Langenfeld/Hilden/Haan Überfälle auf Geldtransporter: Mammutprozess dauert wohl bis Ende Oktober

Langenfeld/Hagen · Es war einer der spektakulärsten Langenfelder Kriminalfälle der vergangenen Jahrzehnte: der bewaffnete Überfall auf einen Geldtransporter am 21. Juni 1997, bei dem ein vermummtes und schwer bewaffnetes Trio etwa 1 Million D-Mark erbeutet hatte.

 Das Langenfelder Archivbild vom Tag des Überfalls am 21. Juni 1997 zeigt den  Geldtransporter und den zuvor gestohlenen Mercedes.

Das Langenfelder Archivbild vom Tag des Überfalls am 21. Juni 1997 zeigt den Geldtransporter und den zuvor gestohlenen Mercedes.

Foto: dpa

Es waren Serientäter. Mehr als 20 Jahre später müssen sich seit Anfang Juni wegen diesem und 14 weiteren Überfällen in anderen Städten sieben Männer aus Hilden, Haan, Remscheid, Solingen, Wuppertal und Bochum vor dem Landgericht Hagen verantworten.

Trotz wöchentlich zwei bis drei Verhandlungstagen sei bei diesem Prozess noch kein Ende abzusehen, sagt Gerichtssprecher David Theile. „Es sind wegen der Vielzahl von Fällen 185 Zeugen geladen. Obwohl es bei uns keine Gerichtsferien gibt, dürfte das Urteil frühestens Mitte/Ende Oktober fallen.“

Rückblende zu dem Langenfelder Überfall: Am Samstag, 21. Juni 1997, überfällt zur Mittagszeit ein mit Panzerfaust und Schnellfeuergewehr bewaffnetes und mit Sturmhauben maskiertes Trio vor dem Allkauf-Supermarkt (heute: Real) an der Rheindorfer Straße einen Geldtransporter. Mit einem gestohlenen Mercedes rammen sie das gepanzerte Fahrzeug, das gerade die Sicherheitsschleuse passiert. Zwei Maskierte zerschießen einen Vorderreifen des Transporters und zwingen die beiden Insassen zum Aussteigen. Mit den aus verschiedenen Geschäften abgeholten Einnahmen entkommen die Täter in einem gestohlenen BMW, den ein Komplize steuert.

Der Millionencoup blieb damals unaufgeklärt – ebenso wie lange Zeit danach 14 weitere Überfälle in Wülfrath, Erkrath, Solingen, Düsseldorf und sechs weiteren NRW-Städten, die über Jahre hinweg nach dem gleichen Muster abgelaufen waren. Im vergangenen Herbst dann der Fahndungserfolg: Ein Sondereinsatzkommando (SEK) überwältigte die Männer, seither sitzen sie in Untersuchungshaft.

Nach der Anklageschrift war das Muster immer das gleiche: Ausgerüstet mit Maschinengewehren und einer Panzerfaust wurden allerorten Geldtransporter überfallen. Dass es sich bei der Panzerfaust, die ihnen vor das Gesicht gehalten wurde, um eine Attrappe gehandelt haben soll, konnten die damit bedrohten Fahrer nicht wissen. Erst schossen die Täter in die Reifen und in den Motorblock, später auch durch die Frontscheibe oder die Seitenscheiben. Teilweise verfehlten die Geschosse die Mitarbeiter der Transportfirmen nur knapp. Es gab Verletzte wie etwa in Solingen, erbeutet wurden insgesamt mehr als 5 Millionen Euro.

Als Kopf der Bande gilt ein 49-jähriger Haaner, der bis zu einer Verhaftung bei der Bundeswehr als Elektriker gearbeitet hat. Er ließ sich gestern vor der Strafkammer zu den Taten ein, die unter anderem der Finanzierung seines Drogenkonsums dienen sollten. Kokain, Raubüberfälle und dann auch noch den Vollzeitjob bei der Bundeswehr? Wie das geht, erklärte der Mann so: „Das Arbeitspensum war dort nicht so hoch.“ Einer seiner Kompagnons, ebenfalls aus Haan, soll dort beim Tiefbauamt gearbeitet haben. Er gilt noch in einem weiteren Strafverfahren als Tatverdächtiger: Monate vor seiner Verhaftung soll er einen 83-Jährigen Haaner in dessen Haus überfallen, stundenlang misshandelt und mit Benzin übergossen haben. Das Haus wurde angezündet, das Opfer hatten die Täter in letzter Sekunde aus dem Haus geschleppt.

„Die meisten der Angeklagten haben zwei Verteidiger. Allein schon deshalb ziehen sich die Befragungen der 185 Zeugen hin“, sagt Theile. Für das Hagener Landgericht sei dies schon „ein außergewöhnlich umfangreiches Verfahren“.

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