Ein Klassenzimmer an der Dhünn Leverkusener Förderschüler lernen unterm Blätterdach

Leverkusen · Zwei Mal in der Woche ziehen sich die Schüler der Hugo-Kükelhaus-Schule in ein Klassenzimmer der anderen Art zurück: Im Waldstück an der Dhünn bauen sie sich mit Ästen und Blättern ihr eigenes Lager. Das wirkt sich nicht nur auf die Motorik der Kinder aus.

 Schüler der Hugo-Kückelhaus Schule lernen im Wald.

Schüler der Hugo-Kückelhaus Schule lernen im Wald.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Begeistert tragen die Kinder der Hugo-Kükelhaus-Schule Äste hin und her, rechen Laub beisammen, verstauen die Blätter in einer Schubkarre und lassen sich nach getaner Arbeit auf einem der Baumstämme zur Rast nieder. Die Schüler am Zweitstandort der Förderschule verbringen dort im Waldstück an der Dhünn und nahe des Klinikums zwei Vormittage in der Woche. Das Projekt hat für die Zwölf- bis 15-Jährigen mehrere Vorteile, berichten die Pädagogen.

Noch befindet sich das Lager im Aufbau. Fußgängern und Radfahrern wird das künstlerisch anmutende Areal, das sich durch ineinandergesteckte Äste von den benachbarten Gehwegen abgegrenzt, wohl schon einmal aufgefallen sein. An einem der Eingänge, die den Weg ins Innere freigeben, ist ein buntes Schild angebracht. Es weißt auf die Urheber hin: die Schüler der Klassen M1 und M2. Den optisch verspielten Zaun aus Zweigen und Geäst haben die Jugendlichen mit Behinderung mithilfe einiger Lehrer selbst errichtet.

„Wir trauen den Schülern einiges zu“, sagt Stefan Esser, stellvertretender Schulleiter. „Das ist auch richtig so.“ Viele Eltern seien dahingehend vorsichtiger. Beim Waldprojekt der Schule dürfen die Schüler vereinzelt auch mit der Säge arbeiten. „Hier geht es viel um Selbstständigkeit“, erläutert Stufenlehrer Frank Cremer. Die Jugendlichen erhalten eine niedrigschwellige Aufgabe, müssen diese eigenständig lösen und sich selbst organisieren. Trotz des Fahrradweges lassen die Pädagogen die Schüler zudem einige Meter allein. „Ich kann ihnen vertrauen, dass dort nichts passiert“, erzählt Cremer.

Durch die körperlich anstrengende Arbeit, die in Zukunft für die Stadt erfolgen könnte, erhöhen die Kinder ihre Ausdauer und Kraft, schärfen ihre Motorik und bauen eine Arbeitshaltung auf, die ihnen im späteren Leben einmal helfen wird. In einem separaten Kreis rücken darüber hinaus unterrichtliche Dinge in den Vordergrund. Das Zählen von Blättern verstärkt das Mathematikverständnis, und bei Schreibübungen werden die Buchstaben einfach mit einem Stock auf den weichen Waldboden geschrieben.

Die Umgebung ist Balsam für die Seelen der Förderschüler. „Die Natur hat eine heilsame Wirkung auf die Menschen“, betont Lehrer Cremer. Im Sonnenschein und bei Vogelgezwitscher kommen selbst die Jugendlichen zur Ruhe, die im Klassenzimmer sonst verhaltensauffällig sind. Es ist den Schülern anzumerken, wie wohl sie sich in ihrem Lager fühlen. Hier im Wald lernen sie, wie Hugo Kükelhaus es einst vorsah: mit allen Sinnen.
Und noch einen großen Vorteil hat der Unterricht unterm Blätterdach. Denn an der Dhünn werden die Menschen mit Behinderung von den Leverkusenern bemerkt. „Es ist gut, dass wir hier so sichtbar sind“, sagt Cremer, der wieder und wieder mit Passanten ins Gespräch komme. Der Hauptstandort in Alkenrath wirke versteckt, sagt der 49-Jährige. „Hier im Wald sind wir Teil der Gesellschaft. Und wir zeigen, dass auch Personen mit Behinderungen Dinge schaffen und etwas für die Gesellschaft leisten können.“

Schließlich haben die Schüler der Hugo-Kükelhaus-Schule in dem Waldstrück an der Dhünn nicht nur für sich einen Unterrichtsraum geschaffen, er wird durch viele Kindern am Wochenende zum Spielplatz.

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