Lokalsport Björn Joppien wagt das Comeback des Jahres

Langenfeld · Der frühere Badminton-Profi musste 2010 aus gesundheitlichen Gründen aufhören. Nun startet er bei den Deutschen Meisterschaften.

 Herr der Bälle: Bei Björn Joppien ist die Leidenschaft fürs Badminton geblieben. Deshalb kehrt er jetzt auch ins Turniergeschehen zurück.

Herr der Bälle: Bei Björn Joppien ist die Leidenschaft fürs Badminton geblieben. Deshalb kehrt er jetzt auch ins Turniergeschehen zurück.

Foto: Ralph Matzerath

Es ist ganz sicher das Comeback des Jahres, wahrscheinlich sogar ein bisschen mehr. Und jeder, der am Badminton hängt, wäre wohl gerne dabei. Heute beginnen schließlich in Bielefeld die 62. Deutschen Meisterschaften. Sie sind schon jetzt außergewöhnlich, obwohl es am Anfang gar nicht um die Entscheidungen geht. Dafür ist Björn Joppien wieder dabei - jener Spieler, der seine an Erfolgen reiche Karriere vor sieben Jahren aus gesundheitlichen Gründen beenden musste. Viele nationale Nachwuchs-Titel hatte er bis dahin geholt. Außerdem war er Junioren-Europameister (1999) und Dritter bei den Europameisterschaften (2004) sowie Olympia-Teilnehmer 2004 in Athen. Sieben Mal gewann er bei Deutschen Meisterschaften den Titel im Herren-Einzel. Dann kam jenes Wochenende, das für Björn Joppien und seinen Verein FC Langenfeld (FCL) zu einem einschneidenden Datum wurde. Ein paar Tage nach dem 4:4 am 13. Februar 2010 bei Union Lüdinghausen verließ der Langenfelder jene Bühne, die so lange seine Leidenschaft war.

 Damals: In der Bundesliga-Saison 2009/2010 stand Björn Joppien zum bislang letzten Mal in einem echten Wettkampf auf dem Feld.

Damals: In der Bundesliga-Saison 2009/2010 stand Björn Joppien zum bislang letzten Mal in einem echten Wettkampf auf dem Feld.

Foto: Ralph Matzerath

Die Rückenprobleme waren derart groß geworden, dass der ärztliche Hinweis eindeutig war: "Hör auf. Sofort." Björn Joppien nahm den Rat an - und löste beim FCL eine Kettenreaktion aus, denn am 22. Februar 2010 erklärte Langenfeld seinen Rückzug aus der Bundesliga. Für Joppien gingen die heftigen Wochen weiter, denn ihn traf unvermittelt eine weitere Diagnose: Diabetes, Typ 1. Danach war der einstige Profi lange nicht mehr in einer Badminton-Halle zu finden.

Inzwischen ist Björn Joppien längst über das Stadium hinaus, in dem er sich auf ruhige Ausdauerläufe beschränken muss. Zuerst hat er vor rund drei Jahren den etwas größeren Schläger in die Hand genommen und noch am vergangenen Wochenende war der gebürtige Langenfelder in der Winter-Hallenrunde für die Tennis-Herren 30 des TC RW Ohligs 88 unterwegs. "Es geht mir gut", betont Joppien, "mit der neuesten Technik kannst du dich trotz einer Diabetes-Erkrankung freier bewegen." Und weil das so ist, kehrte er im Oktober 2016 zum lockeren Badminton-Training zurück. Und plötzlich lag irgendwann kurz vor Weihnachten eine verrückte Idee auf dem Tisch: "Spiel doch die Deutschen Meisterschaften."

"Ich weiß selber nicht mehr genau, wer darauf gekommen ist", erzählt Joppien, der nie ans Einzel dachte. Konkret ging es darum, ein Mixed an der Seite der Ex-Teamkollegin Fabienne Deprez zu probieren, die seit ein paar Jahren für den BV Gifhorn gemeldet ist und derzeit in der 1. Liga von Frankreich spielt. Haupt-Hindernis: Joppien/Deprez hatten keine Qualifikation und damit keinerlei Startrecht. Von der Idee waren jedoch viele angetan - unter anderem die Gastgeber der Deutschen Meisterschaften. Am Ende gab es tatsächlich eine Wildcard für den Ex-Nationalspieler.

"Ich gehe nicht mit einem besonders hohen Anspruch ins Turnier", erklärt Björn Joppien, "trotzdem freue ich mich riesig. Ich will einfach nicht untergehen. Es soll Spaß und Freude machen." Wie weit der Weg führen kann, interessiert den Teamleiter Software-Entwicklung bei einer Firma in Langenfeld weniger. Sicher ist, dass es heute gegen Philipp Salow (SV Berliner Brauereien) und Nadine Cordes losgeht (VfB/SC Peine). "Natürlich bin ich etwas nervös", räumt Joppien ein, der seit Anfang dieser Woche 36 Jahre alt ist. Sein früherer Weggefährte Oliver Pongratz, Joppiens Vorgänger als Deutscher Meister, kann das verstehen - und war zunächst ebenfalls überrascht, als er vom DM-Auftritt erfuhr: "Das finde ich echt lustig und sehr interessant. Björn weiß ja immer noch, wie man den Schläger hält und den Ball über das Netz bringt." Dass Joppien/Deprez vorne mitreden können, hält der seit Kurzem als Nationaltrainer von Österreich tätige Pongratz für ausgeschlossen. Dennoch wird er ab und zu ein Auge auf den Live-Ticker aus Bielefeld werfen. Dort steigt das Comeback des Jahres. Mindestens.

(RP)
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