig Gestrige und Leute mit rechtem Gedankengut finden bei uns keine Aufnahme“, wurde klargestellt, und ein Mönchengladbacher gab zu: „Ja, wir sind schon ziemlich verrückt, um so einem Hobby nachzugehen.“

Für eine authentische musikalische Begleitung sorgte Natasha Harper, eine junge britische Sängerin, die Lieder aus der Zeit des Ersten Weltkriegs vortrug. Besonders stolz waren die Organisatoren darauf, die „Roten Husaren“ des niederländischen Verbandes „Saint George“ verpflichten zu können. Auf einer separaten Wiese neben dem Gelände zeigten sie eine Reihe von Kavallerie-Vorführungen und demonstrierten ihre „Hit-and-Run“-Taktik, um feindliche Stellungen effektiv zerstören zu können.

Für die Zuschauer gab es eine „Geschichtsstunde“, bei der die historischen Zusammenhänge erläutert wurden. Der Präsentator des Reenactments vermittelte einen guten Eindruck von der dramatischen Situation, die sich in und um Maaseik abspielte, da die deutschen Soldaten die Maas nicht ohne die Genehmigung der niederländischen Regierung überschreiten durften.

Unter musikalischer Begleitung durch das Murrayfield’s Regiment zogen die deutschen und belgischen Soldaten durch die Stadt zur heutigen Pater Sangers-Brücke auf niederländisches Gebiet. Begleitet wurden sie von Schulklassen aus den drei Gemeinden. Auch hatten sich viele Zuschauer dem Zug angeschlossen, angeführt von den Bürgermeistern und Beigeordneten der drei Gemeinden. Dazu gesellt hatten sich auch Landrat Stephan Pusch und Bundestagsabgeordneter Wilfried Oellers.

Nach Grußworten eines Vertreters der Provinz Limburg betonte Landrat Stephan Pusch den Symbolcharakter der Brücke: „Die deutschen Soldaten gingen über eine Brücke, die heute ein Symbol der Verbindung ist. Sie trägt aus gutem Grund den Namen von Pater Sangers, dem es immer ein Anliegen war, Menschen zusammenzubringen und Grenzen zu überwinden.“

Nachdem von dem aus den Gemeinden zusammengestellten Jugendorchester die Europa-Hymne erklang, wurde als Höhepunkt der Feier durch die Vertreter der drei Gemeinden und den Vertreter der Provinz Limburg eine Gedenktafel enthüllt. Den Abschluss der zweitägigen Veranstaltung bildete ein Konzert im Kulturzentrum Achterolmen der Stadt Maaseik mit Wort-, Bild- und Musikbeiträgen durch Musiker aus allen drei Gemeinden.

Autor Hermann-Josef Heinen ist Vorsitzender des Historischen Vereins.

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