Bürgermeister Daniel Zimmermann „In Monheim steht die Moschee mitten im Leben“

Düsseldorf · Der Monheimer Bürgermeister Daniel Zimmermann verteidigt seine Niedrigsteuerpolitik, will den umstrittenen Islamverband Ditib politisch aufwerten und gibt schon mal für umstrittene Kunstwerke 400.000 Euro aus.

 Bürgermeister von Monheim, Daniel Zimmermann in der Redaktion der Rheinischen Post.

Bürgermeister von Monheim, Daniel Zimmermann in der Redaktion der Rheinischen Post.

Foto: Anne Orthen (ort)

Sie gelten als einer der erfolgreichsten Bürgermeister in Nordrhein-Westfalen, Sie sind seit neuneinhalb Jahren im Amt, und Ihre Jugendpartei PETO stellt mit 26 von 40 Sitzen die absolute Mehrheit im Stadtrat von Monheim am Rhein. Sind Sie stolz auf sich?

Zimmermann Ich arbeite ausgesprochen gern als Bürgermeister für meine Heimatstadt. Und ja, wir sind als Stadtratsfraktion erfolgreich. Das macht mich zufrieden. So zufrieden, dass ich bei den Kommunalwahlen 2020 noch einmal als Bürgermeister antreten will.

Sie sind zugleich auch außerhalb Monheims sehr umstritten, weil sie mit aggressiv-niedrigen Gewerbesteuersätzen Betriebe aus anderen NRW-Städten nach Monheim am Rhein locken. Sozusagen mit Dumping-Angeboten.

Zimmermann Ich erinnere mich an Sitzungen des Städte- und Gemeindebunds, bei denen ich von anderen Bürgermeistern nicht sonderlich freundlich begrüßt wurde, und der frühere SPD-Finanzminister Walter-Borjans wollte unsere Steuer-Politik sogar über eine Lex Monheim im Bundesrat stoppen. Es ist ihm nicht gelungen.

Der Kämmerer von Oberhausen ist sauer auf Sie, weil sie die Verwaltung des Chemiebetriebs Oxea in Ihre Stadt holten. Er sagte, Monheim verdient das Geld, uns bleibt der Dreck. Sieht so erfolgreiche Ansiedlungspolitik aus?

Zimmermann Der Oberhausener Oberbürgermeister ist da differenzierter: Es sagt, dass bei einem Hebesatz von 550 Prozent noch andere Betriebe folgen könnten. Es ist doch so: Wir leben in Nordrhein-Westfalen nicht auf der Insel der Seligen. Die Länder rings umher wie die Niederlande, Österreich oder ost-europäische EU-Staaten bieten deutlich günstigere Unternehmensteuern. Hier müssen wir wettbewerbsfähig sein, und das können wir nur mit niedrigen Hebesätzen und einer soliden Haushaltspolitik.

Wie viele Arbeitsplätze haben Sie auf diese Weise in Monheim geschaffen?

Zimmermann Seit 2009, als ich das Amt übernommen habe, sind hier 3500 neue Jobs entstanden. Per saldo sind 350 Betriebe zu uns gekommen.

Welche neuen Ansiedlungen haben Sie im Auge?

Zimmermann Wir sind konkret an einigen Unternehmen der Chemie- und Pharmabranche sowie des Handels dran. Namen kann ich nicht nennen. Wir haben gerade erst im Monheimer Süden ein Areal gekauft, um dort zusätzliche Gewerbeflächen für neue Firmen zu schaffen.Zugleich sind Sie vom Großkonzern Bayer abhängig, der hier seine Zentrale für Pflanzenschutzmittel und Saatgut hat.

Wie stark sind Sie von den Stellenstreichungen des Konzerns betroffen?

Zimmermann Von 14.000 Beschäftigten in Monheim arbeiten 2700 bei Bayer im Pflanzenschutz. Vielleicht werden davon 200 bis 300 Stellen wegfallen. Das wäre bedauerlich, aber verkraftbar.

Nach der Übernahme des Gentechnik-Konzerns Monsanto durch Bayer ist Monheim der Sitz eines der unsympathischsten Unternehmen der Welt. Beunruhigt Sie das?

Zimmermann Die Menschen in Monheim am Rhein arbeiten vornehmlich in der Forschung für neue Pflanzenschutzmittel, die nun einmal in der Landwirtschaft benötigt werden. Sie lassen sich dabei von ethischen Grundsätzen leiten. Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass Bayer mit Monsanto weltweit unterwegs ist. Da ist Monheim am Rhein nur ein Teil. Und wir profitieren von der Übernahme. Ich gehe davon aus, dass das Unternehmen Funktionen von Monsanto hierher verlagern wird. Allein 45 Millionen Euro wurden in eine neue Gewächshausanlage investiert. Weitere Investitionen folgen. Es ist also durchaus möglich, dass wir am Ende eine höhere Beschäftigung haben. Und der Name Monsanto wird ja voraussichtlich verschwinden.

Wird in Monheim das umstrittene Unkrautmittel Glyphosat eingesetzt, das Bayer-Monsanto herstellt?

Zimmermann In Monheim am Rhein dürfen auf städtischen Grünflächen keine chemischen Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Das haben die Grünen 1986 im Stadtrat durchgesetzt. Und das gilt bis heute.

