Gastbeitrag der Siebenschreiber aus Wegberg Matteo und die Kirchenmaus

Special | Wegberg · Weihnachtsgeschichten Die Wegberger Autorengruppe Siebenschreiber schenkt unseren Lesern sieben Erzählungen in der Vorweihnachtszeit, so wie diese von Cora Imbusch, die zu Tränen rührt.

Cora Imbusch gehört zu den Wegberger Siebenschreibern.

Cora Imbusch gehört zu den Wegberger Siebenschreibern.

Foto: Thomas Lischker

Matteo kaute auf seinen Fingernägeln. Die Messe zog sich heute endlos in die Länge. Pater Angelo wurde nicht müde, die Gläubigen an ihre heilige Pflicht zur Spende zu erinnern. Es war der dritte Advent und Pater Angelo war verzweifelt. Er brauchte Geld für seine Kirche. In dem Gebäude von 1505 zog und bröckelte es an allen Ecken. Rom hatte signalisiert, dass man notfalls die Kirche schließen würde.

Matteo träumte vor sich hin und hätte fast seinen Einsatz als Messdiener verpasst. Endlich war die Messe vorbei und der Pater verschwand in der Sakristei. Matteo kniete sich vor den holzgeschnitzten Opferstock und legte ein Stückchen Brot auf den Boden. „Topolino, komm,“ lockte Matteo leise flüsternd. Schon steckte eine kleine Maus vorsichtig witternd ihre Nase aus einem Spalt im Opferstock. Die Maus verschwand schnell als sich der Pater mit festen Schritten näherte. „Matteo, bist du fertig? Pater Angelo schloss die Tür des Opferstocks auf und seufzte aus tiefstem Herzen. Offenbar waren seine Spendenaufrufe wieder auf taube Ohren gestoßen.

Heiligabend war Matteo besonders in die Kirche gekommen. Er legte ein Stückchen Parmesan vor dem Opferstock nieder und rief nach seinem Freund. Doch Topolino ließ sich nicht blicken. Nach der Messe hatte es Pater Angelo eilig, schließlich hatten ihn die Brunettis zum Abendessen eingeladen. Voller Ungeduld scheuchte er Matteo durch die Kirche. „Du bist langsamer als eine Schnecke heute, Matteo.“ Er riss den Kirchenschlüssel aus der Tasche und legte ihn dem verdutzten Messdiener in die Finger. „Lösch die Kerzen, mach Ordnung und dann bring mir die Schlüssel zu den Brunettis.“

Matteo war das nur recht. Nun hatte er Zeit und Ruhe mit Topolino Weihnachten zu feiern. Matteo ließ sich auf die Knie sinken und rief wieder und wieder nach der kleinen Maus. Voller Sorge lugte Matteo durch den Spalt der Holzvertäfelung. Mit einem Löffel versuchte er, das Loch zu vergrößern, als der Sockel des Opferstockes brach und einen Hohlraum frei gab. Inmitten dieses Loches lag der tote Topolino. Gebettet auf einem Nest aus hunderten Geldscheinen.

Mit Tränen in den Augen zündete Matteo eine Kerze für seinen Freund an. Vorsichtig packte er den kleinen Körper in sein Stofftaschentuch und versteckte ihn im Stall der Krippe. Matteo stopfte sich einige Geldscheine in die Hosentasche und stürmte aus der Kirche. Er rannte zu Pater Angelo, der wenig erfreut war vom keuchenden Matteo zu hören, dass er sofort kommen müsste. Ein Wunder sei in der Kirche geschehen. Mit dem Geld konnte die Kirche erhalten bleiben und Pater Angelo erzählte allen, dass er und sein Weihnachtswunder die Kirche gerettet hatten.

Matteo und Topolino bekamen nichts ab vom Ruhm des Weihnachtswunders. Aber Matteo sorgte für eine ehrenvolle Beerdigung seines Freundes neben den Gräbern der Priester. Ein kleines Holzkreuz ziert das Grab. Aber nur wer ein Herz für die kleinen und unscheinbaren Dinge im Leben hat, wird es bemerken.

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