Klimaanalyse Wo die Stadt heiß ist und wo sie cool bleibt

Mönchengladbach · Experten haben Temperaturen und Windströme in Mönchengladbach kartiert. Sie liefern Erkenntnisse, die zum Beispiel Stadtplanern helfen können.

 Viel Asphalt und Beton, wenig Abkühlung nachts.

Viel Asphalt und Beton, wenig Abkühlung nachts.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)/Ilgner,Detlef (ilg)

Man schrieb das Jahr 1979, der Bundeskanzler hieß Helmut Schmidt – und die Luft in Mönchengladbachs Nachbarstadt Krefeld und im Ruhrgebiet war quasi zum Schneiden dick. Diese Region erlebte, was heute aus chinesischen Mega-Städten gemeldet wird: Smog-Alarm. Hochöfen, Kraftwerke, Kokereien, Kohleheizungen in Privathaushalten und Autos ohne Katalysatoren belasteten die Luft. „So schlimm wie damals ist es heute nicht mehr“, sagt Barbara Weinthal, Leiterin des städtischen Fachbereichs Umwelt. Und meint damit – trotz Feinstaubproblem – die Schadstoffbelastung der Luft.

Zur Sorge ums Stadtklima gehört nicht erst nach den jüngsten extremen Hitze-Sommern aber auch die Temperatur. Denn sie wirkt sich auf Pflanzen, Tiere und Menschen aus. Um sich ein genaueres Bild von der Lage zu machen, hat die Stadt eine Analyse in Auftrag gegeben, die erste Erhebungen aus den Jahren 1996 und 2006 erheblich verfeinert. Sie macht – vereinfacht gesagt – deutlich, wo wärmere und kühlere Zonen liegen und welche Gebiete für Hitze anfällig sind. Wir erklären die wichtigsten Inhalte und Ergebnisse.

Wie ist der generelle Temperaturtrend? Steigend. So lag etwa die Jahresdurchschnittstemperatur in Rheindahlen-Mitte in 2017 mit 12,4 Grad und 2018 mit 13,2 Grad über dem langjährigen Mittelwert von 11,7 Grad. Auch an anderen Messstationen und über einen Zeitraum von 20 Jahren ist ein Anstieg der Durchschnittstemperatur zu verzeichnen.

Was wurde untersucht? Die GEO-NET Umweltconsulting GmbH hat in Zusammenarbeit mit Prof. Günter Groß vom Institut für Meteorologie und Klimatologie der Uni Hannover für das gesamte Stadtgebiet Karten erstellt, die Aufschluss über Tag- und Nachttemperaturen (14 Uhr/ 4 Uhr) und Luftströme geben. Sie zeigen engmaschig, wo es warme oder gar heiße, von „Hitzestress“ geplagte Zonen in der Stadt gibt, wo kühlere Bereiche liegen, wohin kühlende Winde wehen – und wohin nicht. In die Untersuchung eingegangen sind unter anderem Daten zu Oberflächengestalt, zum Grad der Bodenversiegelung und zur Nutzungsart. Die Analyse sei um ein Vielfaches detaillierter als eine 2017 vorgelegte Untersuchung für ganz Nordrhein-Westfalen, sagen die Gutachter. Sie ermögliche durch Rechenmodelle, „bioklimatische Zusammenhänge“ bis auf die Größenordnung einzelner „Baublöcke“ zu bewerten. Bioklimatisch, weil zu hohe Temperaturen nicht nur bei Kindern, Senioren oder kranken Menschen Auswirkungen aufs Wohlbefinden haben. In tropisch heißen Nächten schläft es sich auch einfach schlechter.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse? „Insgesamt ist die Situation für eine Stadt dieser Größenordnung ganz gut, weil wir viel grünes Umland haben“, sagt Barbara Weinthal. Die Analyse liefert natürlich ein viel genaueres Bild.

In Mönchengladbach sind nachts um 4 Uhr in 18,5 Prozent der reinen Wohngebiete die bioklimatischen Bedingungen ungünstig bis sehr ungünstig – besonders betroffen sind innerstädtische Wohnbereiche. Je weiter man sich von den Kernbereichen entfernt, desto besser wird’s: In 36,0 Prozent der Wohnflächen ist die Lage mittelprächtig, in den dünner besiedelten und stark durchgrünten Rand- und Außenbereichen herrschen „überwiegend günstige bis sehr günstige Verhältnisse vor (9,5 Prozent bzw. 35,9 Prozent der Gesamt-Wohngebietsfläche).“ Gewerbegebiete hingegen sind wegen oft großer versiegelter Areale bei geringer Begrünung meist überhitzt: 37,2 Prozent Flächen in einem sehr ungünstigen und 46,4 Prozent in einem ungünstigen Maß.

Tagsüber (14 Uhr) ist die Situation besser: Ein noch größerer Anteil der Wohngebiete (55,8 Prozent) wird als mittelprächtig eingestuft, der Anteil (sehr) günstiger Flächen (39 Prozent) überwiegt gegenüber ungünstigen (fünf Prozent). „Sehr ungünstig bewertete Flächen sind zu vernachlässigen. Dies liegt daran, dass die meisten Wohnflächentypen Grünflächen mit schattenspendenden Grünstrukturen aufweisen. Ein Großteil der Zentrumsbereiche unterliegt am Tage nur einer mittleren bioklimatischen Belastung. Die dichte sowie hohe Bebauung sorgt für Schattenwurf zwischen den Gebäuden“, sagt die Analyse. Für Gewerbegebiete gilt: Mehr als 90 Prozent der Flächen sind als ungünstig oder sehr ungünstig eingestuft.

Wie sieht das am Beispiel von Stadtteilen aus? Eicken etwa wird tagsüber als „mittel bis ungünstig“ eingestuft, nachts als „sehr ungünstig“. Rheydt: tags „mittel“, nachts „ungünstig“. Hardt-Mitte: tags „günstig bis mittel“, nachts „günstig“.

Wie werden die Ergebnisse genutzt? Wie schon die Erkenntnisse aus früheren Untersuchungen können die Erkenntnisse beispielsweise bei der Stadtplanung, beim Planen einzelner Wohngebiete und in Bebauungsplänen berücksichtigt werden.

 Wald ist wichtig fürs Bioklima.

Wald ist wichtig fürs Bioklima.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Wie geht es weiter? Nach dieser Beschreibung des Ist-Zustands will die in einem weiteren Gutachten die zu erwartenden Folgen eines fortschreitenden Klimawandels abschätzen lassen. Geschätzte Kosten: 25.000 Euro.

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