St.-Josef/St.-Alexius-Krankenhaus Neuss So wirkt Duft in der Psychiatrie

Neuss · Am St.-Josef/St.-Alexius-Krankenhaus hat sich eine Aromapflege etabliert. Über Düfte werden positive Emotionen ausgelöst.

 Yvonne Knopp hat mit Jens M. aus verschiedenen Aromen eine Mischung zusammengestellt, die ihm bei der Bewältigung von kleinen Krisen hilft.

Yvonne Knopp hat mit Jens M. aus verschiedenen Aromen eine Mischung zusammengestellt, die ihm bei der Bewältigung von kleinen Krisen hilft.

Foto: Andreas Woitschützke

Hydrolate, also „Pflanzenwässer,“ und ätherische Öle sind auch gute Urlaubsbegleiter, sagt Yvonne Knopp. Rosen-Hydrolat kühlt die Haut bei Hitze, Pfefferminz-Hydrolat stillt den Juckreiz, und Öl aus „Lavendel fein“ oder Rosengeranien sorgt nicht nur für eine angenehme Raumluft, sondern hält auch Mücken fern. Ihr Wissen um Öle und Düfte hat die Krankenschwester aber nicht erworben, um sie in Ratgeber-Kolumnen weiterzugeben, sondern weil Düfte auch einem therapeutischen Zweck dienen können. Als Aromapflegerin erlebt sie das jeden Tag – und das St.-Josef/St.-Alexius-Krankenhaus als Arbeitgeber kommt dafür auf. Denn Aromapflege ist keine Kassenleistung.

Jens M., der nach einem Schlaganfall unter Angstzuständen leidet und deshalb schlecht schläft, ist dem psychiatrischen Fachkrankenhaus dankbar für dieses Zusatzangebot. Er hat immer eine kleine „Riechdose“ gegen Panikattacken dabei, an der er schnuppert, wenn sich bei ihm wieder alles depressiv verdüstert. „Aufheller“ hat er den Inhalt genannt, den Knopp mit ihm an einer „Duftorgel“ komponiert hat: Grapefruit für Frische, Majorandurft als Stresslöser, Olibanum und Vanille für das Wohlgefühl. Und als Basisnote: Zedernholz – für Stärke und neuen Mut. „Der erinnert mich an einen Gang durch den Nadelwald“, sagt M. „Dann geht es mir gut, denn daran habe ich eine gute Erinnerung.“ Und bis jetzt hat ihn der Aufheller nie im Stich gelassen: „Der Duft geht bis in den Nacken. Die schwere Last wird dann abgestreift, wie eine Kapuze“, sagt er.

Mit Aromen arbeitet inzwischen jede Station in dem „Zentrum für seelische Gesundheit“ an der Nordkanalallee. Auch auf geschützten Stationen setzen sie sie ein, erklärt Linda Schabelreiter. Denn selbst wenn jemand wahnhaft und angespannt sei, kann sie mit einer Raumbeduftung für eine angenehme Atmosphäre und eine Verbesserung der Situation sorgen. Denn Düfte wecken Emotionen, weil sie über den Geruchssinn im Gehirn direkt das limbische System ansteuern.

Über diese „Basiseinsätze“ von naturreinen Aromen auf den Stationen hinaus aber hat sich eine eigene Aromapflege etabliert, die Knopp und Schabelreiter wahrnehmen. „Wir machen keine Aromatherapie“, stellt Knopp klar, „und keine Heilversprechen“. Beide wollen mit diesem freiwilligen Angebot zum Wohlbefinden der Patienten beitragen – und hoffen, dass dieser so die eine oder andere Pille doch nicht braucht. Dabei setzen sie in der Pflege neben Riechdosen auch auf Duftsprays und Badezusätze.

Die Wahl der Düfte ist dabei individuell. „Für jeden riecht etwas anderes gut“, sagt Schabelreiter. Ihr Ziel ist es deshalb, herauszufinden, welcher Duft positiv wahrgenommen wird, und welcher vielleicht mit einer schlechten Erinnerung verbunden ist. Darum wird gerade zum Beginn viel Zeit in Gespräche und „Schnupperproben“ investiert. Sorgt die Duftauswahl für keine „Nebenwirkungen – manches Öl wirkt sich zum Beispiel auf den Blutdruck aus – wird ein Aromaprotokoll gemacht. Jens M. kann sich damit „seine“ Mischung immer nachtropfen lassen. „Deckel ab – dann geht es wieder“, sagt er. „Das holt mich gleich wieder runter.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort