Theateraufführung in Mettmann Weltverbesserer mit Courage

Mettmann · Theaterkollektiv Bäklaba gelang ein fulminanter Abend mit „Die vierte Wand“. Konfrontationen mit „der Mama“ waren dabei ausdrücklich erwünscht.

 Josef Bäcker und Predrag Kalaba zeigten als Theaterkollektiv Bäklaba Peter Neugschwentners Stück „Die vierte Wand“.

Josef Bäcker und Predrag Kalaba zeigten als Theaterkollektiv Bäklaba Peter Neugschwentners Stück „Die vierte Wand“.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Inmitten der Pandemie, im Mai 2021, gründeten Josef Bäcker und Predrag Kalaba das Theaterkollektiv Bäklaba. Sie wollten nicht länger mit ansehen, wie sie „vor dem Fernseher ohne Hose verblödeten, denn in Videokonferenzen sieht man ja immer nur das Oberteil eines Menschen. Und so braucht man keine Hose“. Peter Neugwendtner schrieb ein Stück mit dem Titel „Für Mama – Die Vierte Wand“. Auf Einladung des Bündnis für Toleranz und Zivilcourage gastierte das Zwei-Mann-Ensemble jetzt in der evangelischen Kirchengemeinde von Pastor Karsten Thies.

Was die Zuschauer zu sehen bekamen, war kein gemütlicher Ausruh-Abend. „Die Vierte Wand“ lässt kaum einen Schrecken der Welt aus, weder verhungernde Kinder in Afrika oder den Mauerbau, nicht den ewigen Brennpunkt Israel, weder Wachtürme noch Straßenkämpfe. Das Theaterkollektiv möchte zur Debatte animieren, „wir wollen nicht mehr auseinanderdriften, wir wollen aufeinander knallen“. Sie wollen streiten – mit dem Impfgegnern, streiten mit Ost und West, streiten mit Kapitalismus und Kommunismus, streiten selbst mit Mama – die sie doch so sehr lieben.

Früher wurde mit Mama gekuschelt, sie hat vorgelesen und mit diesem Moment ist untrennbar das Geräusch raschelnder Seiten verbunden. Dann kam ein Krieg und „ich fühle mich nicht mehr wie ein Mensch“, erklärte Predrag Kalaba. Er sagte, er habe Asche im Bauch, eine kitschige Metapher. Aber aus Asche kann ein Diamant entstehen und mit dem kann man die Wand durchbohren. Die Wand, die selbst zwischen Mama und ihm entstand.

Die Zuschauer waren vom Abend mit den vielen Themen und Szenen fasziniert. Ungemein beeindruckend war das Erbauen einer Wand aus Legosteinen im XXL-Format. Wie aus dem Nichts erschienen Helfer und die Mauer türmte sich auf. Auch eine Metapher? Dahinter erschienen per Videoeinspielung Vopos, die Betonklötze schleppten und Flüchtende, denen über den Stacheldraht der Sprung über die begrenzende Mauer gelang.

„Mutter glaubte an das bessere System, das versprach, die Rente sicher zu machen. Das andere System versprach Gerechtigkeit“, heißt es zur Grenzüberwindung im Stück.

Das Theaterkollektiv beschwor auch die Welt ohne Mauer. Denn Kunst kann alles. Auch kontrovers debattieren, wie exemplarisch im Stück, schnelle Schlagabtausche rissen die Zuhörenden mit bis plötzlich, wie ein Aufschrei, „Maaama!“ aus den Lautsprechern erschallte – Heintjes unvergessenes Schmuselied.

Es war ein Abend, der ein Weckruf war, der aufrütteln sollte und das war gelungen. Großartige Schauspieler, denen man den Wunsch nach Gerechtigkeit abnahm, die den Streit suchten, um die Welt zu verbessern. Lang anhaltender Applaus belohnte sie für ihre Inszenierung.

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