Geschichte der Gastronomie in Nettetal Hinsbecks Markt war ein Zentrum der Kneipenkultur

Nettetal-Hinsbeck · In kaum einem Haus rund um den Marktplatz hat es früher einmal nicht eine Gaststätte gegeben. Durstige fanden dort immer eine Anlaufstätte.

Die ehemalige Schankwirtschaft Pollen um 1910. Über der Türe waren damals noch Reste der Beschriftung „Schenkwirtschaft“ zu sehen.

Die ehemalige Schankwirtschaft Pollen um 1910. Über der Türe waren damals noch Reste der Beschriftung „Schenkwirtschaft“ zu sehen.

Foto: VVV HInsbeck/VVV Hinsbeck

Wer in Hinsbeck Durst auf Bier und Lust auf Gespräche in einer Kneipe hatte, dem standen in früheren Jahren viele Türen offen. In dem relativ kleinen Ort gab es zwischen 1800 und 2000 mehr als 60 Schankwirtschaften, Gaststätten und Herbergen. Insgesamt 15 Gaststätten befanden sich alleine rund um den Markt, wo nur in vier von 19 Häusern nie eine Gaststätte bestand.

Zu den Kneipen am Markt gehörte beispielsweise das Eckhaus der späteren Gaststätte Herzog, heute An St. Peter 1. Es war zu Beginn des 19. Jahrhunderts Unterkunft für Lehrer und Kapläne der Hinsbecker Pfarre. 1835 erwarb Peter Mathias Plantzen das Anwesen und richtete die erste Gaststätte ein. Ihm folgte um 1860 Jakob Rollbrocker, in Hinsbeck mit seiner Frau Sibilla Mechtilde Busch bekannt als Stifter der ersten großen Kirchenorgel. Nach Franz Sanders, der 1877 Wirt wurde, ging das Haus an die Geschwister Sanders und um 1940, durch Heirat, an Rudolf Herzog. Dessen Tochter Luise wurde 1975 letzte Wirtin und schloss die Gaststätte 1987.

An der Bergstraße 1 liegt die Gaststätte Hügen. In diesem Haus befand sich schon im 18. Jahrhundert eine Schankwirtschaft. Nach mehreren Wechseln kaufte 1870 der Metzger Dominicus Finkskes das Anwesen und betrieb neben der Gaststätte eine Metzgerei. Durch Heirat kam 1891 der Viehhändler Johann Hügen in den Besitz. Seine Enkelin Fine, verheiratete Gonska, schloss die Gaststätte 1967, fünf Jahre später folgte die Schließung der Fremdenzimmer. Heute ist es ein Geschäfts- und Wohnhaus.

Bis etwa 1960 befand sich an der Stelle der heutigen Provinzial-Geschäftsstelle, Markt 4, ein altes, kleines Haus. Darin wohnte der Küster Gottfried Holthausen, der hier ab circa 1837 eine Schankwirtschaft betrieb. 1878 kaufte der Nachbar Dominicus Finkskes das Anwesen und schloss die Gaststätte. Seit etwa 1960 befand sich dort zunächst die „Schloss-Drogerie“, seit 1990 ist dort eine Versicherungsagentur.

Auch im Haus Markt 6 – heute eine Zahnarztpraxis – bestand um 1835 schon eine Gaststätte von Heinrich Hohnen, die 1854 an den eingeheirateten Johann Wilhelm Färvers ging. 1883 erwarb Max Hahnen das Haus. Die Gaststätte wurde lange von seiner Frau Sibilla Rameckers, später von den unverheirateten Töchtern Elisabeth und Hubertine geführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm Adolf Marxen, Sohn einer dritten Hahnen-Tochter, das Haus. Er schloss 1963 die Gaststätte. Um 1984 wurde das Haus in einen Konsum-Supermarkt umgebaut. Nach einem weiteren Umbau 1992 befindet sich hier eine Zahnarztpraxis.

Im heutigen Zeitschriftengeschäft Markt 8 eröffnete um 1825 der Hofgärtner von Schloss Krickenbeck, Peter Johann Teller, die erste Schankwirtschaft. Sein Nachfolger wurde der Uhrmacher Johann Rüttger Pollen, der neben der Gaststätte ein Schmuck- und Uhrengeschäft mit Reparaturwerkstatt führte. Sein Sohn verkaufte das Anwesen 1908 an den Uhrmacher Paul Barfurth, der die Geschäfte weiterführte, die Schankwirtschaft aber schloss. In der Folgezeit hatte das Haus verschiedene geschäftliche Nutzungen, seit 1931 überwiegend für Zeitschriften unter verschiedenen Betreibern. Das daneben liegende Haus Markt 10 beherbergte lange Jahre eine Bäckerei, später eine Metzgerei. Es ist eines der wenigen Häuser am Markt, in dem nie eine Gastronomie bestand.

Das Haus Färvers, Markt 12, trug nach den ersten Besitzern die Bezeichnung „Grütershof“. Dort heiratete 1800 Johann Färvers ein, dessen Nachkomme Peter Johann 1873 Bürgermeister von Hinsbeck und Leuth wurde. Der Hof war bis 1974 Besitz der Familie Färvers, ging dann durch Vererbung an Helmut und Annemie Heider. Im Haus wurden zunächst verschiedene Geschäfte eingerichtet. 1992 folgte der Umbau in eine Speisegaststätte, die mehrere Pächter bis zur Schließung 2015 betrieben.

Im Anwesen Markt 14 wohnten zwischen 1750 und 1850 mehrere Generationen der Kupferschmiede Maassen. Eine ihre Arbeiten, zwei große Kandelaber, stifteten sie 1866 der Hinsbecker Kirche. Um 1870 heiratete der Landwirt Johann Mathias Gehlen die Tochter des Hauses. Bis 1998 blieb das Haus im Besitz der Familie Gehlen. Auch in diesem Haus befand sich nie eine Gaststätte.

Eine wechselvolle Geschichte hat das Eckhaus Markt 16. Dort befand sich schon um 1770 eine Gaststätte mit Brauerei. Besitzer waren um 1800 die Familie Kohlen, um 1810 Thoenes, um 1840 Hoffmans, um 1860 Heidenfels. Die Gaststätte wurde 1895 geschlossen und das Haus in Wohnungen und eine Schmiede umgebaut. Um 1930 eröffnete Franz Johann Hoffmans hier eine erste Metzgerei, die von den Familien van de Brand und ten Napel weitergeführt wurde. 1984 wurde das alte Haus zur Begradigung der Straßenführung (B509) abgebrochen und etwas eingerückt neu erstellt. Es entstand, wie schon vor rund 150 Jahren, eine Gastronomie für jüngeres Publikum unter zahlreichen Pächtern, sowie seitlich, im Bereich der früheren Schmiede, eine Imbissstube. Momentan liegt die Gastronomie still.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort