Flüchtlingssituation in Radevormwald Stadt sucht Wohnungen für Geflüchtete

Radevormwald · Der Aufruf der Verwaltung klingt dramatisch und dringend: Um zugewiesenen Flüchtlingen Platz zu bieten, benötigt die Stadt dringend Wohnraum.

 80 Plätze gibt es in der Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Grundschule an der Blumenstraße/Neustraße. Die Kapazitäten sind erschöpft.

80 Plätze gibt es in der Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Grundschule an der Blumenstraße/Neustraße. Die Kapazitäten sind erschöpft.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Der Krieg in der Ukraine geht unvermindert weiter. Immer mehr Menschen flüchten. Die Stadt geht davon aus, dass sich die Situation weiter zuspitzt. „Wenn die Bomben weiter fallen, wird es für die Menschen immer schwieriger ohne Wasser, Heizung und Strom“, sagt Volker Grossmann, Leiter des Sozialamtes. Deshalb stelle sich die Stadt darauf ein, auch weiterhin Geflüchtete aufzunehmen. Doch der Platz wird knapp. Deshalb richten Bürgermeister Johannes Mans und der Erste Beigeordnete Simon Woywod mit Grossmann einen dringenden Appell an die Bürger, weiterhin freien Wohnraum zu melden. „Es geht um eine langfristig Planung, um die räumlichen Ressourcen auszuschöpfen“, sagt Mans. Nach Möglichkeit sollen keine zentrale Flüchtlingsunterkünfte wie in Turnhallen aufgebaut werden. „Wir wollen die Menschen so dezentral wie möglich unterbringen“, kündigt er an.

Derzeit leben 270 ukrainische Flüchtlinge in der Stadt. Zu Beginn des Krieges waren es Freunde und Bekannte, die die Geflüchteten bei sich aufnahmen – ohne, dass die Stadt etwas machen musste. Da die Ukrainer nach sechs Wochen einen Aufenthaltstitel bekommen und bleiben dürfen, suchen sie auf dem freien Wohnungsmarkt eine neue Bleibe, was sich als schwierig erweist. Deshalb sucht die Stadt dringend Wohnraum für diese Menschen, die einen Aufenthaltstitel haben. „Wir brauchen Platz in unserer Flüchtlingsunterkunft Blumenstraße/Neustraße, denn Geflüchtete ohne rechtlichen Status haben keine Chance auf eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt“, erläutert Grossmann. Auch in den städtischen Wohnungen in den Höfen wohnen Menschen, die mittlerweile einen Aufenthaltstitel haben und eine Wohnung suchen. „Hier bringen wir gerne Familien mit kleinen Kindern unter, damit die nicht in einer Unterkunft leben müssen“, sagt Grossmann.

Derzeit suchen 50 Personen mit Aufenthaltstitel eine Wohnung – die meisten Ukrainer, aber auch eine syrische und eine irakische Familie. In der städtischen Unterkunft sind alle 80 Plätze belegt. „Wir können vielleicht noch etwas zusammenrücken, aber dann drohen Spannungen unter den Bewohnern, die aus 14 bis 15 unterschiedlichen Herkunftsländern mit verschiedenen kulturellen Hintergründen stammen“, sagt Grossmann.

 Im Oktober 2015 wurde die Realschulhalle an der Hermannstraße für Flüchtlinge vorbereitet.

Im Oktober 2015 wurde die Realschulhalle an der Hermannstraße für Flüchtlinge vorbereitet.

Foto: Hertgen, Nico (hn-)

Mit dem Wohnanbieter Belvona steht die Stadt in Kontakt: In dessen Gebäudekomplexen gebe es freie Wohnungen, nur müssten die auch zum sozialverträglichen Tarif vermietet werden und mietfähig sein. Und das sei nicht immer der Fall, bedauert Grossmann. Die Wohnungen für die Geflüchteten, die die Stadt sucht, müssten in einem vernünftigen Zustand sein. Grossmann rechnet in nächster Zeit mit mehr Zuweisungen, der Bedarf werde größer. Die Situation bleibe dynamisch und nicht sehr gut planbar.

„Viele Ukrainer werden weiter von Freunden und Familien nach Deutschland geholt, da weiß man nie, wer am nächsten Morgen vor der Tür steht“, sagt Grossmann. Für kommende Woche sind der Stadt neun Personen angekündigt worden. In der Regel gibt es diese Meldung zwei Wochen vorher. „Für alle Beteiligten ist das eine sehr angespannte Situation, die am Nervenkostüm rüttelt“, meint Bürgermeister Johannes Mans. Auch der Mittagstisch im Haus der Begegnung verzeichne einen stärkeren Zulauf. „Wir stehen vor einer schwierigen Herausforderung, denn alle Beteiligten sind hochbelastet, ob nun finanziell oder wegen der knappen Ressourcen“, sagt er. Und weil die Stimmungslage so schwierig sei, lege man Wert auf die dezentrale Unterbringung. „Aber wenn wir jetzt nicht noch mehr Wohnungen bekommen, müssen wir kurz- und mittelfristig doch wieder über Turnhallen als Unterbringungsmöglichkeit nachdenken“, sagt er. Andere Kommunen seien da schon in den Vorbereitungen.

Mans hofft, dass gerade Familien mit Häusern enger zusammenrücken oder sich kleiner setzen und Wohnungen vielleicht aufteilen können. „Da ist viel Kreativität denkbar, auch vor dem Hintergrund, dass Energie gespart werden muss“, sagt Mans. Er sei überzeugt, dass noch nicht alle Reserven aus Radevormwald gemeldet wurden.

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