Reisebüros am Limit Angst vor dem Reisen

Das Geschäft mit dem Urlaub läuft in Ratingen zögerlich an. Vor allem vor Flugreisen schrecken die Ratinger noch zurück. Zu unsicher sind ihnen die Situation am Flughafen und am Urlaubsort selbst.

 Martina Pakulla vom Reisebüro Feriengalerie vor einem Bild der Golden Gate Bridge. In diesem Jahr ist das Ziel nicht zu buchen.

Martina Pakulla vom Reisebüro Feriengalerie vor einem Bild der Golden Gate Bridge. In diesem Jahr ist das Ziel nicht zu buchen.

Foto: Achim Blazy (abz)

Das Bundeskabinett hat vergangenen Mittwoch die wegen der Corona-Pandemie weltweit geltende Reisewarnung ab dem 15. Juni aufgehoben. Stehen die Ratinger jetzt Schlange in den Reisebüros, um ihren Sommerurlaub zu retten?

„Schön, wenn es so wäre“, sagt Martina Pakulla, Inhaberin der Feriengalerie. „Die Menschen haben Angst.“ Reisen innerhalb Deutschlands und auch ins Ausland sind buchbar. Aber: „Der neuralgische Punkt ist stets der Flughafen. Es gibt keine neuen Flugpläne. Die Kunden wissen nicht, was sie am Zielort erwartet.“ Martina Pakulla fliegt deshalb in den nächsten Tagen für jeweils einen Tag nach Mallorca und nach Griechenland, um sich selbst ein Bild zu machen.

Gedämpfter Optimismus beschreibt es wohl am besten, was die Fachfrau derzeit empfindet. Sie kämpft emotional und finanziell mit den vergangenen drei Monaten. „Reisebüros verdienen vom 19. März bis 30. Juni keinen Cent.“ Schlimmer noch: „Wir mussten die Provisionen für im November, Dezember und Januar gebuchte Reisen zurückzahlen, obwohl wir das Geld schon für Mieten oder Personal aufgewendet haben. Besonders ärgerlich ist das bei TUI. Trotz 1,8 Milliarden Soforthilfe fordert das Unternehmen von Veranstaltern Geld zurück.“

Martina Pakulla hofft jetzt auf Unterstützung vonseiten der Politik. „43 Prozent der Reisebüros werden Corona nicht überleben“, so die Ratingerin. „Es gibt Autogipfel, Kitagipfel – wir werden immer vergessen.“ Kompensieren kann sie den Verlust nicht mehr. Da hilft nur der Blick nach vorn: „Für uns muss die ganze Welt offen stehen, dann können wir wieder arbeiten.“

Hilfe aus der Politik vermisst auch Susann Tonnaer-Lynch, Inhaberin des Reisezentrums Tonnaer. „Unsere Branche ist schon sehr gebeutelt.“ Sie selbst meldete für ihre Belegschaft Kurzarbeit an. „Die letzten Wochen haben wir aus Eigenmitteln bestritten“, so Tonnaer-Lynch. Auch hier gilt: Keine Einnahmen, trotzdem waren die Mitarbeiter jederzeit für ihre Kunden ansprechbar.

„Es gab tatsächlich viel zu tun“, sagt die Ratingerin. „Viele Kunden hatten Fragen. Für ausgefallene Reisen gibt es Gutscheine oder Rückzahlungen – aber all das dauert viel zu lange, zum Teil mehrere Wochen.“ Dazu kommt: „Einige Kunden haben mit Online-Buchungen eine Bruchlandung hingelegt und hoffen jetzt, dass wir ihnen bei den Regressansprüchen helfen können.“ So begegnet nicht jeder dem Team des Reisebüros in diesen Tagen mit freundlichen Worten. Tonnaer-Lynch kann den Unmut der Kunden verstehen, wünscht sich aber mehr Empathie für ihr Team.

Die Ratingerin hofft jetzt, dass die Branche wieder Wind unter die Flügel bekommt. „Viele Menschen wollen reisen, sind aber noch vorsichtig. Wenn wir bis 1. August nicht in die Luft kommen, befürchte ich eine Pleitewelle von Hotels und viele Entlassungen bei Fluggesellschaften“, sagt Tonnaer-Lynch.

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