Nettetal Da lachen die Götter

Nettetal · An Menschen und Ereignisse in Hinsbeck in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erinnert Mary Dors. Bei einer Lesung aus ihrem Tagebuch im "Parkstübchen" wurde auch geschmunzelt.

 Begleitet von Danielle Dors (links), zog Peter Rübsam auf dem Dudelsack spielend ins vollständig besetzte Hinsbecker Parkstübchen ein.

Begleitet von Danielle Dors (links), zog Peter Rübsam auf dem Dudelsack spielend ins vollständig besetzte Hinsbecker Parkstübchen ein.

Ein lustiges Volk waren einst die Maler, Zeichner und Bildhauer, die diesseits und jenseits des Berges wohnten und arbeiteten. Zum "Karneval bei Melusinchen" lud 1949 die "Chefnixe der Krickenbecker Seen" in das Atelier von Hans Füsser ein. Der Karikaturist hatte dazu eine Wand mit Pappe verkleidet uns darauf mehr oder minder deutlich die Eingeladenen porträtiert.

"An die Zeichnungen erinnere ich mich noch, da habe ich als kleiner Junge zugeschaut", sagte Peter Rübsam, als er jetzt die Episode aus dem 1979 erschienenen Buch "Wir hatten wohl die schlechteste Zeit" von Mary Dors vorlas. Jeder Eingeladene musste damals zwei Flaschen Wein sowie ein Weinglas und eine Kaffeetasse mitbringen.

Der sagenhafte Ruf der Atelierfeste ("Spuk im Plüschsalon" – 1950 und "Da lachen die Götter" – 1951) übertrug sich auch auf die Karnevalsfeten des Tennisklubs, an dessen Gründung Jupp ("Jo") und Mary Dors in den ersten Nachkriegsjahren beteiligt waren. Als Maria Gelling, 1897 in Kettwig geboren, war sie 1916 mit ihren Eltern nach Glabbach gekommen, weil man sich auf dem Lande besser ernähren konnte.

Landwirt und Maler

Obwohl sie eigentlich nicht heiraten, "sondern nur für die Frauenbewegung arbeiten wollte", verliebte sie sich bald in Jupp Dors, den Sohn eines Textilkaufmanns. Der sollte auch Kaufmann werden, malte aber lieber. 1921 hatte er seine erste Ausstellung. 1924 heirateten beide, wohnten zunächst in einer Kate am Schrolick und zogen dann in den Schommerhof (Glabbach 42), den Vater Dors kaufte. Jo war damals Landwirt und Maler.

Mary Dors' Tagebuch ist nicht nur eine Familiensaga, sondern auch ein lebendiges Bild der damaligen "schlechten Zeit". Man hatte in und nach den Kriegen wenig zu essen, Erspartes wurde von Inflationen aufgefressen, vor allem der Zweite Weltkrieg schlug Wunden.

Walther Dors, der älteste Sohn, fiel 1944, Jupp Dors selbst geriet in russische Gefangenschaft, aus der er erst 1947 gesundheitlich angeschlagen heimkehrte. Nun begann eine Periode ungeheurer Schaffenskraft, die ihm den Namen "Maler des Niederrheins" einbrachte. Auch nach einem schweren Unfall 1959 malte er weiter, Silvester 1963 starb Jupp Dors an den Spätfolgen.

Das Leben der Familie verknüpft Mary Dors pointiert mit dem Zeitgeschehen; vor allem die soziale Lage der Menschen und das karge Leben der kleinen Landwirte wird geschildert: Man musste sich "durchschlagen".

Viele Geschichten riefen bei den Zuhörern ein Schmunzeln hervor – es waren heute unvorstellbare Situationen (die Geburt des Sohnes Wolfram 1932) oder die Begegnung mit Personen, die manchem noch persönlich bekannt waren: Jupp Rübsam, Jochen Wendt, Albert Steeger, Paul Heimen, Hans Füsser.

So hatten die manchmal bitteren Zeilen auch ein heiteres Gegengewicht.

(mme)
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