Norfer Firmen Umzug wegen lahmen Internets?

Neuss · Die Standortanalyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) war für Neuss ernüchternd. Weil das Internet trotz Versprechungen immer noch langsam ist, denken manche Firmen daran, umzuziehen

Als Peter Lehnert davon erfuhr, dass die Telekom in Neuss in ihr Netz investiert und in Norf Bandbreiten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde (MBit/s) verfügbar sein sollen, sah der Eigentümer von Firmenhallen an der Mainstraße 85 den Standort für die Zukunft gerüstet. Eine schnelle Internetverbindung ist heutzutage für Unternehmen schließlich von elementarer Bedeutung und ein Hauptkriterium bei ihrer Standortwahl. Wie wichtig dies ist, zeigt die jüngst veröffentlichte Standortanalyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. Als wichtigsten Standortfaktor nennen die befragten Unternehmen die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur - wichtiger noch als beispielsweise die Verkehrsanbindung und die Straßeninfrastruktur.

Deshalb sollten Städte im Wettbewerb mit der Konkurrenz an einer leistungsstarken Internetverbindung interessiert sein. Doppelt bitter ist, wenn Ernüchterung einkehrt. Von der Vorfreude über die nun mehrere Monate alte gute Nachricht ist bei Peter Lehnert nichts mehr übrig geblieben. Weil an der Mainstraße immer noch mit nur 16 MBit/s gearbeitet werden muss, hat sogar ein Mieter die Kündigung eingereicht.

Dafür zeigt der Eigentümer aus Nettetal Verständnis. "Mit so einer langsamen Leitung wird man ja auch verrückt. Wenn es so bleibt, hat der Standort keine Zukunft für Gewerbstätige", sagt Lehnert. Er und drei weitere Eigentümer stellen den rund 40 Unternehmen in dem ehemaligen Klaus-Esser-Gewerbegebiet Räume und Hallen zur Verfügung. "Einer von uns Eigentümern wurde vor anderthalb Jahren von der Telekom angerufen und gefragt, ob er eine Glasfaserleitung benötige. Er ist 78 Jahre alt, hat nur noch sein Büro hier und lehnte ab. Damit scheint sich der Fall für die Telekom für alle Grundstücke erledigt zu haben", sagt Lehnert, der sich seit Januar persönlich dafür einsetzt, dass das schnellere Internet kommt. "Weder die Wirtschaftsförderung der Stadt noch die Telekom halfen mir bisher weiter. Bei der Telekom habe ich nach fünf Monaten noch nicht mal einen festen Ansprechpartner." Auf NGZ-Anfrage teilt das Telekommunikationsunternehmen mit, sich bei Lehnert melden zu wollen - was allerdings bisher nicht geschah. Außerdem steht in einem Schreiben: "Da das Objekt über verschiedene Verzweigerkästen und Leitungswege versorgt wird, können wir noch keine generelle Aussage treffen. Wir werden für die Kunden einzelne Prüfungen vornehmen, ob Umschaltungen auf schnellere Verbindungen möglich sind." Dies kann Lehnert jedoch nicht nachvollziehen. Denn im Keller eines Firmengebäudes direkt an der Mainstraße steht ein großer APL-Verteilerkasten ("Hausverteiler für Telefonleitungen"), der alle Firmen versorgt. "Man muss eigentlich nur eine einzige Glasfaserkabelleitung von der Straße legen, einen neuen VDSL-Kasten in den Keller stellen und ihn anschließen. Damit wäre allen geholfen", sagt der Vermieter.

Warum es zu den Problemen mit dem schnelleren Netz kommt, kann für den Nettetaler zwei Ursachen haben: "Zum einen wissen nicht alle, dass das Gelände unterirdisch mit Tunneln verbunden ist und Leitungstrassen liegen. Zum anderen erstreckt sich die Adresse Mainstraße 85 mit einem Gebäude neben dem anderen über mehrere hundert Meter, was regelmäßig für Chaos sorgt." Die Wirtschaftsförderung der Stadt hüllt sich in Schweigen. Anfragen unserer Redaktion an das Presseamt blieben unbeantwortet.

(NGZ)
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