Forum Orient Express – Kriminalballett auf der Tanzbühne

Leverkusen · Eine Tänzerin, die schnelle Bewegungen einer Lok nachahmt. Aufgeregte Musik, die sich ins Fortissimo steigert, bis ein Schuss knallt. Ein rotes Kleid, das einen toten Passagier symbolisieren soll. Zuschauer, die am Samstag im Erholungshaus die Tanzaufführung „Mord im Orient-Express“ des NRW-Juniorballetts verfolgten, sahen keine leichte Kost.

 Poetische Leichtigkeit: Szene aus dem Ballett „Mord im Orient Express“ im Erholungshaus.

Poetische Leichtigkeit: Szene aus dem Ballett „Mord im Orient Express“ im Erholungshaus.

Foto: Bettina Stoess

Vielmehr waren einzelne Szenen lediglich, wenn auch phantastisch, angedeutet. Etwa der Akt, in dem deutlich wurde, dass es keine Zeugen für die Tat gab. Dargestellt durch Schneeflocken, die mal mit poetischer Leichtigkeit, mal schnell und unruhig über die fast leere Bühne wirbelten und dabei sowohl vortreffliche Soloparts als auch in Gruppen zeigten.

Die Musikstücke von Evan Chambers bis hin zu Duke Ellington passten perfekt dazu. Lediglich ein großer Würfel, bestehend aus einzeln zusammengefügten Spiegelelementen, deutete im Hintergrund einen Hauch von Luxus an. Mit nur wenigen Farbtupfern, umso mehr schwarzen und weißen Tönen vor weißem Hintergrund, wirkten die Bilder ebenso interessant wie abstrakt. In zahllosen traumwandlerischen Momenten verschränkten sich Realität und Fiktion.

Mit „Mord im Orient-Express“ erzählten Demis Volpi, ein renommierter und international gefeierter Jungchoreograf, und Christian Baier, Schriftsteller und Chefdramaturg des Balletts Dortmund, die wechselvolle Geschichte des legendären Zuges. Zusammen mit den Choreografen Xenia Wiest, Juanjo Arques und Craig Davidson schufen sie nach Motiven von Krimiautorin Agatha Christie das erste Kriminalballett der Tanzgeschichte für das 2014 von Xin Peng Wang ins Leben gerufene Juniorballett.  Sie handelte von dem Augenblick, da wir dem anderen in die Augen blicken und uns in ihm und ihn in uns erkennen. Und diente zugleich als eine Art Kaleidoskop des Traums von einem Europa ohne Grenzen.

1883 fuhr der Orient-Express erstmals. Die Reise ging von Paris nach Konstantinopel, dem heutigen Istanbul. Quer durch Europa. Der Zug verband bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts Okzident und Orient, Völker und Kulturen miteinander. Zu seinen Fahrgästen zählten die berüchtigte Doppelspionin Mata Hari und ein verliebter Waffenschieber.

Schriftsteller Christian Baier sagt dazu: „Es hätte nicht eines Toten irgendwo im verschneiten Niemandsland bedurft, um den Orient Express zu einem Schnittpunkt von Rätsel und Geheimnis zu machen. Legenden und Mythen, Tratsch und Klatsch rankten sich von Beginn an um den komfortabel ausgestatteten ‚Zug der Könige‘, wie ihn die Betreibergesellschaft marktschreierisch anpries.“

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