Landgericht Raub im Drogenmillieu – zwei Überfälle,  vier Versionen

Leverkusen · Im Prozess gegen einen 37-jährigen Mann  aus Bürrig, der zweimal einen Drogendealer überfallen und einer Frau die Geldbörse gestohlen haben soll, benötigen die Richter doch etwas mehr Beratungszeit.

 Das Gebäude des Landgerichts in Köln.

Das Gebäude des Landgerichts in Köln.

Foto: Siegfreid Grass/Siegfried Grass

Verständlich: Denn zwischen  dem Strafantrag der Staatsanwältin über sieben Jahre und neun Monate und dem Vorschlag des Verteidigers auf bestenfalls sieben Monate liegt doch ein weiter „Spielraum“.

Drei Taten werden dem Mann zur Last gelegt: zwei Überfälle auf einen Drogendealer, bei denen auch die Fäuste flogen, und der Diebstahl eines Portemonnaies.  Der Prozess verlief quälend, weil die Aussagen der Zeugen sehr widersprüchlich waren. Da half auch nicht eine erneute Ladung von zwei Zeugen, wobei der Dealer, das Opfer der Überfälle, sagte, dass er die Zeugin gut kenne und sie sogar einige Wochen bei ihm gewohnt habe. Die Frau dagegen stritt alles ab; sie kenne weder den Mann und erst recht nicht habe sie bei ihm gewohnt. Auch bei der direkten Gegenüberstellung im Gerichtssaal blieben sie bei ihren Angaben.

Nimmt man die Darstellung des Angeklagten und einer weiteren Zeugin hinzu, ergeben sich mindestens vier Versionen von den beiden Überfällen. Lediglich beim Diebstahl der Geldbörse aus der Handtasche einer Frau in einer Opladener Kneipe lassen die Zeugenaussagen ein nachvollziehbares Bild erkennen.

Während die Staatsanwältin den ersten Überfall am 23. September 2016 als besonders schweren Raub wertet, wofür das Strafrecht alleine schon eine Mindeststrafe von fünf Jahren vorsieht, sieht der Verteidiger es nicht einmal als erwiesen an, dass sein Mandant überhaupt der Räuber gewesen sei. Ohnehin sei es eine „miserable Ermittlung“ der Polizei gewesen, es gebe einfach zu viele Ungereimtheiten.

„Alles sehr merkwürdig“ (Verteidiger) sei es auch beim zweiten Überfall gut ein VierteljJahr später gewesen. Hier gibt es wenigstens einen „neutralen“ Zeugen, den Nachbarn des Opfers, der Gerumpel  und lautes Schreien in der Wohnung über ihn gehört hatte und die Polizei rief. Das Opfer war erneut derselbe Drogendealer, der  bereits vom Leverkusener Amtsgericht verurteilt worden war. Dem Mann waren offenbar zwei Überfälle zu viel, er wollte „reinen Tisch“ machen und räumte seinen Rauschgift-Handel ein. In seiner Wohnung hatte die Polizei umfangreiche  Beweise gefunden.

Die Staatsanwältin fasste die Anträge für die drei Taten zu einer Gesamtstrafe von sieben Jahren und neun Monaten zusammen. Der Verteidiger sah nur den Diebstahl als erwiesen an und fand „bestenfalls sieben Monate“ angemessen.  Das Urteil wird am Dienstag verkündet.

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