Monheim Kenner der Kämpe erklären die Vogelwelt

Monheim · Warum Spatzen immer weniger werden und der Uhu überlebt. Experten befassen sich mit heimischen Wildvögeln.

 Ander als früher sind Spatzen bei uns jetzt seltener anzutreffen. 

Ander als früher sind Spatzen bei uns jetzt seltener anzutreffen. 

Foto: RP/Marianne Wiora

„Besser den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“ will sagen: dass man sich lieber mit Kleinem und Erreichbarem zufrieden geben soll, als nach Größerem und Wertvollem zu greifen, das nur schwer zu bekommen ist. Schaut man in die aktuelle Vogelwelt im Kreis Mettmann und Düsseldorf, ist allerdings der Spatz mittlerweile das unerreichbare Objekt und die Taube eher die allgegenwärtige Nervensäge in Gärten, Parks und auf öffentlichen Plätzen. Wie es um die Wildvögel um uns herum bestellt ist und ob wir ab Ende März wieder das ersehnte Zwitschern und Jubilieren zum Frühjahrsbeginn hören werden, wollten wir von zwei Experten wissen: Moriz Schulze, Diplom-Umweltwissenschaftler, und Julian Oymanns, der seit 6. Januar als Wildbiologe bei der Biologischen Station Haus Bürgel arbeitet. Beide haben sich der Vogelkunde verschrieben.

Vorurteile und bedrohte Arten Rund 50 Singvogelarten gibt es in unserer Region. Doch der kesse kleine, bräunliche Spatz, der uns noch vor 50 Jahren in Scharen überall begegnete, gehört, wenn es so weiter geht, bald nicht mehr dazu. Innerhalb von 100 Jahren ist er auf ein Fünftel seines Vorkommens geschrumpft. Der zur Gattung der Haus- und Feldsperlinge gehörende Vogel ist kurz vor dem Aussterben, sagt Schulze. Der Grund ist nicht etwa die böse und robuste Elster, die sich der Spatzeneier bemächtigt. Es ist der schwindende Lebensraum, so Oymanns. „Nistmöglichkeiten und Nahrungsangebot fehlen“. An neuen Häusern findet man keine Ritzen und Lücken sowie lose Dachpfannen, in und unter denen Spatzen ihre Nester bauen können. Auch wenn der anpassungsfähige Haussperling sich mitunter mit Krümeln und Pommes-Resten über Wasser halten kann, so fehlen ihm doch Scheunen und Ställe, Körner und Altgetreide, das auf dem Feld liegen bleibt. Sein Nachwuchs stirbt oft an pestizidverseuchten Insekten.

Das Vorurteil gegen die Elstern, die unsere Singvögel angeblich vertreiben, sei falsch und rein emotional, erklärt Elke Löpke, Geschäftsführerin und wissenschaftliche Leiterin der Biologischen Station Haus Bürgel. „Eichhörnchen sind ebenfalls Nesträuber und fressen Eier. Mindestens ebenso oft wie Elstern“, sagt sie, „aber über Eichhörnchen, diese putzigen Kerlchen, hat sich noch nie jemand beschwert.“ Der Bestand der Elstern wächst auch nicht - wie oft behauptet - ins Uferlose, sagt Löpke. „Im vergangenen Jahr ist er schon erheblich geschrumpft. Und das liegt an der deutlichen Zunahme der Uhus.“ Der sorge für Ausgleich im Vogelreich, indem die Elster auf seinem Speiseplan weit oben rangiere.

Der Uhu ist im Kommen Diese größte Eulenart der Welt mit ihren bernsteinfarbenen Augen, fühlt sich im Kreis Mettmann und in Düsseldorf wohl. Es sind die vielen Steinbrüche und Kiesgruben, in denen der Vogel nistet. Sogar auf den Balkonen leerstehender Hochhäuser soll er schon gebrütet haben. „Er hat ein sehr breites Nahrungsspektrum von Kaninchen, Ratten, Mäusen bis Tauben“, sagt Schulze, „und findet hier von allem genug.“ Vor allem aber hat er es auch auf Kormorane und Graureiher abgesehen, die es zum Beispiel am Monbag-See gibt. Im Wuppertaler Zoo soll sich der Uhu schon Kaiserpinguine und Flamingos zum besonderen Schmaus geholt haben, sagt Schulze. Natürliche Feinde hat der imposante Vogel nicht. So dass wir das „Bu-Ho“ der Uhu-Männchen und „U-Hu“ der Weibchen bald wieder mit etwas Glück bei Einbruch der Dunkelheit hören werden.

Des Uhus Kumpel, die wunderschöne Schleiereule, ist da erheblich wählerischer und hat es deshalb schwerer beim Überleben. Ihr fehlt der alt hergebrachte Heuboden, wo sie unterm Dach in luftiger Höhe auf ihren Eiern sitzt und ihre Jungen aufzieht. Es fehlen ihr die Mäuse auf herkömmlichen Bauernhöfen, von denen sie sich hauptsächlich ernährt.

Und es setzt ihr das Gift zu, mit dem Landwirte heutzutage Nager bekämpfen. Die kontaminierte Nahrung tötet die Schleiereule. Dank der Ehrenamtler von Haus Bürgel gibt es einige Bauernhöfe in der Umgebung, die Nistkästen für den selten gewordenen Nachtvogel angebracht haben. Jetzt hofft man wieder auf Bewohner.
 Star auf der roten Liste Einer der bekanntesten Singvögel in unseren Gefilden, der Star, vor 50 Jahren noch ein Allerweltsvogel, steht heute bei uns auf der roten Liste. Der Vogel mit dem hübschen schwarz glänzen Gefieder mit weißen Sprenkeln ist äußerst sprachbegabt. „Er kann viel nachmachen und jeden beliebigen anderen Vogel imitieren“, sagt Schulze. Dafür ist er mit seinem Speiseplan sehr festgelegt: Außer Heuschrecken, Wiesenschnaken und Forstschädlingen sowie diversen Maden bevorzugt er reifende Kirsche, Weintrauben und Beeren. Sein Futter sucht er vor allem auf kurz geschnittenen Weiden und Wiesen. Und findet davon immer weniger. Seine Nistplätze hat er in Baumhöhlen und Gebäuden. Am liebsten ist der Star in Schwärmen von mehreren Tausend unterwegs. Zusammen suchen die Vögel sich ihren Schlafplatz. In Lyon und Rom zählte man Schwärme mit über einer Million Tiere.

Die schöne Taube Auch wenn wir die Straßentaube aufgrund ihres Lärms und Drecks, den sie verursacht, nicht mögen, so gibt es doch eine Art, die unser Herz höher schlagen lässt: die Turteltaube, das Synonym für Verliebte. Leider ist der schlanke Vogel mit dem hübsch gemusterten Gefieder nicht so robust wie sein Kollege von der Straße. Gerade mal sieben Brutpaare gibt es in der Region noch, sagen die Kenner von Haus Bürgel. Der Wegfall von Rainen und Brachen, die Intensivierung der Landwirtschaft und karg bewachsene Flächen machen ihr das Leben schwer. Während die domestizierte Straßentaube, die einst von der Felsentaube abstammte, zum Beispiel kein Problem mit Straßenlärm hat, weil ihre Vorfahren in Felsenhöhlen direkt neben tosenden Brandungen brüteten, findet die Turteltaube eher selten ein ruhiges Plätzchen in lichten Laub- und Mischwäldern.

Hilfe für die Singvögel Die häufigsten Singvogelsorten in unserer Gegend sind Amseln, Meisen, Buchfinken, Rotkehlchen, Zaunkönig, Heckenbraunellen, Stieglitz, Grünfink, Rotschwanz und Gimpel. Wir können viel dafür tun, dass unsere Vögel überleben. Gärten mit Obstbäumen, Stauden mit Samenstand und Wildwiesen, Wildrosen, eine mit Efeu bewachsene Wand oder dichtes Strauchwerk helfen den heimischen Vögeln zu überleben. Mit Hortensien, Rhododendren, Azaleen und Glanzmispel ist unseren Vögeln nicht gedient. Welche Nistkästen man aufhängt, hängt von den dort vorkommenden Vögeln ab. Bei uns sind es meist Meisen. Dabei muss man auf die passende Größe der Einflugöffnung achten.

 Sperber sind habichtartige Greifvögel.

Sperber sind habichtartige Greifvögel.

Foto: RP/Marianne Wiora
 Elstern sind inzwischen in jedem Garten heimisch geworden.

Elstern sind inzwischen in jedem Garten heimisch geworden.

Foto: dpa
 Moritz Schulze und Julian Oymanns (von links) von der Biologischen Station kennen sich gut mit heimischen Vögeln aus. 

Moritz Schulze und Julian Oymanns (von links) von der Biologischen Station kennen sich gut mit heimischen Vögeln aus. 

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Umstritten ist, zu welcher Jahreszeit gefüttert wird. Die Vogelexperten von Haus Bürgel empfehlen: „In Notzeiten füttern, wenn draußen nicht viel zu finden ist, wie derzeit.“ Dabei sollte man darauf achten, dass nicht zu viel Futter auf den Boden fällt. Das lockt Ratten und Mäuse an. Zudem sollte der Vogel beim Fressen nicht im eigenen Kot oder dem anderer Vögel stehen. Dann wächst die Infektionsgefahr. Gut geeignet sind hängende Säulen. Vogelhäuschen müssen regelmäßig gesäubert werden. Wenn man das beherzigt, wird es im März wieder ein ordentliches Gezwitscher geben. Das übrigens nicht nur aus reiner Lebensfreude erklingt, sondern vor allem, um Partner anzulocken und sein Revier abzugrenzen.

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