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Viersen-Süchteln Kirchturmnetz wird erneut zur Vogelfalle

Viersen · Tierschützer retteten eine Dohle am Turm von St. Clemens. Die Gemeinde hatte vor vier Wochen zugesagt, alle Netze abzunehmen.

Dohle hat sich im Vergrämungsnetz des Kirchturms St. Clemens in Viersen-Süchteln verfangen.

Dohle hat sich im Vergrämungsnetz des Kirchturms St. Clemens in Viersen-Süchteln verfangen.

Foto: René Theuerzeit/ Wildvogelhilfe MG

Es war nahezu ein Himmelfahrtskommando, als das Telefon von René Theuerzeit am vergangenen Dienstag gegen 23.34 Uhr klingelte. Am Apparat waren aufgeregte Tierschützer aus Viersen, die dringend jemanden suchten, der eine Dohle aus dem Vergrämungsnetz um den Kirchturm von St. Clemens in Süchteln befreien könne. Der Mann von der Wildvogelhilfe in Mönchengladbach kam sofort. In einer Nacht- und Nebel-Aktion stieg er mit dem Pfarrer und dem Küster in den gut 73 Meter hohen Kirchturm bis zu den Glocken und schnitt den verhedderten Vogel aus dem Netz. „Der Küster hatte schon zwei Schallbretter abgeschraubt, von einer Leiter aus bekam ich die Dohle samt Netz zu fassen“, erzählt Theuerzeit. „Gut, dass es dunkel war. Da konnte ich nicht sehen, wie hoch das war.“ Der Fuß der Dohle hatte sich in dem Netz verfangen. Die Nacht im Netz hätte der Vogel nicht überlebt, meint Theuerzeit.

Die Dohle hat das Abenteuer unbeschadet überstanden. Tierschützer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Naturschutzbund (Nabu) und Notfelle Niederrhein aber sind bestürzt und haben bei den Behörden Alarm geschlagen. Sie stellen die Frage: Wieso hängen am Kirchturm von St. Clemens nach den bisherigen Vorfällen überhaupt noch Netze?

Mitte April wurden aus den Netzen um den Kirchturm von St. Clemens ein verendeter Falke und eine tote Taube geborgen.

Mitte April wurden aus den Netzen um den Kirchturm von St. Clemens ein verendeter Falke und eine tote Taube geborgen.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Zum Hintergrund: Erst vor vier Wochen hatte eine Süchtelner Dachdeckerfirma im Auftrag der Gemeinde einen verendeten Falken und eine tote Taube aus den Netzen geborgen. Die Vögel hatten sich in den alten, durch Wind und Wetter gelockerten Vergrämungsnetzen um den Kirchturm verfangen. Bei der Entfernung der Vogelkadaver nahm die Dachdeckerfirma einige der losen Netze ab. Die übrigen, gut 20 Jahre alten Vergrämungsnetze sollten ebenfalls zeitnah abgenommen werden. Bis vergangene Woche aber war offenbar nichts passiert.

Jetzt kommt Bewegung in die Sache. Der Kreis Viersen gab am Montag bekannt, dass die Pfarre auf Nachfrage der Unteren Naturschutzbehörde zugesichert habe, am Dienstag die restlichen Netze zu entfernen. Eine Dachdeckerfirma sei damit beauftragt, in den Glockenturm zu steigen. Die Firma soll zugesagt haben, die Arbeiten mit größter Umsicht in Hinblick auf den Vogelschutz durchzuführen. „In dem Kirchturm brüten nun Turmfalken und Dohlen“, sagt Nadine Ehms von Notfelle Niederrhein.

Der Kreis Viersen prüft nun, ob ein Buß- oder Verwarngeld für die Pfarrgemeinde verhängt wird. „Es gab keinen Ärger. Die Gemeinde hat sich kooperativ gezeigt“, sagt Markus Wöhrl, Sprecher des Kreises Viersen. „Die Pfarre wird außerdem in etwa drei Wochen im Zuge geplanter Reparaturarbeiten am Uhrwerk des Turm von außen prüfen, ob noch weitere Gefahrenquellen für Vögel am Glockenturm bestehen und diese gegebenenfalls beseitigen“, so Wöhrl. Pfarrer Michael Schlößer von St. Clemens war am Montag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Der Falkenexperte des Nabu hofft, dass die Gemeinde nun „ein für alle Mal“ eine Lösung findet. „Vor zwei Jahren mussten bereits Vögel befreit werden. Damals hatten wir schon auf die Gefahr hingewiesen. Ich plädiere dafür, die Kirchen offen zu lassen und Brutkästen aufzustellen“, sagt Bernd Bäumer.

René Theuerzeit will die Dohle am Dienstagnachmittag aussetzen, wenn die Netze am Kirchturm abgenommen sind. „Dohlen leben in Kolonien. Möglicherweise hat sie sogar ihr Nest im Kirchturm.“

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