Konzertabend in Leverkusen „L‘arte del mondo“ kitzelt Bachs Genie heraus

Leverkusen · Das Leverkusener Orchester widmet dem Komponisten und dessen Zeitgenossen Telemann und Graupner einen Konzertabend. Das Finale der Veranstaltung „Bronze für Bach“ von Kulturstadtlev begeistert das Publikum.

 Die Musiker von „L‘arte del mondo“ boten meisterhafte musikalische Unterhaltung im Spiegelsaal von Morsbroich.

Die Musiker von „L‘arte del mondo“ boten meisterhafte musikalische Unterhaltung im Spiegelsaal von Morsbroich.

Foto: peuserdesign.de

Die Meinung des Publikums im ausverkauften Spiegelsaal war eindeutig. Alle hätten Johann Sebastian Bach als klaren Favoriten gewählt, obwohl sie die wirklich mitreißend gespielten Kompositionen von Christoph Graupner und Georg Philipp Telemann zuvor begeistert aufgenommen hatten. Zupackend und vital hatte die Kammerbesetzung des Leverkusener Orchesters „L’arte del mondo“ die F-Dur-Concerti der beiden im ersten Teil des Konzerts gespielt. Virtuos, mit flinken Fingern und langem Atem hatte Daniel Rothert den jeweiligen Solopart auf der Altblockflöte gemeistert.

Aber das Concerto d-moll von Bach stand auf dem Programm genau da, wo es hingehörte: als Finale der Veranstaltung von Kulturstadtlev, die mit „Bronze für Bach“ überschrieben war. Als es 1722, also vor genau 300 Jahren, um die Neubesetzung der Kantorenstelle der Thomaskirche in Leipzig ging, sah man das nämlich ganz anders als das Publikum, dessen Votum der Musikalische Leiter Werner Ehrhardt natürlich geahnt und deswegen als Zugabe das bekannteste Flötenstück Bachs ausgewählt hatte: die Badinerie aus dessen Orchestersuite Nr. 2. Dabei stellte Ehrhardt fest, dass der Kompositionsstil von Bach gar nicht weit weg war von dem seines Vorgängers Johann Kuhnau, den Bach einige Jahre zuvor in Leipzig besucht hatte. Mit der kleinen Sinfonia aus Kuhnaus „In te Domine speravi“, die das Orchester sozusagen als Prolog voranstellte, wurde das allenfalls angedeutet.

An diesem Abend im Schloss lag der Fokus auf den beiden Favoriten der insgesamt sechs Kandidaten, die sich nach Kuhnaus Tod um dessen Nachfolge beworben hatten. Telemann war klarer Favorit der Ratsherren, die ihm sogar die Verpflichtung erlassen wollten, Latein zu unterrichten, um die Stelle schmackhafter zu machen. Doch der entschied sich für Hamburg, wo mehr gezahlt wurde und er als Director Musices eines der angesehensten Ämter antrat. Dessen Kompositionsstil traf offenbar mehr den Zeitgeist, ebenso wie die Musik Christoph Graupners, den die Leipziger als zweite Wahl anfragten. Von beiden erklangen virtuose Brillierstücke mit effektvollem und irre schnellem Flötenpart und „Affettuoso“-Sätze von höfischer Eleganz, aber nicht in der vielschichtigen Komplexität, mit der Bach seinerzeit die Orchesterpartitur seines vergleichbaren Concertos gestrickt hat.

Was man damals im 18. Jahrhundert als so ungewöhnlich oder gar ungehörig empfunden hat, demonstrierte Ensemblemitglied Andreas Gilger auf dem Cembalo mit Praeludium und Fuge c-moll BWV 847 aus dem Wohltemperierten Klavier. Eine für damalige Hörgewohnheiten abenteuerliche Reise durch die Harmonien, gefolgt von einer meisterlichen Fuge in strenger Ordnung.

Eine wundervolle Programm-Idee und ein rundum gelungener, feiner Konzertabend.

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