Stadtentwicklung in Neuss „Linke“ fordert Gewerbeflächen-Stopp

Neuss · Laut Gutachten benötigt Neuss bis 2030 mindestens 106 Hektar neue Gewerbeflächen. „Die Linke“ zweifelt und fordert ein Umdenken.

 Bei Elvekum könnten neue Gewerbegebiete entstehen. Über den Bedarf wird gestritten.

Bei Elvekum könnten neue Gewerbegebiete entstehen. Über den Bedarf wird gestritten.

Foto: Christoph Kleinau

Die Wirtschaft in Neuss floriert und wächst. Vor allem aber: Es werden neue Flächen benötigt – schon allein, um in der Stadt bereits ansässige Firmen, die eine Standorterweiterung planen, zu halten. Laut Gewerbeflächenbedarfsgutachten hat Neuss bis 2030 einen Bedarf von mindestens 106 Hektar für neue Gewerbeflächen. „Die Linke“ sieht dies kritisch und verweist auf Bürger in Holzheim, Derikum, Elvekum und anderen Stadtteilen, die sich gegen geplante Gewerbegebiete wehren. Fraktionsvorsitzender Roland Sperling betont, es stelle sich die Frage, „ob und wie viel neue Gewerbeflächen tatsächlich sinnvoll sind“. „Die Linke“ fordert daher ein Gewerbeflächen-Moratorium. „Die gebetsmühlenartig von Bürgermeister und Verwaltung vorgetragene Beteuerung, neue Gewerbeflächen seien unbedingt nötig, überzeugt nicht.“

Mit dem Vorstoß zum Moratorium steht „Die Linke“ allerdings politisch weitgehend allein. Die Fraktionsvorsitzenden Helga Koenemann (CDU), Arno Jansen (SPD) und Manfred Bodewig (FDP) stellen klar, dass es darum geht, Arbeitsplätze in Neuss zu halten und zu schaffen. „Wir müssen für die nachfolgende Generation entsprechende Möglichkeiten im Flächennutzungsplan schaffen. Ob diese Möglichkeiten dann genutzt werden, ist eine andere Frage“, sagt Koenemann. „Da fährt ja nicht morgen der Bagger vor.“ Bei der Flächen-Wahl gelte es, sorgfältig abzuwägen – auch mit Blick auf die Verkehrssituation. SPD-Fraktionsvorsitzender Arno Jansen teilt in Richtung „Linke“ aus: „Man sollte schon die Realitäten anerkennen. Wir brauchen die neuen Gewerbeflächen. Ob es am Ende 106 Hektar oder doch nur 98 sind, wird man sehen.“ Und die Liberalen können, fast schon naturgemäß, mit dem Vorstoß der Linken ebenfalls nichts anfangen. „Wir brauchen diese Flächen. Wachstum ist ein Motor für Neuss, und nur mit einer gesunden Wirtschaft können wir uns die soziale Großstadt leisten“, sagt Bodewig.

Mahnende Beispiele gibt es zudem. Fehlen die Flächen, sehen sich Unternehmen in anderen Städten um. Der Paniermehl-Spezialist Brata zum Beispiel plante eine Erweiterung und fand die Fläche für eine zusätzliche Produktionsstätte schließlich nicht in Neuss, sondern in Nettetal-Breyell. „So etwas wollen wir in Zukunft vermeiden“, sagt Koenemann.

„Die Linke“ kritisiert, dass der im Gutachten prognostizierte Bedarf an neuen Gewerbeflächen lediglich mit der aus der Vergangenheit hochgerechneten Nachfrage von Unternehmen nach neuen Standorten gleichgesetzt werde. Gefordert wird ein Umdenken und ein Stadtentwicklungskonzept 2035 unter Mitwirkung der Bürger. Bis das Konzept steht, soll der Ausbau weiterer Gewerbeflächen gestoppt werden. „Wird weiterhin der Bedarf einseitig aufgrund der Nachfrage ermittelt, ist absehbar, dass der Flächenfraß immer weitergeht. Aber wie viel Naherholungsgebiet, wie viel Lebensraum von Tieren und Pflanzen soll in Neuss noch einer unhinterfragten Wachstumsideologie geopfert werden?“, fragt Roland Sperling. „Schließlich ist auch in Neuss die Fläche nicht unendlich.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort