Teilnehmer in Langenfeld stellen Defizite im Umgang mit dem Krieg fest Diskussion um Krieg: „Gewalt ist immer ein Übel“

Langenfeld · Frieden schaffen - ohne oder doch mit Waffen: Diskussionsrunde am Ankerplatz debattiert über den russischen Angriff auf die Ukraine.

Ursula Paulus, Militärpfarrer Peter Bellinghausen und Pfarrerin Annegret Duffe (v. li.) hatten zum Dialog in den Ankerplatz geladen.

Ursula Paulus, Militärpfarrer Peter Bellinghausen und Pfarrerin Annegret Duffe (v. li.) hatten zum Dialog in den Ankerplatz geladen.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

(feli) „Miteinander reden, nicht gegeneinander“ – das ist das Motto des Forums „Offen Reden – Dialog am Ankerplatz“ der Kirchengemeinde St. Joseph und St. Martin. Thema der zweiten Diskussionsrunde war „Frieden schaffen – ohne Waffen! (Christlicher) Pazifismus in Zeiten des Ukraine-Krieges“. Geladen waren Dr. Ursula Paulus, Sprecherin der Friedensorganisation Pax Christi im Erzbistum Köln, Militärpfarrer Peter Bellinghausen aus Köln und die evangelische Pfarrerin Annegret Duffe aus Langenfeld-Reusrath. Geleitet wurde die Diskussion von Susanne Höger, Sprecherin von St. Joseph und St. Martin, und Gerhard Krebs, Pastoralreferent im Ruhestand. Bei den meisten Menschen bestehe Zustimmung, dass die Ukraine ein Recht habe, sich zu verteidigen und von Deutschland mit Waffenlieferungen unterstützt wird. Dennoch gebe es berechtigte Fragen und Ängste, so die Veranstalter.

Gerade in Zeiten, in denen sich gegensätzliche Meinungen mehr und mehr verhärten, möchte der Pfarrgemeinderat der Kirchengemeinde mit diesem Forum einen Raum schaffen, in dem Fragen nachgegangen werden kann. Hierbei soll eine wertschätzende Kommunikation im Vordergrund stehen: Miteinander reden, nicht gegeneinander – zuhören können und nicht um jeden Preis Recht haben wollen. Gerade bei einem aktuellen und brisanten Thema wie dem Ukraine-Krieg solle eine offene Haltung zu einem gelingenden Austausch beitragen.

Pfarrerin Annegret Duffe berichtet, dass viele Menschen zu Beginn des Krieges schockiert gewesen seien und das Bedürfnis hatten, ihre Verunsicherung zu äußern. Nun, über sechs Monate später, sei das Thema immer weiter in den Hintergrund gerückt. „Andere Probleme wie die Energiekrise, sind bei vielen Menschen präsenter“, erklärt sie. Sie fände es erschütternd, wie schnell sich die Menschen an die schrecklichen Bilder und Nachrichten gewöhnen. Duffe findet, Krieg könne nur dann gerechtfertigt sein, wenn es sowohl eine legitimen Grund (Verteidigung) und legitime Absichten (beispielsweise Frieden) gebe. „Nach dem zweiten Weltkrieg sollten wir nicht mehr die Frage nach gerechtem Krieg, sondern nach gerechtem Frieden stellen“, fügt sie hinzu.

Der Dialog solle auf Maßnahmen hinauslaufen, Krieg zu verhindern, anstatt zu kämpfen. Um Frieden auf der Welt zu erreichen, gäbe es verschiedene Vorraussetzungen, wie einheitliche Völkerrechte, materielle und soziale Gerechtigkeit und die Anerkennung von kultureller Vielfalt. In Bezug auf die Waffenlieferungen spalten sich die Meinungen in der evangelischen Kirche. „Ich finde, im Vorfeld wurden für Frieden viel zu viele Maßnahmen versäumt“, positioniert sich Duffe.

Militärpfarrer Peter Bellinghausen berichtet über eine gewisse Nervosität unter den Soldaten. „Immer mehr Soldaten kommen zu mir und sind froh, wenn ihre Verpflichtung bei der Bundeswehr ausläuft“, erzählt er. Die Leute seien sehr angespannt und verunsichert. Der Militärpfarrer selbst befürwortet die Waffenlieferungen in die Ukraine und hält die Bundeswehr für die „effektivste Friedensbewegung in Deutschland. Frieden kommt nicht einfach so, er muss geschafft werden.“ Für die Kunst, Streit einzudämmen, sei ein gewisser Einsatz nötig. Er erzählt, er bete nicht nur für die ukrainischen Opfer des Angriffskriegs, sondern ebenfalls für die „menschliche Verwüstung der Russen.“

Als dritter Gast diskutierte Dr. Ursula Paulus mit. Als Sprecherin der Friedensorganisation Pax Christi positionierte sie sich sowohl gegen den Angriffskrieg Russlands als auch gegen weitere Waffenlieferungen in die Ukraine. „Eine deeskalierende, diplomatische Lösung ist dringend nötig.“ Als Friedensorganisation stelle sich Pax Christi gegen jegliche Form von Gewalt. Trotzdem heiße das nicht, dass Pax Christi Passivität im Ukraine-Krieg fordere. „Passiv zuschauen ist keine christliche Option“, stellt Paulus klar.

Deshalb rufe die Friedensorganisation zu aktiver Gewaltfreiheit auf. Dies könne über Solidarität mit den Opfern, humanitäre Hilfe und Unterstützung des zivilen Widerstands geschehen. Die 100 Milliarden Euro, die zur Aufrüstung der Bundeswehr bereitgestellt wurden, hält die Friedensfachkraft für falsch. „Die Zahlung führt zu einer Rüstungsdynamik, durch die auch das Bewältigen der Klima- und Hungerkrise eingeschränkt wird“, findet sie. Außerdem findet sie, dass die Dämonisierung Putins nicht helfe, sondern die Eskalationsspirale weiter voran treibe.

Während und nach den circa fünfminütigen Statements der Gäste, dürfen die Zuhörer ihnen Fragen stellen und diskutieren. Die meisten Fragen werden dabei an Ursula Paulus und Pax Christi gestellt, viele von ihnen sind kritisch. Nach dem offiziellen Teil der Diskussion bliebden Teilnehmern noch Zeit, sich in persönlichen Gesprächen auszutauschen.

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