Vom Fernsehstar zum Matchwinner des TSV "Solch ein Verein gehört in die Bundesliga"

Es war drei Uhr am Sonntagmorgen, als Joachim Kurth todmüde ins heimische Bett fiel - für einen Profi-Handballer nicht gerade die richtige Vorbereitung auf ein wichtiges Meisterschaftsspiel 14 Stunden später. Doch der Torhüter des TSV Bayer Dormagen hatte eine gute Entschuldigung parat. Fair-Play-Preis für den TSV Bayer Dormagen: Bundesinnenminister Otto Schily (3. von rechts.) und Rosi Mittermaier überreichten ihn an Jojo Kurth (3. von links). Mit der Mannschaft freuen sich Sportlicher Leiter Uli Derad und TSV-Vorsitzender Dr. Bertram Anders (von rechts). -->

Es war drei Uhr am Sonntagmorgen, als Joachim Kurth todmüde ins heimische Bett fiel - für einen Profi-Handballer nicht gerade die richtige Vorbereitung auf ein wichtiges Meisterschaftsspiel 14 Stunden später. Doch der Torhüter des TSV Bayer Dormagen hatte eine gute Entschuldigung parat. Fair-Play-Preis für den TSV Bayer Dormagen: Bundesinnenminister Otto Schily (3. von rechts.) und Rosi Mittermaier überreichten ihn an Jojo Kurth (3. von links). Mit der Mannschaft freuen sich Sportlicher Leiter Uli Derad und TSV-Vorsitzender Dr. Bertram Anders (von rechts). -->

Er und seine Teamkollegen waren am Samstagabend Gäste im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF, um dort aus der Hand von Bundesinnenminister Otto Schily und Rosi Mittermaier als nationaler Botschafterin für Sport, Toleranz und Fairplay den "Preis 2001 für Toleranz und Fairplay im Sport" entgegenzunehmen. Dem TSV, damals noch Erstligist, war diese Auszeichnung zugesprochen worden, weil er im Oktober 2000 zu seinem Pokalspiel beim Ligarivalen SG Wallau-Massenheim angetreten war, obwohl es durch das Dach der Sporthalle am Elsässer Platz in Wiesbaden regnete.

"Weil Fairness für das gesamte Zusammenleben in unserer Gesellschaft so wichtig ist, müssen wir sie fördern. Toleranz, Respekt und Fairness sind Grundlagen des sportlichen Wettbewerbs. Das Vermitteln dieser Werte hilft, Vorurteile abzubauen und Menschen in die Gemeinschaft zu integrieren", begründete Schily die insgesamt zum dritten Mal vergebene Auszeichnung für die Dormagener.

Joachim "Jojo" Kurth durfte sie nicht nur entgegennehmen, sondern auch ZDF-Moderator Michael Steinbrecher Rede und Antwort stehen. "Ein bisschen nervös war ich schon, so ähnlich wie vor einem Spiel", das gibt der 31-Jährige offen zu. Mehr Angst als vor den Kameras habe er allerdings vor dem Meisterschaftsspiel beim Wermelskirchener TV tags darauf gehabt: "Das war für mich der unangenehmste Gegner, den wir noch vor uns haben, viel schwieriger als unser Spiel in Hagen", stuft er die Partie beim Tabellendritten ein. Die mit einem überzeugenden 26:22-Sieg des Spitzenreiters endete, zu dem Kurth mit 17 gehaltenen Bällen, darunter drei Siebenmetern, mehr als nur ein Scherflein beitrug.

"Ein Torhüter ist immer nur so gut wie seine Abwehr", verteilt er Komplimente über seine Leistung auf die breiten Schultern der vor ihm aufgereihten Defensivkünstler. "Wir haben einen wichtigen Schritt gemacht, aber es wird noch ein harter Kampf, denn alle wollen uns ein Bein stellen", ist er vor den ausstehenden 14 Meisterschaftsspielen bis zum Saisonfinale am 11. Mai überzeugt. Das Ziel ist klar gesteckt: Ein Jahr nach dem freiwilligen Rückzug aus der Bundesliga die Rückkehr zumindest in die Zweitklassigkeit. Dazu kann Kurth auf zweierlei Weise seinen Beitrag leisten: Zwischen den Torpfosten und im Vereinsmanagement, in dem der Diplom-Sport-und Touristikmanager seit Sommer vergangenen Jahres tätig ist.

Wenn er sagt: "Wir stehen besser da, als wir alle nach dem Abstieg auch nur zu träumen gewagt haben", dann bezieht sich das nicht nur auf die sportliche Leistung. Kurth denkt an die Fans, "die uns von Anfang an phantastisch unterstützen" - nach Wermelskirchen waren wieder mehr als 300 Dormagener gekommen - als auch an die wirtschaftliche Seite. Im Bemühen, neben Hauptsponsor Bayer AG ein breiteres Umfeld zu schaffen, ist der Verein einen Schritt weiter gekommen, ziert neben der Adolf Rhode GmbH jetzt auch die TPG, ein von Delhoven aus bundesweit operierendes Unternehmen für Teilzeitarbeit, die Dormagener Trikots.

Das soll aber keineswegs das Ende der Fahnenstange sein: "Wir müssen die Aufbruchstimmung nutzen, zumal durch die neue Halle ab März ganz andere Vermarktungsmöglichkeiten entstehen", sagt Kurth. Sie sei das "i-Tüpfelchen auf ohnehin schon hervorragende Bedingungen" am Höhenberg, was ihn zu der Aussage veranlasst: "Solch ein Verein gehört zurück in die Bundesliga - am besten wieder in die Erste."

Auf dem langen Weg dorthin kann der TSV in Zukunft auf moralische Unterstützung von Rosi Mittermaier bauen. "Gold-Rosi" hat den Dormagenern einen Besuch versprochen, wenn sie in der Neusser Skihalle vorbeischaut - bei der Allrounder Winterworld steht sie ebenso wie Ehemann Christian Neureuther als Werberepräsentantin unter Vertrag. Dass der auch noch Handballfan ist, macht die Geschichte erst richtig rund. Volker Koch

(NGZ)
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