Puppentheater in Krefeld Pappköpp begeistern seit über 40 Jahren

Das Krefelder Marionettentheater nimmt im aktuellen Programm die Besucher mit „op Jöck“, auf eine Kreuzfahrt mit der „MS Oppum“. Unterwegs entdecken die Gäste viele versunkene Elemente der krieewelschen Sprache wieder.

 Auch wenn die Pappköpp die krieewelsche Heimat lieben– in der Ferne lässt sich „lecker eäte on drenke“.

Auch wenn die Pappköpp die krieewelsche Heimat lieben– in der Ferne lässt sich „lecker eäte on drenke“.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Seit 41 Jahren besteht das originelle Krefelder Marionettentheater „Pappköpp“, das inzwischen zu einem Teil Krefelder Identität herangereift ist. Mit jungem Nachwuchs setzen die Puppenspieler in ihrem laufenden Programm auf Dialoge auf Krieewelsch.

Obwohl die Liebe der Pappköpp zu ihrer krieewelschen Heimat in jeder Szene ihres Programms durchschimmert, möchten sie auch mal in der Ferne bei frischer Seeluft „lecker eäte on drenke“, ein Gefühl, das sich an Holthusens Kull nur selten einstellen mag. So lädt der unverwüstliche Opa Angermanns, der gerade 2000 Euro geerbt hat, die Pappköpp auf eine Kreuzfahrt auf der MS Oppum ein, natürlich „all inklusive“. Die Pappköpp sind „op Jöck“. Wer sie kennt, weiß, dass ihre Mischung aus naiver Betrachtung der Umwelt und niederrheinischer Sturheit, die von nichts eine Ahnung hat, aber alles erklären kann, bauernschlauer Raffinesse und bodenständiger Heimatliebe den „Alltagsuesel“ auf dem Schiff schnell in eine Alptraumreise verwandeln wird.

Die Schiffsreise bildet die thematische Klammer, die die 18 amüsanten Szenen zusammenhält, in denen die Gäste der ausverkauften Vorstellung viele versunkene Elemente der krieewelschen Landessprache wiederentdecken, aber sich auch immer wieder den Spiegel vorhalten können. Wie immer haben die Pappköpp „völl te vertälle“, wenn auch die „Quärkstemm“ fehlt, mit der das Pappköpp-Urgestein Manfred Coelen die Figur des Matthes unverwechselbar ausgestattet hat. Coelen hatte im vergangenen Jahr seinen Rücktritt von der aktiven Theaterarbeit erklärt. Der 81-Jährige hilft dem Ensemble aber weiter als Ersatzmann aus.

Die Stimme des nicht mehr weiter im Alter fortschreitenden Opa Angermanns hat Volker Matter übernommen und dem Charakter des drolligen Alten angepasst. Opa Angermanns wie auch der städtische Beamte Nösemes sind zentrale Figuren, mit deren Auftritt das Publikum rechnet. Wenn sich Nösemes am Telefon meldet: „Stadt Krefeld – Stadt wie Kraut und Rüben“, wissen die Gäste: Jetzt wird das Geschehen in der Heimatstadt unsanft auf die Bühne gezerrt. Scheinbar verteidigt der städtische Beamte den Oberbürgermeister: „Unser OB hat Visionen. Die anderen Bürgermeister lassen die Straßen reparieren und kümmern sich um den Verkehr. Unser OB hat gesagt, er sei doch nicht der Reparaturonkel von Krefeld.“ Und: „Auch der OB Kathstede hatte Visionen wie das Glasdach am Ostwall. Wenn das Glasdach nicht dauerhaft kaputt wäre, hätten wir am Ostwall keinen Durchzug und längst ein Dieselfahrverbot.“

Die Gäste spendeten begeisterten Szenenapplaus. Dennoch schränkt Pappköpp-Sprecher Volker Matter ein: „Wir wollen kein politisches Kabarett sein, sondern unsere Gäste unterhalten. Vielleicht werden wir die Krefeld-kritischen Szenen ein wenig ausweiten, aber unser Schwerpunkt ist ein anderer.“ Etwa der: Als ein Zauberer im Unterhaltungsprogramm der „MS Oppum“ eine Jungfrau suchte, um sie schweben zu lassen, meldete sich Lisbeth Nöthenbaum: „Ich mach et. Da ich jetzt Witwe bin, bin ich ja auch wieder Jungfrau.“

Krieewelsch Platt ist eine aus dem Alltag immer weiter zurückweichende sprachliche Ausdrucksform, seit die Pappköpp-Gründer 1979 zum ersten Mal im Jazzkeller mit großem Erfolg in die Öffentlichkeit traten. So musste das Mundart-Ensemble die Reinform des Krieewelsch bei den Aufführungen für die Gäste abschwächen, um verständlich zu bleiben. Eine Chance für den jungen Nachwuchs. Tanja Brings ist eine von vier jungen Nachrückern. Nach einem Probejahr hat die Mönchengladbacherin das Platt ihrer Jugendzeit dem Krieewelsch angleichen können. Sie verleiht der jungen Sting emanzipatorische Züge, die als Praktikantin in der Bordküche dem berühmten Horst Lichter gegenübersteht, der sie von oben herab mit „Herzilein“ und „Schätzelein“ behandelt. Ihm wirft sie das Arbeitsangebot vor die Füße mit den Worten, lieber im Maschinenraum als unter ihm arbeiten zu wollen. Brings wurde sofort ins kalte Wasser geworfen, indem sie sowohl Sprechrollen wie auch die nicht einfache Führung der großen Marionetten übernehmen musste. Dennoch fühlt sie sich wohl, denn die Stimmung im Pappköpp-Team sei angenehm.

Eine starke Stütze des Programms stellt die Musik dar. Das Mitsingen krieewelscher Lieder macht den Gästen Spaß. Auch auf der Bühne finden Hans-Albers- und Beach-Boys-Medleys neben den Dixieland-Darbietungen der „Melmpüper Band“, die durch zwei originelle Figuren erweitert wurde, reichlich Zuspruch.

Immer noch sind die Karten für die 25 Aufführungen, mit denen die Pappköpp 4000 Gäste erreichen, sofort ausverkauft. Am Vorverkaufstag hatte sich Uwe Torkler bereits um 6.15 Uhr am Morgen unter die Wartenden gereiht. Bis zur Öffnung der Kasse um 9 Uhr unterhielt man sich, grillte, frühstückte oder holte den abgebrochenen Schlaf nach. „Das ist eine unterhaltsame Sache dort an der Peter-Lauten-Straße 62“, erzählt Torkler. „Es sind immer dieselben Leute, die man dort trifft.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort