Mönchengladbach Flamenco mit Gitarren und Altbier

Mönchengladbach · Spätestens bei "Bamboleo" ist die Anspannung der letzten Stunden weg. Günter vom Dorp lehnt, die Brille ins Haar geschoben, in der Hand ein Glas Weißwein, am Geländer der Zuschauertribüne.

Sein Blick schweift über die tanzende Menge vor dem orange leuchtenden Schloss, der Fuß wippt, der Mund lächelt. "Das sind die Abende, für die ich die Sommermusik mache", sagt der Veranstalter der Konzertreihe an Schloss Rheydt.

Die 13 Männer auf der Bühne sind vor drei Wochen erst zur Pressekonferenz in Mönchengladbach gewesen und haben doch in der Zwischenzeit gefühlt eine Weltreise hinter sich gebracht. "Gestern Morgen waren wir noch in Katar, gestern Abend haben wir in Südfrankreich gespielt, heute Morgen sind wir aus Barcelona hierher gekommen. In der nächsten Woche geht es nach London und Moskau", beschreibt Chico das Tempo seiner "Gypsies". Damit er auf der Bühne fit ist, hat er im Backstageraum im Museum nebenan ist, noch kurz ein bisschen geschlafen.

Katar, Barcelona, Rheydt, London, Moskau - diese Abfolge klingt eigentlich wie eines dieser Logikspiele, in denen das Wort gefunden werden soll, das nicht in die Wortreihe passt.

Doch gehen Chico und seine Jungs das Konzert deshalb nicht etwa mit weniger Elan an. Von der ersten Minute an versprühen die Musiker Lebensfreude, schon bei den ersten Tönen wackeln bei Mutigen im Publikum die Hüften. Doch der Durchschnitts-Gladbacher braucht mehr Zeit und das wissen die Gäste aus Südfrankreich. Man nähert sich an. Kurz vor der Pause kann Sänger Mounin dann schon mal das Mikrofon in die Menge halten und es schallt zurück: "Olé!"

In der zweiten Hälfte sind die skeptischen Blicke gen Himmel Vergangenheit und die vorsorglich angezogenen Regenjacken ausgezogen. Rheydt tanzt. Und feiert damit irgendwie auch das Wetter, das an diesem Abend endlich einmal stimmt. Die Band spielt alte Gypsy-Kings-Klassiker wie "Baila me", "Hotel California" oder eben "Bamboleo", aber auch ein Medley aus Bach, Mozart, Chopin und Astor Piazzolla, bei dem das Talent der Truppe, vor allem das irrwitzige Tempo an Geige und Gitarre, für ungläubiges Kopfschütteln sorgen.

Als die Musiker die Bühne verlassen wollen, ertönt ein energisches und auf spanisch vorgetragenes "Otra vez, otra vez" ("Zugabe, Zugabe") aus dem Publikum, und die Band setzt zum Finale an: Bei "Volare" hält es kaum noch jemanden auf dem Stuhl, der Refrain wird mit in die Luft gereckten Altbiergläsern mitgegrölt. Mancher versucht sich an einer kleinen Flamenco-Einlage.

Nach dem Konzert bleiben viele noch auf ein Bierchen. Mittendrin wie selbstverständlich die Musiker. Nur vom Altbier lässt sich Chico nicht überzeugen: "Ich mag einfach kein Bier."

(RP)
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