Solingen Ensemble Profan macht Appetit auf die Spielzeit

Solingen · Danjana Berkenkopf und Renate Kemperdick überzeugten in Oliver Bukowskis Volksstück Bowling Alone auf der Studiobühne im Theater.

 Dajana Berkenkopf (links) und Renate Kemperdick spielen in Bowling Alone von Oliver Bukowski.

Dajana Berkenkopf (links) und Renate Kemperdick spielen in Bowling Alone von Oliver Bukowski.

Foto: Andreas Deus

Wenn das so weiter geht, wird die Spielzeit 2013/2014 ein Knaller. Was das Ensemble Profan zur Eröffnung auf die Studiobühne brachte, macht Appetit, ja regelrecht Heißhunger auf mehr. Zwei Frauen schafften es, in zweistündigen, scharfzüngigen Wortduellen ihr Innerstes nach außen zu kehren und dabei den Nerv des Publikums zu treffen. Den beiden, Dajana Berkenkopf und Renate Kemperdick, scheint Oliver Bukowski das Stück Bowling Alone auf den Leib geschrieben zu haben. Uraufgeführt wurde das Stück des 1961 in Cottbus geborenen Autors 2007 als Coproduktion des Schauspielhauses Hamburg und der Recklinghausener Ruhrfestspiele.

Jenny (Renate Kemperdick), jenseits der 70, lebt zur Untermiete bei Jessica (Dajana Berkenkopf), diesseits der 40. Jede hat sich auf ihre Weise von den sozialen Kontakten mit der Außenwelt verabschiedet. Bowling Alone steht als Synonym für Menschen, die sich selbst isolieren, auch wenn der Autor seine Protagonistinnen in einer Szene wirklich auf die Bowlingbahn schickt, wirkt das kaum mehr als der verzweifelte Versuch, aus der nicht freiwillig gewählten Zweisamkeit auszubrechen.

Auf der Studiobühne kann das Publikum von zwei Seiten in die beiden Zimmer blicken und hautnah erleben, wie die beiden Frauen ihren Generationskonflikt wortgewaltig austragen. Die junge Frau, arbeitslos und einem Mann verfallen, der sich als echte Nullnummer entpuppt, schreibt sich in ihrem Tagebuch die Welt schön und spült ansonsten die Selbstzweifel mit viel Alkohol weg. Auf der anderen Seite die alte Frau.

Sie hat ihr Leben gelebt, wurde auf der Flucht aus dem Osten vergewaltigt und hat gerade ihren Mann verlor. Ansonsten muss sie den Selbstmord ihrer Tochter verkraften und erkennen, dass den übrigen Kindern und Enkeln ihre Fürsorge nur lästig ist. Auch sie hat längst den Alkohol zum Verbündeten erklärt, um kurzzeitig aus den trüben Alltag zu erhellen. Insgesamt also ein Stoff, aus dem eigentlich Tragödien geschrieben sind. Oliver Bukowski macht dennoch ein lockeres Volksstück daraus mit virtuosem verbalen Schlagabtausch, der den Darstellerinnen viel abverlangt. Renate Kemperdick und Dajana Berkenkopf lassen den Zuschauer teilhaben, ziehen ihn mit auf die Bühne, mitten ins Geschehen, das bis zur rührenden Abschiedsszene keine Sekunde langweilig wird.

Am Ende honorierte das Publikum die herausragende Inszenierung von Michael Tesch mit langanhaltendem Beifall, bevor viele Zuschauer nach der Vorstellung erstmals die Gelegenheit nutzten, an einer öffentlichen Premierenfeier im Foyer teilzunehmen. Noch einmal gab es dort Beifall für die Darstellerinnen des bewegenden Theaterabends und viele Gespräche.

(RP)
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