Herzinfarkt auf Tennisplatz Daniel – und wie eine Rettungskette perfekt funktionierte

Mönchengladbach · Herzinfarkt auf dem Tennisplatz – das hätte das Ende für einen 55-Jährigen sein können. Doch Helfer zögerten nicht und machten sich beherzt ans Werk.

 Marc Deußen (links) und Dierk Rulands informierten bei der Fortbildung.

Marc Deußen (links) und Dierk Rulands informierten bei der Fortbildung.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Jetzt kann Daniel wieder lachen. Er fühlt sich „tiptop und fit“. Die Cholesterinwerte dürften niedriger sein, weichen aber nur geringfügig vom Idealwert ab. Für einen medizinischen Laien gibt es keinen Hinweis auf eine zurückliegende schwere Erkrankung des 55-jährigen Mönchengladbachers.  Daniel, der wie seine Retter nur seinen Vornamen veröffentlicht sehen möchte, aber kann rückblickend feststellen: Viele Rädchen haben ineinander gegriffen, sonst würde er wohl nicht mehr leben. Auf dem Tennisplatz erlitt er einen Herzinfarkt. Es kam zum Kreislaufstillstand. Daniel wurde reanimiert und überlebte.

„Im Rettungsdienst gibt es genug Frustration. Die Motivation steigt durch Fälle wie diesen. Bei jedem Einsatz muss eine einhundertprozentige Performance geboten werden“, sagt Dr. Dierk Rulands, Leiter des Herzkatheter-Labors im Elisabeth Krankenhaus. Dort berichtete Daniel jetzt anlässlich einer von Marc Deußen geleiteten Fortbildung für Rettungskräfte über seinen Fall. Das Drama mit glücklichem Ausgang sollte in der Veranstaltung mit Teilnehmern aus ganz Nordrhein-Westfalen als motivierendes Beispiel dienen. Deußen ist ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes der Stadt und weiß aus Erfahrung, dass es vielen Patienten schwerfällt, über ein solches Erlebnis zu sprechen. Um so dankbarer war er Daniel und den Ersthelfern für die Bereitschaft, vor rund 200 Rettungskräften das Erlebte aus persönlicher Sicht zu schildern.

Über den Vorfall selbst kann Daniel nichts sagen. Die Erinnerung daran ist wie weggewischt. Er weiß aus den Schilderungen der anderen, dass er „wie ein Baumstamm“ umkippte – einfach so, ohne vorherige Belastung, noch vor dem geplanten Match. Erst eineinhalb Tage später, auf der Intensivstation, war er wieder „gedanklich klar“.

Nach eigener Aussage fand der 55-Jährige schnell wieder Vertrauen in den eigenen Körper. Belastender sei die Frage gewesen, wie die Ehefrau und beiden Söhne mit dem Vorfall umgehen könnten. Heute weiß er, dass sich die Sicht auf das Leben verändert hat. „Die Situation lässt sich nachträglich nicht ändern. Doch sie kann am Ende etwas Gutes haben, wenn sich Prioritäten verschieben“, kommentiert Rulands die Aussage.

Daniels Freund Gerd war im Moment des Kreislaufstillstands zunächst der einzige vor Ort. Er massierte die Brust des Freundes, rief, man solle einen Notarzt rufen – und war erleichtert, als eine weitere Helferin auftauchte: Chantal, von Beruf Krankenschwester. „Da hatte ich das Gefühl, die weiß, wie es geht“, bekennt Gerd.

Getoppt wurde seine Erleichterung durch die Ankunft des Rettungsteams, das auf das Notwendige fokussiert Kompetenz ausgestrahlt habe. Chantal war in der Nähe, um ihre Hochzeitsfeier vorzubereiten. Es sei schon etwas ganz Anderes „in Zivil“ von einem solchen Ereignis überrumpelt zu werden, bekennt die Krankenschwester, die sich mit Gerd bei der Brustmassage ablöste.

„Eine Beatmung ist nicht unwichtig, doch wichtiger ist eine Brustmassage. Wenn das Blut nicht fließt, hilft auch der Sauerstoff nicht“, sagt Rulands und lobt den Einsatz der beiden Helfer. „Wichtig ist, die Brust zu drücken. Das kann jeder so gut es geht“, betont auch Deußen.

 Rückblickend hält er fest: Um 18.42 Uhr ging der Notruf ein. Eineinhalb Minuten später fuhren zwei Rettungswagen los. Die erreichten innerhalb von fünf Minuten den Tennisplatz, kümmerten sich um den Patienten und brachten ihn zur Zielklinik, wo er an den Herzkatheter angeschlossen und verstopfte Gefäße für die Intensivtherapie freigelegt wurden.

Zweimal im Jahr gibt es im Elisabeth-Krankenhaus Rettungsdienstfortbildungen.  Dabei werden immer reale Fälle ausgewertet, Zeiten an Bildschirmmasken verglichen, um zu sehen, wo optimiert werden kann. „Die Simulation ist wie ein Boxenstopp in der Formel 1. In Mönchengladbach haben wir das Glück, in fünf Minuten an der Einsatzstelle sein zu können und über hochwertige Geräte zu verfügen“, so Deußen.

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