Sie stehen im Schwarzbuch des Steuerzahlerbunds, weil in Monheim ein Kunstwerk, der Geysir, mitten auf eine Verkehrsinsel platziert werden soll, wozu dann eine Ampel installiert werden muss, um Unfälle zu verhindern. Eine Aktion aus Schilda?

Zimmermann So wurde das kommentiert.

Das Kunstwerk hat die Bürger immerhin 400.000 Euro gekostet.

Zimmermann Monheim am Rhein ist durch seine Ansiedlungspolitik wohlhabender geworden. Deshalb finde ich, wir sollten auch etwas für die Kunst tun. Die Diskussion um das, wie ich finde, gelungene Kunstwerk ist genau das, was der Künstler wollte – Akzente setzen, eine Debatte über den Verkehr auslösen.

Sie sind selbst sehr an Kunst interessiert. Ist das der Grund für solche Aktionen?

Zimmermann Ich halte Kunst für einen Teil der städtischen Kultur. Wir haben den Düsseldorfer Maler Markus Lüpertz beauftragt, eine Skulptur zu gestalten, die von der Gänseliesel im Monheimer Stadtwappen inspiriert ist. Das wird rund 700.000 Euro kosten.

Fragt da nicht der eine oder andere Bürger, ob man das Geld lieber in Kitas oder Schulen stecken sollte?

Zimmermann Wir geben Tausendstel der städtischen Einnahmen für ein solches Kunstwerk aus. Daneben sind unsere Kitas kostenfrei, es gibt einen monatlichen Essenszuschuss von 25 Euro, und wir stecken 100 Millionen in die Sanierung und den Neubau von Schulen. Ich finde, das kann sich bei einem Etat von 400 Millionen Euro sehen lassen.

Aufsehen haben Sie auch mit der Aktion erregt, den beiden muslimischen Gemeinden von Monheim städtischen Grund unentgeltlich für zwei Moscheebauten zu überlassen.

Zimmermann Ich finde, dass es wichtig ist, die beiden Gemeinden wie andere religiöse Gemeinschaften fest in unserer Stadt zu verankern.

Davon profitiert eine Organisation wie Ditib, die in anderen Moscheen schon einmal radikale Prediger wirken lässt, die gegen Andersgläubige hetzen. Ist das durch die Religionsfreiheit gedeckt?

Zimmermann Wir haben mit der Ditib bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht. Sie spielen auf die Versammlung in Köln an, bei der radikale Prediger auftraten. Die würden bei uns Hausverbot bekommen. Mir ist lieber, die Moschee steht mitten im städtischen Leben und wird an den universalen Werten wie Religionsfreiheit und Respekt vor dem menschlichen Leben gemessen als dass sie in den Hinterhof verbannt wird. Ich freue mich, wenn in Monheim am Rhein lebendige Gemeinden mit Christen, Juden, Muslimen oder Menschen anderen Religionen bestehen.

Sie selbst sind Atheist?

Zimmermann Das stimmt. Trotzdem schätze und respektiere ich religiöses Leben. Wir in Monheim fördern das sogar.

Die Landesregierung hat die Zusammenarbeit mit Ditib wegen solcher Vorkommnisse eingestellt. Wie sehen Sie das?

Zimmermann Ich halte die Verweigerung einer Zusammenarbeit mit der Ditib für verkehrt und populistisch. Man sollte den Islamverband als religiöse Körperschaft des öffentlichen Rechts wie eine christliche Kirche oder die jüdischen Gemeinden anerkennen. Dann müssen sie sich selbst finanzieren und die rechtlichen Anforderungen erfüllen, die gesetzt sind.

Sie sind als Student Bürgermeister geworden. Sind Sie inzwischen fertig?

Zimmermann Ich hatte mein erstes Staatsexamen als Lehramtskandidat für Französisch und Physik bestanden. Danach war ich als Doktorand eingeschrieben.

Haben Sie neben Ihrer kommunalen Tätigkeit noch promoviert?

Zimmermann Dazu kam es dann leider nicht mehr. Das Amt des Bürgermeisters ist ein Vollzeitjob.

Wie viel Stunden arbeiten Sie in der Woche als Oberhaupt einer mittelgroßen Stadt?

Zimmermann Manchmal habe ich eine normale 40-Stunden-Woche. Zurzeit, mit all den Karnevalsterminen und öffentlichen Veranstaltungen, komme ich schnell auf 60 bis 70 Wochenstunden. Das ist saisonal sehr verschieden.

Sie haben in Monheim am Rhein ein Haus gebaut ...

Zimmermann ... und einen Bauträger von außen genommen. Ich habe auch Kreditangebote von außerhalb besorgt, um zu zeigen, dass mich die örtliche Bank nicht bevorzugt. Wenn Sie das meinen.

Geben Sie doch einen Tipp für andere Bürgermeister, um ähnlich erfolgreich wie Sie zu sein.

Zimmermann (lacht) Das mache ich, wenn ich pensioniert bin. Nein, ich bin in Monheim am Rhein aufgewachsen, hier fühle ich mich zu Hause, und dieser Gemeinde will ich dienen.

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