Rheinberg Shalom-Konzert mit Gedenkstunden-Charakter

Rheinberg · Noch vor dem ersten Ton führte der Organisator der „Abendmusik“ und Organist Christoph Bartusek in einem Kurzvortrag in die Geschichte der deutsch-jüdischen Musiktradition ein. Er beschrieb die Entwicklung von der Orientierung an der protestantischen Liturgie mit Gesang und Orgelspiel im 19. Jahrhundert, der Verbreitung des Instruments in den Synagogen des deutschen Kaiserreichs bis zur Herausbildung ernstzunehmender jüdischer Musik-Kantoren – und der Zerstörung der Tradition durch die Nazis, die in der Reichspogromnacht fast alle der damals bestehenden 197 Syna-gogenorgeln niederbrannten.

 Der Violinist Yuri Bondarev gastierte in der St.-Peter-Kirche.

Der Violinist Yuri Bondarev gastierte in der St.-Peter-Kirche.

Foto: Abendmusik

Entsprechend habe das „Shalom!“-Konzert auch „den Charakter einer Gedenkstunde“ bewusst nahe dem 9. November, sollte neben dem Mahnen mit der Musik auch an die Versöhnung erinnern, so Bartusek.

Danach unternahm er mit dem Violinisten Yuri Bondarev einen Streifzug durch die deutsch-jüdische Musiktradition – abwechselnd mit der Orgel solo und im Duett. Dabei schlugen sie den Bogen von dem majestätischen „Festpräludiun“ von Louis Lewandowski und dessen „Synagogen-Melodien“ mit deutlichen Anklängen an klassische Komponisten wie Mendelssohn zu Moritz Deutsch und seinen mit zwei Noten-Systemen notierten „12 Präludien“ bis zu Josef Löws „10 Improvisationen op. 541“ mit unerwartete Wendungen in Melodie und Harmonik.

In den Duetten faszinierte vor allem das sensationell-feinfühlige Violinspiel von Bondarev, in dem sich Sehnsucht, Melancholie und viel Ausdruck wiederfand – ob nun bei Friedrich Gernsheims „Elohenu“, Albert Kellermanns „Hebräischer Melodie“ oder Josef Sulzers „Sarabande op.8“. Mit Max Bruchs „Kai Nidrej“ – einem alten jüdischen Gebet zum Versöhnungstag und einer Melodie aschkenasischer Herkunft – endete ein beeindruckendes Konzert mit ganz viel Seele und dem Einblick in einen musikalisch wertvollen Horizont.

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