Prozess vor dem Landgericht Dreieinhalb Jahre Haft für sexuellen Missbrauch

Solingen · Drei Jahre und sechs Monate Freiheitsentzug wegen schweren sexuellen Missbrauchs in 25 Fällen: So lautete das Urteil gegen einen Solinger, der seine mittlerweile 29 Jahre alte Nichte in ihrer Kindheit missbraucht haben soll.

Jahrelang hatte das Opfer geschwiegen, um sich irgendwann den Geschwistern anzuvertrauen. Gemeinsam sprach man dann mit den Eltern und die wiederum fielen aus allen Wolken.

Die Mutter des Opfers ist die Schwester des 52 Jahre alten Angeklagten. Sie hatte, wie auch das Missbrauchsopfer selbst, als Zeugin vor Gericht ausgesagt. Dass der eigene Bruder sich an einer ihrer Töchter vergangen hatte, habe sie anfangs nicht glauben wollen. Er sei schon als Kind ein Sonderling gewesen. Niemand habe sich damals etwas dabei gedacht, als er bei seinen Besuchen im Kinderzimmer der Tochter schlafen wollte. Man wähnte ihn dort offenbar auf der Couch, aber keinesfalls im Kinderbett. Anfangs sogar noch im Etagenbett, in dem auch die jüngere Schwester geschlafen habe.

Nachdem sich ihre Tochter offenbart hatte, habe sie ihren Bruder zu einer Aussprache gebeten. Der habe „wie ein Häufchen Elend“ vor ihr gesessen und soll gesagt haben, dass er froh sei, dass es „jetzt endlich raus“ sei. Die Familie sei seither zerstritten. Sie habe keinen Kontakt mehr zu ihrem Bruder und auch nicht zu den Eltern, die zu ihrem Sohn halten würden.

Im Vorfeld der Urteilsverkündung hatte der psychiatrische Sachverständige ein zwiespältiges Bild des Angeklagten gezeichnet. Einerseits Schopenhauer lesend und hochintelligent, andererseits ein Sonderling. Der 52-Jährige habe große Schwierigkeiten mit sozialen Kontakten und sei schon als Kind ein gehänselter Außenseiter gewesen. „Wenn die Vorwürfe der Anklage stimmen, muss man von Pädophilie ausgehen“, so der Gutachter. Der Angeklagte selbst hatte eine derartige Neigung zuvor verneint. Er habe sexuelle Kontakte zu erwachsenen Frauen gehabt und seine sexuellen Fantasien würden sich nicht in Richtung Pädophilie bewegen.

Das schien der Sachverständige nicht uneingeschränkt glauben zu wollen. Allein die Dauer der Misshandlungen über mehrere Jahre hinweg spreche eine andere Sprache: „Er hat sich langsam rangepirscht – wohl wissend, dass das gefährlich für ihn werden könnte.“ Der spätere Hang zu sexueller Promiskuität könne allenfalls als Selbstheilungsversuch verstanden werden. Den Missbrauch seiner Nichte als Liebesverhältnis zu verklären, sei „Schönrederei“ gewesen. Alles spreche dafür, dass der Angeklagte pädophil sei. Mit einer Heilung sei nicht zu rechnen – allenfalls damit, dass die sexuelle Neigung unter Kontrolle gebracht werden kann.

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