Lokalsport Hartung macht deutsche Säbelpleite perfekt

Dormagen · Gegen Frankreich vergibt der Europameister eine 13-Punkte-Führung - WM-Mitfavorit Deutschland belegt am Ende nur Rang neun.

Der Schock sitzt tief bei den deutschen Säbelfechtern - so tief, dass der Deutsche Fechterbund seine Berichterstattung von der Heim-WM in den sozialen Netzwerken nach dem ersten Gefecht einstellte. Das hatten Max Hartung, Matyas Szabo und Benedikt Wagner noch erwartungsgemäß deutlich mit 45:17 gegen Thailand gewonnen.

Deutlich schien auch das Achtelfinale gegen Frankreich zu verlaufen: Benedikt Wagner übergab mit einer 40:27-Führung (!) an Max Hartung. Der sollte im letzten Gefecht alles klar machen. Fünf Punkte fehlten dem Europameister, und auch wenn sein Gegner Vincent Anstett hieß, der drei Tage zuvor im Einzel die Bronzemedaille gewonnen hatte, schien der Einzug ins Viertelfinale nur noch Formsache.

Doch Hartung war irgendwo, nur nicht auf der Fechtbahn der Arena in Leipzig. Punkt um Punkt gab der 27-Jährige ab, spätestens beim Zwischenstand von 42:36 schrillten die ersten Alarmglocken. Zumindest bei Bundestrainer Vilmos Szabo, der seinem Schützling Tipps zubrüllte, um das Unheil abzuwenden. Es half nichts, beim 43:43 hatte Anstett ausgeglichen. Hartung ging noch ein Mal in Führung - doch zwei Treffer des Franzosen in Folge besiegelten das Unfassbare: 45:44 für Frankreich (das hernach das Achtelfinale klar mit 30:45 gegen Italien verlor) - statt dem Kampf um Medaillen vor voll besetzten Rängen blieb den Deutschen nur die Trostrunde in einer Nebenhalle.

"Das war für uns die Hölle, das kann sich keiner erklären", zeigte sich Sportdirektor Sven Ressel noch Stunden später fassungslos. "So etwas darf nicht passieren. So etwas ist mir auch schon lange nicht passiert", lautete die erste Erklärung von Max Hartung, der nach dem finalen Treffer seines Gegners zum 18:4-Sieg (!) den Tränen nahe war. Nach der Gratulation an die Franzosen sackte er auf die Planche, musste von seinen Teamkollegen Benedikt Wagner und Richard Hübers aufgerichtet und getröstet werden. Während Matyas Szabo vor Enttäuschung so heftig gegen eine Bande trat, dass sie sich aus der Verankerung löste.

"Ich habe nicht einmal Schiss bekommen, ich habe einfach nicht getroffen", sagte Hartung hinterher dem Sport-Informationsdienst. So etwas hatte er auch schon nach seiner 11:15-Niederlage im Achtelfinale des Einzelwettbewerbs gegen den späteren Weltmeister Andras Szatmari aus Ungarn gesagt. Sein Blackout - "ich glaube, er ist mental in ein Loch reingekommen", meinte Benedikt Wagner - bescherte den deutschen (Dormagener) Säbelfechtern in Einzel- und Teamwettbewerb das schlechteste Abschneiden in den vergangenen zwölf Jahren.

Drei Jahre nach dem Titelgewinn in Kazan, zwei Jahre nach Bronze in Moskau gab es nach Siegen über Kanada (45:32), Weißrussland (45:33) und die Ukraine (45:28) ausgerechnet beim "Heimspiel" in Leipzig mit Rang neun die zweitschlechteste Platzierung seit 2005. Nur einmal war die deutsche Equipe als Elfter noch schlechter: 2009 in Antalya. Doch da hatte sich wenige Tage zuvor ein gewisser Nicolas Limbach zum Einzel-Weltmeister gekrönt.

(NGZ)
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